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Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt als Teamsprecher in der Gießerei beschäftigt. Die Beklagte wirft ihm ua. vor, am 2. Juni 2018 eine sog. Mehrarbeitsschicht in der Absicht nicht geleistet zu haben, sie gleichwohl vergütet zu bekommen.
Nach seinem eigenen Vorbringen hat der Kläger zwar an diesem Tag zunächst das Werksgelände betreten. Die auf einen anonymen Hinweis hin erfolgte Auswertung der Aufzeichnungen einer durch ein Piktogramm ausgewiesenen und auch sonst nicht zu übersehenden Videokamera an einem Tor zum Werksgelände ergab nach dem Vortrag der Beklagten aber, dass der Kläger dieses noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hat. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger ua. geltend gemacht, er habe am 2. Juni 2018 gearbeitet. Die Erkenntnisse aus der Videoüberwachung unterlägen einem Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot und dürften daher im Kündigungsschutzprozess nicht berücksichtigt werden.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.
Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts bis auf einen Antrag betreffend ein Zwischenzeugnis Erfolg.
Sie führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dieses musste nicht nur das Vorbringen der Beklagten zum Verlassen des Werksgeländes durch den Kläger vor Beginn der Mehrarbeitsschicht zu Grunde legen, sondern ggf. auch die betreffende Bildsequenz aus der Videoüberwachung am Tor zum Werksgelände in Augenschein nehmen.
Dies folgt aus den einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts sowie des nationalen Verfahrens- und Verfassungsrechts.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Überwachung in jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprach. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, wäre eine Verarbeitung der betreffenden personenbezogenen Daten des Klägers durch die Gerichte für Arbeitssachen nach der DSGVO nicht ausgeschlossen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Datenerhebung wie hier offen erfolgt und vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. In einem solchen Fall ist es grundsätzlich irrelevant, wie lange der Arbeitgeber mit der erstmaligen Einsichtnahme in das Bildmaterial zugewartet und es bis dahin vorgehalten hat. Der Senat konnte offenlassen, ob ausnahmsweise aus Gründen der Generalprävention ein Verwertungsverbot in Bezug auf vorsätzliche Pflichtverstöße in Betracht kommt, wenn die offene Überwachungsmaßnahme eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung darstellt. Das war vorliegend nicht der Fall.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22 –
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 29.06.2023
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mathematikstudent im Jahr 2007 mit dem Online-Pokerspiel –in der Variante „Texas Hold´em/Fixed Limit“– begonnen.
Ausgehend von zunächst kleinen Einsätzen und Gewinnen steigerte er seine Einsätze allmählich. Auch seine Gewinne stiegen im Zeitablauf erheblich an. Im Streitjahr 2009 erzielte er aus dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000 €, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 belief sich seine registrierte Gesamtspielzeit auf 673 Stunden.
Das Finanzgericht als Tatsacheninstanz hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger ab Oktober 2009 gewerblich tätig gewesen sei und demzufolge der in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 erzielte Gewinn von gut 60.000 € der Einkommensteuer unterliege.
Dies hat der BFH bestätigt. Er hat dabei an frühere Entscheidungen zum Pokerspiel in Form von Präsenzturnieren und in Casinos angeknüpft. Danach ist Poker in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Dies gilt auch beim Online-Poker, selbst wenn dort kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich ist.
Allerdings unterliegt nach der Rechtsprechung des BFH –unabhängig von der Form des Pokerspiels– nicht jeder Pokerspieler der Einkommensteuer.
Für Freizeit- und Hobbyspieler handelt es sich weiterhin um eine private Tätigkeit, bei der Gewinne –und auch Verluste– keine steuerliche Auswirkung haben. Wenn jedoch der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich anzusehen. Maßgebend ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler, z.B. die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.
Urteil vom 22.02.2023 - X R 8/21
Quelle: Pressemitteilung des BFH v. 29.06.2023
Die amtlichen Leitsätze lauten:
2. Der Gläubiger kann vom Schuldner den Ersatz erforderlicher Kosten der Schadensabwendung anstelle des höheren originären Verzögerungsschadens verlangen, der nach Verzugseintritt ohne die Maßnahmen des Gläubigers entstanden wäre."
