Das OLG Hamburg (Urt. v. 20.02.2007 - Az.: 7 U 126/06) hatte darüber zu entscheiden, ob die bekannte Suchmaschine Google für fremde Rechtsverletzungen mithaftet.
Der Antragsteller hatte Google auf den Umstand hingewiesen, dass im Index mehrere fremde Webseiten enthalten waren, deren Inhalte rechtswidrig waren. Google löschte diese darauf. Wenig später tauchten aber erneut Inhalte der beanstandeten Art auf.
Daraufhin nahm der Antragsteller Google als Mitstörer auf Unterlassung in Anspruch. In der 1. Instanz vor dem LG Hamburg bejahten die Richter die Mitstörerhaftung, vgl. die Kanzlei-Infos v. 12.01.2007.
In der Berufungsverhandlung verneinen die Richter dagegen eine Mithaftung der bekannten Suchmaschine. Jedoch aus anderen Gründen. Zur eigentlichen Problematik, ob Google als Mitstörerhaftet, kommt das Gericht gar nicht mehr:
"Die Antragsgegnerin haftet nämlich weder als Äußernde oder Verbreiterin noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung auf Unterlassung (...), da die angegriffenen Passagen den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen.
Die vier beanstandeten Suchergebnisse nach Eingabe des Namens des Antragstellers in die Suchworteingabemaske auf www.google.de enthalten jeweils in der Überschrift die Begriffe „Immobilienbetrug“, „Betrug“, „Machenschaften“, „Nigeria Betrug“, ohne dass diese Begriffe in einen konkreten Zusammenhang mit dem Namen des Antragstellers gebracht werden. Unter den jeweiligen Überschriften befinden sich als „Thema“ die Begriffe „Die (...)… + A(...) K(...) + Immobilien“.
Ein unmittelbarer logischer Zusammenhang zwischen diesem „Thema“ und der Überschrift wird damit nicht hergestellt, insbesondere enthalten die Eintragungen keine Aussage dahingehend, dass der Kläger Täter oder Teilnehmer des in der Überschrift genannten Deliktes sei."
Und weiter:
"Ein solches den Antragsteller belastendes Verständnis liegt schon deshalb fern, weil es sich um eine Suchmaschine handelt, deren Eintragungen - für den Nutzer offenkundig - nicht auf der intellektuellen Leistung von Menschen beruhen, sondern die das Ergebnis eines automatisierten Vorgangs sind. Auch wenn dem durchschnittlichen Nutzer nicht die von der Antragsgegnerin aufgezeigten technischen Vorgänge im Detail bekannt sind, weiß er doch, dass eine Suchmaschine, die weite Teile des Internets mit milliardenfachen Websites erfasst, die gefundene Seite ohne menschliche Einwirkung nach darin vorkommenden Begriffen erfasst, registriert und bei Aufruf darin vorhandener Begriffe ihre Internetadresse zusammen mit einzelnen Textteilen anzeigt.
Mit dem Suchergebnis verbindet sich für den Nutzer jedenfalls dann keine inhaltliche Aussage, wenn darin, wie bei den hier in Frage stehenden Ergebnissen, nicht ganze Sätze der gefundenen Seite, sondern lediglich einzelne Worte als „Schnipsel“ (Snippets“) aufgeführt werden."
Mit anderen Worten: Da kein zwingender Zusammenhang zwischen den bei den Suchtreffern angezeigten Überschriften und dem eigentlichen Text bestehe, liege auch keine Rechtsverletzung vor, so die Richter.
Für den Bereich des Suchmaschinenrechts ist diese Entscheidung somit wenig ergiebig, da die OLG-Richter zum grundsätzlichen Bereich der Mitstörerhaftung gar nicht kommen.
Interessant ist in jedem Fall, dass die Richter einer Suchmaschine eine gewisse Privilegierung zugestehen. Herkömmlicherweise reicht es für die Annahme der Rechtswidrigkeit aus, wenn bei mehrdeutigen Interpretationen von Äußerungen schon eine einzige geltendes Recht verletzt. Von diesem Grundsatz sehen die Juristen Suchmaschinen ausgenommen:
"Dem steht nicht der Einwand entgegen, dass zumindest eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten zu der den Antragsteller belastenden Aussage führe, er sei Täter oder Teilnehmer eines derartigen Deliktes gewesen. Auch eine derartige Deutungsmöglichkeit führt nämlich nicht dazu, dass dem Antragsteller ein Unterlassungsanspruch zusteht.
Dies ergibt sich aus der gebotenen Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers einerseits und der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit, die durch eine Suchmaschine in entscheidendem Maß gefördert wird. Ohne den Einsatz von Suchmaschinen wäre nämlich eine sinnvolle Nutzung der Informationsfülle im World Wide Web nicht möglich (...).
Angesichts der ungeheuren Anzahl der zu erfassenden Websites kommt für die Erfassung, Übernahme und Darstellung nur ein automatisiertes Verfahren in Betracht."
Die Kanzlei Dr. Bahr unterhält mit Suchmaschinen & Recht ein eigenes Info-Portal zur rechtlichen Problematik von Suchmaschinen.