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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Bei DSGVO-Verstoß kann Entschuldigung des Verantwortlichen ausreichen, um Schaden zu kompensieren
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Im Falle einer Datenschutzverletzung kann es unter Umständen ausreichen, dass sich der Verantwortliche bei der betroffenen Person entschuldigt, um den Schaden auszugleichen. In diesem Fall besteht dann kein Anspruch auf Schadenersatz mehr. (EuGH, Urt. v. 04.10.2024 - C‑507/23). Ein lettischer Journalist klagte, weil eine Behörde ein Video von ihm ohne seine Zustimmung verbreitet hatte. Er verlangte eine Entschuldigung und 2.000,- EUR Schadensersatz. Der EuGH bestätigte erneut, dass ein Verstoß gegen die DSGVO nicht automatisch einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO begründet. Vielmehr müssten weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Die Richter stellten zudem fest, dass eine Entschuldigung unter Umständen ausreichen kann, um einen immateriellen Schaden vollständig auszugleichen. Ein finanzielles Interesse bestehe dann nicht mehr: "Art. 82 Abs. 1 DSGVO verwehrt es auch nicht, dass eine Entschuldigung einen eigenständigen oder ergänzenden Ersatz eines immateriellen Schadens darstellen kann, wie dies vorliegend Art. 14 des Gesetzes von 2005 vorsieht, sofern eine solche Form des Schadenersatzes die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität wahrt, insbesondere, da er es ermöglichen muss, den immateriellen Schaden, der durch den Verstoß gegen diese Verordnung konkret entstanden ist, in vollem Umfang auszugleichen; es ist Sache des angerufenen nationalen Gerichts, dies anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass eine Entschuldigung einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage dieser Bestimmung darstellen kann, insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Lage vor dem Eintritt des Schadens wiederherzustellen, sofern diese Form des Schadenersatzes geeignet ist, den der betroffenen Person entstandenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen."
Zudem spiele beim Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO die Motivation des Verantwortlichen keinerlei Rolle. Die Norm habe keine strafende Funktion, sodass die Beweggründe des rechtswidrig Handeln außer Acht gelassen werden müssten: “Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass er der Möglichkeit entgegensteht, die Haltung und die Beweggründe des Verantwortlichen zu berücksichtigen, um der betroffenen Person gegebenenfalls einen Schadenersatz zu gewähren, der geringer ist als der Schaden, der ihr konkret entstanden ist.”
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2.
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BGH: Noch einmal: Art. 15 DSGVO gibt keinen Anspruch auf Abschriften von Begründungsschreiben samt Anlagen zu PKV-Prämienanpassungen
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In einer aktuellen Entscheidung bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsauffassung, dass sich Art. 15 DSGVO keinen Anspruch ergibt, die Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zu erhalten (BGH, Beschl. v. 18.12.2024 - Az.: IV ZR 207/23). Der Kläger war Versicherungsnehmer in einer privaten Krankenversicherung und forderte von seiner Assekuranz Auskunft über Beitragsanpassungen der Jahre 2012, 2014 und 2017. Er verlangte, dass die Beklagte ihm die entsprechenden Begründungen, Tarife und Versicherungsdokumente übermittelte. U.a. berief er sich dabei auf Art. 15 DSGVO. Der BGH lehnte diesen Anspruch ab und verwies dabei auf seine bisherige Rechtsprechung: “Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden und im Einzelnen begründet hat (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, VersR 2023, 1514 Rn. 45 ff.), folgt ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben zur Beitragsanpassung sowie der Nachträge zum Versicherungsschein nicht aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 der Verordnung (…) (DSGVO)."
In der Entscheidung aus dem Jahre 2023 hatte der BGH seine Argumentation wie folgt begründet: "Ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben samt Anlagen - worauf der klägerische Antrag abzielt - folgt nicht aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Weder bei den Anschreiben selbst noch bei den beigefügten Anlagen (Beiblätter, Nachträge zum Versicherungsschein) handelt es sich jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers. (…) Nach diesen Grundsätzen sind nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs Schreiben der betroffenen Person an den Verantwortlichen ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten einzustufen, da die personenbezogene Information bereits darin besteht, dass die betroffene Person sich dem Schreiben gemäß geäußert hat, umgekehrt aber - wie hier maßgeblich - Schreiben des Verantwortlichen an die betroffene Person nur insoweit, als sie Informationen über die betroffene Person nach den oben genannten Kriterien enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, r+s 2021, 525 Rn. 25). Dementsprechend sind auch nur die personenbezogenen Daten eines Versicherungsscheins nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DSGVO ausgeschlossen (…). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, soweit dieser zur Vorgängerregelung des Art. 4 Nr. 1 DSGVO (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr) entschieden hat, dass es sich bei den in der Entwurfsschrift wiedergegebenen Daten über denjenigen, der einen Aufenthaltstitel beantragt, und den Daten, die gegebenenfalls in dieser - in der Entwurfsschrift enthaltenen - rechtlichen Analyse wiedergegeben sind, um personenbezogene Daten handelt, nicht aber bei der Analyse als solcher (…)."
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3.
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BPatG: Wort "Aktivator" als Marke für Gewürze ohne ausreichende Unterscheidungskraft
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Das Wort "Aktivator" hat für den Bereich Gewürze und Gewürzmischungen keine ausreichende Unterscheidungskraft, sodass eine Eintragung als Marke nicht möglich ist (BPatG, Beschl. v. 08.08.2024 - Az.: 25 W (pat) 569/22). Das klägerische Unternehmen hatte die Wortmarke “Aktivator” für die Warenklasse 30 (Gewürze und Gewürzmischungen) angemeldet. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) lehnte die Eintragung mit der Begründung ab, der Begriff "Aktivator” sei sachlich beschreibend und besitze keine ausreichende Unterscheidungskraft. Dagegen legte die Klägerin Beschwerde ein. Das BPatG wies diese jedoch als unbegründet zurück. Die Richter folgten der Argumentation des DPMA: Eine Marke müsse ausreichend unterscheidungskräftig sein, damit sie eingetragen werden könne. Der Begriff “Aktivator” werde von Verbrauchern jedoch als deskriptiver Hinweis auf die aktivierenden Eigenschaften der Gewürze verstanden. Er könne sich auf die Geschmacksverstärkung oder gesundheitsfördernde Wirkungen beziehen, etwa die Aktivierung der Fettverbrennung durch Kurkuma oder die Regulierung des Blutzuckers durch Zimt. Da der Begriff “Aktivator” allgemein verständlich und beschreibend sei, fehle ihm die erforderliche Eignung, die Waren einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen. Daran ändere auch die Neuheit des Begriffs im Zusammenhang mit Gewürzen nichts: "Unter Zugrundelegung dieses Bedeutungsgehalts wird das Anmeldezeichen (…) zum einen dahingehend verstanden, dass sie den Geschmack der mit ihnen versehenen Nahrungsmittel wirksamer zur Geltung bringen. So können mit ihrer Hilfe die in Fleisch oder Gemüse natürlich vorkommenden, für den Geschmack verantwortlichen Substanzen hervorgehoben sowie verfeinert werden. Zum anderen ruft das in Rede stehende Zeichen die Vorstellung hervor, dass die Abnehmer der besagten Waren durch ihren Verzehr aktiviert werden. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Gewürzmischungen oder Gewürze zu einer Steigerung des Wohlbefindens beitragen oder Müdigkeit entgegenwirken."
Und weiter: “Schließlich kann dem Begriff „Aktivator“ die Aussage entnommen werden, dass die damit bezeichneten Waren die Geschmacksnerven der Konsumenten aktivieren. Damit weist er zumindest einen engen beschreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren auf, der seiner Funktion als Unterscheidungsmittel entgegensteht. Daran ändert der Umstand nichts, dass ihm mehrere (beschreibende) Bedeutungen beigemessen werden können, denn keine von ihnen ist als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Gewürzmischungen und Gewürze tauglich (…)”
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4.
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OLG Brandenburg: Urheberrechtlicher Schutz beim Abriss eines Gebäudes
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Beim Abriss eines urheberrechtlich geschützten Gebäudes zugunsten eines Neubaus sind die betroffenen Interessen (Urheberrecht vs. Eigentümerinteressen) umfassend zu berücksichtigen (OLG Brandenburg, Urt. v. 22.10.2024 - Az.: 6 U 58/22). Die Klägerin, eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, plante den Abriss eines von den beklagten Architekten entworfenen Gebäudes, das Teil einer größeren Wohnanlage war. Das Gebäude war stark beschädigt und wirtschaftlich nicht mehr nutzbar. Die Beklagten beriefen sich auf ihr Urheberrecht und verweigerten die Demontage . Sie argumentierten, das Gebäude sei Teil eines Gesamtkunstwerks und der Abriss stelle eine unzulässige Entstellung nach § 14 UrhG dar. Das OLG Brandenburg gab dem Wohnungsunternehmen Recht und bejahte die Zulässigkeit des Abrisses. Zwar greife die Maßnahme in das Urheberrecht der Architekten ein. Diese urheberrechtlichen Belange müssten jedoch hinter den überwiegenden Interessen der Klägerin zurücktreten. Die Klägerin sei als kommunales Wohnungsunternehmen verpflichtet, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das Gebäude sei wegen baulicher Mängel nicht mehr nutzbar und ein Neubau mit mehr Wohnungen zur Deckung des Wohnungsbedarfs erforderlich. "Bei Bauwerken wird dem Nutzungsinteresse des Eigentümers allerdings eine größere Bedeutung zugemessen als bei anderen Werkarten (…). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Architekt, der gegen Entlohnung ein Bauwerk konzipiert, plant und die Errichtung überwacht, weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss deshalb damit rechnen, dass ihm in der Ausübung seines Urheberrechts die fremden Eigentumsinteressen entgegentreten und dass sich aus einem wechselnden Bedürfnis des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderungen ergeben kann."
Und weiter: “Deshalb tritt das Interesse des Urhebers am Fortbestehen eines Bauwerks in aller Regel hinter die Interessen des Gebäudeeigentümers an einer anderweitigen Gebäudenutzung und einer damit einhergehenden Zerstörung des Kunstwerks zurück, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles etwas anderes ergibt (…)."
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5.
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OLG Hamm: Zum 2. Mal: Auch nach BGH-Urteil für Facebook-Scraping u.U. kein DSGVO-Schadensersatz
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Auch nach den aktuellen Vorgaben des BGH erhält der Betroffene für einen Facebook-Scraping-Vorfall keinen DSGVO-Schadensersatz, wenn er keinen Kontrollverlust der Daten nachweisen kann. Den Anspruchsteller trifft hierfür die volle Beweislast (OLG Hamm, Urt. v. 29.11.2024 - Az.: I-25 U 25/24). Der Kläger verlangte wegen der Scraping-Ereignisse in der Vergangenheit gegenüber Facebook u.a. einen DSGVO-Schadensersatz. Das OLG Hamm wies die Klage jedoch vollumfänglich ab. Der Kläger habe keinen immateriellen Schaden wie Kontrollverlust oder konkrete persönliche Beeinträchtigungen darlegen können. Allgemeine Befürchtungen reichten nicht aus. Im Einklang mit der aktuellen BGH-Rechtsprechung bekräftigten die Hammer Juristen zunächst, dass auch der bloße und kurzfristige Kontrollverlust über die eigenen personenbezogenen Daten einen Schaden darstellen könne. Einen solchen Kontrollverlust habe der Kläger jedoch nicht nachweisen können: “Wie bereits dem Wortlaut des Begriffs „Kontrollverlust“ zu entnehmen ist, setzt dieser voraus, dass die betroffene Person zunächst die Kontrolle über das konkrete personenbezogene Datum hatte und sie diese Kontrolle später gegen ihren Willen durch den (streitgegenständlichen) Datenschutzverstoß verloren hat. Folglich muss die betroffene Person, weil sie die Darlegungslast für durch den Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung erlittene negative Folgen trifft (…), darlegen, dass sie die Hoheit über die Daten nicht schon zuvor verloren hatte.”
Und weiter: "Diese Voraussetzung lässt sich auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers nicht erkennen und ist auch nicht nachgewiesen. Im Rahmen seiner Anhörung sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Senat hat der Kläger ein bis zwei Anrufe sowie ein bis drei SMS pro Tag genannt, immer mit dem Inhalt, es sei ein Paket für ihn hinterlegt oder seine behauptete Tochter melde sich bei ihm. Dieser Umfang betrügerischer Kontaktversuche lässt den tragfähigen Rückschluss auf einen Kontrollverlust nicht zu. Denn in gewissem Umfang sind Spam-Anrufe und Spam-SMS, insbesondere mit dem vom Kläger geschilderten Inhalt, nicht ungewöhnlich. Das ist dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt. Die vom Kläger genannte Anzahl betrügerischer Kontaktversuche geht hierüber nicht erheblich hinaus. Den betroffenen Zeitraum hat der Kläger zudem auf einige Monate ab dem Ende des Jahres 2019 bis etwa Mitte des Jahres 2020 begrenzt. Insbesondere im Dezember 2019 sei es verstärkt zu betrügerischen Anrufen und SMS gekommen. Auf den Vorhalt, dass die abgegriffenen Datensätze erst im April 2021 öffentlich verbreitet wurden, ist der Kläger bei seiner zeitlichen Einordnung geblieben. Damit lässt sich indes ein auf den streitgegenständlichen Scraping-Vorfall, in dessen Zusammenhang Leak-Datensätze erst im April 2021 im Internet verbreitet wurden, zurückzuführender Kontrollverlust nicht mit der gebotenen Sicherheit annehmen. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass bei den Spam-Anrufen und Spam-SMS, wie der Kläger angegeben hat, jeweils keine persönliche Ansprache erfolgte. Das wäre indes zu erwarten gewesen, da in Rahmen des Scraping-Vorfalls die Mobilfunknummer des Klägers unter anderem mit seinem bei F. verwendeten Profilnamen verknüpft wurde."
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6.
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OLG Köln: Irreführende Eurowings-Werbung "CO2-neutral reisen … jetzt ausgleichen und abheben"
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Die Eurowings-Werbung "CO2-neutral reisen … jetzt ausgleichen und abheben" ist irreführend, wenn der CO2-Ausgleich nicht bereits vor dem Flugzeugstart erfolgt, sondern erst zeitlich irgendwann später (OLG Köln, Urt. v. 13.12.2024 - Az.: 6 U 45/24). Die Fluggesellschaft Eurowings warb für ihre Reisen mit dem Text “CO2-neutral reisen. Zusammen machen wir das Fliegen nachhaltiger: CO2 -Emissionen ausgleichen und abheben”
Den Verbrauchern wurde angeboten, CO2-Emissionen entweder vor oder nach ihrem Flug auszugleichen. Wenn sie sich entschieden, den Ausgleich direkt bei der Flugbuchung vorzunehmen, wurde ihr Geld in 13 Klimaschutzprojekte investiert, die von dem Unternehmen unterstützt werden. Diese Projekte fanden in Deutschland, Europa und weltweit statt. Bei einem nachträglichen Ausgleich konnten Verbraucher sogenannte nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF – Sustainable Aviation Fuels) über eine Plattform kaufen, die von der Muttergesellschaft des Unternehmens betrieben wurde. Diese Kraftstoffe wurden aus biologischen Reststoffen wie Altölen hergestellt, die oft als Nebenprodukt in der Papierherstellung anfallen und dann chemisch weiterverarbeitet wurden. Das OLG Köln bewertete diese Form der Werbung aufgrund der fehlenden Transparenz als Wettbwerbsverstoß. Nach der BGH-Rechtsprechung seien bei der Werbung mit Umweltargumenten hohe und strenge Anforderungen an die Klarheit Richtigkeit und Eindeutigkeit der Aussagen zu stellen. Diesen Vorgabe werde die Reklame nicht gerecht. Aufgrund des Werbetextes ("jetzt ausgleichen und abheben") gehe der Kunde möglicherweise davon aus, dass ein CO2-Ausgleich sofort erfolge, d.h. noch vor dem Abflug. U.U. erfolge die Kompensation jedoch erst zeitlich später. Auf diese wichtige Tatsache habe das Unternehmen nicht ausreichend deutlich hingewiesen: "Der Kunde, dem versprochen wird, dass er seine Flugemissionen „ausgleichen“ kann, wird im Kern erwarten, dass dieses Versprechen jedenfalls dahingehend erfüllt wird, dass ein von ihm geleisteter Mehrbeitrag so viele Emissionen kompensiert, wie er durch den Flug verursacht hat. Die Formulierung „ausgleichen und abheben“ legt das Verständnis nahe, dass der Ausgleich erfolgt, bevor der Flug startet, bevor der Kunde „abhebt“. Ein relevanter Teil der Verbraucher wird erwarten, dass sie etwas erwerben, was eine sofortige Kompensation auslöst. Unter der Geltung des Strengeprinzips hätte die Beklagte – und zwar im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Button – darüber aufklären müssen, dass die Kompensation tatsächlich unter Umständen erst in der Zukunft erfolgen wird, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen kann."
Diese Information hätte in unmittelbarer Nähe des Bestellbuttons erfolgen müssen und nicht an anderer Stelle der Webseite. Dies gelte auch dann, wenn diese Informationen entsprechend verlinkt seien: "Der Beklagten ist dabei zwar zuzugestehen, dass der Kunde in dieser Wahrnehmungssituation keine umfangreichen Detailinformationen erwartet. Allerdings bleibt der Begriff des Ausgleichs von Emissionen – wie der Rechtsstreit zeigt – mehrdeutig, weil die Art der Kompensation, die Frage, wann und wie sie erfolgt, verschiedene Deutungen zulassen, auch über die Frage, inwieweit Projektzuwendungen und SAF-Erwerb sich zu einer vollständigen Kompensation individueller Flugbeiträge der Kunden addieren. Zwar wird der Kunde über eine Kette von Verweisungen auf der Website möglicherweise Informationen zu diesen Zusammenhängen finden. Dies genügt aber nicht. Die Angaben müssen vielmehr unmittelbar im Zusammenhang mit der Werbung selbst erbracht werden (…). Dass der Kunde durch eigene Tätigkeit Informationen ermitteln kann, genügt nicht (…). Auch der Einwand, dass der für die Werbung bestehende Raum begrenzt sei, führt nicht weiter, denn – anders als § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG – § 5 enthält keine Verweisung auf räumliche Beschränkungen des gewählten Kommunikationsmittels. Die Werbeangabe muss also für sich genommen vollständig und richtig sein. Ist sie mehrdeutig, muss diese Mehrdeutigkeit unmittelbar im Zusammenhang mit der Werbeangabe richtiggestellt werden."
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LG Berlin II: Affiliate-Links müssen deutlich gekennzeichnet werden, Einkaufswagen-Symbol nicht ausreichend
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Affiliate-Links müssen auf einer Webseite hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet werden. Alleine das Symbol eines Einkaufswagens ist hierfür nicht ausreichend (LG Berlin II, Urt. v. 02.08.2024 - Az.: 102 O 27/24). Der verklagte Verlag betrieb eine Homepage, auf der Testberichte zu unterschiedlichen Produkten veröffentlicht waren. In den Artikeln waren die Waren jeweils mit mit Affiliate-Links versehen. Bei den Links befand sich teilweise das Symbol eines Einkaufwagens. Am Ende der jeweiligen Artikel blendete die Beklagte Felder mit der Bezeichnung “FAQ” ein, in denen sich unter anderem der Hinweis befand: "Wir haben Affiliate-Partnerschaften und erhalten deshalb eine geringe Provision, wenn über einen Link mit (Einkaufswagen) ein Produkt gekauft wird. Die Auswahl der Produkte wird davon nicht beeinflusst, unsere Autoren arbeiten zu 100% unabhängig."
Die Beklagte vertrat den Standpunkt, dass Internet-User wüssten, dass sich Online-Webseiten auch über Affiliate-Einnahmen finanzieren würden. Kein Verbraucher erwarte daher, dass derartige Links unentgeltlich gesetzt würden. Das LG Berlin folgte der Ansicht der Beklagten nicht und verurteilte das Unternehmen zur Unterlassung. Die verwendeten Symbole und Hinweise seien nicht ausreichend, um Verbraucher darauf hinzuweisen, dass es sich um Affiliate-Links und somit um Werbung handle. Es sei unerlässlich, dass Werbung und redaktionelle Inhalte klar getrennt würden. User müssten auf den ersten Blick erkennen können, dass wirtschaftliche Interessen hinter den Links stünden. Die Kennzeichnung mit dem Einkaufswagen-Symbol sei hierfür nicht ausreichend: "Angesichts dessen war das von der Beklagten in ihrem Vorbringen besonders hervorgehobene Einkaufswagensymbol für sich genommen nicht geeignet, den Verbraucher auf eine Vergütungsabrede zwischen der Beklagten und dem Anbieter hinzuweisen. Es war nicht ersichtlich und ist auch von der Beklagten nicht näher begründet worden, dass dieses Symbol allgemein mit Hinweisen auf Affiliate-Links in Verbindung gebracht würde (…). Vielmehr erschließt sich dem Verbraucher nur, dass ihm durch einen Klick auf dieses Symbol die Möglichkeit eines unmittelbaren Erwerbs der getesteten Produkte geboten wird. Ohne nähere Hinweise macht sich der Verbraucher hingegen keine weiteren Gedanken über eine Vergütung der Beklagten durch den jeweiligen Hersteller beziehungsweise Anbieter."
Und weiter: "Auch dass die übrigen Verlinkungen in den fraglichen Beiträgen den Leser nicht nur über Erwerbsmöglichkeiten informieren und ihn auf kommerzielle Seiten leiten wollen, sondern auch der Generierung von Erlösen der Beklagten dienen, wird nicht deutlich. Trotz einer möglicherweise weiten Verbreitung des Erlösmodells über Affiliate-Links kann nicht festgestellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher davon ausgeht, es handele sich bei Verlinkungen in einem redaktionellen Beitrag auf einem Internetportal stets um Affiliate-Links mit entsprechendem Vergütungsmodell."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es läuft vor dem KG Berlin das Berufungsverfahren (Az.: 5 U 50/24).
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8.
