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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Geschäftsführer-Daten einer juristischen Person unterliegen der DSGVO
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Die Daten des Verantwortlichen einer juristischen Person (z.B. des Geschäftsführers) unterliegen den Vorschriften der DSGVO, da es sich um personenbezogene Daten handelt (EuGH, Urt. v. 3.4.2025 – Az.: C‑710/23). Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung musste der EuGH bewerten, ob die Informationen des natürlichen Vertreters einer juristischen Person (hier: Namen, Unterschriften und Kontaktdaten) der DSGVO unterliegen oder nicht. Der EuGH hat diese Frage bejaht. Wenn es sich um eine natürliche Person handle, komme die DSGVO zur Anwendung: "Im vorliegenden Fall fällt die Übermittlung von Daten wie Vorname, Nachname, Unterschrift und Kontaktdaten einer natürlichen Person, die eine juristische Person vertritt, unter den Begriff „Verarbeitung“ im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Wie sich aus den Rn. 27 bis 29 des vorliegenden Urteils ergibt, ist es für die Einstufung als „Verarbeitung“ im Sinne dieser Bestimmung ohne Belang, dass die Offenlegung dieser Daten allein zu dem Zweck erfolgt, die Identifizierung einer natürlichen Person zu ermöglichen, die befugt ist, im Namen einer juristischen Person zu handeln. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Nrn. 1 und 2 DSGVO dahin auszulegen ist, dass die Offenlegung des Vornamens, des Nachnamens, der Unterschrift und der Kontaktdaten einer natürlichen Person, die eine juristische Person vertritt, eine Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt. Der Umstand, dass die Offenlegung allein zu dem Zweck erfolgt, die Identifizierung der natürlichen Person zu ermöglichen, die befugt ist, im Namen der juristischen Person zu handeln, ist insoweit ohne Belang."
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2.
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EuGH: Mobilfunkvertrag (inkl. Folge-Verträge) darf maximal 24 Monate laufen
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Auch Folge-Verträge zwischen Kunden und Mobilfunkanbietern dürfen nicht länger als 24 Monate binden (EuGH, Urt. v. 13.02.2025 - Az.: C-612/23). Zwei Kunden hatten bei Vodafone Handyverträge mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten abgeschlossen. Noch vor Ablauf dieser Frist unterzeichneten sie neue Vereinbarungen, um günstigere Handys zu erhalten. Diese neuen Verträge verlängerten die Bindung an Vodafone um weitere 24 bzw. 26 Monate. Die klägerische Verbraucherzentrale Berlin hielt das für unzulässig, weil die Kunden so insgesamt länger als 24 Monate gebunden seien. Inhaltlich ging es um die Regelung des § 43b TKG a.F., der lautete: “Die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten darf 24 Monate nicht überschreiten.”
Der EuGH entschied nun, dass unter den Anwendungsbereich auch die Laufzeiten für Folge-Verträge falle. Der Begriff “anfängliche Mindestvertragslaufzeit” beziehe sich nicht nur auf den ersten Vertrag, sondern auch auf jeden neu abgeschlossenen Vertrag mit demselben Anbieter. Ziel der Norm sei es, den Verbraucher zu schützen und den Anbieterwechsel zu erleichtern. Ein Wechsel dürfe nicht durch überlange Bindungen verhindert werden. Auch wenn Kunden erneut Verträge mit dem gleichen Anbieter schließen würden, bleibe der Schutz gleich. Dies gelte vor allem dann, wenn sich Leistungen, Preise oder Vertragsinhalte deutlich ändern würden: "Eine Auslegung (…) dahin, dass sich der Begriff „anfängliche Mindestvertragslaufzeit“ nur auf die Laufzeit der zwischen den betreffenden Parteien geschlossenen Erstverträge und nicht auf die Laufzeit der zwischen denselben Parteien geschlossenen Folgeverträge bezieht, hätte zur Folge, dass ein Anbieterwechsel durch die Verbraucher erschwert würde – unter Umständen über lange Zeiträume – und ihnen damit gegebenenfalls die Möglichkeit genommen würde, in den vollen Genuss des Wettbewerbs in dem betreffenden Bereich zu kommen. Insbesondere kann zum einen zwar davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher durch seine Entscheidung, erneut mit demselben Anbieter eine Bindung einzugehen, sein Vertrauen in ihn unter Beweis stellt, doch darf dies im Hinblick auf das genannte Ziel nicht dazu führen, dass dieser Verbraucher daran gehindert wird, den Anbieter zu wechseln, wenn sich ihm ein attraktiveres Angebot bietet."
Und weiter: “Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass (…) dahin auszulegen ist, dass sich der Begriff „anfängliche Mindestvertragslaufzeit“ in dieser Bestimmung sowohl auf die Laufzeit des Erstvertrags zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste als auch auf die Laufzeit eines Folgevertrags zwischen denselben Parteien bezieht, so dass dieser Folgevertrag keine Mindestvertragslaufzeit von mehr als 24 Monaten beinhalten darf, und zwar auch dann nicht, wenn er vor Ablauf des Erstvertrags unterzeichnet und in Vollzug gesetzt wurde.”
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3.
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BGH: Zwischen Fluggesellschaft und Fluggastrechte-Online-Portal besteht ein Wettbewerbsverhältnis
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Zwischen einer Fluggesellschaft und einem Fluggastrechte-Online-Portal existiert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, da die Leistung hinreichend vergleichbar sind (BGH, Urt. v. 27.03.2025 - Az.: I ZR 64/24). Die führende Fluggesellschaft Europas ging gegen bestimmte Aussagen vor, die von der Beklagten – einem Portal zur Durchsetzung von Fluggastrechten im Interesse betroffener Reisender – getätigt worden waren. Dabei stützte sich die Klägerin unter anderem auf Bestimmungen des Wettbewerbsrechts. Die Vorinstanz, das OLG Hamburg (Urt. v. 14.03.2024 - Az.: 15 U 132/22), verneinte ein solches Wettbewerbsverhältnis, vgl. unsere Kanzlei-News v. 07.06.2025. Der BGH hob diese Entscheidung nun auf und stellte fest, dass sehr wohl eine konkrete Konkurrenzverhältnis bestünde: "Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht zu Unrecht das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien abgelehnt. Die Parteien treten durch das hinreichend gleichartige Angebot, Fluggästen die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen zu ermöglichen, miteinander in Substitutionswettbewerb. (...)
Die Klägerin bietet ihren Kunden durch Bereitstellung einer internetbasierten Eingabemöglichkeit die Möglichkeit, gegen die Klägerin gerichtete Entschädigungsansprüche nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 geltend zu machen. (...)
Die Beklagte bietet Kunden der Klägerin an, mit Hilfe des Internetportals der Beklagten Entschädigungsansprüche gegenüber der Klägerin geltend zu machen, und verlangt hierfür im Erfolgsfall ein Entgelt. Dabei erschöpft sich die Dienstleistung der Beklagten nicht im Angebot einer internetbasierten Eingabemöglichkeit, sondern ihr Service umfasst gegebenenfalls auch die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen mit anwaltlicher Hilfe. (...) Die Angebote der Parteien sind aus der hierfür maßgeblichen Sicht der Kunden der Klägerin als Endabnehmer (...) insoweit austauschbar, als sie jeweils die Anmeldung von Entschädigungsansprüchen bei der Klägerin ermöglichen (...). Kunden können sich zur Geltendmachung ihrer Entschädigungsansprüche des Angebots beider Parteien bedienen. Die hierdurch begründete hinreichende Gleichartigkeit der Dienstleistungen wird nicht dadurch berührt, dass die Beklagte auch die mit anwaltlicher Hilfe unternommene gerichtliche Geltendmachung nicht freiwillig erfüllter Ansprüche, also eine über die Anmeldung von Ansprüchen hinausgehende Leistung, anbietet."
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4.
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OLG Bamberg: Eventim darf Online-Nutzer nicht mit manipulativen Elementen zur Ticketversicherung drängen = Dark Patterns iSv. Art. 25 DSA
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Der Ticket-Anbieter Eventim darf keine manipulativen Elemente einsetzen, um Nutzer zu veranlassen, Tickets zu versichern. Es handelt sich um verbotene Designs ("Dark Patterns") iSd. Art. 25 Abs.1 DSA (OLG Bamberg, Urt. v. 05.02.2025 - Az.: 3 UKI 11/24e). Dier Verbraucherzentrale Bundesverband klagte gegen den Ticketverkäufer Eventim. Auf dessen Webseite wurde beim Ticketkauf eine kostenpflichtige Versicherung mit angeboten. Nutzer, die diese Versicherung nicht auswählten und auf “Weiter zur Kasse” klickten, bekamen ein neues Fenster mit einer Empfehlung zur Versicherung angezeigt: “Wir empfehlen eine Ticketversicherung Sichere Dich durch den Abschluss einer Ticketversicherung für (…) ab (…)."
Der Button, den der User dann anklicken musste, war mit dem Text beschriftet: “Ich trage das volle Risiko”
Das OLG Bamberg bewertete diese Ausgestaltung als Fall von manipulativen Designs ("Dark Patterns"), die nach Art. 25 Abs.1 DSA verboten seien. Zwar sei eine einmalige Nachfrage nach einer Entscheidung zulässig. Im vorliegenden Fall sei aber durch die Kombination von auffälliger Farbgestaltung, der wiederholten Nachfrage und dem suggestiven Text ("Ich trage das volle Risiko") eine unzulässige Beeinflussung gegeben. Die Gestaltung könne beim durchschnittlichen Nutzer Angst erzeugen und zu einer Entscheidung führen, die er sonst nicht getroffen hätte. Dadurch werde die Entscheidungsfreiheit spürbar beeinträchtigt. "Die Beklagte nutzt sowohl die wiederholte Anfrage als auch die visuelle Gestaltung dazu, um den Nutzer zum Abschluss einer Ticketversicherung zu bewegen. Dies mag, isoliert betrachtet, aus den vorstehenden Gründen bei einem durchschnittlichen informierten und aufmerksamen Nutzer trotz Verwirklichung zweier Regelbeispiele noch nicht als „maßgebliche“ Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit einzuordnen sein. Im Zusammenhang mit dem ebenfalls bereits erwähnten, mit der Ablehnung der Versicherung einhergehenden Text auf dem Auswahlbutton „ich trage das volle Risiko“ ist diese Schwelle jedoch überschritten. Der Text bewirkt zwar eine erhöhte Aufmerksamkeit. Diese wird jedoch dadurch hervorgerufen, dass hiermit ein Szenario aufgebaut wird, das Angst vor einem Totalverlust des Kaufpreises erzeugt und auf den durchschnittlichen Nutzer bedrohend wirkt. Außerdem wird dem durchschnittlichen Nutzer nahegebracht, dass er das Verlustrisiko sogar bei Umständen trägt, die nicht in seiner Sphäre liegen."
Und weiter: "Denn mit der Formulierung „das volle Risiko“ verbindet der durchschnittliche Verbraucher die Vorstellung, dass er ohne Abschluss der Versicherung nunmehr den Verlust des Kaufpreises hinnehmen muss, wenn ein Besuch des Konzerts, gleich aus welchen Gründen, scheitert. Dass dies gerade bei einer Absage des Konzerts durch den Veranstalter nicht der Gesetzeslage entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Insoweit liegt eine Irreführung des Nutzers vor, die dazu führt, dass die Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist, weshalb die Gestaltung der Webseite gegen Art. 25 Abs. 1 DSA verstößt."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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5.
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OLG Hamburg: Online-Shop muss keinen Gastzugang bereitstellen
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Ein Online-Shop, der als Marktplatz fungiert, ist rechtlich nicht verpflichtet, seinen Nutzern einen Gastzugang zur Verfügung zu stellen. Vielmehr darf er eine Registrierung verlangen, sofern diese nur ein Passwort zusätzlich zu den bei einer Gastbestellung ohnehin erhobenen Daten verlangt (OLG Hamburg, Urt. v. 27.02.2025 - Az.: 5 U 30/24). Die Verbraucherzentrale als Klägerin nahm einen bekannten Online-Versandhändler ins Visier und rügte zwei zentrale Aspekte: 1. Bestellung nur mit Registrierung: Bemängelt wurde, dass der Online-Shop Bestellungen nur nach vorheriger Registrierung ermöglichte und keinen reinen Gastzugang vorsah. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale verstößt diese Vorgehensweise gegen die DSGVO. Sie berief sich dabei auf einen Beschluss der Datenschutzkonferenz vom März 2022, der vorsieht, dass Online-Händler grundsätzlich Bestellungen ohne Einrichtung eines Kundenkontos ermöglichen müssen. 2. Nutzung personenbezogener Daten zu Werbezwecken: Ein weiterer Kritikpunkt betraf die werbliche Nutzung von Kundendaten. Die Verbraucherzentrale bemängelte, dass die Datenschutzerklärung des Unternehmens nicht ausreichend über Art und Umfang der Datenverarbeitung zu Werbezwecken informiere. Zudem fehle es an der erforderlichen Einwilligung. In der Datenschutzerklärung der Beklagten hieß es dazu: "3.2.1. Datenverarbeitung zu Werbezwecken (Personalisierung) X(…) ist dazu berechtigt, gespeicherten Daten zu Ihrer Person z.B. die Kategorien von gekauften Waren (z.B. „Mode“), die sie bei X(…) erworben haben, für die Personalisierung von Werbemitteln (u.a. E-Mail, Print) zu verwenden. Die Daten werden für diesen Zweck ausschließlich in stark pseudonymisierter Form verwendet. Ziel von X(…) ist es, Ihnen allein an Ihren tatsächlichen oder vermeintlichen Bedürfnissen orientierte Werbung zukommen zu lassen und Sie entsprechend nicht mit unnützer Werbung zu belästigen. Rechtsgrundlage für diese Datenverarbeitung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f) DSGVO. Nicht zu Marketingzwecken durch X(…) werden solche Daten genutzt, für deren Verarbeitung andere Händler auf der Plattform x(…).de datenschutzrechtlich verantwortlich sind. Hierbei handelt es sich z.B. um Daten, die im Rahmen der Abwicklung von Käufen bei Partnern von X(…) auf der Plattform anfallen. 3.2.2. Postalische Werbung X(…) hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, Ihre Daten, die X(…) z. B. im Rahmen der Eingehung eines Vertragsverhältnisses mit Ihnen erhoben hat, zu Marketingzwecken zu nutzen. X(…) verarbeitet die folgenden Daten zu eigenen Marketingzwecken sowie zu Marketingzwecken Dritter: Vorname, Nachname, Postadresse, Geburtsjahr. X(…) ist außerdem dazu berechtigt, den genannten Daten weitere über Sie unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erhobene personenbezogene Daten zu eigenen Marketingzwecken sowie zu Marketingzwecken Dritter hinzu zu speichern. Unter diese hinzu gespeicherten Daten können z.B. die Kategorien von Waren (z.B. „Mode“), die sie bei X(…) erworben haben, fallen. Ziel von X(…) ist es, Ihnen allein an Ihren tatsächlichen oder vermeintlichen Bedürfnissen orientierte Werbung zukommen zu lassen und Sie entsprechend nicht mit unnützer Werbung zu belästigen. Rechtsgrundlage für diese Datenverarbeitung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f) DSGVO. Nicht zu Marketingzwecken durch X(…) werden solche Daten genutzt, für deren Verarbeitung andere Händler auf der Plattform x(…).de datenschutzrechtlich verantwortlich sind. Hierbei handelt es sich z.B. um Daten, die im Rahmen der Abwicklung von Käufen bei Partnern von X(…). auf der Plattform anfallen. (…)"
3. Entscheidung des OLG Hamburg: Das OLG Hamburg wies - wie schon das LG Hamburg (Urt. v. 22.02.2024 - Az.: 327 O 250/22), vgl. dazu unsere News v. 18.04.2024 - die Klage vollständig ab. a. Keine Verpflichtung zur Bereitstellung eines Gastzugangs im Online-Shop: Die Beklagte sei nicht verpflichtet, in ihrem Online-Shop einen Gastzugang zur Verfügung zu stellen. Das OLG Hamburg stellte klar, dass viele der abgefragten Daten (wie z.B. Name, Adresse, E-Mail und Telefonnummer) auch bei einer Bestellung über einen Gastzugang notwendig wären. Es gebe daher keinen wirklichen Unterschied in der Datenmenge zwischen Kundenkonto und Gastzugang. Die DSGVO erlaube eine Datenverarbeitung nicht nur bei Einwilligung oder Vertragserfüllung, sondern auch, wenn ein sogenanntes berechtigtes Interesse des Unternehmens bestehe. Dies sei hier gegeben Betrugsprävention und effizientere Bestellabwicklung). Die Nutzung eines Online-Kontos bringe auch Vorteile für den Kunden, wie beispielsweise eine bessere Übersicht über die Bestellungen, einfachere Retouren, die Abwicklung von Gewährleistungsfällen oder die Kommunikation mit dem Kunden. Zudem würden die Daten nicht dauerhaft gespeichert. Wenn Kunden das Konto längere Zeit nicht nutzten, werde es automatisch gelöscht. Außerdem könnten Kunden jederzeit die Löschung verlangen. Der Gastzugang stelle daher keine gleichwertige Alternative zum Kundenkonto dar, die dieselben Zwecke erfülle. Vielmehr würde ein Gastzugang die technische und organisatorische Abwicklung unnötig erschweren, ohne einen wirklichen datenschutzrechtlichen Vorteil zu bringen. b. Nutzung der Daten zu Werbezwecken durch berechtigten Interessen (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO) erlaubt: Für die Datennutzung zu Werbezwecken sei auch keine Einwilligung erforderlich, sondern das Handeln sei durch die berechtigten Interessen gerechtfertigt (Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO). In Erwägungsgrund 47 der DSGVO sei klargestellt, dass Direktwerbung ein berechtigtes Interesse darstelle, so dass sich die Beklagte auf diese Norm berufen könne. Zudem beziehe sich die Verarbeitung nur auf eigene ähnliche Produkte und der Kunde habe ein Widerspruchsrecht. Es finde gerade keine umfassende Profilbildung statt, sondern nur eine einfache Auswertung (z.B. Kategorie der gekauften Produkte). "Soweit der Kläger geltend macht, Erwägungsgrund 47 (letzter Satz) zur DSGVO sei nicht zu entnehmen, dass die Verarbeitung zum Zwecke der Direktwerbung grundsätzlich ein überwiegendes berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO darstelle, mag dem allgemein zu folgen sein. Es ist im Einzelfall abzuwägen, wobei die im Erwägungsgrund zum Ausdruck kommende Bewertung aber unbedingt zu beachten ist. (…) Denn hier ist vernünftigerweise durchaus mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Personalisierung von Werbung zu rechnen, wie es auch die Wertungen in Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) zum Ausdruck bringen. Den Anknüpfungspunkt hierfür bildet die bereits getätigte Bestellung einer Ware oder Dienstleistung durch den Kunden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Person und ihr Interesse an einer unterbleibenden Verwendung ihrer personenbezogenen Daten überwiegen insoweit nicht. "
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6.
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KG Berlin: Unterschiedliche Gaspreise für Bestands- und Neukunden sind verboten
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Das Kammergericht hat durch Urteil vom 21. März 2025 einer Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. gegen die GASAG AG wegen unterschiedlicher Preise für Bestands- und Neukunden stattgegeben. Für den Zeitraum vom 2. Dezember 2021 bis zum 30. April 2022 berechnete die Beklagte für im Rahmen der Grund- und Ersatzversorgung mit Gas belieferten Neukunden höhere Arbeitspreise als sogenannten Bestandskunden. Die Klägerin hält diese Preisdifferenzierung für rechtlich unzulässig. Die Beklagte beruft sich auf die Ende 2021 stark gestiegenen Gasbeschaffungspreise und den sich daraus ergebenden starken Anstieg an Neukunden im Bereich der Grund- und Ersatzversorgung. Das Gericht hält die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen Bestandskunden und Neukunden für unzulässig. In der Verhandlung wies das Gericht darauf hin, dass schon nach der für den zu entscheidenden Zeitraum maßgeblichen alten Rechtslage keine Preisdifferenzierung zwischen Bestandskunden und Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung erlaubt sei. Insbesondere die gestiegenen Energiebeschaffungspreise stellten keinen rechtlich zulässigen sachlichen Grund für die Differenzierung dar. Wegen der weiteren Einzelheiten müssen die schriftlichen Entscheidungsgründe abgewartet werden, die noch nicht vorliegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung ist die Revision zum Bundesgerichtshof innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe möglich. Kammergericht: Urteil vom 21. März 2025, Aktenzeichen MK 1/22 EnWG Quelle: Pressemitteilung des KG Berlin v. 24.03.2025 Musterfeststellungsklage Die Musterfeststellungsklage ist eine besondere Klageform im deutschen Zivilprozessrecht, mit der Verbraucher*innen ihre Rechte gemeinsam durchsetzen können. Sie ermöglicht es Verbraucherschutzverbänden, stellvertretend für eine Vielzahl von Betroffenen gegen ein Unternehmen zu klagen. Ziel ist dabei die Klärung, ob den Verbraucher*innen gegenüber einem Unternehmen ein Anspruch (zum Beispiel auf Schadensersatz oder wie hier auf Rückerstattung) zusteht. Das Musterfeststellungsurteil stellt nur grundsätzlich fest, ob das Unternehmen haftet, bildet insoweit dann aber eine verbindliche Grundlage für die Durchsetzung der individuellen Ansprüche der angemeldeten Verbraucher*innen.
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7.
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OLG Frankfurt a.M.: Prüfung der Zuverlässigkeit einer Internet-Quelle stellt hohe Anforderungen an die Presse
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Stützt sich die Berichterstattung über rechtsextremistische Inhalte eines Chatverlaufs einer namentlich benannten Person auf eine von einem Hacker erstellte sog. html-Datei, muss die Authentizität der Datei und die Vertrauenswürdigkeit des Hackers besonders sorgfältig geprüft werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die Beklagten zum Unterlassen verurteilt, da sie nicht nachgewiesen haben, dass die Chat-Inhalte tatsächlich vom Kläger stammten. Der Kläger wendet sich gegen Berichterstattung der Beklagten in zwei Artikeln aus dem Jahr 2018. In den Artikeln finden sich Zitate aus Chatprotokollen auf Facebook mit rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Aussagen. Die Beklagten stützen diese Berichterstattung auf eine sog. html-Datei, die sie ihren Angaben nach von einem Hacker erhalten haben. Die Beklagten schreiben diese Chat-Inhalte dem namentlich benannten Kläger zu. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassen in Anspruch und behauptet, diese Aussagen nicht getätigt zu haben. Das Landgericht hatte der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Zeugeneinvernahme zu einem geringen Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Pressesenat des OLG der Klage weitgehend stattgegeben. Der Kläger könne sich auf einen Unterlassungsanspruch stützen, führte der Senat aus. Die angegriffenen und im Indikativ stehenden Aussagen verstehe der Leser als feststehende Tatsache. Die Zuschreibung von Zitaten zu einer Person stelle eine Tatsachenbehauptung dar. Da es sich hier um „nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsäußerungen“ handele, greife die Berichterstattung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Die Beklagten hätten nicht nachweisen können, dass die Chatbeiträge authentisch seien, d.h. tatsächlich vom Kläger stammten. Der Beweiswert des nicht signierten privaten elektronischen Dokuments in Form der html-Datei sei frei zu würdigen. Die Datei sei gemäß den Angaben des Sachverständigen nicht fälschungssicher, sondern könne nachträglich beliebig von einem Editor geändert werden. Die Beklagten hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass an der Datei keine Manipulationen vorgenommen worden seien. Richtig sei zwar, dass die Beklagten ihre Informanten nicht nennen müssten. Sie müssten dann aber „so viele Einzelfallumstände offenlegen, dass ein Rückschluss auf die Verlässlichkeit des Informanten und der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Information gezogen werden kann“, führte der Senat weiter aus. Daran fehle es hier. Die von der Autorin der Artikel bei ihrer Anhörung gemachten Angaben zu ihrer Quelle seien hier nicht ausreichend, um die Zuverlässigkeit der Quelle beurteilen zu können. Die Autorin habe sich lediglich allgemein geäußert. Aus welchem Anlass die Quelle die Datei erstellt und den Beklagten zugespielt habe, sei unklar geblieben. Die Antworten seien insgesamt unbestimmt und zurückhaltend gewesen. Zu berücksichtigen sei, dass hier erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Zuverlässigkeit der Quelle gelten würden, da die Datei durch eine Straftat durch einen Hacker erlangt worden sei, deren Begehung eine gewisse kriminelle Energie erfordere. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, wie sie sich Gewissheit über die Identität ihrer Informanten verschafft hätten. Über welche konkrete Qualifikation bzw. welches Fachwissen der von den Beklagten hinzugezogene Computerexperte verfügte, bliebe ebenfalls unklar. Die Angaben der Autorin enthielten zudem Unstimmigkeiten. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.3.2025, Az. 16 U 9/23 (vorgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.12.2022, Az. 2-03 O 344/19) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 31.03.2025
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8.
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OLG Frankfurt a.M.: Irreführende Aussagen zu Recycling-Angaben beim Gelben Sack
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Es ist irreführend, mit der Aussage “Weil Recycling-PE aus dem Gelben Sack immer Rückstände von synthetischen Duftstoffen, Schwermetallen, Pestiziden etc. enthalten kann” zu werben, weil diese beim Verbraucher den falschen Eindruck einer Gesundheitsgefahr erweckt (OLG Frankfurt a.M., urt. v. 19.12.2024 - Az.: 6 U 33/24). Die Parteien des Rechtsstreits waren Hersteller ökologischer Wasch- und Reinigungsmittel. In einer Zeitung warb das Unternehmen wie folgt: "(…) RECYCELT SELBST! Weil wir nur dann wissen, was in den Flaschen drin war. Weil Recycling-PE aus dem Gelben Sack immer Rückstände von synthetischen Duftstoffen, Schwermetallen, Pestiziden etc. enthalten kann"
Die Klägerin sah darin eine irreführende Werbung und ging gerichtlich dagegen vor. Das OLG Frankfurt a.M. bestätigte diese Rechtsansicht und verbot diese Reklameaussage. Die Aussage, dass Recycling-PE aus dem Gelben Sack “immer Rückstände” enthalte, sei irreführend. Verbraucher verstünden dies als Hinweis auf eine gesundheitliche Gefährdung, für die die Beklagte keine Beweise habe vorlegen können. "Jedenfalls für Recyclat wie es die Klägerin benutzt, hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder substantiiert dargetan noch unter Beweis gestellt, dass darin Giftstoffe wie Schwermetalle oder Pestizide enthalten sein können, zumal in einer potenziell gesundheitsschädlichen Menge. Die Beklagte hat nicht einmal in Abrede gestellt, dass bei einer sehr aufwändigen Aufbereitung von Abfällen aus dem Gelben Sack eine Verunreinigung „(weitgehend)“ (wohl abgesehen von der fehlenden Geruchsfreiheit) vermieden werden kann. (…) Zwar ist unstreitig, dass theoretisch die Möglichkeit von Verunreinigungen auch mit Schwermetallen und Pestiziden besteht. Dies gilt aber gleichermaßen für das Recyclat der Beklagten (…). Die Beklagte hat mit ihrer Behauptung dagegen den Eindruck erweckt, bei einem Recycling von Material aus dem Gelben Sack bestehe generell ein besonderes, nicht zu vermeidendes Risiko entsprechender Schadstoffbelastungen. Dafür findet sich in den von ihr in Bezug genommenen Anlagen kein Beleg."
