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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Wann Adressdaten-Weitergabe zu Marketing-Zwecken durch "berechtigte Interessen" nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gedeckt ist
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Der EuGH hat in einer aktuellen Entscheidung die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen eine Übermittlung von Adressdaten zu Marketingzwecken auf das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gestützt werden kann (EuGH Urt. v. 04.10.2024 - Az.: C-621/22). 1. Sachverhalt: Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der niederländische Tennisverein Royal Dutch Lawn Tennis Association (KNLTB) übermittelte seine Mitgliederdaten an zwei Sponsoren (einen Sportartikelhersteller und einen Glücksspielanbieter). Der Verein informierte seine Mitglieder einige Monate zuvor in seinem Newsletter über die geplante Datenweitergabe und wies auf die Möglichkeit hin, der Weitergabe zu widersprechen. Die Mitglieder mussten aktiv widersprechen, um die Weitergabe ihrer Daten zu verhindern. Die übermittelten Daten umfassten u.a: Vor- und Nachname, Anschrift, Geschlecht, Telefon- und Handynummer, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum. In ca. 40.000 Fällen wurden die betroffenen Mitglieder vom Sponsor telefonisch kontaktiert. Der Tennisclub KNLTB rechtfertigte die Datenübermittlung mit zwei Argumenten: Zum einen wollte er einen Mehrwert für seine Mitglieder schaffen, zum anderen wollte er die geringeren Einnahmen aufgrund sinkender Mitgliederzahlen ausgleichen. Die niederländische Datenschutzbehörde verhängte daraufhin ein Bußgeld iHv. 525.000,- EUR, vgl. unsere Kanzlei-News v. 05.03.2020. Dagegen wehrte sich KNLTB, so dass der EuGH den Sachverhalt zu beurteilen hatte. 2. Sachverhalt: Der EuGH hat entschieden, dass grundsätzlich auch eine Datenübermittlung zu Marketingzwecken von den berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gedeckt sein kann. Hierfür müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss ein berechtigtes Interesse vorliegen, zweitens muss die Verarbeitung erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen. Ein kommerzielles Interesse wie das des KNLTB sei legitim, so die Richter, wenn die Mitglieder transparent informiert und ihre Daten sparsam verwendet würden. Von besonderer Bedeutung sei, dass die Mitglieder nicht damit rechnen müssten, dass ihre Daten an Glücksspielanbieter weitergegeben würden, was das berechtigte Interesse des Verbandes stark relativiere: Der amtliche Leitsatz lautet: “Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (…) ist dahin auszulegen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, personenbezogene Daten der Mitglieder eines Sportverbands in Verfolgung des wirtschaftlichen Interesses des Verantwortlichen gegen Entgelt offenzulegen, nur dann als im Sinne dieser Vorschrift zur Wahrung der berechtigten Interessen dieses Verantwortlichen erforderlich angesehen werden kann, wenn die Verarbeitung zur Verwirklichung des in Rede stehenden berechtigten Interesses absolut notwendig ist und sofern in Anbetracht aller relevanten Umstände die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten dieser Mitglieder gegenüber dem berechtigten Interesse nicht überwiegen. Diese Vorschrift verlangt zwar nicht, dass ein solches Interesse gesetzlich bestimmt wird, sie erfordert jedoch, dass das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig ist.”
3. Weitere Entwicklung: Der EuGH hat - wie üblich - kein Urteil zum konkreten Sachverhalt gefällt, sondern nur allgemeine Ausführungen zur Auslegung bestimmter Fragen gemacht. Der Rechtsstreit geht nun zurück an das niederländische Gericht, das auch in der Sache entscheiden wird.
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2.
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BVerwG Österreich: DSGVO-Verstoß durch Cookie-Banner ohne einfache Ablehnungsoption
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Bietet eine Webseite einen Cookie-Banner ohne eine einfache Ablehnungsmöglichkeit an, liegt darin eine Datenschutzverletzung (BVerwG Österreich, Urt. v. 31.07.2024 - Az.: W108 2284491-1/15E). Ein Nutzer beschwerte sich bei der österreichischen Datenschutzbehörde darüber, dass die Cookie-Einstellungen auf der Website eines Medienunternehmens die Möglichkeit, alle Cookies abzulehnen, absichtlich versteckten. Der User musste mehr Schritte unternehmen, um Cookies abzulehnen, als um sie zu akzeptieren. Die Datenschutzbehörde verlangte daraufhin von der Firma, dass es den Cookie-Banner anpassen und eine gleichwertige Option zur Ablehnung der Cookies anbieten müsse. Dagegen wehrte sich das Unternehmen. Das BVerwG wies die Beschwerde zurück und bestätigte, dass das Cookie-Banner eine gleichwertige und einfach zugängliche Ablehnungsoption bieten müsse. Das Gericht entschied, dass das Medienprivileg für journalistische Tätigkeiten hier nicht greife, da die Datennutzung zu Werbezwecken erfolge. Die DSGVO verlange, dass die Einwilligung der Nutzer freiwillig und informiert erfolgen müsse. Wenn das Ablehnen mehr Schritte erfordere als das Akzeptieren, sei die Entscheidungsfreiheit des Nutzers eingeschränkt und widerspreche der DSGVO. Ein “Ablehnen”-Button auf der ersten Ebene des Banners sei daher notwendig, eine faire und transparente Datenverarbeitung zu ermöglichen: “Es ist der belangten Behörde auch beizupflichten, wenn sie ausführt, dass daraus folgt, dass für die Nichtabgabe einer Einwilligung bzw. die Schließung des Cookie-Banners ohne Abgabe einer Einwilligung nicht mehr Interaktionen mit dem Cookie-Banner notwendig sein dürfen, als für die Abgabe der Einwilligung. Im vorliegenden Fall ist jedoch für die Erteilung der Einwilligung nur ein Klick erforderlich, wohingegen die Nichtabgabe einer Einwilligung zumindest zwei Klicks erfordert, womit eine solche Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, zumal eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Wahlmöglichkeiten von der beschwerdeführenden Partei nicht vorgebracht und auch sonst nicht ersichtlich geworden ist.”