Bei Botanicals handelt es sich um pflanzliche Stoffe. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob dafür mit gesundheitsbezogenen Angaben geworben werden darf.
Der Vorlagebeschluss des BGH an den EuGH lautet:
Der Kläger war bei der Beklagten privat krankenversichert. Er begehrte Auskunft nach Art. 15 DSGVO, um überprüfen zu können, ob die erfolgten Prämienanpassungen rechtmäßig erfolgten.
Das OLG Brandenburg stufte dies - wie eine Vielzahl weiterer Gerichte in der letzten Zeit - als rechtsmissbräuchlich ein:
Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden (...). Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DSGVO soll der betroffenen Person ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden (...).
Dieses Auskunftsrecht ist nach Auffassung des EuGH erforderlich, um es der betroffenen Person zu ermöglichen, gegebenenfalls ihr Recht auf Berichtigung, ihr Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) und ihr Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, die ihr nach den Art. 16, 17 bzw. 18 DSGVO zukommen, sowie ihr in Art. 21 DSGVO vorgesehenes Recht auf Widerspruch gegen die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten oder im Schadensfall ihr in den Art. 79 und 82 DSGVO vorgesehenes Recht auf Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs auszuüben (...)."
Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr ausschließlich die Überprüfung etwaiger, von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DSGVO nicht umfasst (...).
Der Senat verkennt nicht, dass die Kenntnis der Klagepartei von den Unterlagen, auf welche sich der geltend gemachte Anspruch bezieht, für sich genommen den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht ausschließt, da dieser dem Betroffenen eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, etwa eine Prüfung der Richtigkeit der Daten, ermöglichen soll (...).
Eine derartige datenschutzrechtliche Zielsetzung verfolgt der Kläger mit seinem streitgegenständlichen Auskunftsantrag indes - wie ausgeführt - aber nicht. Insbesondere richtet sich sein Begehren gerade nicht auf eine Auskunft darüber, ob die Beklagte die in den ihm bekannten Schreiben enthaltenen Informationen aktuell verarbeitet, insbesondere speichert (vgl. BGH, aaO); vielmehr geht sein Begehren allein dahin, Auskunft über den Inhalt dieser ihm bereits vorliegenden Schreiben zu erhalten, um etwaige Zahlungsansprüche gegen die Beklagte durchzusetzen (...)."
In dem Verfahren wenden sich mehrere Verlagsunternehmen für Presseerzeugnisse und ein Online-Portal gegen das Angebot der App NEWSZONE, mit der auf Smartphones und anderen onlinefähigen Mobilgeräten abgestimmte Nachrichteninhalte aus einem von der Beklagten – einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt – betriebenen Internetauftritt abgerufen werden konnten.
Die Klägerinnen rügen, dass die App NEWSZONE ein eigenständiges und nicht nach § 32 MStV genehmigtes Telemedienangebot der Beklagten darstelle; darüber hinaus sei die App hinsichtlich ihrer nichtsendungsbezogenen Inhalte presseähnlich und greife daher in wettbewerbswidriger Weise in den ihnen als Presseorgane vorbehaltenen Bereich ein.
Das Landgericht Stuttgart hatte mit Urteil vom 21.10.2022 dem Verfügungsantrag der Klägerinnen zur Unterlassung der beanstandeten Verbreitung des Telemedien-App-Angebots NEWSZONE stattgegeben. Hiergegen wehrt sich die Beklagte mit ihrer Berufung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Sie stellt die Genehmigungsbedürftigkeit und die Presseähnlichkeit ihres Angebots in Abrede.
In erster Linie stützt sie sich jedoch darauf, dass vor Durchführung eines Gerichtsverfahrens ein Schlichtungsverfahren gemäß § 30 Abs. 7 S. 6 MStV hätte durchgeführt werden müssen, nachdem von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Spitzenverbänden der Presse eine Schlichtungsstelle eingerichtet und zwischen dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der ARD eine entsprechende Schlichtungsvereinbarung geschlossen worden ist.
