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Indem sie dieses Geoblocking bilateral vereinbart haben, haben die Betreiberin der Plattform Steam, Valve, und fünf PC-Videospielverleger den grenzüberschreitenden Absatz bestimmter mit dieser Plattform kompatibler PC-Videospiele unzulässig beschränkt
Nachdem die Kommission Informationen erhalten hatte, dass bestimmte PC-Videospiele auf der Plattform Steam aufgrund des Nutzerstandorts einem Geoblocking unterlagen, leitete sie eine Untersuchung ein. Mit Beschlüssen vom 20. Januar 2021 stellte sie einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union durch die Betreiberin der Plattform, Valve, und fünf Spielverleger, nämlich Bandai, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax, fest.
Die Kommission warf Valve und den fünf Verlegern vor, an einem Bündel wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen teilgenommen zu haben. Diese hätten darauf abgezielt, den grenzüberschreitenden Absatz bestimmter mit der Plattform Steam kompatibler PC-Videospiele durch die Einrichtung gebietsbezogener Kontrollfunktionen in verschiedenen Zeiträumen zwischen 2010 und 2015 zu beschränken, und zwar insbesondere in den Ländern des Baltikums sowie in bestimmten mittel- und osteuropäischen Ländern.
Valve hat beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung des sie betreffenden Beschlusses erhoben.
Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage ab.
Es stellt fest, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass es zwischen Valve und jedem der fünf Verleger eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise gab, die bezweckte, Paralleleinfuhren durch Geoblocking der Schlüssel zu beschränken, mit denen die fraglichen Videospiele auf der Plattform Steam aktiviert und gegebenenfalls genutzt werden konnten, Mit diesem Geoblocking sollte verhindert werden, dass die Videospiele, die in einigen Ländern zu niedrigen Preisen vertrieben werden, von Vertriebshändlern oder Nutzern gekauft werden, die ihren Standort in anderen Ländern haben, in denen die Preise deutlich höher sind.
Das in Rede stehende Geoblocking verfolgte somit nicht das Ziel, die Urheberrechte der Verleger der PC-Videospiele zu schützen, sondern diente dazu, Paralleleinfuhren dieser Videospiele zu unterbinden und das hohe Niveau der von den Verlegern erhobenen Lizenzgebühren und darüber hinaus der von Valve erzielten Margen zu schützen.
Auf verschiedene Argumente von Valve hin äußert sich das Gericht auch zum Verhältnis zwischen dem Wettbewerbsrecht der Union und dem Urheberrecht. Es erinnert insbesondere daran, dass das Urheberrecht den Inhabern der betreffenden Rechte nur die Möglichkeit sichern soll, das Inverkehrbringen oder die Bereitstellung der Schutzgegenstände dadurch kommerziell zu verwerten, dass gegen Zahlung einer Vergütung Lizenzen erteilt werden.
Es garantiert ihnen jedoch nicht die Möglichkeit, die höchstmögliche Vergütung zu verlangen oder ein Verhalten an den Tag zu legen, das geeignet ist, zu künstlichen Preisunterschieden zwischen abgeschotteten nationalen Märkten zu führen. Eine solche Abschottung und der daraus resultierende künstliche Preisunterschied sind mit der Verwirklichung des Binnenmarkts nicht vereinbar.
Auch die Berufung von Valve auf die von ihr behauptete wettbewerbsfördernde Wirkung des fraglichen Geoblocking ändert nichts an der Gesamtbeurteilung, dass das in Rede stehende, als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestufte kollusive Verhalten ein für den Wettbewerb hinreichend schädliches Ausmaß erreichte.
Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-172/21 | Valve Corporation/Kommission
Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 27.09.2023
Sachverhalt:
Der Kläger macht geltend, sein - immaterieller - Schaden liege nicht im abstrakten Kontrollverlust über die offenbarten Daten, sondern darin, dass nunmehr mindestens eine weitere Person, die den Kläger und potentielle wie ehemalige Arbeitgeber kenne, über Umstände Kenntnis habe, die der Diskretion unterlägen. Es sei zu befürchten, dass der in der gleichen Branche tätige Dritte die in der Nachricht enthaltenen Daten weitergegeben habe oder sich durch ihre Kenntnis als Konkurrent auf etwaige Stellen im Bewerbungsprozess einen Vorteil habe verschaffen können. Zudem empfinde er das "Unterliegen" in den Gehaltsverhandlungen als Schmach, die er nicht an Dritte - vor allem nicht an potentielle Konkurrenten - weitergegeben hätte.
Bisheriger Prozessverlauf:
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
b)Kann sich ein solcher Unterlassungsanspruch (auch) aus Art. 18 DSGVO oder einer sonstigen Bestimmung der DSGVO ergeben?
2. Falls Fragen 1a) und/oder 1b) bejaht werden:
b)Wird das Bestehen der Wiederholungsgefahr gegebenenfalls aufgrund des bereits vorliegenden Verstoßes gegen die DSGVO vermutet?
