Eine einmal erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung von YouTube nach § 22 KunstUrhG ist nur eingeschränkt widerrufbar (OLG Koblenz, Beschl. v. 31.07.2024 - Az.: 4 U 238/23).
Die Parteien des Rechtsstreits, beide Unternehmer, standen in einer laufenden Geschäftsbeziehung.
Die Beklagte produzierte und veröffentlichte mehrere Videos auf ihrem YouTube-Kanal, in denen der Kläger zu sehen war. Der Kläger hatte zuvor eine entsprechende Einwilligungserklärung unterzeichnet.
Einige Zeit später widerrief der Kläger diese Erlaubnis und forderte die Löschung der Videos. Als die Beklagte der Aufforderung nicht nachkam, ging der Kläger vor Gericht.
Das OLG Koblenz wies darauf hin, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe.
1. Einwilligung nur eingeschränkt widerrufbar:
Die erfolgte Einwilligung des Klägers sei wirksam und grundsätzlich bindend. Ein Widerruf ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliege, was hier nicht der Fall war.
Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass sich seine Persönlichkeit oder seine geschäftliche Stellung in einer Weise verändert habe, die einen Widerruf rechtfertigen könnten:"Hieraus folgt, dass die erteilte wirksame Einwilligung nach § 22 Satz 1 KunstUrhG grundsätzlich bindend ist.
"Hieraus folgt, dass die erteilte wirksame Einwilligung nach § 22 Satz 1 KunstUrhG grundsätzlich bindend ist.
Ausnahmen von der Bindungswirkung werden von der Rechtsprechung zugelassen, wenn dem Persönlichkeitsrecht unter bestimmten Aspekten aus einem wichtigen Grund Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit und Vertragstreue einzuräumen ist (…), etwa weil sich die der Einwilligung zugrunde liegende innere Einstellung des Betroffenen nachweislich geändert hat (…).
Einen derartigen Ausnahmefall hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht hinreichend dargetan."
Und weiter:
"Soweit er sein Widerrufsrecht damit begründet, er sei aufgrund seiner unternehmerischen Weiterentwicklung inzwischen ein bedeutender Wettbewerber der Beklagten im Bereich der .(…), diente das der Beklagten, aus dem eines der streitgegenständlichen Videos stammt, wie der Kläger selbst vorträgt (…), gerade dazu, die Teilnehmer bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung als Unternehmer zu unterstützen.
Wenn diese vom Kläger gewünschte Entwicklung mit oder ohne Zutun der Beklagten gelungen ist, kann dies allein einen Widerruf der Einwilligung in die Nutzung der Videos nicht begründen.
In den Videos geht es schließlich zu einem nicht unerheblichen Teil darum, dass der Kläger auf dem Weg ist, neben seinem eine aufzubauen.
Deren Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten war mithin bei Erteilung der Einwilligung mindestens bereits absehbar bzw. vom Kläger angestrebt, sodass es sich nicht um einen gänzlich unerwarteten Umstand handelt, den der Kläger nicht berücksichtigen konnte und wegen dem ausnahmsweise die Bindungswirkung der Einwilligung zurückzutreten hätte.
Soweit der Kläger ergänzend vorträgt, er habe auch im Übrigen den Kontakt zu den Geschäftsführern der Beklagten vollständig abgebrochen und stehe deren Strategien teilweise nunmehr kritisch gegenüber, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Zwar kann eine Distanzierung vom Geschäftspartner je nach Umständen des Einzelfalls ggf. einen wichtigen Grund für einen Widerruf der Einwilligung zur Veröffentlichung von Kooperationsvideos rechtfertigen, hierzu müssen dieser Distanzierung aber ihrerseits wichtige Gründe zugrunde liegen. Derartiges trägt der Kläger nicht vor."
2. Auch kein Löschungsanspruch nach DSGVO:
Auch komme ein Löschungsanspruch auf Basis der DSGVO-Normen nicht in Betracht, da für die weitere Veröffentlichung ein sachlicher Grund bestünde:
“Denn selbst wenn man im vorliegenden Fall von einer Anwendbarkeit des Art. 17 Abs. 1 DSGVO ausginge und zugunsten des Klägers unterstellen würde, dass die Einwilligung in die Datenverarbeitung gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO wirksam widerrufen wurde, stünde dem Kläger jedenfalls deshalb kein Unterlassungsanspruch zu, weil dieser nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 lit. b) DSGVO im Falle des Widerrufs der Einwilligung nur dann entsteht, wenn es an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung fehlt.”
Und weiter:
"Die weitere Datenverarbeitung bleibt mithin zulässig, wenn diese noch aus weiteren Gründen erfolgen durfte (…).
Vorliegend kann die Beklagte die Datenverarbeitung indes auch auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) DSGVO stützen, da die Veröffentlichungen im YouTube-Kanal der Beklagten im Rahmen einer Geschäftsbeziehung der Parteien erfolgten, zu deren Inhalt es nach dem Vortrag beider Parteien jedenfalls auch gehörte, dass beide Parteien in Videos über das Unternehmen der jeweils anderen Seite berichtet.
Die Formulierung „Erfüllung eines Vertrags“ in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) DSGVO ist unionsrechtlich autonom und weit auszulegen. Sie erfasst jedwedes rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnis und bezieht vertragsähnliche Konstellationen mit ein (…).
Es kann aus Sicht des Senats kein Zweifel daran bestehen, dass die von beiden Parteien vorgetragene Geschäftsbeziehung der Parteien, in deren Zusammenhang die Videos produziert und veröffentlicht wurden, als Vertrag in diesem Sinne anzusehen sind. Zu dieser Geschäftsbeziehung gehörte es ersichtlich, die Medienpräsenz der wechselseitigen Unternehmen und Unternehmer durch die produzierten Videos und der Veröffentlichung im Internet zu erhöhen bzw. zu erhalten."