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung des BVerwG Österreich entspricht auch der überwiegend vertretenen Ansicht in Deutschland, so zuletzt auch das OLG Köln (Urt. v. 19.01.2024 - Az.: 6 U 80/23), vgl. die Kanzlei-News v. 07.02.2024. Das Urteil zeigt auch, dass die Anforderungen sehr streng sind und bereits ein einzelner zusätzlicher Klick (hier: anstatt einem zwei Klicks) zu einem Rechtsverstoß führen kann.
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3.
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BGH: Auch Online-Marktplätze haften für fremde Urheberrechtsverletzungen nach Kenntnis
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Der BGH hat eine Grundlagen-Entscheidung zur Haftung von Online-Marktplätzen für fremde Urheberrechtsverletzungen getroffen und klargestellt, dass diese nach den gleichen Grundsätze, die in der Vergangenheit für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen aufgestellt wurden (BGH, Urt. v. 23.10.2024 - Az.: I ZR 112/23). Der Kläger, ein Fotograf aus Großbritannien, stellte fest, dass seine Fotografie “Manhattan Bridge” ohne Namensnennung auf Produktbildern für den Verkauf eines Fernsehers auf einer Handelsplattform genutzt wurde. Nach einer Abmahnung entdeckte er noch weitere Angebote mit derselben Fotografie, die ebenfalls ohne seine Zustimmung verwendet wurden. Der BGH bejahte die Haftung für die weiteren Verletzungen. Denn der Betreiber des Online-Marktplatzes, so die Richter, habe auf die Abmahnung nicht ausreichend reagiert und keine präventiven Maßnahmen zur Sperrung ähnlicher Inhalte getroffen. Hierzu wäre er jedoch verpflichtet gewesen. Ein Plattformbetreiber sei nach Kenntnis einer Rechtsverletzung verpflichtet, alle gleichartigen Verstöße technisch und wirtschaftlich vertretbar zu verhindern. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten: "1. Die unionsrechtlichen Grundsätze der Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 = WRP 2021, 1019 - YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] - uploaded II und BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] - Youtube II) sind auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar. 2. Der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist - wie der einer Video-Sharing- und Sharehosting-Plattform - grundsätzlich verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die dort eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Bei Übertragung der für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen geltenden Rechtsprechung muss den Besonderheiten von Online-Marktplätzen jedoch Rechnung getragen werden. Soweit nicht der angebotene Gegenstand selbst urheberrechtsverletzend ist, sondern das Angebot lediglich in einer urheberrechtsverletzenden Weise präsentiert wird, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Plattformbetreibers im Regelfall allein auf gleichartig präsentierte Angebote, nicht aber auf jegliche Darstellungen des urheberrechtlich geschützten Werks. 3. Die Grundsätze der Haftung von Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke sind nicht auf eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf den Servern einer solchen Plattform übertragbar. Es verbleibt insoweit bei einer Haftung nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Täterschaft und Teilnahme."
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4.
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OLG Dresden: Unternehmen haftet bei fehlender DSGVO-Überprüfung seiner Auftragsverarbeiter
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Prüft ein Unternehmen die von ihm eingesetzten Auftragsverarbeiter nur in unzureichender Weise, ist er für die eintretenden DSGVO-Verstöße verantwortlich (OLG Dresden, Urt. v. 15.10.2024 - Az.: 4 U 940/24). Das verklagte Unternehmen sah sich einem Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO ausgesetzt. Es hatte nur unzureichend kontrolliert, dass ein Sub-Unternehmen, das es als Auftragsdatenverarbeiter eingesetzt hatte, nach Beendigung der Geschäftsbeziehung die gespeicherten Daten nicht gelöscht hatte, sodass dieser Opfer eines Hackerangriffs wurde. Im Ergebnis bejahte das OLG Dresden eine Datenschutzverletzung, wies aber das Schadensersatzbegehren zurück, da es an einem konkreten Schaden fehlte. 1. Reichweite der Überprüfungspflichten: Zunächst beschäftigen sich die Richter, in welchem Umfang ein Unternehmer seinen Subunternehmer, der für ihn als Auftraggeber tätig wird, kontrollieren und überwachen muss: "Dies führt aber nicht nur zu einer Pflicht zur sorgfältigen Auswahl, sondern auch zu einer Pflicht zur sorgfältigen Überwachung des Auftragsverarbeiters durch den Verantwortlichen. Diese Pflicht zur Überwachung des Auftragsverarbeiters - im Anschluss an dessen Auswahl - ist in Art. 28 Abs. 1 DSGVO zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich jedoch aus der Formulierung der Norm („arbeitet [...] nur mit“). Absatz 3 lit h) setzt eine solche Kontrollpflicht voraus. (…) De facto ist die Pflicht zur Überwachung daher auch ohne konkrete zeitliche Vorgaben als Dauerpflicht zu verstehen (…)."
Und weiter: "Die Anforderungen an Auswahl und Überwachung dürfen dabei in der Praxis zwar nicht überspannt werden. Wählt ein Unternehmen z.B. einen führenden und am Markt als zuverlässig bekannten IT-Dienstleister aus, so darf es grundsätzlich auf dessen Fachwissen und Zuverlässigkeit vertrauen, ohne dass etwa eine - vollkommen praxisfremde - Vor-Ort- Kontrolle erforderlich wäre (….). Gesteigerte Anforderungen ergeben sich indes, soweit z.B. große Datenmengen oder besonders sensible Daten gehostet werden sollen (…). Diese gesteigerten Kontrollpflichten gelten auch außerhalb der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 9, 10 DSGVO."
