Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Onlinerecht

OLG Köln: Treuhänder muss bei Herausgabe der verwahrten Kryptowährung alles Mögliche und Zumutbare unternehmen

Ein Treuhänder, der Kryptowährungen verwahrt, muss alles Zumutbare unternehmen, um deren Herausgabe zu ermöglichen und darf sich nicht vorschnell auf technische Probleme berufen.

Ein Treuhänder, der Krypto-Coins verwahrt, muss alles Mögliche und Zumutbare unternehmen, um die Herausgabe der Währungen zu ermöglichen. Er darf sich nicht vorschnell auf technische Unzulänglichkeiten berufen (OLG Köln, Beschl. v. 26.06.2024 - Az.: 11 W 15/14).

Der Beklagte war Treuhänder und verwahrte Coins unterschiedlicher Kryptowährungen (u.a. Bitcoins) im Werte von 25. Mio. EUR in zwei Wallets. Als er sich weigerte, diese herauszugeben, wurde er rechtskräftig zur Übergabe verpflichtet.

Aber auch dann weigerte er sich, die Informationen zu übermitteln und berief sich auf technische Probleme und Unzulänglichkeiten. Er meinte, es dies sei ihm unmöglich:

"Er behauptet zum anderen, die Herausgabe in Gestalt des Transfers der von ihm verwalteten Kryptowährungen an einen anderen Treuhänder sei ihm unmöglich. 

Ein Zugriff auf diese Währungen sei – grundsätzlich – nur mittels entweder des ursprünglich benutzten „Ledgers“ oder mit einem neuen „Ledger“ in Verbindung mit der sogenannten „Recovery Phrase“ möglich. 

Beide Möglichkeiten bestünden jedoch aktuell nicht (mehr): Der alte Ledger A.Ö. sei infolge eines Updates der Firmware unbrauchbar geworden. Die fehlende Zugriffsmöglichkeit mittels des alten Ledgers sei durch die Privatgutachter R. und M. bestätigt worden, deren Gutachten der Schuldner im Beschwerdeverfahren zu den Akten gereicht hat (…). 

Soweit eine Wiederherstellung grundsätzlich auch über die Recovery Phrase möglich sei, versage dies im Streitfall gleichfalls: Diese bestehe aus 24 Wörtern, die der Schuldner sich händisch auf sechs Zetteln (…) notiert habe (…). Einen Teil der zugehörigen Notizen habe er selbst verwahrt, einen Teil zwischenzeitlich Herrn Z. überlassen (…). Nach Versagen des alten Ledgers habe er versucht, mittels der wieder zusammengesetzten Recovery Phrase den sog. „Private Key“ wiederherzustellen, was – aus ihm nicht erfindlichen Gründen – misslungen sei (…)."

Diese Einwendungen ließ das OLG Köln nicht gelten. Denn der Schuldner habe nicht möglichen Handlungen unternommen:

"Der Senat hat danach Beweis darüber erhoben, ob der Vollstreckungsschuldner erfolglos alle zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, um die Heraushabe der Coins bzw. Token zu bewirken.

Dies ist zumindest derzeit nicht der Fall: Nach dem im Kern übereinstimmenden Vorbringen der Streitparteien geht der Senat davon aus, dass zum Zugriff auf bzw. zur Verfügung über Wallets der in Rede stehenden Art sog. „Private Keys“ erforderlich sind (…). Ein solcher „Key“ bzw. Schlüssel kann zum einen auf einem sog. „Ledger“, einem speziellen USB-Stick, gespeichert werden (…). Zum anderen kann der erforderliche „Key“ gänzlich unabhängig von einem Ledger wiederhergestellt werden mittels „Recovery Phrase“/„Seedphrase“, also einem Passwort vergleichbar. Grundsätzlich ist damit der Zugriff auf Wallets technisch mittels des alten Ledger (bei intaktem „Private Key“) oder der „Recovery Phrase“ und einem neuen Ledger möglich (…).