Der 4. Zivilsenat schloss sich dieser Auffassung der Beklagten nun an, hob die vom Landgericht Stuttgart erlassene einstweilige Verfügung wieder auf und wies das Begehren der Klägerinnen als derzeit unzulässig zurück.
Anders als zuvor das Landgericht erkennt der Senat im Fehlen eines vorab durchgeführten Schlichtungsverfahrens ein Prozesshindernis, das der Zulässigkeit des Verfügungsantrags zur Unterlassung der beanstandeten Verbreitung des Telemedien-App-Angebots NEWSZONE entgegensteht. Jedenfalls nach der – hier unstreitig erfolgten – Einrichtung einer Schlichtungsstelle und dem Abschluss einer entsprechenden Schlichtungsvereinbarung bestehe ein Schlichtungszwang.
Neben dem sachlichen sei auch der persönliche Anwendungsbereich der Schlichtungsvereinbarung eröffnet. Alle Klägerinnen seien entweder über eine gestufte Mitgliedschaft im BDZV oder wegen gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen an die Schlichtungsvereinbarung gebunden, die Beklagte als eine der ARD zugehörige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt.
Die Anrufung der staatlichen Gerichte sei so lange ausgeschlossen, bis die vertraglich bestimmte Schlichtungsstelle den Versuch unternommen habe, zwischen den Parteien eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.
Die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig.
Aktenzeichen:
Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 28.06.2023
Der Verlag, der selbst mehrere Gesundheitsportale betreibt, in denen er Informationen zu den Themen Gesundheit und Krankheiten für den medizinischen Laien in aufbereiteter Form anbietet, hat in dem Verfahren von der Bundesrepublik Deutschland verlangt, das sog. Nationale Gesundheitsportal „gesund.bund.de“ nicht länger mit pressemäßig aufbereiteten Artikeln zu allgemeinen Gesundheitsthemen zu betreiben bzw. anzubieten.
Der Kläger sieht in dem Gesundheitsportal des Bundes eine Konkurrenz gegenüber den eigenen Angeboten, mit dem der Bund das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt. Dieses sog. Institut der freien Presse dient dazu, eine Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten zu verhindern. Es soll die private Presse zudem vor einem Leserverlust durch staatliche Publikationen schützen, die ein Zeitungsangebot zu ersetzen vermögen.
Mit einem weiteren Antrag wollte der Verlag die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Bundes erreichen.
Die 1. Zivilkammer hat entschieden, dass dem Kläger gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zusteht.
Ein Großteil der auf dem Portal eingestellten Artikel überschreitet nach der Begründung der Kammer die Grenzen des zulässigen staatlichen Informationshandelns. Diese Artikel enthalten keinerlei Hinweise zu akuten Gefahrensituationen, sondern allgemeine Informationen wie ein Gesundheitslexikon oder Tipps und Ratschläge für ein gesundes Leben. Um seinen staatlichen Aufgaben und Fürsorgepflichten gegenüber den Bürgern gerecht zu werden, bedarf es eines solchen Portals des Bundes nicht. Zudem geht der Substitutionseffekt zu Lasten der privaten Anbieter ähnlicher Formate.
Den weiteren Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht hat die Kammer hingegen abgewiesen und dies mit dem fehlenden kon- kreten Vortrag zu dem Eintritt eines Schadens begründet.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG Bonn v. 28.06.2023
Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 dürfen konzessionierte Wettveranstalter in Deutschland Sportwetten über stationäre Wettvermittlungsstellen anbieten. Für den Betrieb einer stationären Wettvermittlungsstelle bedarf es einer Erlaubnis. Gesetzlich vorgesehen ist in Nordrhein-Westfalen zudem, dass Wettvermittlungsstellen einen Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu öffentlichen Schulen und zu Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe einhalten sollen.
Unter Berufung auf dieses Mindestabstandsgebot lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf den Antrag einer Wettveranstalterin und einer Wettvermittlerin auf Erteilung einer Betriebserlaubnis ab.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat dies in seinen Urteilen bestätigt und ausgeführt: Es bestehen keine verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen das Erlaubniserfordernis und das Mindestabstandsgebot. Das geltende Mindestabstandsgebot verfolgt das überragend wichtige Gemeinwohlziel, Minderjährige als besonders vulnerable Personengruppe vor den Gefahren der Glücksspielsucht zu schützen und einen Gewöhnungseffekt bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern.
Angesichts dieses legitimen Schutzzwecks ist der mit dem Mindestabstandsgebot zwangsläufig verbundene Eingriff in die Rechte von Wettveranstaltern und Wettvermittlern aus der Sicht des Verfassungs- und Unionsrechts gerechtfertigt.
Gegen die Urteile kann jeweils die Zulassung der Berufung beantragt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
Aktenzeichen: 3 K 3201/21 und 3 K 3202/21
Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf v. 20.06.2023
Inhaltlich ging es u.a. um folgende Nutzungsbedingungen von DAZN:
2.3. Wir sind berechtigt, diese Bedingungen zu ändern, etwa aufgrund einer Gesetzesänderung oder um eine bessere Funktionalität des DAZN Services sicherzustellen, wobei die Abonnement-Struktur des DAZN Services vorbehaltlich der Ziffer 4.8 in ihrer Gesamtheit nicht zu Deinen Lasten eingeschränkt wird. Änderungen dieser Bedingungen werden Dir von uns per Email an die zuletzt eingetragene Emailadresse mitgeteilt. Änderungen unserer Zahlungsbedingungen werden Dir ebenfalls unmittelbar mitgeteilt. Die Änderungen gelten als angenommen, wenn Du nicht innerhalb von vierzehn (14) Tagen ab Mitteilung widersprichst, sofern wir Dich in der Mitteilung auf diese Folge eines fehlenden Widerspruchs hinweisen.
4.7. Vorbehaltlich der Mitteilungspflichten gemäß Ziffer 2.3 können wir unseren Serviceplan von Zeit zu Zeit ändern, sofern die Änderungen für Dich zumutbar sind.
4.8. Wir behalten uns das Recht vor, den Preis für den DAZN Service an sich verändernde Marktbedingungen, bei erheblichen Veränderungen in den Beschaffungs- oder Bereitstel-lungskosten oder bei Änderungen der Umsatzsteuer oder vergleichbaren Steuern anzupassen. Zusätzlich behalten wir uns vor, den Preis bei erheblichen Veränderungen im Ver-braucherpreisindex des Statistischen Bundesamts entsprechend anzupassen; als erhebliche Veränderung gilt eine Anhebung von 0,5 Prozentpunkten oder mehr gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Preisänderungen finden frühestens nach dreißig (30) Tagen ab dem Tag unserer Email-Benachrichtigung an Deine zuletzt eingetragene Emailadresse Anwendung."
Zu Ziffer: 2.1:
Die vertraglich geschuldete Leistung der Beklagten kann dabei variiert werden. Dieses Variationsrecht wird der Beklagten lediglich einseitig eingeräumt. (...)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze muss der Wortlaut dieser Klausel dahingehend verstanden werden, dass es der Beklagten vollumfänglich freigestellt bleibt, welche Inhalte durch sie ausgestrahlt werden. Ein Verbraucher, der ein Abonnement bei einem Streamingdienstleister abschließt, der Live-Sportereignisse überträgt, darf davon ausgehen, dass der Inhalt des Vertrags nicht soweit abgeändert werden kann, dass überhaupt keine Sportveranstaltungen mehr übertragen werden."
Der Kläger begehrte vom Veranstalter die Auszahlung des Sachwertes von insgesamt sieben Satz Slickreifen im Wert von rund 13.000 EUR, welche im Jahr 2019 als Sachpreis von dem beklagten Veranstalter im Rahmen des derzeit wieder laufenden ADAC GT4 Germany ausgelobt worden waren.
Der Beklagte richtet seit dem Jahr 2019 die Motorsportveranstaltung ADAC GT4 Germany als Veranstalter aus. Der Kläger nahm an dieser Rennserie in den Jahren 2019 und 2020, jeweils mit seinem Teamkollegen als Fahrer einer Fahrerpaarung, die ein gemeinsames Fahrzeug verwendet, teil. Zuvor unterwarf sich der Kläger den Statuten des Beklagten sowie diversen weiteren motorsportlichen Regularien.
Für die teilnehmenden Fahrer waren jeweils entsprechend ihrer Kategorie - Trophystatus oder Juniorstatus - Sachpreise ausgehend von den Ergebnissen der Saisonabschlusstabelle ausgeschrieben. In der Wertung der Trophystatusfahrer - in welcher der Kläger sich befand – waren folgende Sachpreise vorgesehen:
1. Platz: 13 Satz Slickreifen
Im Jahr 2019 belegte der Kläger den zweiten Platz in der Trophy-Wertung. Sein Teamkollege belegte aufgrund der gleichen Punkteanzahl ebenfalls den zweiten Platz. Für die Saison 2020 erhielt der Kläger zusammen mit seinem Teamkollegen insgesamt sieben Satz Slickreifen vom Veranstalter. Auf Nachfrage des Klägers lehnte der beklagte Veranstalter die Herausgabe von sieben weiteren Reifensätzen ab.
Der Kläger vertrat mit seiner Klage Auffassung, bei einer gemeinsamen Belegung des zweiten Platzes stünden jedem Fahrer die in den Statuten festgelegte Anzahl an Reifensätzen zu. Mithin wären sowohl an ihn als auch an den Teamkollegen jeweils sieben Reifensätze herauszugeben. Die Herausgabe von lediglich sieben Reifensätze an beide Fahrer widerspreche dem Wortlaut der Statuten. Es sei zudem nicht sinnvoll, sieben Satz Reifen unter zwei Fahrern aufzuteilen. Die Herausgabe der Reifensätze sei aufgrund des Zeitablaufs für ihn inzwischen nicht mehr zielführend.
Deshalb verlange er nunmehr Schadenersatz für die ihm nicht rechtzeitig übergebenen, weiteren 7 Satz Slickreifen in Höhe von rund 13.000 EUR.
Dem folgte die 19. Zivilkammer nicht und wies die Klage ab: „Die vom Veranstalter im Rahmen seiner Verbandsautonomie getroffene Regelung ist zur Überzeugung des Gerichts nicht völlig unsportlich oder evident unbillig.“
Art. 5.2 des Organisatorischen Reglements des Veranstalters bestimme in seinem Wortlaut die Anzahl der Reifensätze der Plätze 1. bis 5. sowie die Gesamtanzahl der hierfür vorgesehenen und auszugebenden Reifensätze. Das Wort „Gesamt“ stelle dabei eine abschließende maximale Festsetzung des Beklagten dar.
Dem Wortlaut der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass die Gesamtzahl variierbar wäre. Dem Wortlaut „alle Fahrer“ könne auch nicht die Bedeutung „für jeden einzelnen Fahrer“ entnommen werden, wie die Klagepartei vorgetragen habe, so die Richterin. Das Wort „alle“ sei schon nach seiner Bedeutung nicht als Synonym für das Wort „jeder“ zu sehen.
Der Umstand, dass der Beklagte nach den Statuten bereits im Rahmen der Punkteverteilung einen Unterschied zwischen einem einfachen Fahrer und einem Fahrer einer Fahrerpaarung ziehe, sei nicht als unbillig anzusehen.
Der Beklagte mache hier einen Unterschied im Rahmen der Leistung der Fahrer fest. Während ein einfacher Fahrer die gesamte Leistung allein erbringe, teilten sich die Fahrer einer Fahrerpaarung die Leistung während der gleichen Rennzeit auf.
Die sich hieran anknüpfende Bewertung dieser Leistung durch den Beklagten im Rahmen der Platzierung der Fahrer: Einfache Fahrer streichen den Gesamtpreis ein und eine Fahrerpaarung muss sich den Preis teilen, berücksichtige in angemessener Weise die jeweils erbrachte Leistung und sei sportlich wie rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Urteil vom 28.02.2023 ist nunmehr rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 22.06.2023
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vom 05.07.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 27. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. BAG: Kein Beweis-Verwertungsverbot bei offene Videoüberwachung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses
2. BFH: Auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel können der Einkommensteuer unterliegen
3. BGH: Wann eine Mahnung für den Schuldnerverzug entbehrlich ist
4. BGH: EuGH-Vorlage zur Frage einer Werbung für Botanicals
5. OLG Brandenburg: Sachfremder Grund bei DSGVO-Auskunftsanspruch = Rechtsmissbrauch
6. OLG Stuttgart: Verbot der SWR-App "Newszone" aufgehoben
7. LG Bonn: Online-Gesundheitsportal des Bundes ("gesund.bund.de") rechtswidrig
8. VG Düsseldorf: Wettvermittlungsstellen müssen Mindestabstand zu Schulen und Einrichtungen für Minderjährige einhalten
9. LG München I: Diverse DAZN-AGB rechtswidrig
10. LG München I: Gewinnverteilung bei Autorennen: Geteiltes Fahren – geteilter Gewinn
Die einzelnen News:
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1. BAG: Kein Beweis-Verwertungsverbot bei offene Videoüberwachung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses
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In einem Kündigungsschutzprozess besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht.
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6. Juli 2022 – 8 Sa 1149/20 –
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2. BFH: Auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel können der Einkommensteuer unterliegen
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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22.02.2023 – X R 8/21 entschieden, dass auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen können.
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3. BGH: Wann eine Mahnung für den Schuldnerverzug entbehrlich ist
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Der BGH hat eine wichtige Entscheidung zur Frage, wann eine Mahnung entbehrlich ist, um den Schuldner einer Forderung in Verzug zu setzen (BGH, Urt. v. 20.04.2023 - Az.: I ZR 140/22).
"1. Erklärt der Schuldner noch vor Fälligkeit, dass er nicht rechtzeitig leisten könne, würde es eine reine Förmelei darstellen, den Eintritt des Verzugs von einer Mahnung des Gläubigers nach Fälligkeit abhängig zu machen, der der Schuldner seinen Erklärungen zufolge ohnehin nicht Folge leisten kann. In einem solche Fall ist eine Mahnung nach Fälligkeit entbehrlich.
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4. BGH: EuGH-Vorlage zur Frage einer Werbung für Botanicals
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Der BGH hat die Frage, ob und inwieweit Werbung für Botanicals erlaubt sind, dem EuGH zur Vorabfrage vorgelegt (BGH, Urt. v. 01.06.2023 - Az.: I ZR 109/22).
"Darf für pflanzliche Stoffe ("Botanicals") mit gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) bzw. mit Verweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) geworben werden, ohne dass diese Angaben gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 der Verordnung aufgenommen sind (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung) bzw. ohne dass diesen Verweisen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 der Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung), solange die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 noch nicht abgeschlossen sind?"
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5. OLG Brandenburg: Sachfremder Grund bei DSGVO-Auskunftsanspruch = Rechtsmissbrauch
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Begehrt ein Kunde gegen seine Versicherung eine DSGVO-Auskunft, um überprüfen zu können, ob die erfolgten Beitragserhöhungen rechtmäßig sind, ist dies rechtsmissbräuchlich (OLG Brandenburg, Urt. v. 16.06.2023 - Az.: 11 U 9/23).
"Die Vorschrift des Art. 12 Abs. 5 S. 2 DSGVO führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen "exzessiven" Antrag auf. Die Verwendung des Wortes "insbesondere" macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist (....).
Und weiter:
"Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger nach seinem eigenen Klagevorbringen jedoch nicht.
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6. OLG Stuttgart: Verbot der SWR-App "Newszone" aufgehoben
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Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat mit seinem heutigen Urteil in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben, mit der die Verbreitung des Telemedien-App-Angebots „NEWSZONE“ untersagt worden war.