Für den vorliegenden Fall nimmt das OLG Dresden eine gesteigerte Sorgfaltspficht bereits aufgrund der Quantität der Daten an: "Ungeachtet der Frage, ob die von dem zwischen der Beklagten und dem Autragsdatenverarbeiter geschlossenen Vertrag erfassten Daten auch Daten über das Nutzerverhalten und hieraus zu erstellende Profile beinhalteten, betraf die Verarbeitung vorliegend jedenfalls nicht unbedeutende Datenmengen, deren Verlust potentiell vielen Millionen Nutzern Schaden zufügen konnte. Infolgedessen war die Beklagte auch nach Vertragsbeendigung zu einer Überwachung ihres Auftragsdatenverarbeiters dahingehend angehalten, dass dieser die ihm zur Verfügung gestellten Daten tatsächlich löscht und hierüber eine aussagekräftige Bescheinigung ausstellt."
2. Sorgfaltsverstoß, weil keine ordnungsgemäße Überprüfung, ob Auftragnehmer tatsächlich Daten gelöscht: Den Grund für einen Sorgfaltsverstoß sehen die Richter in dem Umstand, dass die Beklagte nach Beendigung der Vertragsbeziehung bei ihrem Subunternehmer auch tatsächlich dezidiert kontrolliert hat, dass die Daten auch tatsächlich gelöscht wurden: "Insbesondere hat sie aber dadurch gegen ihre Kontrollpflichten aus Art. 28 DSGVO verstoßen, dass sie nicht nach Ablauf der vertraglich geregelten 21-tägigen Frist von ihrer Auftragsverarbeiterin die ausdrückliche schriftliche Bestätigung einer tatsächlich durchgeführten Löschung aller bei dieser vorhandenen Datensätze angefordert hat, die eine detaillierte Auflistung der gelöschten Daten enthielt. Die von dem Auftragsdatenverarbeiter unter dem Datum 9.12.2020 versandte Mail genügte dessen vertraglichen Verpflichtungen nicht, schon weil sie nicht dem Schriftformerfordernis in Ziff. 9.3. (“written certification“ in der englischen Originalfassung Anlage B 2b) entsprach (…). Auch wenn, wozu die Parteien nichts vorgetragen haben, der Nachtrag dem französischen Zivilrecht unterfallen sollte, wäre die elektronische Form der Schriftform nur gleichgestellt, wenn die Identität der Person, die es erstellt hat, eindeutig nachgewiesen und die Integrität der E-Mail gewährleistet wäre (…). Schwerer wiegt indes, dass die E-Mail des Auftragsdatenverarbeiters vom 9.12.2020 lediglich die Ankündigung einer bevorstehenden, nicht aber die Bestätigung einer erfolgten Löschung enthielt. Die bloße Ankündigung einer Maßnahme ist jedoch nicht gleichwertig zu einer Bestätigung über deren Ausführung. Es ist allgemein bekannt, dass gleich ob in kleinen oder großen Unternehmen anstehende Vorgänge aufgeschoben und in der Folge auch vergessen werden können. Indem die Bestätigung der tatsächlichen Durchführung einer vertraglich festgelegten Aufgabe eingefordert wird, minimiert der Verantwortliche das Risiko, dass es beim Auftragsverarbeiter bei der bloßen Ankündigung eines Tätigwerdens bleibt und sorgt zugleich dafür, dass der Auftragsverarbeiter in seiner eigenen Sphäre überprüft, ob die vertraglich übernommene Verpflichtung tatsächlich gewissenhaft erfüllt wurde - auch um das eigene Haftungsrisiko zu minimieren."
3. Fehlverhalten des Auftragnehmers: Der Subunternehmer habe ebenfalls fehlerhaft gehandelt: "Vorliegend hat der Auftragsdatenverarbeiter zwar sowohl gegen allgemeine Regeln der DSGVO als auch gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen. Ungeachtet vertraglicher Verpflichtungen ist der Auftragsverarbeiter bereits nach der DSGVO im Rahmen der Auftragsverarbeitung grundsätzlich nicht berechtigt, die im Auftrag verarbeiteten Daten für eigene Zwecke bzw. für die Zwecke Dritter zu verarbeiten. Darüber hinaus hat der Auftragsverarbeiter die Rückgabe- und Löschpflichten nach Beendigung des Auftrags zu beachten (…). Vorliegend ist unstreitig, dass Datensätze der Beklagten bei der Firma O...... zum einen unzulässigerweise von der Produktiv- in eine Testumgebung überführt wurden, deren Sphäre verlassen haben und anschließend im Darknet zum Verkauf angeboten wurden, nachdem Mitarbeiter dieser Firma entgegen ihrer Zusicherung aus dem Jahre 2023 nicht alle Datensätze der Beklagten wie vertraglich vereinbart unverzüglich nach Vertragsende gelöscht hatten, sondern zumindest einer der Datensätze schließlich entweder von Hackern erbeutet, oder von Mitarbeitern unbefugt weitergegeben wurden."
