Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Onlinerecht

VGH München: Vorläufiges Aus für den Online-"Hygienepranger"

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat in Beschlüssen vom 18. März 2013 der
Landeshauptstadt München in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig untersagt, die bei amtlichen Betriebskontrollen festgestellten lebensmittel- bzw. hygienerechtlichen Mängel im Internet auf der hierfür eingerichteten Plattform (www.lgl.bayern.de) zu veröffentlichen.

Münchener Gastronomiebetriebe hatten sich vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich gegen die Veröffentlichung der bei Kontrollen festgestellten Mängel zur Wehr gesetzt. Die Beschwerden der Landeshauptstadt München gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München wurden vom BayVGH in allen Verfahren zurückgewiesen.

Der BayVGH hat erhebliche Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung. Zum Schutz der Rechte der Antragsteller erscheint es nach Auffassung des Senats deshalb geboten, die geplante Internet-Veröffentlichung vorläufig zu untersagen. Nach einer Vorschrift aus dem deutschen Lebensmittelrecht informiert die Behörde die Öffentlichkeit u.a. dann, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften verstoßen wurde, die dem Schutz der Verbraucher
vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350 EUR zu erwarten ist.

Nach Auffassung des BayVGH bestehen Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Vorschrift. Denn nach Europarecht sei eine Information der Öffentlichkeit nur bei einem hinreichenden Verdacht eines Gesundheitsrisikos zulässig, die nationale Vorschrift habe hingegen eine deutlich über die Warnung vor Gesundheitsgefahren hinausgehende, generalpräventive Zielsetzung.

Zudem hat der Senat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift, u.a. weil angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen der gesetzlich vorgesehene Schwellenwert von nur 350 Euro für das prognostizierte Bußgeld unverhältnismäßig gering erscheine.

Bedenken bestünden auch hinsichtlich der Erforderlichkeit der Veröffentlichung im Internet, denn die Mängel seien zum Veröffentlichungszeitpunkt häufig bereits behoben. Schließlich sei zweifelhaft, ob die Norm ausreichend bestimmt sei.

Denn die Eingriffsschwelle werde lediglich mit der Prognose eines zu erwartenden Bußgelds in Höhe von 350 Euro beschrieben. Die Verwaltungspraxis sei insoweit
unvorhersehbar. Die Beschlüsse des BayVGH sind unanfechtbar.

(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 18. März 2013, Az. 9 CE 12.2755 u.a.).

Quelle: Pressemitteilung des VGH München v. 25.03.2013

Rechts-News durch­suchen

17. März 2025
Heimlich aufgenommene Videos von Tierschutzverstößen in einem Schlachthof sind als Beweismittel im Strafverfahren verwertbar.
ganzen Text lesen
14. März 2025
Ein Polizist erhält eine Geldbuße von 1.500,- EUR, weil er ohne dienstlichen Anlass unbefugt Daten eines Kollegen im Polizeisystem abfragte und damit…
ganzen Text lesen
13. März 2025
Ein Facebook-Nutzer erhält 200 EUR DSGVO-Schadensersatz, da er durch ein Scraping-Datenleck psychische Belastungen und Kontrollverlust über seine…
ganzen Text lesen
12. März 2025
Ein Finanzamt darf die Auskunft nach Art. 15 DSGVO nicht wegen angeblich zu hohem Aufwand verweigern.
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen