Das Teilen von Bildern auf Twitter führt nicht dazu, dass andere Nutzer ungefragt das Bild für eigene Zwecke verwenden dürfen (LG München I, Urt. v. 20.06.2022 - Az.: 32 S 231/21).
Bei der Auseinandersetzung ging es um die unerlaubte Online-Nutzung eines Lichtbildes.
Der Beklagte, der das Bild verwendet hatte, wandte u.a. ein, dass der Kläger das Bild auf Twitter geteilt habe und damit nach den Richtlinien der Online-Plattform eine ungenehmigte Fremdnutzung erlaubt sei.
Das LG München hat diesem Standpunkt eine klare Absage erteilt:
"Selbst wenn der Kläger das streitgegenständliche Lichtbild auf Twitter „geteilt“ haben sollte, ergibt sich daraus kein anderes Ergebnis. Denn damit hat er keineswegs auf seine urheberrechtlichen Ansprüche verzichtet, und insbesondere nicht in jegliche Weiterverbreitung eingewilligt.
Mit einem „Teilen“ des Lichtbildes auf Twitter ist keine Generaleinwilligung zum Zwecke der Weiterverbreitung verbunden. Es kann dahinstehen, ob die Beklage das vom Kläger bei Twitter geteilte Lichtbild hätte „retweeten“ können, denn dies ist vorliegend nicht geschehen. Die Beklagte hat die streitgegenständliche Fotografie nicht über die „Teilen-Funktion“ weiterverbreitet, sondern von einer anderen Seite, nämlich der F.-Seite des Künstlers „bird berlin“ herunter- und im neuen Kontext auf ihrer eigenen F.-Seite wieder hochgeladen.
Das von der Beklagten in ihrer Anlage 1 beschriebene „Teilen“ ist somit irrelevant, denn es beschreibt das weitere Teilen eines bereits bestehenden Inhalts innerhalb eines sozialen Netzwerks, und nicht das Herunter- und Hochladen einer ursprünglich getwitterten Aufnahme bei F.."
Und weiter:
"Die vorgelegte „Richtlinie zur angemessenen Nutzung“ der Internetplattform Twitter (Anlage 2 der Beklagten), nach der für bestimmte Nutzungen keine Genehmigung des Rechteinhabers einzuholen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Die Richtlinie nimmt Bezug auf das USamerikanische Recht, indem sie ausführt: „In den USA wird dies als `Fair Use` (angemessene Nutzung) bezeichnet.“ Vorliegender Sachverhalt spielt sich bereits nicht in den USA ab, sondern in der Bundesrepublik, und ist nach dem Schutzlandprinzip nach deutschem und nicht nach USamerikanischen Urheberrecht zu beurteilen. Weiterhin stellt die Richtlinie klar, dass gerichtlich entschieden wird, ob es sich bei einer Nutzung um eine „angemessene Nutzung“ handelt und Kriterien wie bspw. kommerzielle Nutzung oder Menge und Anteil des kopierten Werkes nur Argumente sind, welche das Gericht u.a. bei der Prüfung der Angemessenheit der Nutzung berücksichtigen wird. Die Richtlinie ist damit bewusst vage und wenig konkret gehalten, um nur Anhaltspunkte, jedoch keine festen Nutzungskorridore zu definieren."