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Newsletter vom 02.01.2019 |
Betreff: Rechts-Newsletter 1. KW / 2019: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Kriterien für rechtmissbräuchliche Verfolgung im Wettbewerbsrecht _____________________________________________________________ Der BGH hat sich noch einmal zu den Kriterien für eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung im Wettbewerbsrecht geäußert (BGH, Urt. 26.04.2018 - Az.: I ZR 248/16).
Inhaltlich bietet die Entscheidung keine grundlegenden Neuigkeiten, sondern bestätigt nur noch einmal die schon bislang vom BGH aufgestellten Merkmale:
"1. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG liegt grundsätzlich vor, wenn mit einer Vielzahl von Abmahnungen ein im Verhältnis zum Jahresgewinn des Abmahnenden existenzbedrohender Verfolgungsaufwand verbunden ist, und für ihn an der Rechtsverfolgung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse besteht. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. KG Berlin: Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch erfasst auch medizinische Untersuchungsergebnisse _____________________________________________________________ Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO erfasst auch medizinische Untersuchungsergebnisse (KG Berlin, Beschl. v. 23.10.2018 - Az.: 6 U 45/18). Die Klägerin war Versicherungsnehmerin bei der verklagten Versicherung. Um einen Anspruch auf Leistung zu überprüfen, musste sich die Klägerin einer medizinischen Untersuchung unterziehen. Das Ergebnis der Kontrolle hielt die Versicherung zurück, bewilligte aber den Antrag auf Leistungszuteilung. Daraufhin klagte die Versicherungsnehmerin auf Herausgabe. Das KG Berlin entschied, dass bereits nach altem Datenschutzrecht (§ 34 BDSG a.F.) ein Anspruch bestanden habe. Auch auf Basis des neuen Rechts, nämlich Art. 15 DSGVO, habe die Klägerin ein Anrecht auf Übermittlung der Ergebnisse. Denn der Klägerin stünde ein entsprechender Anspruch zu, der durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt sei.
Daran ändere auch nichts, dass die Versicherung den Leistungsfall anerkannt habe. Zwar habe die Versicherung ihre Leistungspflicht anerkannt, sodass die Klägerin auf die Kenntnis des Gutachtens nicht zur gerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen angewiesen sei. Dies sei jedoch unerheblich, da dies nicht Voraussetzung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs sei.
Der Klägerin war in der Vergangenheit glücksspielrechtlich von der Aufsichtsbehörde erlaubt worden, produktspezifische Voucher in einem bestimmten Kundenbindungssystem einzusetzen. Dabei konnten Teilnehmer dieses Kundenbindungssystems ihre zuvor primär durch Flugbuchungen erworbenen Bonusmeilen gegen produktspezifische Voucher eintauschen. In dem amtlichen Bescheid hieß es, dass die Vermittlung der genannten Glücksspiele über den Vertriebsweg "Einsatz produktspezifischer Voucher für das Kundenbindungssystem (,,,) im Internet“ erlaubt werde. Wörtlich wurde darauf hingewiesen: "Weitere Vertriebswege bedürfen einer gesonderten Erlaubnis“.Die Klägerin bot nun dieses Angebot auch an zahlreichen weiteren Geschäftsstellen und Orten (u.a. Supermärkte, Tankstellen) an. Daraufhin erließ die Behörde eine Untersagungsverfügung. Hiergegen wehrte sich die Klägerin. Das OVG Lüneburg wies die Beschwerde zurück und erklärte den Bescheid für rechtmäßig. Aus der Genehmigung sei ersichtlich, dass nur der spezifische Vertriebsweg gemeint gewesen sei und nicht eine generelle, grundsätzliche Erlaubnis erteilt worden sei. In dem Bescheid werde darauf auch ausdrücklich hingewiesen ("Weitere Vertriebswege bedürfen einer gesonderten Erlaubnis").
Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich die unterschiedlichen Aktivitäten in ihrer Reichweite erheblich unterscheiden würden. Die ursprüngliche Erlaubnis beziehe sich auf die Vertriebsform "Internet". Nun erfolge der Einsatz jedoch im stationären Einzelhandel. Dieser Handel unterscheide sich gegenüber dem Vertrieb im Internet erheblich und eröffne eine weitere, zusätzliche Vertriebsform. Ein solcher neuer Vertriebskanal bedürfe einer eigenständigen Genehmigung. Der bekannte Discounter Netto warb mit der Aussage "Du willst günstigere Preise als bei Globus? Dann geh doch zu Netto!". Am Ende der Anzeige befand sich der kleingedruckte Hinweis: "Diese Angebote gelten in allen Netto-Filialen in (...). Die abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein." Zu Beginn der Aktion war es zutreffend, dass die Preise bei Netto niedriger waren als beim benannten Mitbewerber. Im Rahmen des Aktionszeitraums veränderte sich diese jedoch teilweise, sodass die Aussage nicht mehr stimmte. Das OLG Nürnberg verurteilte Netto zur Unterlassung. Für die Werbung mit Preisvergleichen gelte eine uneingeschränkte Aktualität, so die Richter. Es sei nach der Rechtsprechung ohne Belang, ob die Angabe von vornherein unrichtig sei oder ob sie es erst m Verlauf der Zeit geworden sei. Auch eine ursprünglich richtige Angabe verstoße gegen das Irreführungsverbot, wenn sie nach einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse irreführend fortwirke. So stelle beispielsweise die Nichtberichtigung eines Firmennamens nach Änderung der tatsächlichen Verhältnisse einen Wettbewerbsverstoß dar.