3.Falls Fragen 1a) und 1b) verneint werden:
4.Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen, dass für die Annahme eines immateriellen Schadens im Sinne dieser Bestimmung bloße negative Gefühle wie z.B. Ärger, Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und oft des täglichen Erlebens sind, genügen? Oder ist für die Annahme eines Schadens ein über diese Gefühle hinausgehender Nachteil für die betroffene natürliche Person erforderlich?
5.Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen, dass bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens der Grad des Verschuldens des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters bzw. seiner Mitarbeiter ein relevantes Kriterium darstellt?
6.Falls Fragen 1a), 1b) oder 3 bejaht werden:
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 26.09.2023
Sachverhalt und Prozessverlauf:
Diesen Antrag hat er im Rahmen einer Stufenklage gestellt, mit der er unter anderem die Feststellung, dass die noch genauer zu bezeichnenden Erhöhungen unwirksam seien, und die Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrages verlangt hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil zum Teil abgeändert und die Beklagte unter anderem antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Soweit die Klage Erfolg hatte, richtet sich dagegen die Revision der Beklagten.
Die Entscheidung des Senats:
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Auskunftsklage zulässig ist. Zwar ist das Rechtsschutzbegehren als Stufenklage im Sinne des § 254 Zivilprozessordnung unzulässig, da es dem Kläger nicht um die Bezifferung eines Anspruchs, sondern um die Prüfung geht, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Der Auskunftsantrag kann jedoch in eine von der Stufung unabhängige Klage umgedeutet werden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft, da er sie benötigt, um zu prüfen, ob vergangene Beitragserhöhungen unwirksam waren und ihm daraus Rückzahlungsansprüche zustehen.
Einem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen zustehen. Dieser Anspruch setzt zunächst voraus, dass ihm noch Rückzahlungsansprüche aufgrund früherer Prämienerhöhungen, falls diese unwirksam gewesen sein sollten, als Grund für das Auskunftsbegehren zustehen könnten.
Darüber hinaus ist erforderlich, dass er nicht mehr über die betreffenden Unterlagen verfügt und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise verschaffen kann. Wenn dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Gründe für diesen Verlust zu entscheiden, ob er in entschuldbarer Weise über sein Recht im Ungewissen ist. Die hierfür maßgebenden Umstände hat der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen.
Dagegen folgt ein solcher Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht aus Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO. Ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben samt Anlagen lässt sich aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht herleiten, da es sich weder bei den Anschreiben selbst noch bei den beigefügten Anlagen jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt. Aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO ergibt sich nur ein Anspruch auf eine Kopie der Daten, zu denen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft zu erteilen wäre, aber grundsätzlich kein Anspruch auf Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente.
Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 4. Mai 2023 (C-487/21, NJW 2023, 2253) entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 DSGVO den Gegenstand und den Anwendungsbereich des Auskunftsrechts und Art. 15 Abs. 3 DSGVO die praktischen Modalitäten für die Erfüllung der Verpflichtung festlege; daher könne Art. 15 DSGVO nicht so ausgelegt werden, dass er in seinem Abs. 3 Satz 1 ein anderes Recht als das in seinem Abs. 1 vorgesehene gewähre.
Die Revision hatte auf dieser Grundlage zum Teil Erfolg und führte unter anderem zu einer Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich der Auskunftsklage. Soweit das Berufungsgericht noch nicht alle Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben geprüft hat, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es dies nachholen kann.
Urteil vom 27. September 2023 – IV ZR 177/22
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 27.09.2023
Mit heute veröffentlichter Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) der Tochter der Deutschen Bahn wegen Irreführung das Anbieten dieser Suchoption untersagt. Die streitgegenständliche Version wurde während des Eilverfahrens geändert und ist gegenwärtig nicht mehr online verfügbar.
Die Antragstellerin bietet Transportleistungen im Schienenpersonennahverkehr an. Sie wendet sich gegen die Gestaltung und Funktionsweise der Suchoption „Schnellste Verbindungen anzeigen“ auf der von der Antragsgegnerin betriebenen Fahrplaninformations- und Reiseauskunftsmedien www.bahn.de und in der App DB Navigator.
Die Antragsgegnerin stellte dort den Verbrauchern eine Suchmaske zur Verfügung, die insbesondere die Eingabe von Start und Ziel, Datum sowie der Abfahrts- oder Ankunftszeit erlaubt. Standardmäßig voreingestellt war die Suchaktion „Schnellste Verbindung anzeigen“. Als Ergebnis werden in der Regel drei Verbindungen angezeigt. Der zu Grunde liegende Algorithmus ermittelte im Fall der Eingabe einer Abfahrtszeit dabei zunächst von der gewählten Abfahrtszeit aus die absolut schnellste Verbindung. Anschließend wurde die danach abfahrende zweitschnellte Verbindung angezeigt.
Ausgehend von der schnellsten Verbindung fand eine zeitliche Vorwärtssuche statt. Eine zweitschnellste Verbindung, deren Abfahrtszeit vor der der absolut schnellsten Verbindung liegt, wurde damit nicht angezeigt, auch wenn sie schneller als die nach der absolut schnellsten Verbindung abfahrende zweitschnellste Verbindung war.
Das Landgericht hat den Unterlassungsantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte vor dem OLG Erfolg.
Die Ausgestaltung der Verbindungsauskunft sei irreführend und damit unlauter, begründete das OLG seine Entscheidung. „Verbraucher werden (...) davon ausgehen, dass es sich bei den angezeigten Verbindungen, wie beworben, um die (...) schnellsten Verbindungen zu ihrer Suchanfrage handelt, auch weil das primäre Ziel des Verkehrs bei einer Verbindungsabfrage ist, möglichst schnell von A nach B zu kommen“, führt das OLG näher aus.
Das erweckte Verständnis stimme jedoch nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein, so dass die Suchfunktion irreführend sei. Angezeigt werde zwar zunächst die absolut schnellste Verbindung. Ausgehend von dieser springe das Programm dann aber entweder vorwärts (Abfahrtssuche) oder rückwärts (Ankunftssuche) zu den nächsten absolut schnellsten Verbindungen.
Die in der Ergebnisliste an zweiter und fortlaufender Stelle angezeigten Verbindungen seien damit nicht die nächstschnelleren im Hinblick auf die objektive Gesamtfahrdauer, sondern die nächstschnelleren nach der schnellsten Verbindung. Im Fall einer einstündigen schnellsten Verbindung könne dies dazu führen, dass eine eine Minute davorliegende Verbindung mit einer Dauer von 1:01 Stunden gar nicht, die eine Minute nach der schnellsten Verbindung abfahrende Verbindung mit einer Dauer von 2:00 Stunden dagegen als zweitschnellste ausgewiesen werde.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.9.2023, Az. 6 W 61/23
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 02.10.2023
Die Beklagte warb für ihre Sonnencreme mit den Aussagen
Denn die Werbung mit „Innovation“ wie in der konkreten Verletzungsform geschehen ist auch unabhängig von einer evt. fehlenden Schutzwirkung gegen HEV Blue Light als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1, 2 UWG anzusehen. (...)
Der Senat verkennt nicht, dass – eine Wirksamkeit des neuen Filters in den Sonnenschutzprodukten der Antragsgegnerin gegen HEV Blue Light unterstellt – darin tatsächlich eine Innovation im o.g. Sinne liegen kann. Denn es wäre unstreitig der erste rein organische Filter, der diesen Bereich der Sonnenstrahlen mit abdeckt.
Indessen wird genau diese Tatsache dem Verbraucher in der streitgegenständlichen Werbung vorenthalten. Er erfährt von der neuartigen Filterart nichts, sondern liest zur Erklärung: „1. SONNENSCHUTZ aus der P.F. Forschung mit HEV BLUE LIGHT FILTER“.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nimmt der Verbraucher angesichts dieser Formulierung an, es handele sich um den ersten Sonnenschutz überhaupt mit HEV Blue Light Filter. Wenn er das kleingedruckte „aus der P.F. Forschung“ überhaupt wahrnimmt, wird er dies als Urheberangabe des ersten Sonnenschutzes mit HEV Blue Light Filter ansehen, also annehmen, das Haus P.F. habe einen solchen erstmals erfunden. Dies ist unstreitig falsch. Damit ist die Werbung mit „Innovation“ jedenfalls in der konkreten Verletzungsform wie beantragt zu untersagen."
Für die Beurteilung einer konkreten Werbung gilt, wie oben ausgeführt, dass einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung nicht aus dem Zusammenhang, in dem sie stehen, gerissen und isoliert betrachtet werden dürfen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – I ZR 129/13 –, Rn. 10 – Schlafzimmer komplett). Vielmehr sind sie genau und gerade in diesem Zusammenhang zu würdigen."
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der Ablehnung der von der früheren Landesbeauftragten beantragten einstweiligen Anordnung ausgeführt, ihre Rechte seien nicht verletzt. Denn das Auswahlverfahren habe nicht gegen das sich aus der Datenschutzgrundverordnung ergebende Transparenzgebot verstoßen und einer Ausschreibung habe es nach den einschlägigen Regelungen der Datenschutzgrundverordnung nicht bedurft. Die Einwendungen der früheren Landesbeauftragten zur fehlenden fachlichen Eignung des gewählten Bewerbers seien unbegründet.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der früheren Landesbeauftragten für den Datenschutz hat der 5. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nun zurückgewiesen.
Der Senat ist zu der Einschätzung gelangt, dass sie sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz berufen kann, nach dem unter anderem ein Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl um ein öffentliches Amt besteht (Bewerbungsverfahrensanspruch).
