Ein Unternehmen darf online keine gesundheitsbezogenen Behauptungen über einen Handy-Schutzaufkleber aufstellen, die nicht nachweisbar sind (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 02.05.2024 - Az.: 6 U 51/23).
Die verklagte Firma vertrieb Schutzaufkleber für Handys und bewarb diese auch auf Amazon mit unbelegten gesundheitsbezogenen Aussagen. So sollte das Aufkleben auf dem Mobiltelefon dem Schutz vor elektromagnetischen Strahlen dienen und entsprechende gesundheitliche Vorteile bringen.
Das OLG Frankfurt a.M. bejahte einen Wettbewerbsverstoß.
Die Werbung sei irreführend, da sie eine therapeutische Wirkung des Produkts suggerierten, die wissenschaftlich nicht nachgewiesen sei. Speziell in der Gesundheitswerbung würden strenge Anforderungen an die Klarheit und Wahrheit solcher Aussagen gestellt.
Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass Handystrahlung gesundheitsschädlich sei oder dass ihr Produkt diese Wirkung abmildere. Die vorgelegten Studien erfüllten nicht die wissenschaftlichen Standards und seien daher ungeeignet.
"Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht (…). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse fehlen, die die werbliche Behauptung stützen können.
Dabei sind Studienergebnisse, die in der Werbung als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden."
Auf den konkreten Fall bezogen meint das Gericht:
"Das vorgelegte Material ist jedoch nicht geeignet darzulegen, dass die Angaben gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen.
Alle angegriffenen Aussagen haben gemeinsam, dass Voraussetzung für eine Wirkung gegen Handystrahlung deren Gefährlichkeit für den Menschen im Sinne einer möglichen Gesundheitsbeeinträchtigung bei der Nutzung des Handys ist.
Der Verkehr wird die Aussagen dahingehend verstehen, dass der Chip der Beklagten geeignet ist, für den menschlichen Organismus schädliche Strahlung durch die Benutzung von Handys zu verhindern.
Dies konnte die Beklagte nicht beweisen.
Die vorgelegten Studien mögen „eine signifikante Reduktion der HF in der Testbedingung Smartphone mit Applikation des G.-Tech Chips gegenüber der Testbedingung Placebo-Chip und Kontrollbedingung ohne Chip“ beweisen können.
Es finden sich jedoch keine Nachweise dafür, dass eine gesundheitsgefährdende Strahlung bestanden hat, die reduziert worden ist.
Zudem sind die meisten Studien schon aus formalen Gründen ungeeignet: So ist z.B. die in der Online-Publikation „frontiers in Neuroscience“ veröffentlichte Studie der SfGIJ nicht belastbar, da sie nur mit 30 Probanden durchgeführt wurde. Schon deshalb ist die angebliche Steigerung der Konzentrationsfähigkeit durch den Chip im Vergleich zu Placebo statistisch nicht signifikant.
Die hinreichende statistische Signifikanz wegen zu geringer Teilnehmer gilt für alle vorgelegten Studien: Die Studie mit Jugendlichen wurde z.B. auf Basis von 12 Testpersonen erstellt, die Studie mit werdenden Müttern basiert auf acht Personen. Die Studie im Auto von der JGU Mainz hatte 8 Probanden. Die Studie iPhone 10 mit Headset hatte 8 Probanden. Dies gilt auch für alle weiteren Studien der „Stiftung für Gesundheit um Umwelt“."