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LG Fulda: Kein Löschungsanspruch gegen negative Online-Bewertungen bei faktischer Firmen-Fortführung
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Führt ein Unternehmen ein bestehendes Geschäft faktisch in neuer Rechtsform fort, so hat es keinen Löschungsanspruch gegen negative Online-Bewertungen, die sich auf das alte Unternehmen beziehen (LG Fulda, Urt. v. 30.11.2024 - Az.: 3 O 92/24). Die Klägerin war im Wintergartenbau tätig und übernahm die Domain eines insolventen Unternehmens. Sie verlangte von der Beklagten, einer Suchmaschinenbetreiberin, die Löschung von Bewertungen und Kommentaren, soweit diese die Domain betrafen. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, die Klägerin führe in neuer Rechtsform lediglich den bisherigen Geschäftsbetrieb fort. Das LG Fulda wies die Klage ab. Ein Anspruch auf Löschung der kritischen Bewertungen bestehe nicht. Denn die Klägerin führe faktisch das Geschäft der Vorgängerin fort. Der Geschäftsführer der Kläger sei zuvor auch bei der alten Gesellschaft in führender Rolle tätig gewesen. Auch Anschrift, Telefonnummer und Geschäftszweck seien gleich geblieben. Die Kunden hätten daher ein berechtigtes Interesse an der Information, auch wenn die Bewertungen die Vorgängerin beträfen. Da die Klägerin selbst auf die Erfahrungen der Vorgängerin verweise, um ihre Marktchancen zu verbessern, müsse sie sich auch negative Bewertungen zurechnen lassen. "Selbst wenn es vorliegend unstreitig keinen geschäftlichen Kontakt der Bewertenden mit dem Unternehmen der Klägerin, sondern nur mit der (…)-GmbH gegeben hat und die Klägerin zumindest im rechtlichen Sinne keine Rechtsnachfolgerin der (…)-GmbH geworden ist, da allein ein Asset-Deal vereinbart worden ist, setzt die Klägerin aber im tatsächlichen Sinne das Geschäft der (…)-GmbH fort. Hieran lassen die von der Beklagtenseite vorgetragenen Indizien keinen Zweifel. Besonders schwer wiegt in diesem Zusammenhang die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin als bestimmender Person in beiden Gesellschaften. Während er ursprünglich Gesellschafter und Geschäftsführer, dann nur noch Gesellschafter aber, wie aus einigen Gerichtsverfahren bekannt, weiterhin faktischer Geschäftsführer in der NW-GmbH war, führt er auch die Geschäfte der Klägerin. Insbesondere auch deshalb wird sein Name als maßgeblicher Protagonist in den Bewertungen erwähnt. Ein berechtigtes Informationsinteresse potentieller neuer Kunden, die auf den Seiten der Beklagten recherchieren, bezieht sich daher insbesondere auf den Geschäftsführer der Klägerin als maßgeblichem Verhandlungspartner bei Abschluss und Abwicklung eines Werkvertrages."
Und weiter: "Weitere Indizien für eine faktische Verbindung zwischen NW-GmbH und Klägerin sind die identische Adresse, der Geschäftsführer der Klägerin als Ansprechpartner im Impressum sowohl beim alten als auch bei dem neuen Unternehmen und die in der Anbieterkennzeichnung angegebene jeweils identische Telefonnummer (…) Wenn darüber hinaus auch der Unternehmensgegenstand des alten und des neuen Unternehmens identisch sind, kann es nicht als unzulässige Verletzung der Rechte der Klägerin gesehen werden, sich an früheren Bewertungen des alten Unternehmens festhalten lassen zu müssen."
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung wäre sicherlich anders ausgefallen, wenn die Klägerin nicht eine derartig hohe sachliche und persönliche Verquickung mit dem alten Geschäftsbetrieb aufgewiesen hätte. Das Urteil unterstreicht noch einmal, dass bei Domainübernahmen mit Geschäftsfortführung eine klare Trennung zur Vorgängerin notwendig ist, um Verwechslungen und negative Bewertungen zu vermeiden.
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9.
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LG München I: Klage von Ex-BSI-Chef Arne Schönbohm gegen ZDF Magazin Royale weitgehend erfolgreich
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Die für Äußerungssachen zuständige 26. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute über eine Klage des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik gegen ZDF entschieden (Az.: 26 O 12612/23). Dabei hat sie der Beklagten die Verbreitung und Behauptung vier konkreter Äußerungen untersagt, die in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann und später auf www.zdf.de getätigt wurden. Einen Anspruch auf Geldentschädigung hat die Kammer dagegen abgewiesen. Nach Überzeugung der Kammer könnten insbesondere zwei im Rahmen der Sendung getätigte Äußerungen vom Publikum so verstanden werden, dass der Kläger bewusste Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten gehabt habe. Dies stelle eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Die Beklagte müsse diese Äußerungen daher künftig unterlassen. Der Kläger forderte von der Beklagten unter anderem die Unterlassung der Verbreitung und Behauptung von Äußerungen, welche im Rahmen des erstmals am 07.10.2022 ausgestrahlten Beitrags des Formats „ZDF Magazin Royale“ getätigt wurden. Außerdem forderte er die Unterlassung von zwei später auf www.zdf.de veröffentlichten Äußerungen.Weiter verlangte der Kläger von der Beklagte die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 100.000,00 €. Der Kläger begründete seine Forderungen damit, die angegriffenen Äußerungen stellten unwahre Tatsachenbehauptungen dar. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Kläger habe bewusst Kontakt zu russischen Nachrichtendiensten gehabt. Der Kläger sei durch die angegriffenen Äußerungen besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden und habe sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik verloren. Aufgrund der besonders schwerwiegenden Natur der Persönlichkeitsverletzung sei diese durch eine Geldentschädigung auszugleichen. Dem trat die Beklagte entgegen. Die Berichterstattung sei keineswegs so zu verstehen, dass man dem Kläger bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Vielmehr habe der Kläger selbst „unbewusste Kontakte“ zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Die Sendung habe in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik am Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und am Kläger als dessen damaligem Präsidenten geübt. Es sei typisches Stilmittel der Satire, dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde und dadurch z.B. Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden. Die Kammer hat dem Kläger einen Anspruch auf Unterlassung von vier der angegriffenen fünf Äußerungen zugesprochen. Der Kläger sei insoweit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Insbesondere zwei der angegriffenen Äußerungen stellten sich nach einer nicht fernliegenden Deutungsvariante als Tatsachenbehauptungen des Inhalts dar, der Kläger unterhalte bewusst Kontakt mit Nachrichtendiensten aus Russland. Dabei ergebe sich der Bedeutungsgehalt der Aussage nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus den Begleitumständen. Auch eine satirische Äußerung müsse sich an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage gehe. Entsprechend sei in der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werden oder nicht, ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort finde, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung darstelle. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen sei diese Grenze überschritten und der Anspruch des Klägers daher begründet. Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handele es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die deshalb unter Abwägung der konkreten Umstände noch hinzunehmen sei. Einen Anspruch auf Geldentschädigung hat die Kammer dem Kläger dagegen nicht zuerkannt. Auch bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung gebe es weitere Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung: Zum einen könnten die in der Sendung getätigten Äußerungen auch anders gedeutet werden, als der Kläger dies tue, und zum andern habe der Kläger nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Rechtsverletzung anders und eher entgegenzuwirken, etwa durch einen wesentlich früher geltend gemachten Unterlassungsanspruch oder durch einen Anspruch auf Richtigstellung der angegriffenen Äußerungen in einer weiteren Ausgabe der Sendung „ZDF Magazin Royale“. Dann aber seien die Voraussetzungen für eine Geldentschädigung, die nur als „letzter Ausweg“ („ultima ratio“) bei Ansprüchen gegen die Presse in Betracht komme, nicht gegeben. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 19.12.2024
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VG Wiesbaden: Speicherpflicht von Fingerabdrücken in Personalausweis rechtmäßig