4. Jedoch kein Schaden: Trotz der zuvor festgestellten Datenschutzverletzung lehnten die Richter das Schadensersatzbegehren ab, da es an einem Schaden fehle: "Unter Berücksichtigung der Umstände kann hier die Befürchtung der Klagepartei, dass die Daten missbräuchlich verwendet werden, nicht als begründet angesehen werden. Zu den besonderen Umständen gehört die Art des Datums. Wird die Kontrolle über sensible Daten, wie z.B. Gesundheitsdaten, Daten über die sexuelle Orientierung, Daten über rassische oder ethnische Herkunft, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Daten über Bankverbindungen, Vermögenswerte, Einkommen, Beruf oder Berufsgeheimnisse verloren, liegt eine missbräuchliche Verwendung nicht fern (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO). Insbesondere bei Daten, die den persönlichen Lebensbereich betreffen, besteht die Gefahr einer Rufschädigung oder Diskriminierung. Ebenso geht der Verlust der Kontrolle von Daten über Vermögenswerte, Bankverbindungen und Berufsgeheimnisse mit dem Risiko eines materiellen Schadens einher. Bei der hier gehackten E-Mail-Adresse handelt es sich um ein solches Datum, das - seiner Funktion entsprechend – der Kontaktaufnahme dient und durch andere identifizierbare Personen im alltäglichen und geschäftlichen Leben regelmäßig anderen Personen in großem Umfang zugänglich gemacht wird (…). Sie stellt gerade kein besonders sensibles Datum dar, sondern eines aus der Sozialsphäre des Klägers. Mit der daneben erbeuteten IP-Adresse kann im Regelfall ein Hacker nichts anfangen, die User- ID könnte in der Verknüpfung mit dem Namen allenfalls einen Rückschluss darauf zulassen, dass die Klagepartei Nutzer eines Musik-Streaming-Dienstes ist. Welche konkrete Befürchtung die Klagepartei hieran anschließt, hat sie ebensowenig dargelegt wie die negativen Folgen des Bekanntwerdens des Alters oder Geschlechts."
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5.
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OLG Hamm: Obligatorische Trinkgelder auf Kreuzfahrten müssen in Gesamtpreis mit einberechnet werden
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Service-Entgelte auf Kreuzfahrten, die zwingend anfallen und nicht in das Belieben des jeweiligen Kunden stehen, müssen in den anzugebenden Gesamtpreis mit einberechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn das Service-Entgelt durch den Kunden abgeändert oder ganz gestrichen werden kann (OLG Hamm, Beschl. v. 15.07.2024 - Az. 1-4 W 25/23). Die Beklagte, eine Kreuzfahrtgesellschaft, bewarb in ihren Werbeprospekten Seereisen mit entsprechenden Preisen. In die Werte waren jedoch das obligatorische Service-Entgelt von 14,50 USD/Tag nicht mit einberechnet. Bereits im Jahr 2015 war die Beklagte entsprechend gerichtlich verurteilt worden. Die Klägerin stellte daraufhin aufgrund der aktuellen Werbung einen entsprechenden Ordnungsmittel-Antrag. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass im vorliegenden Fall das Service-Entgelt von dem Kunden abgeändert bzw. ganz gestrichen werden könne und somit das ursprüngliche Urteil nicht greife. Außerdem habe ein Dritter die Preise ermittelt und nicht sie selbst, sodass ihr kein Vorwurf gemacht werden könne. 1. Verstoß gegen PAngVO: Das OLG Hamm nahm auch im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen die PAngVO an. Nach § 3 Abs.1 PAngVO müsse ein Gesamtpreis gebildet werden, wenn es sich um obligatorische Kosten handle. Daran ändere auch der Umstand nichts, wenn der Kunde dem Service-Entgelt widersprechen könne. “Bei der Service- bzw. Trinkgeldpauschale i.H.v. täglich USD 14,50, die dem Bordkonto der Kreuzfahrtpassagiere von der Reederei automatisch berechnet werden und die die Schuldnerin bei der Ermittlung des von ihr angegebenen Gesamtpreises unstreitig unberücksichtigt gelassen hat, handelt es sich um ein obligatorisches Serviceentgelt in diesem Sinne. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (…) stellt ein für den Service an Bord eines Kreuzfahrtschiffs grundsätzlich zu zahlendes Entgelt, das bereits im Vorfeld der Reise betragsmäßig feststeht und dem Bordkonto der/des Reisenden automatisch belastet wird, einen Preisbestandteil dar, der in den nach § 3 I PAngV anzugebenden Gesamtpreis einzubeziehen ist (…).”
Auch ein etwaiges Widerspruchsrecht des Kunden ändere an dieser Einstuftung nichts: "Dem steht nicht entgegen, dass das Serviceentgelt nach dem unbestrittenen Vortrag der Streithelferin von den Reisenden während der Kreuzfahrt durch Mitteilung gegenüber dem Servicepersonal oder eigenhändige Eingabe im Bordkonto jederzeit betragsmäßig geändert oder sogar gänzlich gestrichen werden kann, so dass es letztlich nicht in jedem Fall zwingend (in der durch die Reederei vorgegebenen Höhe) anfällt. Wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, betrachtet der angesprochene Verbraucher - dies ist letztlich entscheidend - das Serviceentgelt als ein obligatorisch anfallendes, der Höhe nach bereits bestimmtes (Teil-)Entgelt für die Kreuzfahrt, dessen Reduzierung oder gar gänzliche Stornierung durch ihn nur unter bestimmten Umständen - insbesondere bei (gravierenden) Beanstandungen - gerechtfertigt ist (…). Dies deckt sich letztlich auch mit der Erwartungshaltung, die den Reisenden auf der von der Schuldnerin beworbenen Seereise von Seiten der Reederei bzw. unmittelbar an Bord des Kreuzfahrtschiffs entgegengebracht wird. Hierzu hat die Streithelferin der Schuldnerin unwidersprochen ausgeführt, dass die Zahlung eines Trinkgeldes in der US-amerikanischen Kreuzfahrtbranche einen deutlich wichtigeren Stellenwert einnehme, als dies etwa bei europäischen Reedereien der Fall sei."
2. Fahrlässiges Handeln der Beklagten: Die Beklagte habe zumindestens fahrlässig gehandelt, da sie Daten des Dritten hätte überprüfen müssen: "Gemessen hieran hat die Schuldnerin jedenfalls fahrlässig gehandelt. Denn nach den unnagegriffenen Feststellungen des Landgerichts hat sie keine Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung durch die Streitverkündete zu kontrollieren und zu überwachen. Soweit die Schuldnerin hiergegen einwendet, sie habe keine Veranlassung gehabt, die von der Streithelferin ermittelten und im Werbeprospekt angegebenen Gesamtpreise in Frage zu stellen, verkennt sie in diesem Zusammenhang die Bedeutung des gegen sie ergangenen Unterlassungstitels. Auch wenn dieser aus einer Zeit stammt, als die Schuldnerin noch nicht mit der Streithelferin, sondern stattdessen mit einem anderen Reiseveranstalter vertraglich verbunden war, hat er der Schuldnerin unmissverständlich vor Augen geführt, welche Bedeutung etwaigen an Bord erhobenen Servicepauschalen bei der Bewerbung von Schiffskreuzfahrten im Hinblick auf den anzugebenden Gesamtpreis zukommt. Insoweit hat es der Schuldnerin zur Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt oblegen, (auch) in der Zusammenarbeit mit der Streithelferin besondere Sicherungsmechanismen einzuziehen, um künftige Verstöße gegen die PAngV zu verhindern. Gegen diese Ob liegenheit hat die Schuldnerin verstoßen, indem sie weder die Streithelferin hinreichend über das aus dem Urteil des Landgerichts (…) folgende Unterlassungsgebot sensibilisiert noch ausreichende eigene Vorkehrungen getroffen hat, um die Beachtung des Unterlassungsgebots durch die Streithelferin zu überwachen."
3. Ordnungsgeld iHv. 25.000,- EUR: Das Gericht bewertete aufgrund des Verstoßes ein Ordnungsgeld iHv. 25.000,- EUR für angemessen: "Schließlich gibt es auch gegen die Höhe des vom Landgericht festgesetzten Ordnungsgeldes nichts zu erinnern. Bei der Wahl und Bemessung der Ordnungsmittel steht dem Tatrichter ein Ermessen zu (…). (…) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist bei der Bemessung des gegen die Schuldnerin aufgrund des begangenen Verstoßes festzusetzenden Ordnungsgeldes zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass es sich - soweit bekannt - um den ersten Verstoß gegen den bereits sieben Jahre alten Unterlassungstitel handelt. Auch mag in diesem Sinne weiter zu berücksichtigen sein, dass die Schuldnerin lediglich fahrlässig handelte, wenngleich das Organisationsversagen der Schuldnerin, die keinerlei Vorkehrungen getroffen hatte, um die Beachtung des Unterlassungstitels durch die Streithelferin sicherzustellen, bereits als grob fahrlässiger Verstoß einzustufen sein dürfte."
Und weiter: “Allerdings sprechen - wie das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss und dem Nichtabhilfebeschluss vom 04.04.2023 zutreffend ausgeführt hat insbesondere die Marktstellung der Schuldnerin, der Verbreitungsgrad der Werbemaßnahme (einige hunderttausend Exemplare , die in sämtlichen Filialen des Vertriebsgebiets ... auslagen und zudem an Bestandskunden verschickt wurden) und die Größenordnung der von der Schuldnerin mit Pauschalreisen erwirtschafteten Umsatzes („geringer zweistelliger Millionenbetrag“) bereits gegen die Festsetzung eines geringeren Ordnungsgeldes. Dies gilt insbesondere auch mit Blick darauf, dass allein der Verkauf einer der bewor- benen Reisen der Schuldnerin einen Umsatz i.H.v. mindestens € 6.999,00 - dies allein entspricht bereits knapp einem Drittel des verhängten Ordnungsgeldes - bescherte. Bei einem niedriger bemessenen Ordnungsgeld stünde zu befürchten, dass dieses für die insgesamt besonders umsatz- starke Schuldnerin nicht ausreichend spürbar wäre, um sie zukünftig von weiteren Verletzungshandlungen zuverlässig abzuhalten.”
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OLG Zweibrücken: Auf Anzahl der Follower kommt es bei strafbarer Online-Beleidigung nicht an (hier Beleidigung von Angela Merkel)
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Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung: Auf die Anzahl der „Follower“ kommt es nicht an Der 1. Strafsenat des Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass es für die Strafbarkeit von Beleidigungen in sozialen Medien gegenüber im politischen Leben stehenden Personen lediglich auf den Inhalt der Äußerung ankommt. Nicht relevant sind dagegen die sonstigen Umstände, wie beispielsweise die gewählte Verbreitungsart und die Größe des Adressatenkreises. Im September 2021 veröffentlichte ein Mann aus Kaiserslautern auf seinem öffentlichen Facebook-Profil folgenden Kommentar: „Merkel im Ahrtal…daß sich die dumme Schlampe nicht schämt…“.