Zum Zugang über den alten Ledger trägt der Schuldner nun vor, sein Privatgutachter habe beide USB-Sticks bzw. Ledger des Typs Nano S mit der Firmware-Version 2.1.1 untersucht. Auf diesen befänden sich die notwendigen „Private Keys“ nicht (…).

Zur alternativen Wiederherstellung bringt er vor, die streitgegenständliche Seedphrase habe er nun dem Gutachter vorgelegt (…); sie sei aber nicht geeignet, den Private Key wiederherzustellen (…).

Zumindest hinsichtlich der zweiten Alternative sind nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme die Möglichkeiten nicht erschöpft."

Der Treuhänder hätte entsprechende fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen, doch noch an die Inhalte zu kommen. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen:

"Jedoch sind diese Bemühungen nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme auch unter Berücksichtigung des weiteren  gehaltenen Beschwerdevorbringens nicht ausreichend, um die vom Schuldner zu fordernden Bemühungen als erschöpft anzusehen.

Zunächst war nur eines der beiden Wallets überhaupt gutachterlich geprüft worden. Der Sachverständige Dr. Q. hat für den Senat überzeugend erklärt, dass bei den bisherigen Versuchen einer Rekonstruktion mittels Recovery Phrase lediglich das T.L.-Wallet und nicht auch das Bitcoin-Konto überprüft wurde und dies aus seiner Sicht unzureichend sei. Es könne durchaus sein, dass die Konzentration auf das T.-Konto zu Fehlern geführt habe und hinsichtlich des anderen Wallets eine Wiederherstellung des Zugangs erfolgreich sei (…). 

Es kann dahinstehen, ob diese vom Sachverständigen in der Beweisaufnahme aufgezeigte Möglichkeit vom Schuldner durch die zwischenzeitlich vorgelegte ergänzende Begutachtung vom 18.06.2024 (…) ausgeräumt wurde.

Denn der Schuldner hat jedenfalls nicht in dem erforderlichen Umfang – über die beauftragten Privatgutachter hinaus – spezielle fachkundige Hilfe in Anspruch genommen."

Und weiter:

"Denn der Schuldner hat jedenfalls nicht in dem erforderlichen Umfang – über die beauftragten Privatgutachter hinaus – spezielle fachkundige Hilfe in Anspruch genommen. 

Der Sachverständige Dr. Q. hat auch insoweit überzeugend und von den Parteien nicht angegriffen ausgeführt, dass mit Bezug auf die Reihenfolge der Wörter der Seed Phrase der Lösungsrahmen von technisch machbar bis hin zu unmöglich reiche. Bei bis zu drei Wörtern, die anders angeordnet sind, sei es technisch mit verhältnismäßigem Aufwand noch möglich, dies zu überprüfen. Es gebe auch Unternehmen am Markt, die anbieten, so etwas mit ihrer Software zu überprüfen (…). 

Diese Hilfe hat der Schuldner bislang nicht in Anspruch genommen."

Gegen den Schuldner wurde ein Zwangsgeld iHv. 25.000,- EUR festgesetzt, damit er nun die entsprechenden Handlungen vornimmt.

Rechts-News durch­suchen

14. Mai 2025
Wer ein online gekauftes Auto nach der Zulassung widerruft, muss bis zu 20 % Wertverlust an den Verkäufer bezahlen.
ganzen Text lesen
13. Mai 2025
Das redaktionelle Online-Portal openJur.de haftet nicht für Datenschutzverstöße in Urteilen, wenn es diese aus einer amtlichen, privilegierten Quelle…
ganzen Text lesen
12. Mai 2025
Eine Online-Agentur darf ohne Zulassung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz keine Bewertungs-Löschungen mit individueller Prüfung bewerben, da dies…
ganzen Text lesen
09. Mai 2025
Der EuGH erlaubt dem Vergleichsportal Check24 Bewertungsnoten für Versicherungen, solange es keine eigenen Versicherungen anbietet und somit kein…
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen