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Die einzelnen News
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BVerfG: Kein Beweisverwertungsverbot bei strafrechtlicher Verwertung übermittelter ANOM-Daten
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Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe unter Verwertung von Informationen aus der Überwachung seiner ANOM-Kommunikation wendet. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit der Verletzung eines Grund- oder grundrechtsgleichen Rechts, insbesondere des Rechts auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) nicht schlüssig dargelegt. Die Verwertung der ANOM-Daten begegnet auf der Grundlage des Vortrags des Beschwerdeführers keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sachverhalt: Der Beschwerdeführer wurde vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die Feststellungen zu den Taten nahezu ausschließlich auf der Auswertung von Chat-Nachrichten der verschlüsselten ANOM-Kommunikation beruhen, die dem Beschwerdeführer zugeordnet werden konnten. Die hiergegen eingelegte Revision verwarf der Bundesgerichtshof als unbegründet, soweit sie sich gegen die Verwertung der ANOM-Daten richtete. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem, durch die angefochtenen Entscheidungen in seinem Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren verletzt worden zu sein. So hätten das Landgericht und der Bundesgerichtshof das Verfahren zur Erhebung der ANOM-Daten im Ausland nicht hinreichend daraufhin überprüft, ob es den nach Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen genüge und ein Mindestmaß an Grundrechtsschutz einräume. Ferner führten die Erkenntnisdefizite hinsichtlich der Überwachung der ANOM-Geräte dazu, dass dem Beschwerdeführer sämtliche Einwendungen gegen das Verfahren abgeschnitten würden. Wesentliche Erwägungen der Kammer: I. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit der Verletzung eines Grund- oder grundrechtsgleichen Rechts nicht schlüssig dargelegt. Entgegen seiner Auffassung begegnet die Verwertung der ANOM-Daten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. 1. Soweit der Beschwerdeführer der Meinung ist, die Fachgerichte hätten das Verfahren zur Erhebung der ANOM-Daten schon deshalb nicht hinreichend darauf überprüft, ob es den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügt und ein Mindestmaß an Grundrechtsschutz gewährleistet habe, weil über die Beweismittelgewinnung der ANOM-Daten „praktisch nichts bekannt“ sei, wird dies bereits seinem eigenen Tatsachenvortrag nicht gerecht. Danach ist insbesondere bekannt, dass die auf den ANOM-Geräten vorhandene Software auf Veranlassung des FBI mit einer Funktion versehen worden war, die dafür sorgte, dass von jeder über den Messengerdienst versandten Nachricht ohne Wissen des jeweiligen Nutzers eine dem jeweiligen Gerät eindeutig zuordenbare verschlüsselte Kopie an einen sogenannten iBot-Server gesandt wurde, wo sie vom FBI in einem temporären Speicher zunächst entschlüsselt, erneut verschlüsselt auf das Speichermedium geschrieben und schließlich mit einigen Tagen Verzögerung an den Transferserver weitergeleitet wurde. Bekannt ist weiter, dass ein bis heute unbekannter Mitgliedstaat der EU auf der Grundlage eines bilateralen Rechtshilfeabkommens mit den USA den iBot-Server für die Nachrichtenkopien zur Verfügung stellte und diese, ohne sie selbst entschlüsselt und ausgewertet zu haben, an die USA übermittelte. Dabei handelte der Drittstaat nach den fachgerichtlichen Feststellungen auf der Grundlage von nach seinem Prozessrecht erwirkten gerichtlichen Beschlüssen. Erkenntnisdefizite bestehen lediglich insoweit, als der den Server hostende Staat sowie das konkrete Zustandekommen und der genaue Inhalt der gerichtlichen Beschlüsse nicht weiter bekannt sind. Warum es auf diesbezügliche Erkenntnisse ankommen soll, erschließt sich aber nicht. Zwar hätte eine Überprüfung dieser Beschlüsse Aufschluss darüber geben können, ob Speicherung und Weitergabe der Daten an die USA mit dem Recht des unbekannten Mitgliedstaats der EU vereinbar sind; darauf kommt es aber gerade nicht an. Bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der um Rechtshilfe ersuchte ausländische Staat bei der Gewinnung der Beweismittel die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes verletzt haben könnte, ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall ist. 2. Auch die weitere Rüge des Beschwerdeführers, das ausländische Beweiserhebungsverfahren sowohl in den USA als auch im unbekannten Mitgliedstaat der EU habe rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht genügt und zugleich das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz verfehlt, wird von seinem tatsächlichen Vortrag nicht getragen. a) Unter anderem versucht die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung der rechtsstaatlichen Mindestanforderungen damit zu begründen, dass die Auslagerung der Überwachung der ANOM-Geräte in einen anderen Staat als die USA nur den Zweck gehabt haben könne, die Beschränkungen des vierten Zusatzes zur US-amerikanischen Verfassung (Schutz der Privatsphäre) und des Wiretap Acts zu umgehen, die beim Rückgriff auf US-Kommunikationsinfrastruktur anwendbar gewesen wären. Dies ist nicht schlüssig. Sind die von der Verfassungsbeschwerde genannten Vorschriften des US-amerikanischen Rechts – wie vom Beschwerdeführer insoweit behauptet – nur beim Rückgriff auf US-amerikanische Telekommunikationsinfrastruktur einschlägig, so ist ihr Anwendungsbereich im Falle einer Telekommunikationsüberwachung ohne die Inanspruchnahme dieser Infrastruktur von vornherein nicht eröffnet. Die Verfassungsbeschwerde zeigt damit schon im Ausgangspunkt keine rechtswidrige Gesetzesumgehung, sondern lediglich auf, dass das FBI überhaupt nicht im Anwendungsbereich der genannten Vorschriften gehandelt hat. b) Hinsichtlich der Beweiserhebung im unbekannten Mitgliedstaat der EU macht die Verfassungsbeschwerde geltend, die Überwachung habe schon keinen legitimen Zweck verfolgt und damit gegen die Grundsätze des zum rechtsstaatlichen Mindeststandard gehörenden Verhältnismäßigkeitsprinzips verstoßen. Auch der diesbezügliche Vortrag ist nicht schlüssig. Die Verfassungsbeschwerde zeigt bereits nicht substantiiert auf, dass eine Strafverfolgung der von der Überwachung betroffenen Personen in den USA nach US-amerikanischem Recht wegen des fehlenden USA-Bezugs nicht möglich war. V or allem aber setzt sie sich nicht mit der Frage auseinander, ob die erhobenen Daten für die USA nicht in Bezug auf Strafverfahren von Relevanz waren, die dort gegen Personen geführt wurden, die an der Entwicklung und Vermarktung von ANOM im Glauben mitwirkten, es handle sich um einen funktionsfähigen Krypto-Messengerdienst. Dass es in den USA solche Strafverfahren gab, legt der Beschwerdeführer selbst dar. Damit kann auch hier offen bleiben, ob der von der Verfassungsbeschwerde angenommene Verstoß gegen rechtshilferechtliche Regelungen im Rechtshilfeverkehr zwischen den USA und dem unbekannten Mitgliedstaat der EU – was jedenfalls zweifelhaft sein dürfte – geeignet gewesen wäre, einen Verstoß gegen rechtsstaatliche Mindestanforderungen anzunehmen. 3. Auch soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, ihm seien infolge des von ihm beklagten Erkenntnisdefizits in Bezug auf die Überwachung der ANOM-Geräte keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verblieben, tragen seine Ausführungen ein von Verfassungs wegen gebotenes Verwertungsverbot nicht. Selbst wenn man mit dem Beschwerdeführer die Auffassung verträte, dass unzureichende Erkenntnismöglichkeiten über das Beweiserhebungsverfahren im Ausland ebenfalls von Verfassungs wegen zu einem Beweisverwertungsverbot führen können, lägen solche unzureichenden Erkenntnismöglichkeiten hier nicht vor. Erkenntnisdefizite betreffen allein die Frage, ob Datenspeicherung und -weitergabe nach dem nationalen Recht des unbekannten Mitgliedstaates zulässig waren. Dies ist für die Frage eines Beweisverwertungsverbots in Deutschland aber gerade nicht von Bedeutung. II. Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass ihr auch unabhängig vom Vortrag des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall bislang keine Erkenntnisse über die Erhebung der ANOM-Telekommunikationsdaten vorliegen, die Anhaltspunkte für die Annahme bieten könnten, die gewonnenen Daten unterlägen von Verfassungs wegen grundsätzlich einem Beweisverwertungsverbot. Beschluss vom 23. September 2025 - 2 BvR 625/25 Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 01.10.2025
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BGH: Bösgläubige Markenanmeldung nur bei Schädigungs- oder Behinderungsabsicht
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Eine bösgläubige Markenanmeldung liegt nur dann vor, wenn der Anmelder in Schädigungs- oder Behinderungsabsicht handelt (BGH, Beschl. v. 11.09.2025 - Az.: I ZB 6/25). Ein deutscher Unternehmer meldete 2013 die Marke “Testa Rossa” für zahlreiche Produkte (u.a. Fahrräder, Küchengeräte, Spielzeug) an. Die italienische Sportwagenfirma Ferrari, die seit Jahrzehnten die Marke “Testarossa” für ihre Fahrzeuge nutzte, wollte die deutsche Marke löschen lassen. Sie warf dem Anmelder vor, die Marke bösgläubig angemeldet zu haben, um von Ferraris Ruf zu profitieren und sie im Wettbewerb zu behindern. Sowohl das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als auch das BPatG wiesen den Löschungsantrag ab, da keine Bösgläubigkeit ermittelt werden werden konnte. Ferrari legte daraufhin Rechtsmittel beim BGH ein. Der BGH wies nun die Beschwerde als unbegründet zurück. Eine bösgläubige Markenanmeldung liege nur dann vor, wenn der Anmelder mit Schädigungs- oder Behinderungsabsicht gehandelt hätte. Das sei im vorliegenden Fall nicht erwiesen. Zwar ähnelten sich “Testa Rossa” und “Testarossa” stark, doch allein daraus könne noch keine bösgläubige Absicht abgeleitet werden. Der Markeninhaber habe glaubhaft gemacht, dass er die Marke im Rahmen eines Lizenzgeschäfts nutzen wolle. Dabei handele es sich um ein legitimes Geschäftsmodell. Die Beweislast für die Bösgläubigkeit liege bei Ferrari. trage, die keine ausreichenden Indizien für eine solche Annahme vorgelegt habe: "Für die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung ist eine Schädigungs- oder Behinderungsabsicht des Anmelders hinsichtlich Drittinteressen erforderlich (…). Derjenige, der im Nichtigkeitsverfahren die Eintragung einer Marke mit der Begründung angreift, sie sei bösgläubig angemeldet worden, trägt die Beweis- beziehungsweise Feststellungslast für das Vorliegen der schlüssigen und übereinstimmenden Indizien, die Voraussetzung für die Annahme des geltend gemachten absoluten Schutzhindernisses sind."
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3.
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OLG Celle: Lifestyle-Coaching ist keine Fernunterricht iSd. FernUSG = keine FernUSG-Genehmigung erforderlich
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Ein Lifestyle-Coaching, das sich auf die Ernährung, Sport und persönliche Entwicklung konzentriert, ist kein Fernunterricht iSd. Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), da die persönliche Entwicklung im Vordergrund steht (OLG Celle, Besch. v. 09.07.2025 - Az.: 24 U 12/25). Die Klägerin hatte zwei kostenpflichtige Online-Coaching-Programme zu den Themen Ernährung, Sport und persönliche Entwicklung gebucht. Die Beauftragung erfolgte über eine Plattform, die von der Beklagten betrieben wird, wobei die Dienstleistungen durch eine Drittanbieterin erbracht wurden. Nachträglich widerrief die Klägerin den Vertrag und forderte die gezahlten Beträge zurück, da es sich ihrer Meinung nach um nicht zugelassenen Fernunterricht gehandelt habe. Das LG Hannover wies die Klage ab. Es sah in den Coaching-Leistungen keinen Fernunterricht und bewertete die Verträge als wirksam. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein. In einem Hinweisbeschluss erläuterte das OLG Celle, dass es ebenfalls dieser Ansicht sei. Nicht die Vermittlung von Wissen, sondern die persönliche Begleitung und Beratung habe im Vordergrund gestanden. Auch wenn digitale Inhalte Bestandteil des Coachings gewesen seien, diente deren Nutzung nur der Unterstützung. Damit fehle es an einem der Kernmerkmale des Fernunterrichts. "Die Coaching-Leistungen, die Gegenstand der von der Klägerin abgeschlossenen Verträge sind, sind nicht schwerpunktmäßig auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten gerichtet und damit nicht als Fernunterricht im Sinne von § 1 Abs. 1 FernUSG anzusehen. Bei ihnen steht nicht die Wissensvermittlung, sondern das beratende Element im Vordergrund. Nach den jeweiligen Beschreibungen in der Bestellübersicht, die die Klägerin als Anlagen (...) zur Klageschrift vorgelegt hat, ist das Ziel der beiden Coaching-Programme die Optimierung der persönlichen Lebensweise im Hinblick auf Ernährung sowie Alltags- und Sportroutinen. "Das Ziel des ersten Programms „Coaching intensiv (...)“ wird darin beschrieben, einen sportlichen Körper und ein strukturiertes Training zu erreichen. Hierfür wird die Klägerin angesprochen, ob sie „an dir persönlich, deinem Mindset und alltäglichen Strukturen arbeiten“ wolle. Das zweite Programm „Coaching (...)“ knüpft an das erste an, hat dasselbe Leistungsspektrum zum Gegenstand und ist auf dieselben Ziele gerichtet. Die Tätigkeit, die die Anbieterin zur Erreichung dieser Ziele erbringen sollte, hat einen schwerpunktmäßig beratenden und begleitenden Charakter."
Und weiter: "Nach dieser Beschreibung liegt die Aufgabe der Anbieterin nicht darin, den Teilnehmern der jeweiligen Coaching-Programme ein bestimmtes Wissen zu vermitteln. Vielmehr soll sie sie in einem Prozess der Fortentwicklung und Verbesserung der persönlichen Lebensweise begleiten und ihnen beratend zur Seite stehen. Die angestrebte Optimierung kann gerade wegen ihres persönlichen Charakters nicht durch Wissenstransfer bewirkt werden. Der persönliche Entwicklungsprozess kann zwar durch den Erwerb von Wissen, etwa zu Ernährungs- und Gesundheitsfragen, unterstützt werden, das unter anderem Gegenstand des in der Beschreibung erwähnten Videokurses sein kann. Dabei geht es aber nicht um die Vermittlung abstrakten Wissens, das die Teilnehmer sodann unabhängig vom Coaching selbständig in die Praxis umsetzen sollten. Die Wissensvermittlung ist nicht das eigentliche Ziel des Coachings. Vielmehr hat der Erwerb von Wissen hier nur eine dienende Funktion für den Prozess der Begleitung und Beratung bei der auf Sport, Gesundheit und Ernährung bezogenen Optimierung der persönlichen Lebensweise."
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OLG Karlsruhe: Werbung mit veraltetem Titel "Bezirksschornsteinfegermeister" ist irreführender Wettbewerbsverstoß
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Wer mit einem abgelaufenen hoheitlichen Titel (hier: Bezirksschornsteinfegermeister) wirbt, handelt irreführend (OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.05.2025 - Az.: 6 U 9/24). Der Beklagte war Schornsteinfeger und Ende 2020 als Bezirksschornsteinfeger bestellt worden. Diese Bestellung wurde später jedoch widerrufen. In späteren Mahnschreiben seines Rechtsanwalts wurde er jedoch weiterhin als “Bezirksschornsteinfegermeister”
bezeichnet. Die Klägerin sah darin eine Irreführung. Der Beklagte verteidigte sich unter anderem damit, dass er seinen Anwalt nicht angewiesen habe, diese Bezeichnung zu verwenden. Er sei daher für den Verstoß nicht verantwortlich. Das OLG Karlsruhe gab der Klägerin Recht und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung. 1. “Bezirksschornsteinfegermeister” ist Wettbewerbsverletzung: In der Verwendung der Bezeichnung “Bezirksschornsteinfegermeister” liege eine irreführende geschäftliche Handlung, da der Beklagte diese hoheitliche Funktion seit Ende 2020 nicht mehr innehabe. Die Bezeichnung könne Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung verleiten, die sie bei korrekter Information nicht getroffen hätten: “Die Klägerin hat mit Recht angenommen, dass der vom Beklagten erweckte Anschein seiner Autorität und der Bedeutung seines Betriebs geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise zu animieren, die Dienstleistungen des Beklagten in Anspruch zu nehmen. Abgesehen davon kann diese Irreführung die – vom Landgericht in anderem Zusammenhang angesprochene – geschäftliche Entscheidung des angeschriebenen Marktteilnehmers darüber beeinflussen, ob, wie und unter welchen Umständen er eine – mit dem hier beanstandeten Forderungsschreiben – angeforderte Zahlung insgesamt oder teilweise leistet.”
2. Handeln des Rechtsanwalts dem Beklagten zurechenbar: Für die Äußerungen seines Anwalts sei der Beklagte auch verantwortlich. Auch wenn der Begriff von seinem Rechtsanwalt in dessen Schreiben verwendet wurde, müsse sich der Beklagte dieses Verhalten zurechnen lassen. So hafte ein Unternehmer auch für rechtswidrige Handlungen von Beauftragten, wenn diese in seinem Auftrag tätig werden. Ein Advokat sei nicht von dieser Zurechnung ausgenommen, da er im Rahmen eines Mandats grundsätzlich weisungsgebunden sei. Der Einwand, der Anwalt habe eigenmächtig gehandelt, greife daher nicht. "Das Landgericht hat auf die zutreffenden Rechtsgrundsätze abgestellt, wonach gemäß § 8 Abs. 2 UWG dem Inhaber eines Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet werden, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zu Gute kommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zu Gute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein."
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5.
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OLG München: Irreführende Bundesliga-Werbung ("mit den besten Teams“) verboten
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Ein Pay-TV-Anbieter darf nicht mit der Aussage "mit den besten Teams” am Bundesliga-Sonntag werben, wenn dies faktisch nicht stimmt (OLG München, Beschl. v. 18.08.2025 - Az.: 29 W 202/25 e). Zwei Anbieter von kostenpflichtigen Fußball-Streaming-Diensten stritten über eine Werbung für Bundesliga-Sonntagsspiele. Die Beklagte hatte auf ihrer Website Folgendes behauptet: “Die Bundesliga-Sonntage bleiben bei …: Mehr Live-Spiele am Sonntag – 79 Spiele pro Saison mit den besten Teams der Bundesliga.”
Das OLG München wertete dies als irreführende Aussage. Der durchschnittliche Verbraucher verstehe darunter, dass bei den Sonntagsspielen regelmäßig Spitzenmannschaften übertragen würden. Diese Erwartung könne die Beklagte aber nicht erfüllen. Grund sei, dass die Beklagte bei der Spielauswahl nur ein nachrangiges Zugriffsrecht habe. Die Kläger habe hingegen Vorrang bei der Auswahl der Top-Spiele. Damit entstünde beim Zuschauer ein falscher Eindruck. Es werde suggeriert, man sehe am Sonntag gleich häufig Top-Spiele wie an anderen Tagen, was tatsächlich nicht der Fall sei: "Das widerspricht dem durch die angegriffene Aussage erweckten Eindruck, bei den Sonntagsspielen der Antragsgegnerinnen eine jedenfalls gleichmäßige spielplanartige Chance auf Begegnungen mit Teams aus der Spitzengruppe zu haben. Eine irgendwie geartete Relativierung, die auf die Möglichkeit der Einflussnahme der Antragstellerin durch ihr vorrangiges Pick-Recht aus dem Rechtepaket (…) verweist, enthält die angegriffene Werbeaussage nicht. Über die Möglichkeit einer Konkurrentin, die Auswahl des Wochentages – jedenfalls in begrenztem Umfang – nach teambedingtem Zuschauerinteresse zu steuern, wird der angesprochene Verkehr im Unklaren gelassen."
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6.
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LG Frankfurt a.M.: Klagen auf Nichtverletzung einer Unionsmarke können nicht am Verletzungsort geltend gemacht werden
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Eine negative Feststellungsklage gegen eine Unionsmarke kann nicht am Verletzungsort geltend gemacht werden (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.08.2025 - Az.: 2-06 O 167/24). Die Klägerin, ein Unternehmen aus Taiwan, stellte auf einer Frankfurter Messe Kunststoffgeschirr aus. Die Beklagte, ein französisches Unternehmen und Inhaberin einer Unionsbildmarke, ließ aufgrund angeblicher Markenrechtsverletzungen während der Messe durch den Zoll Ausstellungsstücke beschlagnahmen. Im Laufe der Zeit kam es wiederholt zu solchen Vorfällen. Die Klägerin reichte daraufhin Klage ein und wollte gerichtlich feststellen lassen, dass ihre Produkte die Unionsmarke nicht verletzten. Sie erhob die Klage in Frankfurt a.M. Das LG Frankfurt a.M. erklärte sich für nicht zuständig, da keine deutsche Gerichtsbarkeit gegeben sei. In der Art. 125 Abs. 5 Unionsmarkenverordnung sei ausdrücklich festgelegt, dass negative Feststellungsklagen – also Klagen auf Nichtverletzung – nicht am Ort der angeblichen Verletzung eingereicht werden könnten. Zuständig seien vielmehr die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Markeninhaber seinen Sitz habe. Im vorliegenden Fall sei dies Frankreich, da die Beklagte dort ihre Niederlassung habe. Dass in Frankreich eine solche Klage nicht möglich sei, ändere daran nichts. Der EU-Gesetzgeber habe bewusst entschieden, die Zulässigkeit einer solchen Klage dem jeweiligen nationalen Recht zu überlassen. Es solle gerade keine neue Klagemöglichkeit nur für das Unionsmarkenrecht geschaffen werden. "Nach dem klaren Wortlaut von Art. 125 Abs. 5 UMV sind daher negative Feststellungsklagen – wie hier – nicht (zusätzlich) am Handlungs- oder Erfolgsort möglich. (…) Die Kammer sieht entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Anlass für eine teleologische Reduktion von Art. 125 Abs. 5 UMV, auch bzw. gerade, wenn die Kammer den Vortrag der Klägerin unterstellt, dass nach französischem Recht keine negative Feststellungsklage gerichtet auf die Feststellung, dass die Produkte der Klägerin nicht die Unionsmarke verletzen, möglich wäre. Der Unionsgesetzgeber hat sich mit Art. 124 lit. b) UMV dazu entschieden, es den Mitgliedstaaten zu überlassen, ob die nationalen Prozessordnungen (auch) im Markenrecht negative Feststellungsklagen vorsehen. Er hat sowohl in Art. 124 lit. b) UMV als auch in Art. 125 Abs. 5 UMV ausdrücklich auf die nationalen Rechtsordnungen verwiesen und nicht über die UMV eine nur für das Unionsmarkenrecht wirkende, für einige Mitgliedstaaten neue, prozessuale Möglichkeit geschaffen."
Und weiter: “Insoweit greift auch der Einwand der Klägerin, sie wäre bei einer wörtlichen Anwendung des Art. 125 Abs. 5 UMV rechtlos gestellt, nicht. Denn die Klägerin steht letztlich durch die Regelung nicht anders, als wenn die mögliche Verletzungshandlung auf französischem Boden stattgefunden hätte. Denn auch in diesem Fall könnte die Klägerin – nach ihrem eigenen Vortrag – nicht auf Feststellung der Nichtverletzung (in Frankreich) klagen. Dieses Ergebnis entspricht der gesetzgeberischen Entscheidung, keinen über die nationalen Rechtsordnungen hinausgehenden zusätzlichen Rechtsbehelf zu schaffen.”
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LG Fulda: Online-Portal mit widersprüchlichen Netto- und Brutto-Preisen handelt irreführend
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Eine Webseite, die ein Angebot mit widersprüchlichen Netto- und Brutto-Preisen bewirbt, handelt irreführend (LG Fulda, Urt. v. 08.08.2025 - Az.: 7 O 4/25). Das verklagte Online-Portal bot Dritten die Möglichkeit, Inserate für Monteurunterkünfte zu schalten. In einem dieser Inserate wurden widersprüchliche Brutto- und Nettopreise angegeben. In der Preisübersicht hieß es, dass die Preise inklusive Mehrwertsteuer waren: "Alle hier genannten Preise verstehen sich pro Person und sind inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer angegeben (ausgenommen hiervon sind Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UstG sowie Angebote privater Vermieter). Bitte beachten Sie, dass die Preise eine Übersicht darstellen. Der Vermieter nennt Ihnen auf Anfrage einen konkreten Endpreis für die von Ihnen angefragt Zeit."
Weiter unten unter “Zusätzliche Preisinformationen” stand, dass es sich um Nettopreise zzgl. Mehrwertsteuer handelte: “Alle Preise gelten Netto, zzgl. der Mwst.”
In den FAQ hieß es: "Selbstverständlich richtet sich unser Angebot an jedermann. Egal ob preisbewusster Urlauber, als Privatperson, Außendienstmitarbeiter, Städtereisender wie Messebesucher oder auch Geschäftsreisender – auf (…).de finden Sie Ihre passende Unterkunft!“
Zudem sicherte die Beklagte zu, dass jede Anzeige vor Veröffentlichung redaktionell überprüft wurde: "Redaktionelle Überprüfung Jeder (Neu)-Eintrag wird redaktionell geprüft. Dabei steht die Einhaltung der Richtlinien im Vordergrund."
1. Wettbewerbsverstoß: Die unterschiedliche Angabe von Netto- und Brutto-Preisen stelle eine irreführende Preisdarstellung dar. Die widersprüchlichen Preisangaben weckten bei den Kunden den Eindruck, es handle sich um Endpreise, obwohl später nur Nettopreise genannt wurden: "Die vom Kläger beanstandete Angabe ist irreführend nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da sie die angesprochenen Verkehrskreise über die Art der Preisberechnung täuscht. Während die Beklagte dem konkreten Zimmerangebot den Hinweis voranstellt, dass es sich um Preise inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer handele, weist sie an anderer Stelle (und zwar am Ende des Angebots) darauf hin, dass es sich um Nettopreise handele. Mit dem Kläger ist davon auszugehen, dass die Leser des Angebotes vorab fälschlich davon ausgegangen sind, dass es sich bei den angegebenen Preisen um die zu zahlenden (End-)Preise handele. Dies stellt zumindest eine unklare Preisauszeichnung da (…)"
2. Haftung für fremde Anzeigen: Das Portal hafte auch für die falschen Anzeigen, auch diese von Dritten stammten. Es habe selbst erklärt, dass jeder Neueintrag redaktionell geprüft werde. Dadurch habe sich das Portal die Inhalte zu eigen gemacht und müsse für irreführende Angaben haften: "Dabei verkennt das Gericht die Einwendung der Beklagten nicht, wonach es einem Plattformbetreiber freistehe, gewisse Vorgaben und/oder Rahmenbedingungen für Inhalte aufzustellen, ohne dass derartige passiv einwirkende Vorgaben dazu führten, dass sich der Plattformbetreiber Inhalte Dritter „zu eigen mache“. Dem steht aber entgegen, dass die Beklagte mit ihren zugrunde gelegten Gestaltungsrichtlinien vorliegend nicht nur „gewisse passiv einwirkende Vorgaben“ gemacht hat, sondern sie eine redaktionelle Überprüfung ausdrücklich bestätigt hat. Auch wenn diese Angabe zur Abschreckung unseriöser Vermieter gedient haben sollte und inzwischen entfernt worden wäre, muss sich die Beklagte hinsichtlich der durch den Kläger beanstandeten Angaben an der damals verwendeten Gestaltungsrichtlinie festhalten lassen. Auch die Behauptung der Beklagten, dass es sich bei dem von dem Kläger beanstandeten Verstoß um einen Einzelfall gehandelt habe und die Beklagte die Werbung in der Folge geändert habe, ist im Hinblick auf einen dem Kläger zustehenden Unter- lassungsanspruch unerheblich. Denn auch ein Einzelfall begründet eine Wiederholungsgefahr, die nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann."
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LG Koblenz: Betroffene hat keinen Auskunftsanspruch gegen Instagram bei Fake-Profil
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Kann eine Privatperson vom Betreiber einer Social-Media-Plattfom Auskunft zu den zu einem Profil hinterlegten Daten verlangen, wenn das Profil als Profilbild die Antragstellerin zeigt und deren eigenes Profil auch offensichtlich imitiert? Diese Frage hatte das Landgericht Koblenz jüngst zu entscheiden. Der Sachverhalt: Die Antragstellerin begehrt eine gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung durch die beteiligte Diensteanbieterin gem. § 21 Abs. 3 TDDDG betreffend ein näher benanntes Konto auf der Plattform von www.instagram.com. Die Beteiligte ist die Dienstanbieterin, die unter anderem die Social-Media-Plattform Instagram betreibt. Die Antragstellerin trägt vor, sie selbst sei Nutzerin eines Kontos auf der Plattform Instagram mit dem Accountnahmen “(…)“. Anfang 2021 habe sie Kenntnis davon erlangt, dass es auf Instagram ein weiteres Konto mit der Bezeichnung ”(…)“ gebe, welches als Profilbild ein Foto von der Antragstellerin aus dem Jahr 2019 verwende. Dieses Konto sei optisch und inhaltlich mehrfach an ihre Person angepasst worden, so sei etwa auf diesem Konto ein Hinweis auf ein geplantes Auslandsjahr der Antragstellerin eingestellt worden, welchen sie zuvor auch auf ihrem eigenen Konto eingestellt habe. Es seien auch schon Personen von dem genannten fremden Konto in vermeintlich Namen der Antragstellerin angeschrieben worden. Der Kontoinhaber antworte zudem auch auf Anfragen an das Konto und gebe sich dabei explizit unter Angabe der vollständigen Adresse als die Antragstellerin aus. Bisherige Versuche, die Identität des Kontoinhabers zu ermitteln, seien erfolglos geblieben. Die Beteiligte sei zur Auskunftserteilung berechtigt und verpflichtet, da es sich bei den Nachrichten und dem Profilbild auf dem Instagram-Account um audiovisuelle Inhalte nach § 21 Abs. 2 TDDDG handele. Der Begriff „audiovisuell“ sei weit auszulegen entsprechend § 1 Abs. 4 Nr. 7 DDG, der audiovisuelle Kommunikation als „Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton“ definiere. Die Antragstellerin beantragt, der Beteiligten zu erlauben und diese zu verpflichten, Ihr Auskunft über Name und E-Mail-Adresse des Nutzers, soweit vorhanden auch dessen Telefonnummer zu dem auf der Plattform www.instagram.com betriebenen Nutzerkonto "(…)" zu erteilen Die Beteiligte hat sich gegen den Antrag ausgesprochen. Diese hat sich gegen den Antrag ausgesprochen. Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung seien nicht hinreichend dargelegt worden. Bei dem Erstellen eines Instagram-Kontos oder dem Versenden von Textnachrichten handele es sich nicht um audiovisuelle Inhalte i.S.d. § 21 Abs. 2 TDDDG. Die Entscheidung: Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt. Die Voraussetzungen einer gerichtlichen Anordnung nach § 21 Abs. 2, 3 TDDDG sind nicht erfüllt. Nach § 21 Abs. 3 TDDDG entscheidet auf Antrag das Gericht über die Zulässigkeit einer Auskunftserteilung durch den Anbieter digitaler Dienste und zugleich über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung. Inhaltlich richtet sich die Zulässigkeit wie auch die Verpflichtung nach Abs. 2 dieser Vorschrift. Danach darf der Anbieter von digitalen Diensten im Einzelfall Auskunft über bei ihm vorhandene Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte entweder aufgrund rechtswidriger audiovisueller Inhalte oder aufgrund von Inhalten, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b, 185 bis 187, 189, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuches erfüllen und nicht gerechtfertigt sind, erforderlich ist. In diesem Umfang ist er gegenüber dem Verletzten zur Auskunft verpflichtet. Im vorliegenden Fall behauptet die Antragstellerin aber gar nicht, dass es um Inhalte gehe, die einen der im Gesetz genannten Straftatbestände erfüllten. Voraussetzung der Zulässigkeit der Auskunftserteilung wie auch der Pflicht zur Auskunftserteilung wäre daher das Vorliegen rechtswidriger audiovisueller Inhalte. Der Begriff der audiovisuellen Inhalte ist im TDDDG nicht definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch meint audiovisuell „zugleich hörbar und sichtbar, Augen und Ohr ansprechend“ (Duden). Auch die Entstehungsgeschichte des § 21 TDDDG in seiner heutigen Form spricht für die Annahme, dass reine Bilder und Textnachrichten nicht als audiovisuelle Inhalte gewertet werden sollten, Nichts neues gelte für die die Neufassung des § 21 Abs.2 TDDDG. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nicht durch die Verwendung eines Fotos zusätzlich zu Textnachrichten ein audiovisueller Inhalt im Sinne des Gesetzes geschaffen worden. Eine Begründung, wieso nur optisch wahrnehmbare Textnachrichten kein audiovisueller Inhalt sein sollen, nur optisch wahrnehmbare Fotos aber doch, ist nicht ersichtlich. Auch der Verweis der Antragstellerin auf § 1 Abs. 4 Nr. 7 DDG überzeugt nicht. Allerdings wird in dieser Vorschrift audiovisuelle Kommunikation definiert als „jede Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton, die einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist, wenn die Kommunikation der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder der Förderung des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient, einschließlich Sponsoring und Produktplatzierung.“
Zum einen geht es dabei aber explizit um eine „audiovisuelle Kommunikation“, nicht wie in § 21 Abs. 2 TDDDG nur um „audiovisuelle Inhalte“. Zum anderen stellt § 1 Abs. 4 Nr. 7 DDG seinerseits gerade auf „Sendungen oder nutzergenerierte Videos“ ab, enthält also gegenüber § 21 Abs. 2 TDDDG andere Einschränkungen, die ihrerseits wieder reine Fotos oder Textnachrichten ausschließen dürften. Vor allem aber ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Änderung von § 21 Abs. 2 TDDDG eine Auslegung der audiovisuellen Inhalte entsprechend der Definition in § 1 Abs. 4 Nr. 7 DDG und damit eine erhebliche Erweiterung der zuvor bestehenden Auskunftsrechte und -pflichten beabsichtigt hätte. Gerade wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 GG ist aber zu erwarten, dass der Gesetzgeber eine solche Erweiterung nicht ohne nähere Erläuterung quasi nebenher beschließen wollte. Die Kammer stimmt im Übrigen durchaus dem Vorbringen der Antragstellerin zu, wonach eine § 21 Abs. 2 TDDDG entsprechende Regelung (ohne Begrenzung auf konkret strafbare Inhalte) auch für reine Bilder oder Texte oder reine Audionachrichten sinnvoll wäre, auch um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, vor allem aber, weil das Auskunftsbedürfnis, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, auch bei solchen Inhalten bestehen kann. Diese zu schaffen wäre aber Aufgabe des Gesetzgebers, nicht Aufgabe der Kammer. Landgericht Koblenz – Beschluss vom 25.08.2025 – 2 O 1/25 Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz v. 25.08.2025
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LG Stuttgart: Werbung mit "Bester Preis" und "Bestmöglichem Preis" ist kerngleicher Online-Wettbewerbsverstoß
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Eine Online-Werbung mit "Bester Preis" und "Bestmöglichem Preis" ist ein kerngleicher Online-Wettbewerbsverstoß, da beides eine Spitzenbestellung behauptet (LG Stuttgart, Urt. v. 29.07.2025 - Az.: 51 O 5/25). In der Vergangenheit hatte der verklagte Immobilienmakler auf seiner Website mit der folgenden Aussage geworben: “Unser erfahrenes Team und unser Netzwerk an Investoren und Käufern steht bereit, um Dir den besten Preis für deine Immobilie zu bieten.”
Nach einer außergerichtlichen Abmahnung durch die Klägerin gab der Beklagte eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Kurze Zeit später platzierte er folgende Reklame auf seiner Homepage: “Unser erfahrenes Team und unser Netzwerk an Investoren und Käufern stehen bereit, um Dir den bestmöglichen Preis für deine Immobilie zu bieten.”
Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und verlangte eine Vertragsstrafe. Zu Recht, wie nun das LG Stuttgart urteilte. Die Aussagen "bester Preis" und "bestmöglicher Preis“ hätten im Kern die gleiche Bedeutung. Beide Aussagen stellten eine sogenannte Spitzenstellungswerbung dar und seien damit kerngleich. Deshalb sei die spätere Werbung ein Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag gewesen. (...) Für die Verbraucher mache es keinen Unterschied, ob von "bester" oder "bestmöglicher" Preis gesprochen werde. In beiden Fällen werde ein Höchstpreis versprochen: "Bei der Werbung mit Bestpreisen bzw. Höchstpreisen handelt es sich nach herrschender Rechtsprechung (…) um Allein-/Spitzenstellungswerbung. Nicht nur bei der Werbung mit der „beste Preis“, sondern gleichermaßen auch bei Werbung mit der „bestmögliche Preis“ liegt eine Spitzenstellungswerbung für Bestpreise vor. Denn der Werbeadressat versteht unter dem „besten Preis“ stets auch den „bestmöglichen Preis“ und umgekehrt. Der Kerngehalt der Werbeaussage „bester Preis für deine Immobilie“ und „bestmöglicher Preis für deine Immobilie“ ist daher identisch. Soweit der Beklagte meint, der Unterlassungsvertrag definiere die Kerngleichheit des Verstoßes als Werbung mit „beste[m] Preis“ für den Verkauf von Immobilien, weshalb der andere Wortlaut „bestmöglicher Preis“ nicht unter die Kerngleichheit fallen könne, folgt die Kammer dem nicht. Denn der Beklagte hat sich (...) verpflichtet, es zu unterlassen, „im geschäftlichen Verkehr mit Angaben wie ‚Unser erfahrenes Team und unser Netzwerk an Investoren und Käufern stehen bereit, um Dir den besten Preis für deine Immobilie zu bieten.‘ oder kerngleich für den Verkauf von Immobilien zu ‚besten Preisen‘ zu werben.“ Sowohl aus dem Adverb „wie“ als auch aus der Formulierung „oder kerngleich für den Verkauf von besten Preisen“ folgt, dass sich der Unterlassungsvertrag gerade nicht nur auf die Werbung mit „der beste Preis“, sondern auch auf die Werbung mit hierzu kerngleichen Verstößen bezieht."
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10.
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AG München: Musikband hat keinen Ersatzanspruch für abgesagte Auftritte
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Ein Mitglied eines Sportschützenvereins aus dem Landkreis München erkundigte sich im Januar 2024 per WhatsApp bei einer dreiköpfigen Musikergruppe nach drei Terminen im April 2024 für Auftritte. Diese wurden von dem Kläger, einem Mitglied der Musikgruppe, u.a. mit den Worten „Wir kommen gerne“ bestätigt. Einige Tage später beschloss der Vorstand des Sportschützenvereins jedoch, dass nur noch zwei Termine vorgesehen seien. Darauf bestätigte der Kläger unter der Nachfrage „Schickst du mir noch Preisliches?“, dass die Termine „19 und 29 fix“ seien. Im weiteren Verlauf der Kommunikation teilte der Kläger noch mit, „Preislich telefonieren“ zu wollen. Im März 2024 wurden schließlich auch die beiden verbleibenden Auftritte durch den beklagten Sportschützenverein abgesagt. Die Musikergruppe ist der Ansicht, mit dem Schützenverein jedenfalls bezüglich der beiden verbleibenden Termine einen bindenden Vertrag eingegangen zu seien. Als Berufsmusikern stünde ihnen ein Ausfallhonorar zu. Da der Schützenverein eine Zahlung verweigerte, verklagte ihn der Kläger vor dem Amtsgericht München auf Zahlung von 1.785 € zzgl. Zinsen und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht München wies die Klage mit Urteil vom 08.07.2025 ab. In seinem Urteil führte es u.a. aus: „Aus dem WhatsApp-Verlauf der Parteien ergibt sich zwar, dass eine Einigung über die Daten und Besetzung der Musikgruppe zustande kam. Die Formulierung „19. und 29. fix“ sowie die anschließende Bestätigung „Perfekt danke dir“ sind als endgültige Willensbekundungen hinsichtlich der Daten auszulegen. […] Es kam jedoch zu keiner Vereinbarung hinsichtlich der vereinbarten Vergütung. Dies ist zwar […] nicht grundsätzlich erforderlich bei Dienstverträgen, jedoch liegt hier ein offener Einigungsmangel […] vor. […] Indem durch das Mitglied der Musikgruppe […] ausdrücklich erklärt worden ist […] „Preislich telefonieren wir“, ist zum Ausdruck gekommen, dass die Partei noch eine Vereinbarung hinsichtlich des Preises für erforderlich gehalten hat […]. Dies war für die Gegenseite auf Grund des klar ersichtlichen Chatverlaufes auch erkennbar. Eine spätere Klärung des noch offenen Punktes per Telefon oder anderweitig ist weder vorgetragen noch ersichtlich. […] Die Musikgruppe wollte aus zwei Nachrichten erkennbar noch eine Absprache über den Preis treffen und hat auch keinerlei Indizien geliefert, auch ohne Preisabsprache an einer vertraglichen Bindung interessiert zu sein.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 08.07.2025 Aktenzeichen: 222 C 1531/25 Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 06.10.2025
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