Der Text war dabei in weißer Schriftfarbe auf braunem Untergrund geschrieben, auf dem zudem insgesamt sieben sogenannte Emoticons in Form von lächelnden Kothaufen zu sehen waren. Das Amtsgericht Kaiserslautern verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe. Auf die Berufung des Angeklagten stellte das Landgericht Kaiserslautern das Verfahren gegen ihn ein. Bei der sog. „Politikerbeleidigung“ (§ 188 Strafgesetzbuch: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung) seien neben der Äußerung selbst auch die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Dies betreffe neben der Person des Betroffenen auch die Reichweite der jeweiligen Veröffentlichung. Der Post des Facebook-Nutzers auf seinem privaten Profil mit 417 „Freunden“ habe nicht die Reichweite, die eine Strafbarkeit seines Tuns rechtfertige. Einer Verurteilung wegen (einfacher) Beleidigung stand der fehlende Strafantrag der ehemaligen Bundeskanzlerin entgegen. Der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken teilte diese Rechtsmeinung nicht, weshalb er das Urteil des Landgerichts in der Verhandlung am 30.09.2024 aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Kaiserslautern zurückverwies. Für die Strafbarkeit komme es einzig auf den Inhalt der Äußerung an und nicht auf sonstige Umstände. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der kurz vor der Tat den Anwendungsbereich des Straftatbestands durch eine Gesetzesänderung erheblich ausweitete, um Personen, die sich im politischen Leben engagieren, vor Hass und Hetze im Internet besser schützen zu können. Verfahrensgang: Amtsgericht Kaiserslautern, Urteil vom 14.12.2022, Az. 41 Cs 52Js 293/22 Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 22.11.2023, Az. 5 NBs 52 Js 293/22 Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 30.09.2024, Az. 1 ORs 1 SRs 8/24 Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken v. 04.11.2024
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BayOblG: Äußerung "Seids ihr no ganz dicht?" ggü. Polizisten u.U. straffreie Meinungsäußerung
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Die Äußerung "Seids ihr no ganz dicht?" und das Zeigen des sogenannten “Scheibenwischer” ggü. Polizisten kann eine straflose Meinungsäußerung darstellen (BayOblG, Beschl. v 14.10.2024 - Az.: 206 StRR 343/24). Der Angeklagte wurde verurteilt, weil er vor seinem Wohnhaus Polizisten mit den Worten "seids ihr no ganz dicht?"
beschimpfte und die sogenannten “Scheibenwischer”-Geste machte. In beiden Vorinstanzen wurde er wegen Beleidigung verurteilt. Er legte Revision beim BayOblG ein und bekam Recht, d.h. die Verurteilung wurde aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen. Das BayOblG betonte die Bedeutung der richtigen Auslegung von Äußerungen, insbesondere in mehrdeutigen Fällen. Bei Äußerungen gegenüber Polizeibeamten müsse geprüft werden, ob sie als allgemeine Kritik an der Polizei verstanden werden könnten und damit von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Oder ob gezielt eine einzelne Person gemeint sei, die herabgesetzt werde. Im vorliegenden Fall werteten die Richter die Äußerung des Angeklagten als allgemeine Unmutsäußerung über die polizeilichen Maßnahmen an sich. Das Recht auf freie Meinungsäußerung erlaube es den Bürgern, sich kritisch zu staatlichen Maßnahmen zu äußern, auch wenn die Polizei korrekt gehandelt habe: "Es ist nach diesen konkreten Umständen eine Deutung möglich und nicht fernliegend, dass er (entsprechend seiner Einlassung) seinen allgemeinen Unmut über das polizeiliche Vorgehen als solches zum Ausdruck bringen, nicht aber konkrete Beamte verächtlich machen wollte. Dies gilt unabhängig von der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen. Insoweit ist zu bedenken, dass es mit der Bedeutung der Meinungsfreiheit nicht vereinbar ist, die Zulässigkeit einer kritischen Äußerung danach zu beurteilen, ob die kritisierte Maßnahme des Beamten rechtmäßig oder rechtswidrig ist (…). Das Recht des Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen zu kritisieren, gehört zum Kernbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (…)."
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VG Darmstadt: Weitergabe von Eigentümerdaten aus dem Liegenschaftskataster an Kaufinteressenten erlaubt
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Die Weitergabe von Eigentümerdaten aus dem Kastastarbestand an Kaufinteressente ist datenschutzrechtlich grundsätzlich erlaubt. Nicht erlaubt ist hingegen die Weitergabe des Geburtsdatums (VG Darmstadt, Urt. v. 01.08.2024 - Az.: 5 K 1191/21 DA). Ein Kaufinteressent beantragte beim zuständigen Katasteramt die Übermittlung der Eigentümerdaten eines unbebauten Grundstücks, da er erklärte, dieses Grundstück erwerben zu wollen. Die Behörde übersandte daraufhin die Daten des Eigentümers (Name, Anschrift und Geburtsdatum). Der Eigentümer sah darin einen Verstoß gegen den Datenschutz und erhob Klage. Das VG Wiesbaden gab dem Kläger nur hinsichtlich des Geburtsdatums Recht und bejahte eine Datenschutzverletzung. Hinsichtlich der anderen Daten sah es keine Rechtsverletzung. 1. Datenweitergabe grundsätzlich erlaubt: Grundsätzlich genüge das berechtigte Interesse eines Kaufinteressenten, um die Daten aus dem Liegenschaftskataster zu erhalten. Dabei könne nicht auf Grundsätze zurückgegriffen werden, die die Rechtsprechung zum Grundbuch entwickelt habe: "Insoweit lassen sich aus den Eintragungen im Grundbuch wesentlich tiefergehende Einblicke in die Vermögensverhältnisse des jeweiligen Eigentümers oder auch Dritter gewinnen, als dies beim Liegenschaftskataster mit seiner schlichten Zuordnung des jeweiligen Grundstücks zu seinem Eigentümer der Fall wäre. Daher wiegt der durch die Auskunft aus dem Liegenschaftskataster folgende Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Eigentümers in Anbetracht des beschränkten Informationsumfangs geringer, als dies bei Auskünften aus dem Grundbuch der Fall ist (…).
Und weiter: "Vor diesem Hintergrund ist der aus dem weitreichenden öffentlichen Auftrag des Liegenschaftskatasters folgende Auskunftsanspruch (…) mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffener Eigentümer vereinbar. Denn diese müssen sich bereits aufgrund des durch § 2 Abs. 2 GBO und § 9 Abs. 5 Satz 1 HVGG erfolgenden Informationsabgleichs zwischen beiden Registern und aufgrund der Wirkungsweise des Immobilliarsachensrechts gegenüber jedermann darauf einstellen, dass Dritte möglicherweise über die etwaig auch ihnen gegenüber absolut wirkenden dinglichen Rechte des Eigentümers eines Grundstücks Kenntnis erlangen (…). Auch sind die durch die Auskunft aus dem Kataster möglichen Rückschlüsse auf die Vermögensverhältnisse des jeweiligen Eigentümers nur derart begrenzt oder gar nahezu nicht möglich (…), sodass dieser Aspekt ebenfalls nicht für eine Unvereinbarkeit des weitgehenden katasterrechtlichen Auskunftsanspruchs mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht spricht."
