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Kategorie: Thema:Online

Das neue JuSchG: Wichtige Änderungen und Äußerungen aus der Politik

I. Wichtige Änderungen:
Seit dem 01. April 2003 gilt ein neues, überarbeitetes Jugendschutzgesetz (JuSchG). Zahlreiche wichtige Änderungen ergeben sich hierdurch.

So sind jetzt nicht nur die althergebrachten Medien wie Bücher und Zeitschriften ( § 1 Abs.2) erfasst, sondern auch Telemedien, also insbesondere Webseiten und Homepages ( § 1 Abs.3).Somit können zukünftig somit auch Internet-Seiten für Jugendliche indiziert werden.

Eine weitere wichtige Neuerung ist die amtliche Alterseinstufung von Computerspielen. Im Gegensatz zu früher ist diese nunmehr verbindlich.
Hiervon gibt es keine Ausnahmen. Das Gesetz ( § 14 Abs.2) sieht dabei folgende Aufteilung vor:

- Freigegeben ohne Altersbeschränkung
- Freigegeben ab sechs Jahren
- Freigegeben ab zwölf Jahren
- Freigegeben ab sechzehn Jahren
- Keine Jugendfreigabe

Zuständig für die Einteilung ist die oberste Landesbehörde oder eine Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle.

Zudem sieht das Gesetz in § 15 spezielle Regelungen für sog. „jugendgefährdende Trägermedien“ vor.

Unklar ist aber weiterhin das Spannungsverhältnis zu sonstigen öffentlich-rechtlichen Normen, insbesondere der Gewerbeordnung (GewO) und dem Gaststättengesetz (GastStG). Nach Ansicht des OVG Berlin (OVG Berlin, Beschluß vom 17.12.2002 – Az: OVG 1 S 67.02) sollen Betreiber von Internet-Cafes einer GewO- und/oder einer GastStG-Erlaubnis. Einer solchen Einstufung erteilt das neue JuSchG eine klare Absage, denn es differenziert zwischen Gaststätten ( § 4), Spielhallen ( § 6) und Räumlichkeiten, in den an elektronischen Bildschirmspielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit gespielt werden kann ( § 13). Das hierunter die Internet-Cafes fallen, ist für
alle Beteiligten unstreitig. Somit scheint für die Jugendschützer eine andere Begrifflichkeit zu herrschen als für Berliner Richter. Ob und wie sich dieser Wertungswiderspruch lösen wird, wird die Zukunft bringen.

Betrachtet man das neue Gesetz im großen Überblick, so ergeben sich von juristischer Seite her zahlreiche Unstimmigkeiten:

- der Händler vor Ort muss sich bei Computerspielen exakt an die Altersbestimmungen halten, der Versandhändler dagegen muss die Alterseinstufung erst bei Spielen ab 16 Jahren berücksichtigen
- Spiele bedürfen gs. einer vorherigen Alterseinstufung. Ältere Spiele (> 9 Jahre), also Klassiker wie PacMan, Tetris usw., haben keine Alterseinstufung, weil es zu dieser Zeit noch kein solches Verfahren gab. Nicht eingestufte Spiele sind gs. erst ab 18 Jahren erhältlich.
- der Preis für die Alterseinstufungen wurde erhöht, auf 1.000 Euro
- nicht-kommerzielle Spiele müssen dementsprechend 1.000 Euro bezahlen, bevor sie eine Alterseinstufung erhalten und auch an Minderjährige abgegeben werden dürfen

Dies sind nur drei Kuriositäten aus einer nicht unerheblichen Anzahl.


II. Äußerungen aus der Politik:
Kerstin Griese (SPD) sitzt dem Bundestagsausschuss für Familien und Jugend vor und war entscheidend an der Entstehung des neuen Gesetzes beteiligt. Das Interview offenbart, dass an viele Details anscheinend gar nicht gedacht wurde oder einfach unkommentiert darüber hinwegegangen wurde.

Auf die Tatsache angesprochen, dass Spiele, die älter als neun Jahre sind, nie eine Altersempfehlung haben und dementsprechend nach dem neuen Gesetz nur an Erwachsene abgegeben werden dürfen, antwortet Griese lapidar:
"Hier wird man den Sachverstand der USK nutzen können, um zu pragmatischen Lösungen zu kommen, etwa zu Listen unbedenklicher Evergreens oder zu Kurzprüfungsverfahren. Mögliche Lösungen sollten breit diskutiert werden."

In der Praxis gibt es aber keine derartig "pragmatischen Lösungen", wie Wolf-Jürgen Karle, Pressereferent des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend, bestätigt: "Nein, Ausnahmen sind hier nicht vorgesehen."
Und weiter fügt er an: "Bei der Schnelllebigkeit der Märkte werden die so genannten Spiele-Klassiker ja auch immer mehr zu reinen Sammlerobjekten, deren spezielle Fangemeinde älter als 18 Jahre ist.

Gleiches gilt für den Punkt der unterschiedlichen Behandlung zwischen Verkäufer vor Ort und dem Versandhandel: Auch hier ist die Antwort von Griese mehr als verwirrend: "Im Versandhandel braucht man meistens eine Kreditkarte, die bekommt man nicht als Kind. Ansonsten müssen andere technische Möglichkeiten der Altersfeststellung gegeben sein. Außerdem ist die Alterseinschätzung bei physischer Anwesenheit im Laden einfacher zu bewerkstelligen als im Versand."

Ebenso ernüchternd ist auch das Interview mit Peter Ruhenstroth-Bauer, Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Insgesamt zeigen die Äußerungen aus der Politik, dass anscheinend wieder einmal ein Gesetz verabschiedet wurde, über dessen Reichweite und Konsequenzen im Vorwege nicht ausführlich nachgedacht wurde.
 

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