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Sachverhalt:
Die für den Kunden zuvor nicht sichtbare Zigarettenpackung wird dann von einer Ausgabevorrichtung auf das Kassenband befördert und von dem Kunden an der Kasse bezahlt, falls er sich nicht anders entscheidet und von einem Kauf der Zigaretten absieht.
Die Auswahltasten des Zigarettenautomaten sind mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigarettenpackungen zeigen, aber hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigarettenpackungen gestaltet sind. Diese Abbildungen zeigen keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise.
Bisheriger Prozessverlauf:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2020 (GRUR 2020, 1002) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vier Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakerzeugnisrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt (siehe Pressemitteilung Nr. 81/2020 vom 25. Juni 2020).
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen mit Beschluss vom 9. Dezember 2021 (C-370/20, GRUR 2022, 93) nur teilweise beantwortet.
Da es für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch auf die Antworten zu den übrigen Fragen ankam, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren mit Beschluss vom 24. Februar 2022 (GRUR 2022, 993) erneut dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Dieser hat die weiteren Fragen mit Urteil vom 9. März 2023 (C-356/22, GRUR 2023, 501) beantwortet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Allerdings sind gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen nicht im Sinne dieser Vorschriften verdeckt, wenn die Zigarettenpackungen in Ausgabeautomaten vorrätig gehalten werden und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar sind. Kann der Verbraucher - wie im Streitfall - die im Automaten eingeschlossene Packung von außen überhaupt nicht sehen, wird er keinen Kaufimpuls verspüren, dem durch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise entgegengewirkt werden soll.
Die Revision des Klägers hat allerdings Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrags wendet, der auf das Verbot der Verwendung von Abbildungen von Zigarettenverpackungen ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise auf den Auswahltasten des Automaten gerichtet ist. Insoweit hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und den Beklagten zur Unterlassung verurteilt.
Gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV müssen Abbildungen von Packungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der Europäischen Union bestimmt sind, den Anforderungen der Tabakerzeugnisverordnung zur Verpackung und zu Warnhinweisen genügen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist deshalb gleichfalls richtlinienkonform auszulegen.
Nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen liegt eine Abbildung im Sinne dieser Vorschriften nicht nur bei einer naturgetreuen Abbildung einer Zigarettenpackung vor, sondern bereits dann, wenn die Abbildung - wie im Streitfall - an eine Zigarettenpackung erinnert. Von einer solchen Abbildung geht ein vergleichbarer Kaufimpuls aus. Sie muss daher ebenfalls einen gesundheitsbezogenen Warnhinweis aufweisen.
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 26.10.2023
Sachverhalt:
Bisheriger Prozessverlauf:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 29. Juli 2021 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union insbesondere eine Frage zur Auslegung die Richtlinie 98/6/EG (Preisangabenrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 148/21 vom 29. Juli 2021). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage mit Urteil vom 29. Juni 2023 (C-543/21) beantwortet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der dem Begriff des Gesamtpreises entsprechende Begriff des Verkaufspreises in Art. 2 Buchst. a der Preisangabenrichtlinie enthält nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht den Pfandbetrag. Dieser ist daher neben dem Verkaufspreis bzw. dem Gesamtpreis anzugeben. Die entsprechende Regelung in § 1 Abs. 4 PAngV aF (§ 7 Satz 1 PAngV nF) stellt dies in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht ausdrücklich klar. Die gesonderte Angabe von Verkaufspreis und Pfandbetrag ermöglicht es Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Preise von Waren besser zu beurteilen und leichter miteinander zu vergleichen.
Vorinstanzen:
Urteil vom 26. Oktober 2023 - I ZR 135/20 - Flaschenpfand IV
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 26.10.2023
Es ging um ein Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof.
Am Abend vor dem Gerichtstermin fiel der gebuchte Flug des klägerischen Anwalts. Der BFH wies den Advokaten darauf hin, dass alternativ die Teilnahme per Videoverhandlung bestünde.
Der Anwalt stellte jedoch einen Antrag auf Terminsverlegung, weil der Steuerberater, der ebenfalls dabei sein sollte, nicht zugeschaltet werden könne.
Der BFH verhandelte gleichwohl und wies die Revision als unbegründet zurück.
Der Antrag auf Terminsvelegung, so die Richter, sei nämlich zurückzuweisen gewesen:
Die Teilnahme eines Beteiligten an der mündlichen Verhandlung per Video-Zuschaltung ist in § 91a FGO im Einzelnen geregelt und ein mittlerweile anerkanntes und vielfältig genutztes Verfahren.
Der Senat hat dem Prozessbevollmächtigten die Zuschaltung ausdrücklich angeboten. Die Zuschaltung wäre nach dessen eigenen Angaben auch technisch möglich gewesen.
Dies sei für ihn gleichwohl nicht in Betracht gekommen, weil er den Steuerberater der Klägerin bei der mündlichen Verhandlung hätte dabei haben wollen und bei diesem eine Zuschaltung nicht möglich gewesen wäre.
Ungeachtet dessen, dass der Steuerberater der Klägerin kein Prozessbevollmächtigter war und es auf dessen Teilnahme an der mündlichen Verhandlung daher nicht ankam, hat der Prozessbevollmächtigte weder dargelegt, noch glaubhaft gemacht, warum es dem Steuerberater statt der offenbar gemeinsam geplanten Anreise nach München nicht möglich war, sich stattdessen in die Kanzleiräumlichkeiten des Prozessvertreters zu begeben."
Die 18. Strafkammer des Landgerichts München I hatte ein amtsgerichtliches Urteil gegen den Aktivisten der rechtsradikalen Kleinstpartei „III. Weg“ Klaus A. wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie der Billigung von Straftaten bestätigt und ihn zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte als damaliger Parteivorsitzender mit verantwortlich dafür, dass während des Bundestagswahlkampfs 2021 in Bayern insgesamt 20 Plakate der Kleinstpartei „III. Weg“ mit der großformatigen Aufschrift „Hängt die Grünen“ in der Öffentlichkeit aufgehängt wurden.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat nun die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen und korrigierte lediglich den Schuldspruch dahingehend, dass der Angeklagte wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit öffentlicher Aufforderung zu Straftaten schuldig gesprochen wird, ohne dass dies Auswirkungen auf den Rechtsfolgenausspruch hatte.
Der Angeklagte hatte unter anderem die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen. Das Landgericht hatte den Plakattext dahin ausgelegt, dass es sich um eine Aufforderung zur Verübung von Tötungsdelikten im Stile einer Exekution an Mitgliedern der unter der Kurzbezeichnung ”Die Grünen" bekannten Partei „Bündnis 90/Die Grünen" handelt. Diese Auslegung – so nun der Strafsenat – sei nicht zu beanstanden.
Das Landgericht habe sich insbesondere auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit „Die Grünen“ – wie von der Verteidigung vorgetragen – die grünfarbigen Plakate der Splitterpartei III. Weg gemeint sein könnten. Diese Erklärung hatte das Landgericht – nachvollziehbar – als bloße „Ausrede“ eingeordnet. Alle Auslegungsmöglichkeiten, die in Betracht gekommen seien, habe das Gericht bedacht und alle außer derjenigen, die dem Urteil zugrunde gelegt wurde, mit tragfähiger Begründung verworfen.
Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen Gerichte bei mehreren in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten eine zur Bestrafung führende Deutung zugrunde legen, wenn sie zuvor andere, keine Strafbarkeit begründende Deutungsmöglichkeiten mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben.
Mit weiteren Rügen drang der Angeklagte ebenso wenig durch.
Insbesondere komme eine Rechtfertigung der Tat durch die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit nicht in Betracht. Die Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern finde ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Vorschriften der §§ 111, 130 StGB gehören, auf die das Berufungsgericht sein Urteil gestützt habe. Zwar müssten diese wiederum im Rahmen einer Abwägung im Licht der Meinungsfreiheit ausgelegt werden.
Die vom Gericht angewandten Strafgesetze dienten bei dem konkreten Plakat der Verhinderung von Straftaten, konkret der Tötung anderer Menschen. In Hinblick auf den überragenden Stellenwert des Schutzes menschlichen Lebens ergebe die Abwägung eindeutig, dass im Falle der Aufforderung zur Tötung von Menschen die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit des Angeklagten zurücktrete.
Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskräftig. Weitere Rechtsmittel stehen dem Angeklagten nicht mehr zur Verfügung.
Quelle: Pressemitteilung des Bay.ObLG v. 24.10.2023
Beklagte war das bekannte Karrier-Portal LinkedIn. Die klägerische Verbraucherzentrale warf ihrer zwei Verstöße vor:
1. Browserfunktion "Do Not Track":
2. Standard-Einstellung Profil-Daten:
Das LG Berlin entschied nun, dass beides rechtswidrig sei.
Zu 1:
Der angesprochene Kunde kann die Mitteilung in ihrer Gesamtheit nicht anders verstehen, als dass die Benutzung eines DNT-Signals rechtlich irrelevant ist und die Beklagte ein solches Signal nicht zu beachten braucht. (...)
Diese von der Beklagten vermittelte Rechtsansicht ist jedoch nicht zutreffend. Viel mehr stellt ein DNT-Signal durchaus einen wirksamen Widerspruch gegen eine Datenverarbei tung dar. Das ergibt sich aus Art. 21 Abs. 5 DSGVO."
Soweit vereinzelt Zweifel geäußert werden, ob DNT-Signale den Anforderungen von Art. 21 DS GVO genügen, weil ein Widerspruch eine aktive und bewusste Handlung erfordere, die nicht vor liege, wenn stillschweigend und unter Umständen unbewusst eine Voreinstellung nur übernommen werde (...), greift dieser Einwand nicht durch. Es ist anzunehmen, dass der Verordnungsgeber diese Ausnahme bewusst implementieren wollte. (...)
Dem steht auch nicht entgegen, dass das DNT-Signal bei der Einführung des TTDSG zum 1. Dezember 2021 keine ausdrückliche Berücksichtigung gefunden hat. (...)
Zur Begründung dafür, dass sie derzeit auf DNT-Signale nicht reagiert, beruft sich die Beklagte in der angegriffenen Mitteilung darauf, dass noch kein DNT-Standard festgelegt worden sei. Sie meint damit ausweislich des unter Ziff. 5.4 ihrer Datenschutzrichtlinie unter „Erfahren Sie mehr" verlinkten Dokuments (Anlage K 10), dass das World Wide Web Consortium (W3C) einen Technologiestandard entwickelt, aber nicht festgelegt habe.
Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob insofern ein Standard existiert, ist nicht ersichtlich, dass es darauf für die Erfüllung des Tatbestandes von Art. 21 Abs. 5 DSGVO ankommt. Art. 21 Abs. 5 DSGVO verlangt lediglich automatisierte Verfahren, bei denen techni sche Spezifikationen verwendet werden. Diese sind bei den DNT-Signalen, welche die Beklagte gemäß ihrer eigenen Erläuterung als solche auffasst und auch erkennt, jedenfalls gegeben.
(...) Aus diesen Gründen ist die streitgegenständliche Mitteilung der Beklagten geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher über seine Rechte zu täuschen."
Unter einer Einwilligung ist jede Willensbekundung zu verstehen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden (...).
Das ist nicht gegeben, wenn die Einwilligung des Nutzers mittels eines voreingestellten Ankreuzkästchens ein geholt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss (...). Dasselbe gilt für einen als aktiviert eingestellten Schalter; ein funktionaler Unterschied zu einem Ankreuzkästchen besteht nicht. Das wird von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt."
Der Beklagte war Versicherungsmakler und warb online auf seiner Webseite mit den Aussagen
Die Angaben sind bereits deshalb unwahr, weil auch unter Berücksichtigung des Gedankens aus § 94 WpHG „Unabhängigkeit" nach den Regelungen in § 34f Abs. 1 GewO und § 34h GewO eine Unabhängigkeit nur im Falle des Honorar-Anlagenberaters im Sinne von § 34h GewO angenommen werden kann und nur er sich als unabhängig bezeichnen kann. Der Finanzanlagenberater kann dies dagegen nicht, auch wenn er in Einzelfällen anstatt oder neben einer Provision sein Honorar vom Anleger erhält."
Der Auffassung des Landgerichts Hamburg (GRUR-RS 2020, 25713 Rn. 15) ist selbstverständlich zuzustimmen, dass in diesen Fällen die Erwartung des Verbrauchers enttäuscht wird, der natürlich im Falle einer Werbung der „Unabhängigkeit" davon ausgeht, dass die Beklagte in seinem Interesse rechtlich unabhängig tätig wird.
Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass der angesprochene Verkehr von Anlegern darüber hinaus auch die Erwartung hat, dass die Beklagte im Falle der Werbung mit einer „produktunabhängigen Beratung“ bzw. „unabhängigen Beratung" tatsächlich nicht in einem Provisionsinteresse tätig wird, sondern vollständig unabhängig von etwaigen Provisionen oder anderen Zuwendungen, die seitens der Anbieter von Anlagen in unterschiedlichen Höhen an die Beklagte im Erfolgsfalle geleistet werden, für den Verbraucher Anlagen vermittelt."
Genau diese Unabhängigkeit ist Gegenstand der Regelung des § 34h GewO, wobei es nicht ausreicht, dass dem Verbraucher, nachdem er sich mit dem Angebot der Beklagten aufgrund der unlauteren Werbung näher befasst, erfahren könnte, dass die Beklagte verschiedene Vergütungsmodelle anwendet. Diese Erläuterungen sind ersichtlich zu spät. Für die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses spricht nach Ansicht der Kammer der zu übertragende Gedanke aus der Regelung des § 94 Abs. 1 WpHG, der eine Verwendung der Bezeichnung „Unabhängigkeit" nur zulässt, wenn der Werbende im Register Unabhängiger Anlageberater eingetragen ist."
Das Gericht hatte einen Gerichtstermin per Videoverhandlung bestimmt.