Die Kundgabe eines Kaufinteresses sei dabei ausreichend: "Dieses wirtschaftliche Interesse an den angefragten personenbezogenen Daten wurde auch hinreichend dargelegt. Hierzu war nicht erforderlich, dass durch Herrn (…) über die Absicht zur Bebauung eines oder mehrerer dieser Grundstücke durch sein Unternehmen hinaus substantiiert wurde, welcher Art diese Bebauung sein, wie diese finanziert werden solle und ob sie überhaupt zulässig sei. Denn es bestanden aufgrund der genutzten E-Mail-Adresse und der geschilderten Gesamtumstände der Anfrage keinerlei Anhaltspunkte für ein unberechtigtes Auskunftsbegehren.(…)"
2. Hingegen nicht zulässig: Weitergabe des Geburtsdatums: Nicht zulässig sei hingegen die Weitergabe des Geburtsdatums gewesen, so das Gericht. Denn diese Information sei im vorliegenden Fall nicht notwendig gewesen: "Jedoch erweist sich vorliegend der konkrete Umfang der Auskunftserteilung durch den Beklagten als rechtswidrig. Obgleich § 16 Abs. 2 Satz 1 HVGG neben der Übermittlung des Namens und der Anschrift auch die Auskunft über das Geburtsdatum des jeweiligen Eigentümers ermöglicht, muss sich das dargelegte berechtigte Interesse des Anfragenden auf die Übermittlung sämtlicher dieser drei personenbezogenen Daten beziehen. Dies ist bei einem wirtschaftlichen Interesse wie dem vorliegenden mit Blick auf das Geburtsdatum des jeweiligen Eigentümers nicht ohne Weiteres der Fall, da dem Bedürfnis des jeweiligen Antragstellers nach Kontaktierung des Grundstückseigentümers auch durch die bloße Auskunft über Name und Anschrift Rechnung getragen werden kann (…). Welchen Nutzen die Mitteilung des Geburtsdatums der Klägerin zu ihrer Kontaktierung erbringen sollte, ist vielmehr nicht erkennbar. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass unter der im Liegenschaftskataster erfassten Anschrift der Klägerin zwei Personen mit gleichem Namen leben könnten, deren Differenzierung anhand der Angabe des Geburtsdatums des tatsächlichen Grundstückseigentümers vonnöten sein könnte."
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9.
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LG Flensburg: Fehlende Telefonnummer in Widerrufsbelehrung führt nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist (hier: Tesla-Bestellung)
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Wird in der Widerrufsbelehrung vergessen, die Telefonnummer mit anzugeben, führt dies nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist (LG Flensburg, Urt. v. 12.07.2024 - Az.: 3 O 65/24). Der Kläger bestellte online bei der Beklagten ein Tesla-Fahrzeug. In der fernabsatzrechtlichen Widerrufsbelehrung war keine Telefonnummer angegeben. Einige Monate später widerrief der Kläger seine Ordner und meinte, das Recht auf Widerruf sei noch nicht, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und somit nicht die übliche vierzehntägige Frist greife. Das LG Flensburg wies die Klage ab. Die nicht vorhandene Telefonnummer führe nicht dazu, dass sich die Widerrufsfrist verlängere. "Die Widerrufsbelehrung der Beklagten genügt trotz nicht erfolgter Angabe einer Telefonnummer den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Der Wortlaut der hier maßgeblichen Vorschriften (…) enthält keine Regelung, wonach auch die Telefonnummer des Unternehmers in der Widerrufsbelehrung angegeben werden muss. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verweist nur auf die „Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2“. Aus Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. bzw. Nr. 3 nach n.F. (dort wird die Telefonnummer genannt) folgt kein anderes Ergebnis. Denn § 356 Abs. 3 S. 1 BGB verweist explizit nur auf Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1. Nr. 1 EGBGB. Hätte der Gesetzgeber im Falle des § 356 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB zwingend gewollt, dass der Unternehmer dem Verbraucher auch eine Telefonnummer nennt, so hätte er dies entsprechend geregelt. So setzt bspw. auch das in § 356e S. 1 BGB iVm Art. 249 § 3 EGBGB geregelte Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen eine Belehrung unter expliziter Nennung der Telefonnummer voraus."
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass das gesetzliche Muster eine Telefonnummer enthalte: "Es entsteht nach dem Wortlaut der hier verwendeten für den Verbraucher auch nicht irreführend die Annahme, eine von der Beklagten im Rechtsverkehr verwendete Telefonnummer könne nicht zur Ausübung des Widerrufs genutzt werden. Sofern der Kläger meint, dass es Rechtsprechung des BGH sei, dass bei fehlender Telefonnummer in einer Widerrufsbelehrung bei einem Fernabsatzvertrag nach Ablauf der in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB geregelten Frist noch ein Widerrufsrecht bestünde, wenn die Telefonnummer auf der Website oder anderen Veröffentlichungen des Unternehmers als für den Kundenverkehr freigegeben angegeben wird, bezogen sich dort entschiedene Rechtsstreitigkeiten auf die Muster-Widerrufsbelehrungsformular in Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB. Dies trifft nicht auf den hier zu entscheidenden Rechtsstreit zu. Sofern der Kläger auch auf die EuGH-Rechtsprechung verweist, gilt nichts anderes. Der EuGH stellte in seiner „Amazon“ Entscheidung vom 10.07.2019 (Az. C-649/17) klar, dass eine unbedingte Verpflichtung des Unternehmers, dem Verbraucher stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen, damit die Verbraucher mit dem Unternehmer in Kontakt treten können, unverhältnismäßig erscheint. Weiter führte der EuGH in seiner „EIS-Entscheidung vom 14.05.2020 (Az. C-266/19) aus, dass ein Unternehmer, der die Muster-Widerrufsbelehrung der Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB verwendet und nach außen eine Telefonnummer für den Kundenverkehr zur Verfügung stellt, auch eine Telefonnummer in dieser Belehrung – entsprechend den Gestaltungshinweisen der Anlage 1 – angeben muss. Daran zweifelt das Gericht auch nicht. Vorliegend ist jedoch nicht das Muster-Widerrufsbelehrungsformular verwendet worden, weshalb sich eine Übertragung der Grundsätze verbietet."