Nichts anderes gelte auch im vorliegenden Fall. Eine zunächst zutreffende Werbung mit einem bezifferten Preisvorteil gegenüber einem Mitbewerber sei irreführend und werde unzulässig, wenn dieser seinen Vergleichspreis herabsetze. Denn grundsätzlich könne an einer objektiv irreführenden Werbeangabe kein schutzwürdiger Besitzstand bestehen, auch wenn sie früher nicht irreführend gewesen sei.
Das LSG hat demgegenüber festgestellt, dass die Klägerin in der streitigen Auftragsbeziehung in diesen Zweigen der Sozialversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen ist. Zwar handele es sich nicht um Einzelaufträge, sondern um eine Tätigkeit im Rahmen eines einheitlichen Auftragsverhältnisses. Denn mangels ausreichender eigener Kompetenz im Bereich Social Media habe die GmbH für die gesamte Vertragslaufzeit auf eine kontinuierliche Dienstleistung der Klägerin zurückgreifen müssen. Mit dem Bereich der Neuen Medien seien technische Anforderungen verbunden, die sich, ebenso wie die hinter den jeweiligen Medien stehenden Algorithmen, regelmäßig veränderten und daher ständige aktuelle Präsenz der dafür Zuständigen verlangten. Im Rahmen der Gesamtabwägung sprächen die vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Umsetzung allerdings in überwiegendem Maße für eine selbstständige Tätigkeit. Die Klägerin sei in dem streitigen Zeitraum nicht in einem Maß weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der GmbH eingegliedert gewesen, wie dieses für eine abhängige Beschäftigung prägend sei. Angesichts dessen berechtige das weitgehende Fehlen eines unternehmerischen Risikos der Klägerin und einer eigenen Betriebsstätte in der Gesamtschau nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Das LSG hat jüngst die Sozialversicherungspflicht feststellende Bescheide sowie ein klageabweisendes Urteil des SG Köln aufgehoben bzw. geändert (L 8 R 934/16).
Quelle: Pressemitteilung des LSG Essen v. 21.12.2018
Seit einiger Zeit müssen Telekommunikationsanbieter ihren Kunden das sogenannte Produktinformationsblatt zur Verfügung stellen. Darin muss der jeweilige Anbieter die wesentlichen Inhalte des Vertrages (z.B. Vertragsgegenstand, Preis, Leistung, Laufzeiten usw.) zusammenfassen.
§ 45n Abs. 5 TKG schreibt vor, dass diese Informationen
"in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Form dem Verbraucher und auf Verlangen anderen Endnutzern bereitzustellen" sind. Um diese Problematik ging es im vorliegenden Rechtsstreit. Auf seiner Webseite präsentierte das verklagte Telekommunikations-Unternehmen die von ihm angebotenen Mobilfunktarife auf einer Übersichtsseite unter Auflistung der einzelnen Tarife. Bereits an dieser Stelle konnte der Verbraucher den Bestellprozess durch Klicken auf einen entsprechenden Button einleiten. Zudem hatte der Verbraucher die Möglichkeit, für jeden Tarif auf einen Link "Tarifdetails" zu klicken und so auf die jeweilige Seite mit den Tarifdetails zu gelangen. Auf der "Tarifdetails"-Seite waren Informationen zu dem jeweiligen Tarif aufgeführt sowie unter dem zunächst angezeigten Reiter "Leistungen“ stichwortartig die "Leistungen auf einen Blick“. Neben dem Reiter "Leistungen" gab es auf der "Tarifdetails"-Seite die Reiter "Vorteile“, "Tarifdetails“ und "Downloads“. Ein Link auf das Produktinformationsblatt zu dem ausgewählten Tarif befand sich allein unter dem Reiter "Downloads". Im weiteren Bestellprozess erfolgte kein weiterer Hinweis. Die Klägerin sah hierin einen Verstoß, da die Informationen nicht in "leicht zugänglicher Form" erfolgen würden. Dieser Ansicht schloss sich das LG Oldenburg nicht an, sondern wies die Klage ab.
Nach der Gesetzesbegründung werde die Transparenz-Pflicht dann erfüllt, wenn das Produktinformationsblatt
"an prominenter Stelle in dem Bereich verfügbar ist, in dem sich Verbraucher bzw. Endnutzer über die jeweiligen Angebote des Anbieters vorrangig informiert. Ein Zugriff auf die nachgelagerten Ebenen, in denen bspw. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verfügung gestellt werden, ist nicht ausreichend“. Auf Basis dieser Vorgaben sei das Angebot des Telekommunikations-Unternehmens rechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Verbraucher werde sich nicht nur auf den Übersichtsseiten informieren, da diese die für die Beurteilung des Angebotes relevanten Daten nicht vollständig enthielten, so das Gericht. Vielmehr werde sich der Kunde über den jeweiligen Tarif vorrangig auf den "Tarifdetails"-Seiten erkundigen. Dort sei eine entsprechende Verlinkung zum Produktinformationsblatt unter "Downloads" gegeben.
Dieser Link sei auch ausreichend transparent. Das jeweilige Produktinformationsblatt werde nämlich gerade nicht im allgemeinen Bereich der Homepage versteckt, sondern weise einen direkten Bezug zum jeweils ausgewählten Tarif auf. Der Verbraucher werde diese Information auf der Seite erwarten, auf der er sich über den Tarif konkret und vorrangig informiere.
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