Mit Urteil vom 11. Oktober 2023 hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück der Klage einer Gewerkschaft gegen eine Genehmigung zur Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen stattgegeben. Diese hatte das beklagte Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück erteilt.
Die Genehmigung wurde der in diesem Verfahren beigeladenen Gesellschaft erteilt, deren Hauptgeschäftsfeld der Handel mit Merchandising-Artikeln darstellt.
Der Beklagte hatte der Beigeladenen in früheren Jahren für die Zeiträume von Anfang bzw. Ende November bis Ende Dezember eine Genehmigung zur Sonn- und Feiertagsarbeit erteilt. Auf den entsprechenden Antrag der Beigeladenen erteilte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 1. April 2022 die für den Zeitraum 3. April 2022 bis 13. November 2024 befristete Bewilligung, an Sonn- und Feiertagen maximal 510 Arbeitnehmer im Drei-Schicht-Betrieb in den Bereichen Produktion, Nachschub, Warenaufbereitung, Versand und operative Leitung zu beschäftigen. Während dieses Zeitraums dürfe von der auf § 13 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) beruhenden Bewilligung nur bei Auftragsspitzen Gebrauch gemacht werden.
Die Klägerin hält die Genehmigung für zu unbestimmt, da die Entscheidung darüber, wann die Voraussetzungen für die Sonn- und Feiertagsarbeit erfüllt seien, der Beigeladenen überlassen werde. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 ArbZG nicht erfüllt, da die Beigeladene ihre Betriebszeiten nicht - wie in der Vorschrift gefordert - „weitgehend ausgenutzt“ habe. Die Belastungsspitzen in den Wintermonaten seien diesbezüglich irrelevant, da die Genehmigung einen wesentlich längeren Zeitraum umfasse.
Die Kammer vermochte sich den Argumenten des Beklagten, der vorgetragen hat, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 ArbZG unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Dienstleistungsbrache sämtlich erfüllt seien und der die Ansicht vertreten hat, dass die der Genehmigung beigefügte Auflage sicherstelle, dass die Beigeladene ungeahnte Auftragsspitzen flexibel abarbeiten könne, nicht anzuschließen.
Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung insbesondere darauf abgestellt, dass der Zusatz, wonach von der Bewilligung nur bei Auftragsspitzen Gebrauch gemacht werden dürfe, zur Unbestimmtheit und damit zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führe. Aus dem Bescheid selbst werde nämlich nicht deutlich, an welchen Sonntagen gearbeitet werden dürfe. Die Entscheidung darüber werde so der Beigeladenen selbst überlassen.
Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 ArbZG zumindest hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der „weitgehenden Ausnutzung“ der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Arbeitszeiten nicht erfüllt. Die Beigeladene nutze die gesetzlich zulässige wöchentliche Arbeitszeit, die 144 Stunden betrage, bislang nur in einem Umfang von durchschnittlich ca. 66 % aus. Die grundgesetzlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe erfordere jedoch, dass an die Genehmigung der Sonn- und Feiertagsarbeit und damit an die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 13 Abs. 5 ArbZG strenge Anforderungen gestellt würden. Von einer „weitgehenden Ausnutzung“ der Arbeitszeiten könne daher schon dann nicht mehr die Rede sein, wenn - wie im Betrieb der Beigeladenen - nachts grundsätzlich nicht oder nur in einem Ein- oder Zweischichtsystem gearbeitet werde. Das für die Kammer nachvollziehbare Absatzinteresse von Unternehmen und das Erwerbsinteresse potenzieller Kunden genügten nicht, um Ausnahmen von Sonn- und Feiertagsschutz in diesem Umfang zu rechtfertigen.
Grundsätzlich sei eine zeitliche Beschränkung der Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit für bestimmte Zeitabschnitte oder Saisonarbeiten möglich. Da die der Beigeladenen erteilte Genehmigung aufgrund der von der Beklagten gewählten Formulierung jedoch insgesamt unbestimmt sei, könne sie in diesem Fall auch nicht nur für die Wintersaison aufrechterhalten werden.
Das Urteil (Az. 1 A 119/22) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats nach Zustellung der Urteilsgründe mit der Zulassung der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
Quelle: Pressemitteilung des VG Osnabrück v. 11.10.2023