Mangels Hauptanspruchs steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Verzugszinsen, Feststellung eines Annahmeverzugs und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
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10.
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LG Koblenz: Negative SCHUFA-Einträge müssen erst nach 3 Jahren gelöscht werden
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Die SCHUFA darf Negativeinträge für einen Zeitraum von mindestens drei Jahre weiterhin speichern. Der Betroffene hat weder einen Anspruch auf Löschung noch Neu-Berechnung des SCHUFA-Scores (LG Koblenz, Urt. v. 22.10.2024 - Az.: 9 O 118/24). Der klägerische Verbraucher verlangte von der SCHUFA die Löschung eines Negativeintrags über eine frühere Zahlungsstörung. Der Kläger hatte eine Forderung aus einem bestehenden Kreditverhältnis mit einer Bank zunächst nicht beglichen, sodass es zum gerichtlichen Mahnverfahren kam. Erst nachdem ein Vollstreckungsbescheid ergangen war, bezahlte er die Forderung. Die SCHUFA hatte diese verspätete Zahlung bei sich gespeichert. Nachdem der Kläger die Forderung beglichen hatte, forderte er die Löschung des Eintrages und die Neu-Berechnung des SCHUFA-Scores. Beides lehnte das LG Koblenz ab. Das Gericht entschied, dass die Speicherung des Eintrags und der Score-Wert Werts den berechtigten Interessen der Wirtschaftsauskunftei und deren Vertragspartnern diene. Diese hätten ein rechtmäßiges Interesse an Informationen zur Kreditwürdigkeit, um Geschäftsrisiken zu bewerten. Die dreijährige Speicherfrist sei gemäß den Datenschutzrichtlinien und der “Code of Conduct”-Regelungen gerechtfertigt und notwendig. Ein Löschungsanspruch bestehe nicht, da die Eintragung und Verarbeitung rechtmäßig sei und keine besonderen Umstände vorlagen, die eine Ausnahme begründeten: "Diese Interessen der Beklagten gelten auch konkret für die verspätete Begleichung titulierter Forderungen. Insbesondere die Speicherung und Mitteilung von Daten zu einem Vollstreckungstitel sind für Vertragspartner und das Kreditsicherungssystem von besonderer Bedeutung. Diese Umstände geben Rückschlüsse auf die frühere Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des (früheren) Schuldners und sind für die Vertragspartner jedenfalls relevant, sonst würden etwaige Auskünfte seitens der Vertragspartner von der Beklagten nicht eingeholt werden (…). Zudem erfolgt die Speicherung bereits getilgter Forderungen seitens der Beklagten nicht anlasslos, sondern beruhen auf den vom Schuldner eigens zu verantwortenden Zahlungsausfällen und Vollstreckungstiteln."
Und hinsichtlich der Dauer: "Die Unrechtmäßigkeit der Verarbeitung folgt insbesondere auch nicht aus einer überlangen Speicherungsdauer. Die DSGVO trifft zu der Speicherungsdauer von personenbezogenen Daten keine konkrete Regelung. Für die Dauer der Speicherung ist vielmehr - ausgehend von dem Wort “Notwendigkeit” - eine einzelfallabhängige Abwägung entscheidend. Dabei ist nach dem Erwägungsgrund Nr. 39 die Speicherfrist für personenbezogene Daten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken und von der Verantwortlichen - insbesondere in Massengeschäften wie der der Beklagten - Fristen für ihre Löschung oder regelmäßige Überprüfung vorzusehen."
Und weiter: "Dies ist hier aber geschehen. Vorliegend sind durch den Verband der Wirtschaftsauskunfteien e.V. gemäß Art. 40 Abs. 2 DSGVO mit dem ,,Code of Conduct",,Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018" im Sinne einer Selbstverpflichtung der Mitglieder aufgestellt worden, die durch die zuständige Datenschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalens genehmigt worden sind. Diese Verhaltensregeln legen unter Ziff. II. Nr. 1 b) CoC eine dreijährige Löschungsfrist nach dem Ausgleich der Forderungen fest. Obwohl diese Regelung keine eigene materielle Rechtsgrundlage für die Dauer der Datenspeicherung darstellt, wird sie in der Rechtsprechung als ein jedenfalls im Regelfall beachtlicher und sachgerechter Interessenausgleich zwischen den Beteiligten für eine datenschutzkonforme, weil an den Grundsätzen der Erforderlichkeit orientierte Speicherung von Informationen herangezogen und anerkannt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung im Einzelfall vorgetragen oder sonst ersichtlich sind (…). Dies ist auch hier der Fall. Der Kläger hat schon nicht konkret vorgetragen, wann, von wem und zu welchem Anlass ihm ein Vertragsabschluss verweigert wurde, weil seinen potentiellen Vertragspartner Informationen von der Beklagten zur Verfügung gestellt bekommen hätten. Insoweit verlieren sich die Bekundungen des Klägers in pauschalen Angaben, dass er an dem Abschluss von Mobilfunkverträgen und Kreditverträgen für sein Unternehmen oder der Möglichkeit, ein Fahrzeug zu leasen gehindert worden wäre."
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