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelte diese Vorschrift nicht für Ämter auf staatlicher oder kommunaler Ebene, die durch demokratische Wahlen der Wahlbürger oder durch eine Wahl von diesen gewählter Wahlkörper besetzt werden, da das Demokratieprinzip insoweit Vorrang habe. Dies sei bei der Besetzung des Amtes des Landesbeauftragten für den Datenschutz aber der Fall, da dieser durch den Landtag gewählt werde (Art. 62 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung).
Ebenso wenig könnten aus den Regelungen der Datenschutzgrundverordnung über die Transparenz des Ernennungsverfahrens (Art. 53 Abs. 1) und über die erforderliche Qualifikation, Erfahrung und Sachkunde des Bewerbers (Art. 53 Abs. 2) subjektive Rechte abgeleitet werden, auf die sich die frühere Landesbeauftragte berufen könnte. Denn die Vorschriften dienten allein dem öffentlichen Interesse an einem transparenten Verfahren zur ordnungsgemäßen Besetzung der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz.
Der Beschluss des Senats ist nicht anfechtbar.
Quelle: Pressemitteilung des OVG Lüneburg v. 15.09.2023
Die Beklagte verkaufte Schmierstoffe und benutzte u.a. die Bezeichnung "O.E.M." (= Original Equipment Manufacture). Dabei handelte es sich jedoch um kein Produkt für die Erstausrüstung von Fahrzeugen.
Das OLG Schleswig stufte die Werbung mit der Bezeichnung als irreführend und somit als Wettbewerbsverletzung ein. Denn es werde der Eindruck erweckt, es handle sich um Produkt aus dem Bereich der Erstausrüstung, was aber gerade nicht der Fall sei:
Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen die Buchstabenfolge als Abkürzung für die englische Bezeichnung original equipment manufacturer, mithin als Behauptung, das Produkt werde als Erstausrüsterprodukt von einem Fahrzeug- oder Getriebehersteller verwendet. (...)
a) Das Landgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Behauptung der Beklagten, sie verwende die Bezeichnung lediglich als Teil ihres Firmennamens, nicht überzeugt und zudem nicht der Verwendung auf der beanstandeten Produktverpackung entspricht. Ebenso sind keine Gründe ersichtlich, die angesprochenen Verkehrskreise würden die Bezeichnung anders als die Behauptung verstehen, es handele sich um ein Erstausrüsterprodukt. Die Bezeichnung ist nicht nur in der IT-Branche, sondern unstreitig auch seit langem im Bereich von Kfz-Teilen und Betriebsmitteln üblich.
b) Am Verständnis der Buchstabenfolge ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass sie durch Punkte getrennt ist, was bei englischsprachigen Abkürzungen unüblich ist. Insbesondere hat die Beklagte nicht darlegen können und es ist nicht ersichtlich, zu welchem anderen Verständnis die Verwendung der Punkte führen sollte."
Die auf der Produktverpackung ebenfalls zu findende Angabe „O.E.M. Quality“ in deutlich kleinerer Schrift im Verbund mit anderen Angaben ist so gestaltet, dass sie nicht am Blickfang teilhat, vielmehr übersehen wird und nicht zur Erläuterung der groß herausgehobenen Buchstabenfolge dient.
d) Unerheblich ist auch, dass kein Hersteller angegeben wird, für den ggf. eine Erstausrüstung behauptet würde. Dies ist einerseits für das Verständnis der Angabe unerheblich, da hierdurch auch der Eindruck vermittelt werden kann, es seien viele Hersteller, die das entsprechende Produkt verwenden. Zudem wird, wie das Landgericht herausgestellt hat, ein bestimmtes Getriebe des Herstellers Mercedes-Benz im Zusammenhang mit dem Begriff benannt (O.E.M. for 9G-Tronic 8221), so dass eindeutig der Zusammenhang mit zumindest einem spezifischen Getriebe hergestellt wird, für das der Eindruck erweckt wird, das Öl der Beklagten werde als Erstausrüsterbefüllung verwendet.
e) Die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen sind unproblematisch gegeben, insbesondere ist die Angabe, die den Eindruck einer besonderen Qualität des Produktes und des Vertrauens eines Fahrzeug- oder Getriebeherstellers in dieses Produkt erweckt, geeignet, die Entscheidung der angesprochenen Verkehrskreise im Sinne eines Anlockeffektes zu beeinflussen."
Die Klägerin hatte die beiden Beklagten zuvor erfolgreich auf Auskunft über die Verwertungserträge der Filme „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ in Anspruch genommen (vgl. unsere Pressemitteilungen Nr. 08/2022 vom 16. Februar 2022, Nr. 06/2022 vom 8. Februar 2022 und Nr. 67/2020 vom 27. Oktober 2020).
Die Klägerin hat gegen die Beklagten nach Erteilung der Auskünfte nun auf Zahlung einer angemessenen Beteiligung an den Verwertungserträgen der Filme „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ im Wege der Anpassung ihrer ursprünglich für die Rechte an den Drehbüchern der beiden Filme erhaltenen Vergütung gemäß § 32a Urheberrechtsgesetz (UrhG) geklagt.
