Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Allgemein

OLG Stuttgart: Noch einmal: Eintägige Rabattaktion ("ohne 19% MWSt") rechtswidrig

Das OLG Stuttgart (Urt. v. 17.04.2008 - Az.: 2 U 82/07) hat entschieden, dass eine eintägige Rabattaktion ("ohne 19% MWSt") wettbewerbswidrig ist:

"Die Zeitungswerbung eines Elektrogroßmarktes "ohne 19 % Mehrwertsteuer", die nur für einen einzigen und mit dem Erscheinen der Werbung gleichen Tag gilt, ist unlauter, weil sie (...) geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit unangemessen unsachlich zu beeinflussen, da sie einen erheblichen Teil von Adressaten der Wahrnehmung von Vergleichsmöglichkeiten für Preis- und/oder Qualität beraubt.Die Revision wurde zugelassen."

Die Richter stellen dabei maßgeblich auf den kurzen Werbezreitraum ab:

"(...) [Der] Verbraucher [bedarf] eines ausreichenden Zeitraumes, um sich über ein ihm unterbreitetes Angebot informieren zu können. Innerhalb eines angemessen begrenzten Zeitraumes wird er in der Lage sein, die Vor- und Nachteile abwägend seine Entscheidung zu treffen (...).

Ob der zur Verfügung stehende Zeitraum angemessen ist, bestimmt sich aus den Gegebenheiten des Einzelfalles, wobei der Art der beworbenen Ware und dem Kaufpreis eine gewichtige Rolle zukommt. Je seltener er derartige Gegenstände kauft und je höher der Kaufpreis, desto größer ist der Zeitraum, dessen der Verbraucher bedarf.

Unstreitig umfasste die beanstandete Werbung auch Elektrogroßgeräte, deren Kaufpreis sich im drei- wenn nicht gar vierstelligen Bereich bewegte.

Für einen beachtlichen Teil der angesprochenen Verbraucher überschreitet ein solcher Betrag den nach Abzug der Fixkosten monatlich frei verfügbaren Teil ihres Einkommens. Für diese Verbraucher ist es unabdingbar, aber auch aus Sicht finanziell besser Gestellter sinnvoll und in beiden Gruppen üblich, vor einer solchen Anschaffung mehrere Vergleichsangebote einzusehen.

Neben dem Preisvergleich hat der Verbraucher auch ein Interesse daran, die beworbene Ware in technischer Hinsicht mit anderen Produkten zu vergleichen.

Beides war ihm angesichts der ohne sachlichen Grund erfolgten extremen Befristung des Rabattangebotes nicht sachgerecht möglich.

Ein Zeitraum von wenigen Abendstunden, wie er Berufstätigen nur zur Verfügung stand, reicht hierzu bei Elektrogroßgeräten regelmäßig nicht aus."


Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit einem Urteil des OLG Stuttgart aus Juil 2007, vgl. die Kanzlei-Infos v. 29.07.2007.

Das OLG Karlsruhe (= Kanzlei-Infos v. 01.07.2007) hatte in einem identischen Sachverhalt exakt gegenteilig argumentiert und die Werbung für wettbewerbsgemäß erachtet.

Rechts-News durch­suchen

26. September 2025
Ein Telefonanruf unter früheren Kollegen nach Gespräch auf einer Geburtstagsfeier ist kein unerlaubter Werbeanruf.
ganzen Text lesen
25. September 2025
Die Werbung eines Goldhändlers zur angeblich meldefreien Online-Bestellung über 2.000  EUR ist irreführend und wettbewerbswidrig.
ganzen Text lesen
24. September 2025
Lidl darf seine App als "kostenlos" bezeichnen, da keine Geldzahlung verlangt wird und die Freigabe von Daten keine Preisangabe im rechtlichen Sinne…
ganzen Text lesen
24. September 2025
Ein Netzbetreiber verlangte fast 900 EUR für den Smart-Meter-Einbau, zulässig wären maximal 100 EUR. Das ist wettbewerbswidrig.
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen