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Kategorie: Onlinerecht

OLG Frankfurt a.M.: Schadensersatzanspruch möglich bei Wettbewerbsverstoß gegen ElektroG wg. fehlender Registrierung

Ein Mitbewerber kann einen Schadensersatzanspruch gegen ein Unternehmen haben, wenn dieses Elektrogeräte vertreibt, ohne über die ElektroG-Registrierung zu verfügen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.05.2021 - Az.: 6 U 39/20).

Die Parteien des Rechtsstreites vertrieben beide Whirlpools. Die verklagte Firma war jedoch nicht nach § 6 Abs.2 ElektroG registriert.

Im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung machte die Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend. Die Beklagte wehrte sich hiergegen.

Das Gericht gab der Klägerin weitgehend Recht.

Zunächst stellen die Robenträger fest, dass in der  fehlenden Registrierung nach § 6 Abs.2 ElektroG eine Wettbewerbsverletzung liege.

Dann äußern sie sich zu der Frage, ob das Auskunfts- und Schadensersatzbegehren berechtigt war:

"Ein möglicher Schaden der Klägerin wäre auch vom Schutzzweck der Norm umfasst.

Die Lehre vom „Schutzzweck der Norm“ besagt zweierlei: Erstens muss der konkret Geschädigte vom persönlichen Schutzbereich der Norm erfasst sein, er muss also zum Kreis der Personen gehören, deren Schutz das Gesetz bezweckt. Zweitens muss der entstandene Schaden in den sachlichen Schutzbereich der Norm fallen, d.h. zu den Schäden gehören, vor denen die Norm schützen soll (...).

Bezogen auf § 9 S. 1 UWG gehören daher Mitbewerber kraft gesetzlicher Anordnung grundsätzlich zum Kreis der Personen, die vor einem Verstoß gegen die § 3 und § 7 UWG geschützt werden sollen. Da diese Bestimmungen allerdings nur bestimmte Verhaltensnormen zusammenfassen, ist weiter zu fragen, ob auch die einzelne Verhaltensnorm zumindest auch dem Schutz aller oder doch einzelner Mitbewerber dient. Dies ist durch Auslegung unter umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs der jeweiligen Norm zu ermitteln (vgl. BGH NJW 2012, 1800 Rn 21) und ist nach den obigen Ausführungen der Fall."

Und weiter:

"Der Umstand, dass § 3a UWG nicht den Schutz der Mitbewerber bezweckt, steht einer Schadensersatzpflicht nicht grundsätzlich entgegen (BGH GRUR 2010, 754 - Golly Telly).

Entscheidend ist insoweit, ob der Schaden, dessen Ersatz die Klägerin fordert, nicht außerhalb des Schutzzwecks der Anspruchsnorm des § 9 UWG liegt.

Diese Vorschrift unterscheidet - ebenso wie die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG bei der Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung der Mitbewerber in Bezug auf Abwehransprüche - nicht danach, ob der vom Wettbewerber begangene Wettbewerbsverstoß allein die Interessen der Mitbewerber, deren Interessen und zugleich die Interessen der Verbraucher oder aber allein die Interessen der Verbraucher beeinträchtigt. Dementsprechend kann auch ein Mitbewerber von demjenigen, der sich durch die Verletzung einer ausschließlich dem Schutz der Verbraucher dienenden Marktverhaltensregelung einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft hat, gemäß § 9 UWG den ihm dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangen (BGH a.a.O.). Nach Ansicht des BGH ist daher nicht auf den Schutzzweck der verletzten materiellen Norm abzustellen, sondern auf den Schutzzweck von § 9 UWG bzw. § 3a UWG."

Es sei auch ein konkreter Schaden denkbar, da die Parteien ihre Läden nur räumlich unweit voneinander betrieben:

"Soweit schließlich teilweise ein Feststellunginteresse bei einem Verstoß gegen nicht mitbewerberbezogenen Verstößen abgelehnt wird, da im Ergebnis mangels möglichen Kausalitätsnachweises eine konkrete Schadensberechnung ohnehin nicht möglich sei, kann dahinstehen, ob dies allgemein so begründbar ist (...).

Das Feststellungsbegehren setzt lediglich voraus, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dargelegt ist. Daran werden in der Rechtsprechung grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, dass nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür bedarf es nicht (...).

Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die Parteien auf einem sehr engen Markt agieren und zudem ihre Ladengeschäfte nur 15 km auseinanderliegen, ist nicht ausgeschlossen, dass es der Klägerin gelingt, die Kausalität zwischen Verletzungshandlung und bei ihr eingetretenem Schaden nachzuweisen."

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