Der klägerische Anwalt konnte sich an dem Tag des Gerichtstermins nicht einwählen. Er informierte den Richter, der ihm empfahl, einen anderen Browser zu benutzen. Daraufhin konnte zwar eine Tonverbindung hergestellt werden und der klägerische Anwalt konnte die anderen Parteien auch sehen. Jedoch funktionierte seine Kamera nicht
Daraufhin erließ das Gericht ein Versäumnisurteil:
Verschulden umfasst Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB. Maßstab hierfür ist das Verhalten einer ordentlichen Prozesspartei bzw. eines ordentlichen Prozessbevollmächtigten (...).
In der konkreten Situation hat der klägerische Prozessbevollmächtigte seine berufsbedingte Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er die technische Videoausstattung vor der öffentlichen Sitzung nicht sichergestellt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die vom Klägervertreter abgegebene Erklärung."
Demnach müssen die zumutbaren und möglichen technischen Vorkehrungen getroffen werden (vgl. Windau, NJW 2020, 2753 (2757); Gomille/ Frenzel, NJOZ 2022, 1185 (1188)). In technischer Hinsicht dürfen allerdings keine überzogenen Anforderungen für die Parteien gelten. Dies würde dem Zweck des § 128a ZPO, Verhandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung infolge des Gesichtspunkts der Verfahrensbeschleunigung zu fördern, gerade zuwiderlaufen (vgl. Windau, NJW 2020, 2753 (2757), Fritsche, in: MüKo zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 128a Rn. 1).
Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Gericht fernmündlich über das Telefon über die technischen Probleme beim Einwählen in die Videokonferenz unterrichtet hatte, konnte jedenfalls auf richterlichen Rat hin, einen anderen Browser hierfür zu nutzen, eine allseitige Tonverbindung mittels der Videokonferenzsoftware hergestellt werden.
Ferner war es dem klägerischen Prozessbevollmächtigten gleichzeitig möglich, das Gericht und den Prozessbevollmächtigten auf Beklagtenseite visuell wahrzunehmen. Die anderen Beteiligten konnten hingegen den klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht in Bild und Farbe sehen.
Daraus ergibt sich, dass auf Seiten der Klägerschaft nur unzureichend technisch in Sachen Bildübertragung vorgesorgt wurde. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers war es auch zumutbar, die Einsatzfähigkeit einer Webcam oder ihrer Kompatibilität mit dem Videokonferenzsystem der Justiz sicherzustellen. Insbesondere wurde er im Rahmen des Erlasses der gerichtlichen Verfügung vom 17.05.2023 (Bl. 2.791 der Akte) auf die notwendige technische Ausrüstung explizit hingewiesen."
Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 dürfen konzessionierte Wettveranstalter in Deutschland Sportwetten über stationäre Wettvermittlungsstellen anbieten.
Für den Betrieb einer stationären Wettvermittlungsstelle bedarf es einer Erlaubnis. Gesetzlich vorgesehen ist zudem, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen.
Unter Berufung auf dieses sog. Trennungsgebot lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf den Antrag einer Wettveranstalterin und einer Wettvermittlerin auf Erteilung einer Betriebserlaubnis in Mülheim/Ruhr ab.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat diese Bescheide in ihren Urteilen bestätigt und ausgeführt: Das Trennungsgebot begründet grundsätzlich keine einseitige Privilegierung von Spielhallen bzw. Spielbanken gegenüber Wettvermittlungsstellen.
Vielmehr setzt sich im Falle des Zusammentreffens der unterschiedlichen Glücksspielangebote in einem Gebäude oder Gebäudekomplex regelmäßig das am jeweiligen Standort bereits ansässige glücksspielrechtlich erlaubte Spielangebot gegenüber der hinzutretenden Glücksspielstätte durch, unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine Spielhalle bzw. Spielbank oder eine Wettvermittlungsstelle handelt. Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen das Trennungsgebot bestehen nicht.
Denn das Gemeinwohlziel, einem übermäßigen Spieltrieb zu begegnen, indem der unmittelbare Kontakt zwischen den verschiedenen Glücksspielarten in räumlicher Nähe vermieden wird, ist von überragender Bedeutung. Demgegenüber tritt der Eingriff in die Rechte von Wettveranstaltern und Wettvermittlern zurück.
Gegen die Urteile kann jeweils die Zulassung der Berufung beantragt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
Aktenzeichen: 3 K 7177/21 und 3 K 7178/21
Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf v. 04.10.2023
Die Klägerin bot online Lehrgänge an, mit denen die Teilnehmer erfolgreich im Internet mit Print on demand sein sollten. U.a. hieß es
Zudem gab alle drei Wochen ein Zoom-Meeting á 2 Stunden.
Das Online-Coaching kostete insgesamt rund 6.400,- EUR.
Der Beklagte schloss einen entsprechenden Vertrag ab, widerrief aber den Kontrakt einige Zeit später.
Die Klägerin verlangte die Bezahlung, der Beklagte weigerte sich.
