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Kategorie: Wirtschaftsrecht

ArbG Heilbronn: Altersdiskriminierung durch Formulierung "Digital Native" in Stellenbeschreibung

Die Formulierung "Digital Native" in einer Stellenanzeige stellt eine unzulässige Altersdiskriminierung dar, weshalb eine Entschädigung von 7.500 EUR zugesprochen wurde.

Die Formulierung “Digital Native”  in einer Stellenbeschreibung ist eine unzulässige Altersdiskriminierung (ArbG Heilbronn, Urt. v. 18.01.2024 - Az.: 8 Ca 191/23).

Die Beklagte war ein international agierendes Handelsunternehmen im Bereich Sportartikel. Sie schrieb auf zahlreichen Internetplattformen eine Position als Manager Corporate Communication (m/w/d) Unternehmensstrategie in Vollzeit wie folgt aus:

"Wir lieben: (…)

Darüber hinaus verstehst Du Dich als Organisationstalent, das Projekte souverän führt – auch im Change. Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“

Die Klägerin bewarb sich auf die Stellenanzeige der Beklagten, erhielt jedoch eine Absage.

Daraufhin verlangte sie knapp 38.000,- EUR Schadensersatz wegen Alterdiskriminierung.

Das LG Köln sah zwar - wie die Klägerin - ebenfalls einen Rechtsverstoß, der jedoch nur einen Anspruch iHv. 7.500,- EUR auslöse.

1. Stellenbeschreibung ist Altersdiskriminierung:

Der konkrete Wortlaut der Formulierung in der Jobbeschreibung stelle auf das konkrete Lebensalter ab und sei daher unzulässig:

"Die Formulierung in der Stellenanzeige der Beklagten  (…) stellt vorliegend ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv § 3 Abs. 1 AGG dar.

Grundsätzlich ist die Stellenausschreibung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (…). Für das Sprachverständnis hinsichtlich der in einer allgemein zugänglichen Stellenanzeige verwendeten Begriffe ist damit das Verständnis des angesprochenen Bewerberkreises maßgeblich.

Unter einem „Digital Native“ (zu deutsch: digitaler Eingeborener) wird im allgemeinen Sprachgebrauch eine „Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist“ (Duden, www.duden.de/rechtschreibung/Digital_Native, Abruf 19.1.2024) oder auch eine „Person der gesellschaftlichen Generation bezeichnet, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist“ (Wikipedia, de.wikipedia.org/wiki/Digital_Native, dort mwN, Abruf 19.1.2024) verstanden. 

Auch die beklagtenseits herangezogene Definition von Prensky (Seiten 8/9 des Schriftsatzes vom 2. November 2023) zeigt, dass zumeist ein Generationenbezug gesehen wird und zum Teil eine Vermischung der Begriffe „Digital Natives, Millenials, Early Majority, Early Adopter oder Generation Y“ stattfindet – dies in Abgrenzung zu ähnlich kenntnisreichen, aber anderen Generationen entstammenden „Digital Immigrants“ sowie des „Digital Outsider“ für denjenigen, der außerhalb der digitalen Welt lebt. 

Festzuhalten ist, dass der Begriff „Digital Native“ im gängigen Sprachgebrauch eine generationenbezogene Konnotation aufweist. 

Mit ihrer Formulierung „Als Digital Native fühlst du Dich in der Welt der Social Media…. zu Hause.“ zeigt die Beklagte, dass sie eben nicht nur eine Person mit sicheren Kenntnissen in diesen Kommunikationsfeldern sucht, sondern jemanden, der diese Eigenschaft regelmäßig von Natur aus als „Eingeborener“ mitbringt. Wollte die Beklagte Bewerber aller Altersgruppen mit diesen Fähigkeiten ansprechen, hätte sie die Umschreibung „Als Digital Native“ weglassen können, denn der Begriff führt nicht zu einer Verdeutlichung der erforderlichen Kenntnisse, sondern zu einer Einengung des Bewerberkreises auf solche Personen, die die Eigenschaft bereits in die Wiege gelegt erhielten, weil sie mit diesen Medien aufgewachsen sind."

2. Entschädigungsanspruch nur iHv. 7.500,- EUR:

Das Gericht hat den Anspruch jedoch nur iHv. 7.500,- EUR für gerechtfertigt angesehen und die begehrten 38.000,- EUR abgelehnt:

"a) Bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sind alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen (…) Demgegenüber kommt es nicht auf die Vergütung an, die sich ein Bewerber vorgestellt hätte. (…)

b) Diesbezüglich hat die Beklagte ein vorgesehenes Budget i.H. eines Bruttojahresgehaltes von 60.000,00 EUR vorgetragen und auf das Bestreiten der Gegenseite mit Nichtwissen den Vortrag dahin substantiiert, das sie sowohl zwei Abrechnungen als auch den Arbeitsvertrag des eingestellten Bewerbers zur Ansicht vorgelegt hat. Die Kammer hat daher ein auf der Stelle erzielbares Einkommen iHv 5.000,00 EUR im Monat zugrunde gelegt.

c) Durch eine Entschädigung iHv. 1,5 auf der Stelle erzielbaren Bruttomonatsverdiensten wird der Kläger angemessen für den durch die unzulässige Diskriminierung - ausschließlich - wegen seines Alters erlittenen immateriellen Schaden entschädigt. Dieser Betrag ist erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung zu erzielen."

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