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OLG München: Mitstörerhaftung bei E-Cards

Das OLG München (Urt. v. 12.02.2004 - Az.: 8 U 4223/03) hat die bisherige Rechtsprechung in Sachen Mitstörerhaftung bei E-Cards bestätigt.

Da die eigentlichen Spammer oftmals nicht identifizierbar oder greifbar sind, nimmt die Rechtsprechung zunehmend eine Mitstörerhaftung eines beteiligten Dritten an. Dabei verschwimmen häufig die einzelnen Grenzen und die exakten rechtlichen Voraussetzungen.

Allgemein formuliert haftet ein Dritter immer dann mit für die rechtswidrige Handlung einer anderen Person (= sog. Mitstörerhaftung), wenn der Dritte die tatsächliche Möglichkeit hatte, den Spam-Versand zu verhindern (z.B. Überlassen eines Fax-Gerätes). Die Mitstörerhaftung ist verschuldenslos, d.h. es bedarf keiner Fahrlässigkeit des Dritten. Auch braucht der Dritte nach st. Rspr. keine Kenntnis von den rechtswidrigen Handlungen zu haben. Letzteres gilt für den Bereich der Neuen Medien aber nur eingeschränkt, da hier z.T. spezielle Gesetze (Teledienstegesetz, Telekommunikationsverordnung) etwas anderes vorschreiben.

Das AG Rostock (Urt. v. 28.01.2003 - Az.: 43 C 68/02) hat die Mitstörerhaftung eines Portal-Betreibers bejaht, wenn er Dritten unkontrolliert die Möglichkeit zur Verfügung stellt, E-Cards zu versenden. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig (LG Rostock, Beschl. v. 24.06.2003 - Az.: 1 S 49/03). Dieselbe Ansicht vertritt auch das LG München (Urt. v. 05.11.2002 - Az.: 33 O 17030/02; Urt. v. 15.04.2003 - Az.: 33 O 5791/03).

Nun hat das OLG München in der aktuellen Entscheidung diesen Rechtsansichten bestätigt. Schon das einmalige Versenden einer Nachricht sei ein Eingriff in die Rechte des Empfängers, so die Richter.

Im konkreten Fall ging es um eine politische Partei, die die E-Card-Funktion zur Verfügung gestellt hatte. Die Münchener Richter hoben ausdrücklich hervor, dass auch Werbung für Parteien normaler Spam sei.

Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. vom 01.08.2002 - Az.: 2 BvR 2135/01), das schon früher ausdrücklich klargestellt hat, dass bei Wahlwerbung für politische Parteien keinerlei Besonderheiten (insbesondere nicht das Parteien-Privileg des Art. 21 GG) gelten, sondern vielmehr die ganz allgemeinen Gesetze greifen würden.

Eine z.T. davon abweichende Meinung vertritt das OLG Koblenz, vgl. die Kanzlei-Info v. 25.06.2003.

Vgl. insgesamt zum Problem der Mitstörerhaftung im Internet unsere Rechts-FAQ: Recht der Neuen Medien - Punkt 10.

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