Zu Recht, wie nun das LG Hamburg entschied.
Denn der geschlossene Vertrag sei nichtig, weil er nicht über die nach dem FernUSG notwendige Zulassung verfüge:
Bei der Auslegung des Gesetzes und der Qualifikation des streitgegenständlichen Lehrgangs war die Intention des Gesetzgebers beim Erlass des FernUSG zu berücksichtigen. Dieser wollte wegen eines gestiegenen Interesses an Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich stärken. Insbesondere waren Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität angeboten wurden, die nicht geeignet waren, das in der Werbung genannte Lehrgangsziel zu erreichen (...)
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 FernUSG waren erfüllt. Schließlich sah das gesamte „Kurskonzept“ der Klägerin vor, dass der Lehrende und er Lernende räumlich getrennt sind, da das Coaching ausschließlich Online – mittels Video-Coaching und Lernvideos – stattfinden sollte.
Dem steht insbesondere die Rechtsmeinung der Beklagten entgegen, dass die Coachingmodule - die einen deutlichen Schwerpunkt des „Kurskonzepts“ ausmachen, trotz der Videoübertragung keinen Fall der räumlichen Trennung darstellen.
Zwar sieht die Kammer, dass Teile der (spärlichen) Literatur und Rechtsprechung zum FernUSG die Teilnahme mittels Videokonferenz nicht als Fall einer räumlichen Trennung i.S.d. § 1 FernUSG ansehen, da es auf den direkten Kontakt zwischen Lehrendem und Lernendem bei der Wissensvermittlung ankomme (vgl. VG München, Urt. v. 14.0 September 1988 - M 6 K 86.7044 - NVwZ-RR 1989, 473; Nomos-BR/Vennemann FernUSG/Michael Vennemann, 2. Aufl. 2014, FernUSG § 1 Rn. 10).
Hiergegen spricht jedoch bereits der Wortlaut des § 1 FernUSG, welcher einzig und allein auf eine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden abstellt. Auch das OLG Köln geht in einer Entscheidung in einer Bußgeldsache dann von einer räumlichen Trennung aus, wenn weniger als die Hälfte des Lehrgangsstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt würde (OLG Köln, Beschl. v. 24. November 2006 - 81 Ss-OWi 71/06 - 210 B Rn. 10)."
Der Wortlaut des FernUSG macht seine Anwendbarkeit nämlich an keiner Stelle von der Verbrauchereigenschaft des Lernenden abhängig.
Soweit die Klägerin behauptet, dem Beklagten sei der Schutz durch das FernUSG zu verwehren, da das Gesetz dem Verbraucherschutz diene und der Beklagte sich an dem Rechtsschein halten lassen müsse, den er durch seine Aussage vor dem Vertragsschluss am 21. März 2022 gesetzt habe, verkennt die Klägerin, dass die Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 FernUSG, die Nichtigkeit des Vertrages, ohne Geltendmachung eines Gestaltungsrecht durch die Beklagte kraft Gesetzes eintritt.
Die Rechtsfolge steht nicht zur Disposition der Parteien; es fehlt damit der Anknüpfungspunkt für den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens."
Auf der Webseite der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht gibt es die Möglichkeit der Suche, ob ein Kurs zugelassen wurde.
Im Streit um den Umfang des gebuchten Hochzeitspakets wies das Amtsgericht München die Klage auf Zahlung von 1.399,95 EUR ab.
Der Kläger aus Sachsen-Anhalt hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten für Juni 2022 eine einwöchige Kreuzfahrt gebucht. Zusätzlich buchte der Kläger bei der Beklagten für 889 EUR das Hochzeitspaket „Classic“, das eine symbolische Hochzeit an Bord des Schiffs beinhaltete.
Im Photoshop des Schiffs hatte die Ehefrau des Klägers ein „Storybook“, ein „Wedd Canvas 40x60“ sowie ein Foto „Wedding Emerald“ für insgesamt 1.399,95 EUR erworben.
Der Kläger war der Ansicht, dass die Fotos der Zeremonie in dem von ihm gebuchten Hochzeitspaket enthalten seien, und verlangte den von seiner Ehefrau im Photoshop der Beklagten gezahlten Betrag zurück, da dieser ohne Rechtsgrund bezahlt worden sei.
Das Amtsgericht München wies die Klage als unbegründet ab und führte hierzu in den Entscheidungsgründen wie folgt aus:
Analoge oder digitale Abzüge von Photos sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht in dem Hochzeitspaket, welches er gebucht und bezahlt hat, inkludiert. Nach §§ 133, 157 BGB ist die Bezeichnung „Fotos der Zeremonie“ (…) nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass seitens der Beklagten Photos von der Zeremonie gemacht werden, allerdings eine separate Bestel-lung mit zusätzlichen Kosten im Nachhinein erfolgt. Eine andere Auslegung ist nicht möglich, da der Beleg Anlage K 1 keinerlei Angaben zu Anzahl oder Format der inkludierten Photos macht.
