Ein Unternehmen muss, wenn es seine Preise gegenüber Bestandskunden erhöht, ausreichend transparent auf das bestehende Sonderkündigungsrecht hinweisen. Es genügt nicht, dieses Detail in dem Kundenanschreiben “zu verstecken” (LG Gera, Urt. v. 16.07.2024 – Az.: 2 O 881/22).
Die Klägerin, der Verbraucherzentrale Bundesverband, ging gerichtlich gegen ein Energieversorgungsunternehmen vor.
Der Anbieter hatte Preisanpassungsschreiben an seine Kunden geschickt. Dort wurde zwar das Sonderkündigungsrecht hingewiesen, jedoch befand sich dieser Hinweis lediglich kleingedruckt und unscheinbar am unteren Rand der Seite, zudem ohne klare Zeitangaben.
Das LG Gera stufte dies als Wettbewerbsverstoß ein.
Der Hinweis auf das Kündigungsrecht, das dem Verbraucher in diesen Fällen zustünde, sei nicht deutlich genug und befinde auch in einem unscheinbaren Teil des Anschreibens. was den Verbraucher leicht in die Irre führen könne.
"Dem laufen die Preisanpassungsschreiben der Beklagten in Hinblick auf das Sonderkündigungsrecht zuwider. Die Sonderkunden werden in den streitgegenständlichen Preisanpassungsschreiben nicht in einfacher und verständlicher Weise auf ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen.
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass dem Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht folgender Wortlaut vorangestellt ist: „Sie sind uns wichtig - deshalb weisen wir darauf hin:“.
Denn ein Verstoß gegen die Transparenzpflicht liegt u.a. auch dann vor, wenn die Rechtslage unzutreffend wiedergegeben wird (…).
So liegt der Fall hier. Der einleitende Halbsatz „Sie sind uns wichtig suggeriert dem Verbraucher, dass unternehmerseitig das Kündigungsrecht als eine Art Kundenservice bzw. Zugeständnis eingeräumt wird, während das Recht auf Vertragsbeendigung aber gerade von Gesetzes wegen besteht. Zum anderen deutet der Halbsatz „Sie sind uns wichtig ..." nicht darauf hin, dass für den Kunden besonders wichtige und entscheidende Informationen, insbesondere in Hinblick auf ein etwaiges Kündigungsrecht folgen werden."
Und weiter:
“Des Weiteren ist die Positionierung des Hinweises auf das Sonderkündigungsrecht ebenso wie dessen Schriftfarbe geeignet, von einem Kunden übersehen zu werden.
Während die Aufforderung, den Zählerstand abzulesen ebenso wie die Informationen zu Treueprämien unstreitig blau hervorgehoben sowie umrandet und damit augenfällig sind, ist der Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht unauffällig in schwarzer Schriftfarbe gehalten und zwar grundsätzlich von der Schriftgröße ausreichend, aber im Gesamtgefüge des Schreibens derart unscheinbar, dass er auch in einem nur drei Seiten umfassenden Schreiben leicht übersehen werden kann.
Die gesamte Gestaltung des Schreibens erweckt den Eindruck, dass wichtige Informationen hervorgehoben sind. Hiervon darf bei einer entsprechenden Gestaltung ein verständiger Durchschnittsverbraucher auch ausgehen. Die entscheidende und eine für den Verbraucher ganz wesentliche Information wird hier indes unauffällig in schwarz ohne jegliche Hervorhebung positioniert, sodass die notwendige Kenntnisnahme jedenfalls nicht unerheblich erschwert wird.
Zwar verkennt das Gericht nicht, dass eine Hervorhebung bestimmter Passagen nicht zwingend erforderlich ist. Wenn aber - und so liegt es hier - wichtige Informationen im Schreiben hervorgehoben werden (wie etwa die Preiserhöhung und die notwendige Ablesung des Zählerstandes) darf der verständige Durchschnittsverbraueher davon ausgehen, dass auch die weiteren wesentlichen Informationen hervorgehoben werden. Ansonsten fehlt es an der notwendigen Transparenz."