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Kategorie: Wettbewerbsrecht

OLG Stuttgart: Tankstelle darf für Tabakwaren nicht so werben wie spezialisierte Tabakläden

Tankstellen dürfen nicht für Tabakwaren auf Bildschirmen im Schaufenster werben, da sie nicht als einschlägiger Fachhandel gelten.

Eine Tankstelle darf für Tabakwarten nicht auf die gleiche Art und Weise werben (hier: Bildschirme im Schaufenster) wie spezialisierte Tabakläden (OLG Stuttgart, Urt. v. 01.08.2024 - Az.: 2 Ukl 2/24).

Ein Verbraucherschutzverein verklagte einen Tankstellenbetreiber wegen einer Außenwerbung für Tabakerzeugnisse. An der Tankstelle war über einen Bildschirm hinter der Außenscheibe für zwei Zigarettenmarken geworben und war außerhalb des Verkaufsraums von außen deutlich sichtbar.

Das OLG Stuttgart sah dies als Verstoß gegen § 20a TabakerzG an. Diese Norm lautet.

"§ 20a Verbot der Außenwerbung
Es ist verboten, Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter zu betreiben. Satz 1 gilt nicht für Werbung an Außenflächen einschließlich dazugehöriger Fensterflächen von Geschäftsräumen des Fachhandels."

Das Gericht bewertete die Tankstelle nicht als einschlägigen Fachhandel:

"Nach der amtlichen Begründung (BT.-Drs. 19/19495) wird hier der einschlägige Fachhandel privilegiert, mithin der Fachhandel für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter.

Diese Ausnahme soll das Werbeverbot ersichtlich vor dem Verdikt der Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen das Übermaßverbot schützen. Ein Verstoß gegen die grundrechtlichen Schutzschranken läge vor, wirkte das Werbeverbot gegenüber „klassischen“ Tabakwarenhändlern erdrosselnd. Für den Bestand dieses hergebrachten Berufszweiges wöge ein Werbeverbot weit schwerer als gegenüber Unternehmen mit einem gemischten Warensortiment. Es beeinträchtigte sie im Kernbereich ihrer wirtschaftlichen Betätigung, weil ihnen eine nach außen wirkende Werbung für ihr Warenangebot im Ergebnis unmöglich gemacht würde und sie damit weitgehend von Laufkundschaft abgeschnitten würden.

Vor diesem Hintergrund ist die Ausnahme zu verstehen und zu interpretieren."

Und weiter:

"Für den Fachhandel charakteristisch ist ein eher schmales, häufig sehr tiefes, in sich geschlossenes Branchen-Sortiment mit Beratung durch speziell geschulte Verkaufskräfte (…). Damit fallen Händler, die (neben anderen Produkten) lediglich Zigaretten anbieten, nicht unter den Begriff des Fachhandels; also nicht Einzelhandelsgeschäfte mit einem gemischten Sortiment (…), namentlich nicht Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen (…)…). 

Dahinstehen kann, ob eine Ausschließlichkeit zu fordern ist, worüber die Parteien streiten oder ob traditionell mit dem Fachhandel für Tabakwaren einhergehende Geschäftsfelder wie insbesondere der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften sowie Annahme und Verkauf von Lotteriescheinen die Zuordnung zum Fachhandel ausschließen.

Denn unabhängig davon erfüllt die Tankstelle des Verfügungsbeklagten die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht.

(1) Eine Tankstelle wird gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden. Ihr primärer Zweck ist die Versorgung der Bevölkerung mit Fahrzeugtreibstoffen. Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit der Verkauf von Reisebedarf (Getränken, Süßigkeiten etc.) und von Hilfsmitteln, die zum sicheren Betrieb eines Kraftfahrzeugs kurzfristig erforderlich sein können und mit denen sich der Autofahrer selbst weiterhelfen kann (z.B. Motorenöl). Dieser Zuschnitt erlaubt es Tankstellen, ihr Sortiment auch außerhalb der regulären, gesetzlich beschränkten Ladenöffnungszeiten zu verkaufen.

(2) Der Verfügungsbeklagte, welcher die für den Ausnahmetatbestand erforderlichen Tatsachen vortragen und glaubhaft machen müsste, hat nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass in seiner Tankstelle eine Spezialisierung vorliegt, wie sie von einem Fachhandel zu erwarten wäre (…)."

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