Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 08.07.2004 - Az.: 6 U 59/04) hatte als eines der ersten Gerichte über wettbewerbswidrige Werbeanrufe nach der zum 08.07.2004 in Kraft getretenen UWG-Reform zu entscheiden.
Vgl. zur UWG-Reform unsere Rechts-FAQ "Fragen zum neuen Wettbewerbsrecht", den Vortrag
Die Antragsgegnerin, eine Anzeigenagentur, die sich selbst als Verlagspartner von Universitäten und Institutionen des öffentlichen Rechts bezeichnet, rief im November 2003 eine Rechtsanwaltssozietät in Berlin an, um sich nach dem Interesse an einer Anzeigenschaltung der Anwaltskanzlei im Forschungsmagazin „Humboldt-Spektrum", dem offiziellen Magazin der Humboldt-Universität Berlin, zu erkundigen.
In dem Magazin, das sich vornehmlich mit medizinischen und naturwissenschaftlichen Themen befasst, sollte ein Beitrag der Juristischen Fakultät der Universität erscheinen,. Der angesprochene Rechtsanwalt bat die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, ihm ein schriftliches Angebot per Fax zu übersenden. Als Prozessbevollmächtigter des antragstellenden Wettbewerbsverbands beantragte er sodann eine einstweilige Verfügung, mit der er der Antragsgegnerin eine Telefonwerbung dieser Art untersagen lassen wollte.
Die 1. Instanz hat diesen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen legte der Antragsteller Berufung ein.
Das OLG Frankfurt hat der Berufung stattgegeben:
"Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (...) erfolgt (...) aus den (...)§§ 3; 7 Abs. 2 Nr. 2; 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG.
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geht - in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung (...) - von einer unzumutbaren, und damit im Sinne von § 3 UWG unlauteren, Belästigung bei einer Werbung mit Telefonanrufen aus, die gegenüber sonstigen Marktteilnehmern im gewerblichen Bereich einschließlich des hier angesprochenen Bereichs der freiberuflich Tätigen ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung erfolgt.
Die zwischen den Parteien allein streitige Frage, ob die Antragsgegnerin aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des anzurufenden Rechtsanwalts vermuten durfte (...) ist entgegen der Ansicht des LG zu verneinen."
Und weiter:
"Der Umstand, dass die Anzeige des anzurufenden Rechtsanwalts in einem renommierten Forschungsmagazin erscheinen und zusammen mit anderen Anzeigen Berliner Rechtsanwälte eine Art Berliner Anwaltsspiegel bilden sollte, zeigt lediglich die Gründe auf, warum sich die Antragsgegnerin Hoffnungen bezüglich ihrer Akquisebemühungen machte. Für die Annahme eines sachlichen Interesses des anzurufenden Werbeadressaten an einer telefonischen Kontaktaufnahme genügt das nicht. (...)
Überzeugende Gründe, warum der anzurufende Rechtsanwalt überhaupt an einer Anzeigenschaltung und zudem an einer Anzeigenschaltung in einem Forschungsmagazin der Humboldt-Universität interessiert sein könnte, das sich nicht als Publikation für eine Klientel-Werbung aufdrängt, sind nicht ersichtlich.
Vor allem aber fehlt für die Annahme eines sachlichen Interesses an einer Kontaktaufnahme gerade per Telefon jeder Anhalt."