LG Stuttgart - 53 O 177/22 - Urteil vom 21.10.2022
OLG Stuttgart - 4 U 31/23 - Urteil vom 28.06.2023
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7. LG Bonn: Online-Gesundheitsportal des Bundes ("gesund.bund.de") rechtswidrig
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Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn hat am 28. Juni 2023 das Urteil in einem Verfahren (Az. 1 O 79/21) verkündet, in dem ein Verlag gegen das Nationale Gesundheitsportal „gesund.bund.de“ vorgeht.
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8. VG Düsseldorf: Wettvermittlungsstellen müssen Mindestabstand zu Schulen und Einrichtungen für Minderjährige einhalten
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Wettvermittlungsstellen müssen einen Mindestabstand von 350 Metern zu öffentlichen Schulen und zu Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe einhalten. Dies hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit zwei den Beteiligten am heutigen Tag zugestellten Urteilen vom 13. Juni 2023 entschieden und damit die Klagen einer Veranstalterin von Sportwetten und einer Wettvermittlerin abgewiesen.
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9. LG München I: Diverse DAZN-AGB rechtswidrig
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Das LG München I hat diverse AGB-Klauseln des Sport-Streaminganbieters DAZN für rechtswidrig erklärt (LG München I, Urt. v. 25.05.2023 . Az.: 12 O 6740/22).
"2.1. Wir bieten einen Online-Videodienst, der (unter anderem) die Übertragung von Sport-ereignissen (live und on-demand), Zusammenfassungen von Sportereignissen und andere ähnliche Inhalte bietet, deren Gestaltung und Verfügbarkeit mit der Zeit variieren kann (insgesamt „Inhalte“). Die Inhalte unterliegen gewöhnlich gewissen Beschränkungen (z.B. be¬stimmten Gebietsbeschränkungen).
Das LG München I hat alle Klauseln für rechtswidrig eingestuft.
"Diese streitgegenständliche Klausel erlaubt es der Beklagten einseitig die versprochene vertragliche Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wobei für den Kunden der Beklagten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen keine Zumutbarkeit vorliegt (...)
Zu Ziffer: 2.3:"Die streitgegenständliche Klausel ermöglicht es der Beklagten die Hauptleistungspflichten des Streamingvertrags einseitig zu Lasten ihrer Kunden abzuändern. (...)
Gemäß § 307 I 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen."
Zu Ziffer: 4.7:"Ziffer 4.7. der „Nutzungsbedingungen“ verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist, unwirksam. Hinsichtlich dieser streitgegenständlichen Klausel kann auf die Argumentation zu Ziffer 2.1. der „Nutzungsbedingungen“ verwiesen werden."
Zu Ziffer: 4.8:"Ziffer 4.8. der „Nutzungsbedingungen“ verstößt gegen das Transparenzgebot aus § 307 11,12 BGB und stellt darüber hinaus auch eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 11 BGB. Die Beklagte hat ihren Sitz in Großbritannien und ist in zahlreichen Ländern tätig. Preiserhöhungen werden dabei an die veränderten Marktbedingungen angekoppelt. Es ist für einen Verbraucher nicht ersichtlich an welchem Markt sich die streitgegenständliche Klausel orientiert. Selbst in einer globalen Wirtschaftswelt, gibt es nicht den einzelnen Volkswirtschaftsmarkt, sondern verschiedene Märkte."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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10. LG München I: Gewinnverteilung bei Autorennen: Geteiltes Fahren – geteilter Gewinn
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Die für das Verkehrszivilrecht zuständige 19. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage eines zweitplatzierten Teilnehmers der Motorsportveranstaltung ADAC GT4 Germany gegen den Veranstalter auf Herausgabe eines weiteren Gewinns abgewiesen (19 O 9720/21).
2. Platz: 7 Satz Slickreifen
3. Platz: 5 Satz Slickreifen
4. Platz: 3 Satz Slickreifen
5. Platz: 2 Satz Slickreifen
Gesamt: 30 Satz Slickreifen
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