Die Beklagten haben beantragt die Klage abzuweisen, da bereits kein auffälliges Missverhältnis zwischen der gezahlten Vergütung und den Verwertungserträgen bestünde. Darüber hinaus haben die Beklagten sich darauf berufen, dass etwaige Ansprüche bereits verjährt seien.
Das Landgericht hat mit seinem Urteil vom heutigen Tag festgestellt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung nach § 32a UrhG dem Grunde nach besteht. Angesichts des weit überdurchschnittlichen Erfolges der beiden Filme habe die Klägerin einen Anspruch darauf, die vereinbarte Vergütung nachträglich anzupassen. Dabei ist die Zivilkammer 15 davon ausgegangen, dass die Klägerin ganz überwiegend als Alleinurheberin der Drehbücher zu den Filmen „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ anzusehen ist.
Jedoch steht der Klägerin nur ein Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung für die von ihr erstellten Drehbücher für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015 zu, da – so die Zivilkammer 15 – Anpassungsansprüche für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2015 verjährt sind.
Der Anspruch aus § 32a UrhG verjährt innerhalb der Regelverjährungsfrist von drei Jahren, wobei die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der bzw. die Urheber*in von den anspruchsbegründenden Umständen, hier also dem weit überdurchschnittlichen Erfolg der beiden Filme, Kenntnis hatte bzw. hätte haben müssen.
Die Klägerin hatte – so die Zivilkammer 15 – Kenntnis vom Kinoerfolg beider Filme und hätte aufgrund des ihr bekannten weit überdurchschnittlichen Erfolges der Filme an den Kinokassen auch davon ausgehen müssen, dass die nachfolgenden Verwertungsformen weit überdurchschnittliche Erlöse erzielen würden, da es naheliegend sei, dass sich ein großer Kinoerfolg auch bei der nachfolgenden DVD-Auswertung, der Pay-TV Auswertung, der Video- und der Auslandsauswertung fortsetze.
Da die Klägerin erst im Jahr 2018 Klage erhoben hat, konnte die Verjährung somit nur für Ansprüche ab dem 1. Januar 2015 gehemmt werden. Der Anspruch der Klägerin auf eine angemessene Beteiligung an den Verwertungserträgen für die vor diesem Zeitpunkt liegende Hauptvermarktungsphase der beiden Filme ist nach den Ausführungen des Landgerichts damit verjährt, so dass die Klage der Klägerin aus diesem Grund in weiten Teilen abzuweisen war.
Die Klägerin hat gegen beide Beklagten nach dem heutigen Urteil daher für die Nutzung der Filmproduktionen „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ bis Ende des Jahres 2020 lediglich einen Anspruch auf Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von insgesamt gut 180.000 Euro, die für diesen Zeitraum von der Klägerin geforderte Gesamtsumme belief sich hingegen auf über zwei Millionen Euro.
Für die Nutzung der beiden Filmproduktionen ab dem Jahr 2021 hat die Klägerin gegen die Beklagten nach dem Urteil einen Anspruch auf Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung für den Film „Keinohrhasen“ in Höhe von 3,68 % der Nettoerlöse und für den Film „Zweiohrküken“ in Höhe von 3,48 % der Nettoerlöse.
Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten muss auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen werden. Nach den Presserichtlinien kann über diese erst berichtet werden, wenn das heute verkündete Urteil den Parteien in schriftlicher Form zugestellt wurde bzw. alle Verfahrensbeteiligten dieses Urteil sicher erhalten haben.
Landgericht Berlin: Urteil vom 27. September 2023, Aktenzeichen: 15 O 296/18
Quelle: Pressemitteilung des LG Berlin v. 27.09.2023
Die Beklagte bot online unterschiedliche Waren an, gab dabei jedoch nicht die gesetzlich vorgeschriebene Grundpreise-Angabe an.
Eines der Produkte war ein Lebensmittel in einem 250 g Beutel. Die Beklagte wandte ein, dass der Konsument den Grundpreis pro kg selbst leicht errechnen könne.
Dies ließ das LG Heilbronn nicht gelten. Das Gericht nahm eine Wettbewerbsverletzung an:
Zwar [sind] die Rechenschritte zur Ermittlung des Grundpreises relativ einfach; nach den Gewohnheiten des durchschnittlichen Verbrauchers wird aber so gut wie keine Mühe aufgewandt, derartige Rechenoperationen durchzuführen.
Kaufentscheidungen sind vielfach Augenblicksentscheidungen und lästige Mühewaltung wird vermieden. Die Verpflichtung, den Grundpreis anzugeben, kann nicht mit dem Argument praktisch ausgehebelt werden, der Verbraucher können das leicht selbst errechnen. Vielmehr bildet die gesetzliche Pflicht den Maßstab ab, der hierfür gilt und dem die Beklagte nicht genügt."
Die Klägerin verlangte die Rückzahlung eines Kaufpreises, die sie für eine Echthaarperücke bezahlt hatte.