Desweiteren ist zu sehen, dass die Ehefrau des Klägers am 14.06.2022 - soweit lesbar - nicht nur einfache Photoabzüge gekauft hat, sondern spezielle, aufwendige Photoprodukte. Dass auch diese im „Classic“ Paket enthalten sein sollen, ergibt sich aus der Anlage K 1 in keinster Weise.
Zudem wird in der Email der Beklagten vom 4.2.2022, deren Zugang der Kläger nicht substantiiert bestritten hat und die der Kläger sogar selbst nochmal (…) vorlegt, explizit erläutert, dass ein einstündiger Photoservice enthalten ist. Von Abzügen, etc. ist auch hier nicht die Rede.
Auch die Ausführungen des Klägers, dass die angeführte Ausschreibung als überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB einzuordnen ist, gehen fehl. Es muss sich dabei um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handeln, wobei dies nach den Gesamtumständen zu beurteilen ist. Dies ist bei der vorliegenden Beschreibung nicht der Fall.
Eine Inkludierung nur des Photographen an sich ist nicht ungewöhnlich, da bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung häufig Fotografen für besondere Anlässe wie Hochzeiten, etc. beauftragt werden und Abzüge im Nachhinein, digital oder in Papierform extra zu vergüten sind.“
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 13.10.2023
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Newsletter
vom 01.11.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 44. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. BGH: Abbildungen von Zigarettenpackungen auf Ausgabeautomaten müssen gesundheitsbezogene Warnhinweise zeigen
2. BGH: Bei Werbung für Waren in Pfandbehältern ist Pfandbetrag gesondert anzugeben
3. BFH: Kein Anspruch auf Terminverlegung, wenn Möglickeit der Videoverhandlung besteht
4. Bay.ObLG: Plakat "Hängt die Grünen" ist strafbare Volksverhetzung
5. LG Berlin: LinkedIn darf nicht behaupten, Browserfunktion "Do Not Track" zu ignorieren + Standard-Einstellung Profil-Daten rechtswidrig
6. LG Bremen: Versicherungsmakler dürfen nicht mit Aussage "unabhängige Beratung" werben
7. LG Düsseldorf: Bei schuldhafter Nicht-Teilnahme an Videoverhandlung = Versäumnisurteil
8. VG Düsseldorf: Glücksspielrechtliches Trennungsgebot nicht zu beanstanden und rechtlich wirksam
9. LG Hamburg: Online-Coaching-Vertrag muss FernUSG-Zulassung haben, andernfalls rechtswidrig und Vertrag unwirksam
10. AG München: Müssen Fotos bei Hochzeit extra bezahlt werden?
Die einzelnen News:
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1. BGH: Abbildungen von Zigarettenpackungen auf Ausgabeautomaten müssen gesundheitsbezogene Warnhinweise zeigen
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Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Abbildungen von Zigarettenpackungen auf den Auswahltasten von Warenausgabeautomaten an Supermarktkassen die gesetzlich vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise zeigen müssen.
Der Kläger ist ein eingetragener Verbraucherverein. Der Beklagte betreibt in München zwei Supermärkte. An deren Kassen werden Zigarettenpackungen in Warenausgabeautomaten zum Kauf bereitgehalten.
Die Zigarettenpackungen sind mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen. Kunden, die eine Zigarettenpackung erwerben wollen, müssen durch Drücken einer am Warenausgabeautomaten befindlichen Taste die Zigarettenmarke auswählen.
Der Kläger hat den Beklagten wegen Verstoßes gegen die Tabakerzeugnisverordnung auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Der Bundesgerichtshof hat die Abweisung des vorrangig verfolgten Hauptantrags bestätigt, mit dem der Kläger der Beklagten verbieten lassen wollte, Zigaretten in Ausgabeautomaten zum Verkauf anzubieten, wenn dadurch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen verdeckt werden.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV bestimmt, dass gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht verdeckt werden dürfen.
Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Aus der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass Zigaretten zwar schon mit ihrem Anbieten über Ausgabeautomaten und nicht erst mit dem Abschluss eines Kaufvertrags in den Verkehr gebracht werden.
LG München I - Urteil vom 05. Juli 2018 - 17 HK O 17753/17, juris
OLG München - Urteil vom 25. Juli 2019 - 29 U 2440/18, WRP 2019, 1380
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2. BGH: Bei Werbung für Waren in Pfandbehältern ist Pfandbetrag gesondert anzugeben
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Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert anzugeben ist.
