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Kategorie: Onlinerecht

OLG Frankfurt a.M.: ProdSG-Bevollmächtigter haftet ab Kenntnis als Mitstörer für fremde Rechtsverletzungen

Ein nach dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) Bevollmächtigter haftet ab Kenntnis als Mitstörer für die fremden Rechtsverstöße des eigentlichen Verletzers (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.03.2023 - Az.: 6 U 189/22).

Inhaltlich ging es um eine Geschmacksmuster-Verletzung.

Die Beklagte war die inländische Bevollmächtige für eine chinesische Firm nach § 2 Nr. 6 ProdSG. Da der Hersteller außerhalb der EU seinen Sitz hat, übernahm die Beklagte die Vertretung für den EU-Bereich.

Nun ging es um die Frage, ob auch der inländische Bevollmächtigte für Rechtsverletzungen der importierten Ware haftet.

Das OLG Frankfurt a.M. hat dies bejaht:

"Die Antragsgegnerin ist als Teilnehmerin an den von (...) begangenen Geschmacksmusterrechtsverletzungen zu qualifizieren.

Als Teilnehmer haftet auf Unterlassung, wer zumindest bedingt vorsätzlich den Rechtsverstoß eines anderen fördert; dabei gehört zum Teilnehmervorsatz nicht nur die Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale, sondern auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat (so für das Wettbewerbsrecht BGH, Urteil vom 03.07.2008, I ZR 145/05 - Kommunalversicherer - Rn. 15, juris).

Indem die Antragsgegnerin als Bevollmächtigte der Firma (...) im Sinne des ProdSG fungiert, fördert sie deren Rechtsverstoß, denn bei den streitgegenständlichen Lunchpots handelt es sich um Verbraucherprodukte, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG in Europa nur auf den Markt gebracht werden dürfen, wenn der chinesische Hersteller auf dem Produkt den Namen und die Kontaktanschrift eines - in Europa ansässigen - Bevollmächtigten anbringt.

Es ist unerheblich, dass die Antragsgegnerin die Lunchpots nicht selbst importiert und hier in den Verkehr bringt. Haftungsauslösend für ihre Gehilfenstellung ist, dass sie sich als EU-Bevollmächtigte zur Verfügung stellt und damit den Rechtsverstoß der Fa. (...) fördert."

Erforderlich sei, dass der ProdSG-Bevollmächtigte Kenntnis von dem Rechtsverstoß erlangt habe. Dies sei hier zu bejahen, so die Robenträger:

"Das für den Gehilfenvorsatz erforderlich Bewusstsein der Rechtswidrigkeit kann jedoch durch eine plausibel begründete Abmahnung herbeigeführt werden (...).

Mit Schreiben vom 13. Juli 2022 hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin mit einer ausführlichen Begründung abgemahnt (..). Sie hat die Designverletzung im Einzelnen begründet und dargelegt, dass die Antragsgegnerin als EU-Bevollmächtigte für den Rechtsverstoß mitverantwortlich ist, weil das Produkt ohne ihre Mitwirkung in Deutschland nicht vertrieben werden könnte. (...)

Ab Zugang der Abmahnung handelte die Antragsgegnerin zumindest bedingt vorsätzlich und im Bewusstsein der Rechtwidrigkeit: Die Geschmacksmusterverletzung ist eindeutig und wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen. Auch die Haftung der Antragsgegnerin wird zutreffend und gut nachvollziehbar begründet."

Zudem hafte die Beklagte auch als Störerin:

"Wollte man eine Haftung der Antragsgegnerin als Gehilfin verneinen, so wäre sie jedenfalls als Störerin passivlegitimiert.

Als Störer kann nach der Rechtsprechung des 1. Zivilsenats des BGH bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt.  (...)

Gemessen an diesen Maßstäben war die Antragsgegnerin verpflichtet, ihre Unterstützungshandlungen für den geschmacksmusterverletzenden Vertrieb des Lunch-Pots durch die Fa. (...) einzustellen, sei es dadurch, dass sie sie erfolgreich auffordert, den Vertrieb einzustellen oder notfalls durch Beendigung ihrer Stellung als Bevollmächtigte im Sinne des ProdSG."

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