Sie ließ sich offline im Ladengeschäft der Beklagten beraten und erwarb dort ein Produkt iHv. rund 4.000,- EUR. Wenig später informierte sie sich online und fand dort Preise zwischen 1.200,- EUR und 2.000,- EUR.
Die vertrat den Standpunkt, dass die Beklagte ihre medizinische Zwangslage ausgenutzt und einen überteuerten Betrag genutzt habe. Das Geschäft sei daher sittenwidrig.
Das AG Erfurt folgte dieser Ansicht jedoch nicht und wies die Klage ab.
Es liege zwar ein deutlicher Unterschied zwischen den Preisen offline und online vor, diese jedoch den tatsächlichen Umständen geschuldet. Denn bei dieser Wart der Ware sei der Internethandel eher ein Sondermarkt:
Es muss bereits bei grundsätzlicher bzw. generalisierender Betrachtungsweise nämlich deutlich zwischen Online-Handel einerseits und stationärem Handel andererseits im Hinblick auf die Geschäftsmodelle und die dadurch kalkulierbaren bzw. erzielbaren Preise unterschieden werden.
Dabei ist unbedingt zu beachten, dass der stationäre Handel mit den Internetpreisen kalkulatorisch schon deswegen nicht mithalten kann, weil für den Betrieb eines Ladengeschäfts deutlich höhere Fixkosten zugrunde zu legen sind, damit überhaupt der nötige Umsatz und Gewinn erzielt werden kann. Dies betrifft die regelmäßig erheblich höheren Fixkosten, insbesondere für Ladenmiete, Personal und Energie.
Zwar müssen Online-Händler solche Kosten vom Grundsatz her ebenfalls tragen, es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass bereits der laufende finanzielle Aufwand für die jeweils angemieteten Räumlichkeiten bei Letzteren deutlich geringer ausfällt. Zum einen entfällt beim reinen Internethandel die zusätzlich in erheblichem Umfang erforderliche Verkaufsfläche („Showroom“); darüber hinaus ist eine – wie hier auch beim Ladenlokal der Beklagten – attraktive Innenstadtlage mit hohem Passantenverkehr für auskömmliche Erzielung von Umsatz und Gewinn zwingende Voraussetzung.
Im Gegensatz dazu beläuft sich der Mietzins für die allein erforderliche Anmietung von Lagerräumen in Gewerbegebieten oder „1b-Lagen“ (und darunter) allgemein bekannt auf einen Bruchteil desjenigen, welcher für die Anmietung einer Ladenfläche in Innenstadt- und Einkaufslage (z. B. Fußgängerzone, Altstadt) anfällt."
Hierbei muss dem mit durchschnittlichen Kenntnissen ausgestatteten Kunden zwangsläufig bewusst sein, dass sich aufgrund der o. g. Umstände im stationären Handel regelmäßig ein nicht zu vernachlässigender preislicher Aufschlag ergibt. Der Internethandel stellt demgemäß zusammengefasst einen Sondermarkt dar, welcher nicht o.w. mit dem allgemeinen regionalen Markt vergleichbar ist (s. auch BGH MDR 2010, S. 622)."
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Newsletter
vom 04.10.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 40. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuG: Klage von Videospiele-Plattform Steam gegen Vorwurf unzulässigem Geoblockings abgewiesen
2. BGH: Vorlage an EuGH wg. DSGVO-Unterlassungsanspruch und DSGVO-Schadensersatz
3. BGH: Kein DSGVO-Auskunftsanspruch bzgl. Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung
4. OLG Frankfurt a.M.: Deutsche Bahn-Suchfunktion "Schnellste Verbindung anzeigen" ist irreführend
5. OLG Hamburg: Werbung mit Begriff "Innovation" kann irreführend sein, wenn falscher Eindruck erweckt wird
6. OVG Lüneburg: Neuer niedersächsischer Landesdatenschutzbeauftragter kann ernannt werden
7. OLG Schleswig: Angabe "OEM" irreführend, wenn kein Erstausrüsterprodukt
8. LG Berlin: Vergütungsanspruch der Drehbuchautorin "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" teilweise gegeben, teilweise verjährt
9. LG Heilbronn: Auch fehlende Grundpreis-Angabe, die leicht errechnet werden kann, ist Wettbewerbsverstoß
10. AG Erfurt: Keine Sittenwidrigkeit, wenn Ware im Offline-Handel 100% teurer als im Online-Handel
Die einzelnen News:
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1. EuG: Klage von Videospiele-Plattform Steam gegen Vorwurf unzulässigem Geoblockings abgewiesen
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Online-Videospiele: Das Gericht bestätigt einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union durch das Geoblocking von Produktschlüsseln für die Plattform Steam
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2. BGH: Vorlage an EuGH wg. DSGVO-Unterlassungsanspruch und DSGVO-Schadensersatz