Der Kläger ist ein Verein, der im Interesse seiner Mitglieder die Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt bewarb sie unter anderem Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Der Pfandbetrag war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern mit dem Zusatz "zzgl. … € Pfand" ausgewiesen. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Pfandbetrag gesondert auszuweisen ist. Wer - wie die Beklagte - als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat zwar nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV aF (§ 3 Abs. 1, § 2 Nr. 3 PAngV nF) den Gesamtpreis anzugeben. Der Gesamtpreis schließt aber nicht den Pfandbetrag ein, der beim Kauf von Waren in Pfandbehältern zu entrichten ist. Die Preisangabenverordnung setzt die Preisangabenrichtlinie ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen.
LG Kiel - Urteil vom 26. Juni 2019 - 15 HKO 38/18, MD 2019, 907
OLG Schleswig - Urteil vom 30. Juli 2020 - 6 U 49/19, GRUR-RR 2021, 133
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3. BFH: Kein Anspruch auf Terminverlegung, wenn Möglickeit der Videoverhandlung besteht
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Es besteht kein Anspruch auf Verlegung eines Gerichtstermins, wenn die Möglichkeit einer Teilnahme per Videoverhandlung besteht (BFH, Urt. v. 26.07.2023 - Az.: II R 4/21).
"Schließlich war die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung auch deshalb nicht geboten, weil es dem Prozessbevollmächtigten möglich gewesen wäre, an der mündlichen Verhandlung durch Video-Zuschaltung teilzunehmen.
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4. Bay.ObLG: Plakat "Hängt die Grünen" ist strafbare Volksverhetzung
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Der 7. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat mit Beschluss vom 19.10.2023 die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts München I vom 28.03.2023 weitgehend verworfen.
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5. LG Berlin: LinkedIn darf nicht behaupten, Browserfunktion "Do Not Track" zu ignorieren + Standard-Einstellung Profil-Daten rechtswidrig
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Das Business-Netzwerk LinkedIn darf nicht behaupten, die Browserfunktion "Do Not Track" zu ignorieren, da hierin eine irreführende Werbung liegt. Außerdem ist die Standard-Einstellung rechtswidrig, dass die Profil-Daten der Mitglieder auch auf anderen Webseiten auftauchen können (LG Berlin, Urt. v. 24.08.2023 - Az.: 16 O 420/19).
LinkedIn erklärte auf seinen Seiten, ein etwaiges vom Browser voreingestelltes und ausgesendetes Signal zur Ablehnung von Tracking (sog. Do Not Track-Signal) zu ignorieren und insbesondere nicht als wirksamen Widerspruch gegen eine Datenverarbeitung zu werten.
Standardmäßig war für die Mitglieder von LinkedIn die Funktion voreingestellt, dass die Profildaten auch außerhalb von LinkedIn erscheinen sollten.
Das Gericht bewertete die Äußerungen zum "Do Not Track" als irreführend, denn in dem Signal liege durchaus ein wirksamer Widerspruch gegen die Datenverarbeitung:"Die Beklagte behauptet mit der angegriffenen Mitteilung eine eindeutige Rechtslage, die der ange sprochene Kunde als Feststellung versteht. Sie suggeriert dem angesprochenen Verbraucher, dass sie nicht verpflichtet ist, DNT-Signale zu beachten, und vermittelt den Eindruck, dass dies rechtskonform ist. Dass sie auf ein rechtskonformes Verhalten Wert legt, unterstreicht die Beklagte durch die einleitende Versicherung, Privatsphäre und Datenschutz sehr ernst zu nehmen.
Und weiter:
"Das DNT-Signal stellt ein automatisiertes Verfahren dar, das technische Spezifikatio nen verwendet, und damit unter Art. 21 Abs. 5 DSGVO fällt (...).
Zu 2:
Ebenfalls für wettbewerbswidrig erachtete das Gericht die Voreinstellung:"Die von vornherein als aktiviert eingestellten Schalter erfüllen indessen nicht die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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6. LG Bremen: Versicherungsmakler dürfen nicht mit Aussage "unabhängige Beratung" werben
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Versicherungsmakler dürfen nicht den Eindrucker einer unabhängigen Beratung erwecken. Es ist ihnen daher verboten, mit Aussagen wie "unabhängige Beratung" zu werben (LG Bremen, Urt. v. 11.07. 2023 - Az.: 9 O 1081/22).
"Wir bieten bundesweit produktunabhängige Beratung an"
und"Wir bieten bundesweit eine unabhängige Beratung zu folgenden Themen".
Beides stufte das LG Bremen als irreführende Handlungen ein, da ein Versicherungsmakler nicht unabhängig sei:
"Es handelt sich zunächst um unwahre Angaben.
Bei dem Begriff "Unabhängigkeit" erwarte der Verbraucher, dass Makler vollkommen autonom sei:
"Vor diesem Hintergrund bedeutet „Unabhängigkeit“ aus Sicht des angesprochenen Verkehrs, nicht nur, dass die Beklagte nicht in einer vertraglichen Beziehung zu den Anbietern der Anlagen bzw. Versicherungen steht.