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Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat mit Urteil vom 18.12.2024 eine Klage abgewiesen, mit der der Kläger die Ausstellung eines Personalausweises ohne Speicherung der Fingerabdrücke auf dessen elektronischem Speichermedium (sog. „Chip“) begehrte. Die Pflicht zur Speicherung von Fingerabdrücken bei Ausweisen beruht auf der europäischen Verordnung (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltsdokumente, die Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben (VO (EU) 2019/1157). Der Kläger trug vor, dass hierdurch seine Grundrechte auf Schutz des Privatlebens nach Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 GRCh verletzt würden. Die 6. Kammer hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV die Frage vorgelegt, ob die Pflicht zur Aufnahme von Fingerabdrücken in Personalausweisen mit höherrangigem Unionsrecht vereinbar ist. Mit Urteil vom 21.03.2024 – C-61/22 – hatte der EuGH entschieden, dass die Verordnung wegen der Durchführung eines ungeeigneten Gesetzgebungsverfahrens ungültig sei. Die Wirkungen der VO (EU) 2019/1157 würden jedoch aufrechterhalten bleiben, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die zwei Jahre ab dem 01.01.2025 nicht überschreiten dürfe, eine neue, im korrekten Gesetzgebungsverfahrens erlassene Verordnung, die sie ersetzt, in Kraft trete. In materieller Hinsicht verstoße die Einschränkung der in Art. 7 und Art. 8 GRCh garantierten Rechte nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass die Verordnung nicht aus diesem Grund ungültig sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, dessen Gründe nun vorliegen, erging im Rahmen einer Beratung vom 18.12.2024. Die Prozessbeteiligten hatten auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken sei rechtmäßig und verletze den Kläger deshalb auch nicht in seinen Rechten. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden sei an das Urteil des EuGH, insbesondere bezüglich der Ausführungen zur materiellen Rechtmäßigkeit der VO (EU) 2019/1157 gebunden. Auch bezüglich der im konkreten Verfahren vorliegenden Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Landeshauptstadt Wiesbaden sei keine andere Beurteilung geboten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei auch im konkreten Fall gewahrt. In der Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Beklagte liege kein Verstoß gegen Grundrechte. Auch habe das Verwaltungsgericht Wiesbaden für die Entscheidung über den vorliegenden Fall nicht den Fristablauf der Fortgeltung der VO (EU) 2019/1157 oder den Erlass einer neuen Verordnung abwarten müssen. Angesichts der Entscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren sei die Sache entscheidungsreif. Der EuGH habe ausdrücklich entschieden, dass die Wirkungen der VO (EU) 2019/1157 aufrechterhalten blieben, weshalb im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Personalausweises ohne Speicherung von Fingerabdrücken bestehe. Die Frage, ob sich ein solcher Anspruch möglicherweise in der Zukunft infolge einer Änderung der Rechtslage ergeben könnte, sei im vorliegenden Verfahren nicht von Relevanz. Das Urteil (6 K 1563/21.WI) ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann binnen eines Monats den Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hätte. Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden v. 30.12.2024
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Webinar mit RA Dr. Bahr "Barrierefreiheit und Recht: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz" am 16.01.2025
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Am 16.01.2025 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Barrierefreiheit und Recht: Technische und rechtliche Herausforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)" Barrierefreiheit wird immer wichtiger – nicht nur für die Inklusion, sondern auch als gesetzliche und technische Anforderung. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) stehen Unternehmen vor neuen rechtlichen und technischen Herausforderungen und Chancen. Bis zum Stichtag 28. Juni 2025 müssen Webseiten und digitale Angebote barrierefrei gestaltet sein. Dieses Webinar beleuchtet praxisnah: - Die Ziele und Hintergründe des BFSG
- Welche Unternehmen betroffen sind und welche Ausnahmen gelten
- Rechtliche und technische Anforderungen
- Die wesentlichen Prinzipien der Barrierefreiheit: von wahrnehmbaren Inhalten bis zu tastaturfreundlicher Bedienung
- Konkrete Umsetzungsbeispiele und Best Practices
- Die Chancen, die barrierefreie Webseiten für Unternehmen bieten – von besserer Zielgruppenansprache bis zur Suchmaschinenoptimierung
Erfahren Sie, welche Anforderungen das Gesetz an die Konformität stellt und wie man diese erreicht. Diskutieren Sie mit den Referenten, wie Sie Ihre digitalen Angebote bis Juni 2025 fit machen können. Zuhörer können Ihre Fragen per Chat oder Audio-Live-Zuschaltung stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Referenten: Sonja Neidhardt, compositum Multimedia-Agentur Elise Roth, compositum Multimedia-Agentur Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Kanzlei Dr. Bahr
Über die Referenten: Sonja Neidhardt ist Geschäftsführerin der compositum Multimedia-Agentur und Expertin für digitale Kommunikation. Mit ihrer Erfahrung im Medienrecht und der Umsetzung barrierefreier Webseiten unterstützt sie Unternehmen bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und der Schaffung digitaler Erlebnisse für alle Zielgruppen. Elise Roth ist seit vielen Jahren Mitarbeiterin der compositum Multimedia-Agentur und vereint einen gestalterischen sowie technischenHintergrund. Damit ist sie die ideale Ansprechpartnerin für das Thema Barrierefreiheit, bei dem sich die Interessen dieser beiden Bereiche manchmal beißen können. Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr ist seit mehr als 22 Jahren als Rechtsanwalt auf das Recht der Neuen Medien spezialisiert. Als ehemaliger Programmierer und Web-Designer kennt er sich bestens sowohl im rechtlichen als auch technischen Bereich aus. Er ist Autor zahlreicher fachbezogener Offline- und Online-Aufsätze.
Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 16.01.2025 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr Kostenlose Webinar-Anmeldung hier
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