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Der unter anderem für Ansprüche nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Vorabentscheidung zur Auslegung von Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinsichtlich des Bestehens eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs der betroffenen Person, deren personenbezogene Daten von dem Verantwortlichen unrechtmäßig durch Weiterleitung offengelegt wurden, bzw. zu der insoweit bestehenden Möglichkeit eines Rückgriffs auf das nationale Recht und zum Begriff des immateriellen Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorgelegt.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Weitergabe persönlicher Daten auf Unterlassung und Ersatz immateriellen Schadens in Anspruch. Er befand sich bei der beklagten Privatbank in einem Bewerbungsprozess, der über ein Online-Portal stattfand. Im Zuge dessen versandte eine Mitarbeiterin der Beklagten über den Messenger-Dienst des Portals eine nur für den Kläger bestimmte Nachricht auch an eine dritte, nicht am Bewerbungsprozess beteiligte Person, die mit dem Kläger vor einiger Zeit in derselben Holding gearbeitet hatte und ihn deshalb kannte. In der Nachricht wird unter anderem mitgeteilt, dass die Beklagte die Gehaltsvorstellungen des Klägers nicht erfüllen könne.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und dem Kläger, der immateriellen Schadensersatz von mindestens 2.500 € fordert, einen Betrag in Höhe von 1.000 € zuerkannt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf immateriellen Schadensersatz abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er seine Ansprüche in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. a) Ist Art. 17 DSGVO dahingehend auszulegen, dass der betroffenen Person, deren personenbezogene Daten von dem Verantwortlichen unrechtmäßig durch Weiterleitung offengelegt wurden, ein Anspruch gegen den Verantwortlichen auf Unterlassung einer erneuten unrechtmäßigen Weiterleitung dieser Daten zusteht, wenn sie vom Verantwortlichen keine Löschung der Daten verlangt?
Beschluss vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22
a)Besteht der unionsrechtliche Unterlassungsanspruch nur dann, wenn künftig weitere Beeinträchtigungen der sich aus der DSGVO ergebenden Rechte der betroffenen Person zu besorgen sind (Wiederholungsgefahr)?
Sind Art. 84 i.V.m. Art. 79 DSGVO dahingehend auszulegen, dass sie es dem nationalen Richter erlauben, der betroffenen Person, deren personenbezogene Daten von dem Verantwortlichen unrechtmäßig durch Weiterleitung offengelegt wurden, neben dem Ersatz des materiellen oder immateriellen Schadens nach Art. 82 DSGVO und den sich aus Art. 17 und Art. 18 DSGVO ergebenden Ansprüchen einen Anspruch gegen den Verantwortlichen auf Unterlassung einer erneuten unrechtmäßigen Weiterleitung dieser Daten nach den Bestimmungen des nationalen Rechts zuzusprechen?
Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen, dass bei der Bemessung der Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens als anspruchsmindernd berücksichtigt werden kann, dass der betroffenen Person neben dem Anspruch auf Schadensersatz ein Unterlassungsanspruch zusteht?
LG Darmstadt - Urteil vom 26. Mai 2020 - 13 O 244/19
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 2. März 2022 - 13 U 206/20
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3. BGH: Kein DSGVO-Auskunftsanspruch bzgl. Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung
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Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Versicherungsnehmer aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen kann, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist. Dagegen folgt aus Art. 15 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung - DSGVO) grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.
Der Kläger wendet sich gegen die Wirksamkeit von Prämienanpassungen in seiner privaten Krankenversicherung. Mit der Klage hat er vom beklagten Versicherer unter anderem Auskunft über alle Beitragserhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 durch Vorlage von Unterlagen verlangt, die Angaben zur Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung der jeweiligen Tarife, die ihm übermittelten Anschreiben mit Begründungen, die Nachträge zum Versicherungsschein sowie die Beiblätter enthalten.
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 7. April 2022 - 3 U 266/21
LG Gießen - Urteil vom 31. August 2021 - 2 O 545/20
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4. OLG Frankfurt a.M.: Deutsche Bahn-Suchfunktion "Schnellste Verbindung anzeigen" ist irreführend
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Die Parteien streiten um die bei der über www.bahn.de und die DB Navigator App voreingestellte Suchfunktion „Schnellste Verbindung anzeigen“. Der dahinterliegende Algorithmus springt bei der Ergebnisanzeige von der absolut schnellsten Verbindung jeweils vorwärts (bei Eingabe der Abfahrtszeit) oder rückwärts (bei Eingabe der Ankunftszeit) zu den jeweils zeitlich folgenden zweitschnellsten Verbindungen. Nicht angezeigt werden kürzere Verbindungen, deren Abfahrts- bzw. Ankunftszeit vor der jeweiligen Uhrzeit der absolut schnellsten Verbindung liegt.
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.05.2023, Az. 2-06 O 216/2
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5. OLG Hamburg: Werbung mit Begriff "Innovation" kann irreführend sein, wenn falscher Eindruck erweckt wird
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Die Werbung mit dem Begriff "Innovation" (hier: für eine Sonnencreme) kann irreführend sein, wenn beim Verbraucher dadurch ein falscher Eindruck erweckt wird (OLG Hamburg, Urt. v. 07.09.2023 - Az.: 15 U 113/22).
