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Kategorie: Onlinerecht

KG Berlin: Imagekampagne eines Bestatters im Online-Bereich ausnahmsweise keine geschäftliche Handlung = kein Wettbewerbsverstoß

Die Plakat-Kampagne eines Bestatters ist keine geschäftliche Handlung, sondern eine politische Meinungsäußerung und daher kein Wettbewerbsverstoß.

Die Imagekampagne eines Bestatters im Online-Bereich kann ausnahmsweise keine geschäftliche Handlung, sondern eine politische Willensbekundung sein, sodass kein Wettbewerbsverstoß vorliegt (KG Berlin, Urt. v. 18.02.2025 - Az.: 5 U 18/24).

Die Beklagte, ein Bestattungsunternehmen, wollte mit einer öffentlichen Kampagne auf Missstände und Regelungen im Bestattungswesen aufmerksam machen. Dazu wurden an öffentlichen Orten in Berlin Plakate aufgehängt. Auf diesen Plakaten stand, dass es in Brandenburg erlaubt sei, die Asche von Verstorbenen direkt an die Angehörigen zu übergeben, und dass Bestatter aus Berlin problemlos dorthin fahren könnten, um dies zu ermöglichen. Diese Aussagen wurden auch über soziale Medien wie TikTok verbreitet. Die Plakate trugen den Hashtag „#DuBistDerBestimmer“, um Diskussionen und Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Ein konkurrierendes Unternehmen sah in dieser Aktion eine irreführende Werbung und klagte auf Unterlassung. Die Aussagen auf den Plakaten seien objektiv falsch, weil das Bestattungsgesetz eine Übergabe der Asche an Privatpersonen nicht vorsehe.

Die Vorinstanz, das LG Berlin II (Urt. v. 26.03.2024 - Az.: 102 O 60/23 eV), bejahte einen Wettbewerbsverstoß.

Das KG Berlin sah dies im Berufungsverfahren anders.

Es fehle bereits an einer geschäftlichen Handlung, sodass jede Wettbewerbsverletzung ausscheide. 

Denn die Aussagen zielten nicht darauf ab, eine Kaufentscheidung zu beeinflussen. Vielmehr handele es sich um eine politische Meinungsäußerung zur Bestattungskultur. 

Auch wenn ein irreführender Eindruck entstünde, fehle der Zusammenhang mit einem konkreten Erwerbsvorgang. 

Die Plakate führten lediglich dazu, dass man den Hashtag suchte und sich im Internet informiere. Ein direkter Bezug zur Beklagten bestünde dabei nicht. 

Ein Wettbewerbsverstoß liege deshalb nicht vor:

"Dient die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte und wirkt sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus, so stellt sie keine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. 

Weltanschauliche, wissenschaftliche, redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht in funktionalem Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen, unterfallen demnach nicht dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (…)."

Und weiter:

"Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein unmittelbarer Zusammenhang mit einem Erwerbsvorgang im Streitfall zu verneinen.

(aa) Die beanstandeten Plakate waren für jedermann im Vorbeifahren bzw. Vorübergehen wahrnehmbar, ohne dass der Urheber der Äußerungen erkennbar wurde; weder ist auf den Plakaten das Unternehmen der Verfügungsbeklagten bezeichnet noch besteht ein klar erkennbarer Bezug gerade zu den von der Verfügungsbeklagten angebotenen Leistungen. Deutlich wahrnehmbar ist allerdings der Hashtag „#DuBistDerBestimmer“ und der Verkehr erkennt, dass der Hashtag in einem Kontext zu Bestattungen und der Frage steht, wie mit der Totenasche umzugehen ist. 

In sog. Hashtags werden regelmäßig bestimmte Themen schlagwortartig zusammengefasst, um dadurch Kampagnen oder Diskussionsbeiträge in sozialen Netzwerken auffindbar zu machen und infolgedessen eine große Anzahl von Menschen zu erreichen, die sich zu den Inhalten austauschen und dazu vernetzen können. 

(bb) Die beanstandeten Äußerungen auf den Plakaten veranlassen die Mitglieder des angesprochenen Verkehrs zunächst lediglich dazu, den Hashtag im Internet zu suchen. Sofern weitere Informationen zu den Inhalten der Plakate begehrt werden, wird der Hashtag „#DuBistDerBestimmer“ in die Suchmaske einer Internetsuchmaschine eingeben; hierzu wird auf den Plakaten auch ausdrücklich aufgefordert. 

Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt (…) führt eine Recherche bei der Suchmaschine Google dazu, dass unter der Überschrift „Gesponsort“ zunächst zwei Bestattungsunternehmen angezeigt werden, ohne dass sich das Unternehmen der Verfügungsbeklagten darunter befindet. Im Anschluss daran werden Beiträge der Verfügungsbeklagten bei YouTube, die Internetseite dubistderbestimmer.de sowie weitere Beiträge der Verfügungsbeklagten in den sozialen Netzwerken (Instagram, Facebook, TikTok) aufgelistet. 

Erst danach wird die von der Verfügungsbeklagten betriebene und zu ihrer unternehmerischen Tätigkeit gehörende Internetseite .....de angezeigt, ohne dass insoweit jedoch ein Zusammenhang zwischen dem Hashtag „#DuBistDerBestimmer“ und der domain XXXX.de erkennbar wird. Ein Mitglied des angesprochenen Verkehrs wird sich daher zur Erlangung weiterer Informationen zu dem Hashtag „#DuBistDerBestimmer“ typischerweise mit den Inhalten der Beiträge der Verfügungsbeklagten bei YouTube, auf der Internetseite dubistderbestimmer.de sowie insbesondere in den sozialen Netzwerken befassen (…)."

 

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