Macht ein Hotel-Betreiber Fotos von seinen Zimmern und stellte diese auf seine Webseite, so haftet er haftet für die dadurch begangenen Urheberverstöße, wenn im Hintergrund eine Fototapete abgebildet ist, an der er keine Rechte eingeräumt bekommen hat (LG Köln, Urt. v. 18.08.2022 - Az.: 14 O 350/21).
Die Beklagte bot eine Ferienwohnung an und hatte ein Teil des Schlafzimmers prominent mit einer Fototapete versehen. Sie fertigte von den Räumen Fotos an und stellte diese zu Werbezwecken auf ihre Homepage.
Der Kläger war der Rechteinhaber an den Lichtbildern, die der Foto-Tapete zugrunde lagen, und machte Unterlassung und Schadensersatz geltend, da er in der Internet-Veröffentlichung eine Urheberrechtsverletzung sah.
Das LG Köln bejahte einen Verstoß.
Durch den eigentlichen Kauf der Foto-Tapete habe die Beklagte nicht stillschweigend eine entsprechende Lizenz zum Online-Abdruck erhalten:
"Eine konkludente Rechteeinräumung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, ist hier jedoch nicht erfolgt. (...)
Unbedingt erforderlich war jedoch bei dem Verkauf der Fototapete an die Beklagte keine Übertragung eines Nutzungsrechts an die Beklagte. Dies erkennt letztlich auch die Beklagte selbst, wenn sie ausführt, sie habe „ordnungsgemäß die Fototapete erworben“, habe mithin „über die Fototapete selbstständig verfügen” und „sie deshalb auch in ihren Räumlichkeiten verkleben“ können (...). Durch derartige Handlungen sind die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) nicht tangiert.
Deshalb ist für sich genommen auch die weitere Ausführung der Beklagten zutreffend, dass die Fototapete ausschließlich zu dem vorgenannten Zweck angeboten und ausschließlich zu diesem Zweck von der Beklagten verwendet werden sollte (...).
Weitergehende Rechte hat die Beklagte nicht erworben. Vielmehr kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten nur angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille – und sei es nur aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten – unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist (...)."
Und weiter:
"Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Schranke aus § 57 UrhG berufen.
aa) Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. (...)
Daraus ergibt sich, dass für die Qualifizierung eines Werkes als unwesentliches Beiwerk (...) der Äußerungszusammenhang maßgeblich ist, der vom Durchschnittsbetrachter nach den Umständen unschwer als Ganzes wahrgenommen und beurteilt werden kann. Dabei sind die Besonderheiten des Mediums zu berücksichtigen, in dem das urheberrechtlich geschützte Werk benutzt wird. (...)
Für die Bejahung der Schutzschranke (...) reicht es nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist. Von einer Unwesentlichkeit in diesem Sinn ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst wird. (...)"
Und weiter:
"bb) In Anwendung dieser Grundsätze können die streitgegenständlichen Fotografien vorliegend in ihrer konkreten Verwendung nicht als unwesentliches Beiwerk des Gästezimmers angesehen werden. Vielmehr werden die streitgegenständlichen Fotografien erkennbar stimmungsbildend für das beworbene Gästezimmer verwendet. Die Fotos sind zentrales Element in der Zimmergestaltung und dort prominent an der rückwärtigen Wand platziert, die den wesentlichen Teil des zu Werbezwecken ins Internet eingestellten Lichtbildes ausmacht.
Die Fototapete mit den darauf großflächig abgebildeten Fotos des Klägers kann auch nicht weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (...). Dies zeigt augenfällig schon die vom Kläger vorgenommene Gegenüberstellung des Zimmers der Beklagten mit der Fototapete und des weiteren Zimmers ohne eine Fototapete mit nur weiß gestrichenen Wänden (...). Die Wand mit der Fototapete zieht das Auge des Betrachters an, was bei der weißen Tapete nicht der Fall ist.
Die Tapete mit den Tulpenmotiven wird vielmehr vom Betrachter als zum Gesamtkonzept gehörig wahrgenommen (...), nach dem das Zimmer gestaltet ist."