"Innovation"
und "UVB UVA HEV Blue Light“.
Das OLG Hamburg stufte dies als irreführend und somit als Wettbewerbsverstoß ein. Denn durch die konkrete Form der Präsentation werde beim Verbraucher eine fehlerhafte Vorstellung erweckt:
"Beim Begriff „Innovation“ in der Werbung für ein Sonnenschutzmittel denkt der Verbraucher an eine positive, also produktverbessernde Neuerung oder Erfindung, die einen Fortschritt im Bereich Sonnenschutz mit sich bringt. (...)
Und weiter:
"Dass „Innovation“ für sich genommen zutreffend und in anderem Zusammenhang (...) zulässig sein mag, steht dem nicht entgegen.
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6. OVG Lüneburg: Neuer niedersächsischer Landesdatenschutzbeauftragter kann ernannt werden
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Der 5. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 14. September 2023 (Az.: 5 ME 55/23) die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Az.: 13 B 3358/23) zurückgewiesen, mit der dieses den Antrag der früheren Landesbeauftragten für den Datenschutz auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte, die Ernennung ihres vom Niedersächsischen Landtag gewählten Nachfolgers zu verhindern.
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7. OLG Schleswig: Angabe "OEM" irreführend, wenn kein Erstausrüsterprodukt
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Die Angabe "O.E.M." ist irreführend, wenn es sich bei der verkauften Ware um kein Erstausrüsterprodukt handelt (OLG Schleswig, Urt. v. 14.09.2023 - Az.: 6 U 49/22).
"Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen die Buchstabenfolge als Abkürzung für die englische Bezeichnung original equipment manufacturer, mithin als Behauptung, das Produkt werde als Erstausrüsterprodukt von einem Fahrzeug- oder Getriebehersteller verwendet.
Und weiter:
"c) Beizupflichten ist dem Landgericht auch insoweit, als es überzeugend dargelegt hat, dass die hier zu betrachtende Werbung nicht den Eindruck erweckt, es werde lediglich mit einer Qualität geworben, die der eines Erstausrüsterproduktes entspreche. Dies liegt jedenfalls fern, soweit die Buchstabenfolge ohne jeglichen Zusatz hervorgehoben im Blickfang dargestellt wird. Einen Hinweis auf eine Einschränkung oder nachfolgende Erläuterung enthält der Blickfang nicht (vgl. hierzu Bornkamm/Feddersen in Köhler u.a., UWG, 41. Aufl., § 5 Rn. 1.87; BGH GRUR 1999, 264 - Handy für 0,00 €).
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8. LG Berlin: Vergütungsanspruch der Drehbuchautorin "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" teilweise gegeben, teilweise verjährt
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Die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2023 in dem heute in öffentlicher Sitzung verkündeten und dabei mündlich kurz begründeten Urteil in erster Instanz dem Zahlungsbegehren einer Drehbuchautorin gegen die Produktionsfirma der Filme „Keinohrhasen“ (Kinostart 2007) und „Zweiohrküken“ (Kinostart 2009) sowie gegen einen Film- und Medienkonzern im Hinblick auf die Verwertungserträge dieser Filme dem Grunde nach stattgegeben.
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9. LG Heilbronn: Auch fehlende Grundpreis-Angabe, die leicht errechnet werden kann, ist Wettbewerbsverstoß
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Ein fehlender Grundpreis in einem Online-Shop ist auch dann ein Wettbewerbsverstoß, wenn er durch den Verbraucher selbst leicht errechnet werden kann (LG Heilbronn, Urt. v. 23.02.2023 - Az.: 21 O 57/22 KfH).
"Die Beklagte kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass sie darauf abstellt, der Grundpreis lasse sich leicht errechnen.
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10. AG Erfurt: Keine Sittenwidrigkeit, wenn Ware im Offline-Handel 100% teurer als im Online-Handel
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Das AG Erfurt hatte zu beurteilen, ob ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, wenn im stationären Handel für ein Produkt (hier: Perücke) ein um 100 % höherer Kaufpreis als online (AG Erfurt, Urt. v. 17.08.2022 - Az.: 5 C 522/21).
"Insoweit hat das Gericht (...) erhebliche und durchgreifende Bedenken, dass allein die von der Klägerin eingeholten sechs (...) Angebote Grundlage für einen solchen Marktvergleich sein können.
Und weiter:
"Unter Heranziehung des gerade im Anwendungsbereich von § 138 BGB einzubeziehenden Gedankens der Privatautonomie ist es dem Kunden unbenommen, das Beratungs- und Kauferlebnis vor Ort mit allen Annehmlichkeiten wahrzunehmen oder die Ware online durch bloßes Anklicken kostengünstiger, aber mit den bekannterweise damit einhergehenden objektiven und subjektiven Risiken zu bestellen.
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