Und weiter:
"Eine irgendwie geartete Abhängigkeit der Beklagten von einem Produktgeber, sei es auch keine vertragliche, sondern nur eine über eine Provision oder sonstige Zuwendung vermittelte, steht aus Sicht des angesprochenen Verkehrs einer „Unabhängigkeit" entgegen.
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7. LG Düsseldorf: Bei schuldhafter Nicht-Teilnahme an Videoverhandlung = Versäumnisurteil
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Sorgt ein Anwalt technisch nicht ausreichend vor, dass er problemlos an einer Videoverhandlung des Gerichts teilnehmen kann, liegt eine schuldhafte Säumnis vor, sodass ein Versäumnisurteil ergehen kann (LG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.2023 - Az.: 3 O 219/20).
"Die Säumnis hat der Kläger auch verschuldet, § 337 S. 1 a.E. ZPO.
Und weiter:
"Entscheidet sich eine Partei dafür, nicht physisch zu erscheinen und von § 128a ZPO Gebrauch zu machen, so wird es zu der erforderlichen Sorgfalt jedenfalls gehören, dass der jeweilige Beteiligte alle notwendigen Vorbereitungen trifft, um eine Bild- und Tonübertragung im Termin sicherzustellen.
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8. VG Düsseldorf: Glücksspielrechtliches Trennungsgebot nicht zu beanstanden und rechtlich wirksam
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Die Ansiedlung von Stellen zur Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäudekomplex, in dem sich bereits eine glücksspielrechtlich erlaubte Spielhalle oder Spielbank befindet, ist unzulässig. Dies hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit zwei Urteilen vom heutigen Tage entschieden und damit die Klagen einer Veranstalterin von Sportwetten und einer Wettvermittlerin abgewiesen.
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9. LG Hamburg: Online-Coaching-Vertrag muss FernUSG-Zulassung haben, andernfalls rechtswidrig und Vertrag unwirksam
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Ein Online-Coaching-Vertrag muss eine entsprechende Zulassung nach dem Fernunterrrichtsschutzgesetz (FernUSG) haben. Ist dies nicht der Fall, ist der geschlossene Vertrag unwirksam und der Dienstleister hat keinen Vergütungsanspruch (LG Hamburg, Urt. v. 19.07.2023 - Az.: 304 O 277/22).
"Möchtest du M(...) die Masterclass bewusst als Unternehmer zum Aufbau deines online Shops und Gewerbes neben deinem Angestellten Job kaufen?"
Der wesentliche Vertragsinhalt des sechsmonatigen Programms bestand aus dem Zugang zu einem Videokursbereich mit 235 Schulungsvideos mit etwa 40 Stunden Videomaterial.
"Bei dem von der Klägerin angebotenen Coaching handelt es sich - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - um Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG. (...)
Unerheblich sei auch, ob der Vertragspartner als Verbraucher oder Unternehmer gehandelt habe:"Entgegen de Auffassung der Klägerin kommt es für die Anwendbarkeit des FernUSG zudem weder darauf an, ob der Beklagte bei Vertragsschluss als Verbraucher oder Unternehmer gehandelt hat, noch darauf, ob er sich durch seine Aussagen als Unternehmerin gerierte (vgl. OLG Celle 3. Zivilsenat, Urteil vom 01. März 2023 - 3 U 85/22 - noch nicht rechtskräftig).
Ein Vertrag, der ohne eine entsprechende FernUSG-Zulassung geschlossen werde, sei nichtig. Aus ihm könnten keine Rechte hergeleitet werden:
"Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus dem „Coaching“ Vertrag zu, da dieser Vertrag gem. § 7Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG nichtig ist."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Sollte sich die Rechtsansicht des LG Hamburg durchsetzen, dürfte dies zu erheblichen Veränderungen im Bereich des Online-Coachings führen. Dies dürfte dann insbesondere den Finanz-Bereich treffen, wo in den letzten Jahren zahlreiche Finanz-Influencer ihre entgeltpflichtigen Coaching-Kurse anbieten. Ein Großteil der Anbieter verfügt nämlich über keine FernUSG-Zulassung.
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10. AG München: Müssen Fotos bei Hochzeit extra bezahlt werden?
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Streit um Umfang des Hochzeitspakets bei symbolischer Hochzeit auf Schiffsreise
„Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB [liegen] nicht vor. Dieser setzt voraus, dass die Beklagte durch die Leistung des Klägers etwas ohne rechtlichen Grund erlangt haben muss.
Urteil des Amtsgerichts München vom 15.05.2023
Das Urteil ist rechtskräftig.
Aktenzeichen: 223 C 15920/22
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