Auch die Angabe “recycelt selbst!” erwecke den Eindruck eines eigenständigen, funktionierenden Rückführungssystems, was so nicht der Realität entspreche. "Allerdings versteht der Verkehr die Werbeangabe zumindest so, dass bereits ein nennenswertes Rückführungssystem bestehe. Jedenfalls ein erheblicher Teil des angesprochenen Kreises der allgemeinen Verbraucher nimmt bei Gesamtwürdigung auch an, das konkret abgebildete Geschirrspülmittel habe eine Umverpackung, die zumindest zu einem maßgeblichen Teil aus Recyclingmaterial bestehe. Dieser Teil des Verkehrs begreift die Werbung dahin, dass die Produktverpackung des wiedergegebenen Geschirrspülmittels Teil der „ersten“ von der Klägerin selbst recycelten Flaschen sei. (…) Insgesamt lässt sich daher nicht feststellen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Printwerbung bereits ein Recyclingsystem etabliert gehabt hätte, das die Werbeaussage trägt."
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LG Nürnberg-Fürth I: Adidas-Werbung "Klimaneutral bis 2050" irreführend
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ie pauschale Werbung mit Klimaschutz ist irreführend und unzulässig. Der beklagte Sportartikelhersteller hatte in seiner Werbung nicht ausreichend dar-gestellt, wie die Klimaneutralität konkret erreicht werden soll. Weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, dass dies allein durch Emissionsreduzierungen erfolgt, wurde das Unternehmen zur Unterlassung der entsprechenden Aussage verurteilt. Der Beklagte ist ein regionaler Sportartikelhersteller und erklärte im Juli 2024 auf seiner Unternehmens-Webseite unter dem Reiter „Nachhaltigkeit“ und der Überschrift „Unsere Ziele für 2025 und darüber hinaus“
unter anderem: „Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein“. Auf der Homepage erläuterte das beklagte Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele. In Ausklappmenüs wurden einzelne Maßnahmen und Teilziele zur Emissionsreduzierung für den Zeitraum bis 2025 und teilweise 2030 genannt. Unter anderem wurde als Ziel für die Zeit nach 2025 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 30 % bis zum Jahr 2030 (im Vergleich zu 2017) ausgelobt.
Das Unternehmen machte in den Ausklappmenüs keine ausdrücklichen Angaben dazu, ob die anstrebte Klimaneutralität allein durch eine Reduktion der CO2-Emissionen oder auch über CO2-Kompensationszertifikate erreicht werden soll. Tatsächlich will der Sportartikelhersteller zur Erreichung von Klimaneutralität im Jahr 2050 zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen in Form des Erwerbs von Grünstromzertifikaten einsetzen. Diese Information konnte einem verlinkten Geschäftsbericht entnommen werden. Ein Verbraucherverband hielt die Werbeaussage zur Klimaneutralität auf der Unternehmens-Webseite wettbewerbsrechtlich für unzulässig und mahnte den Hersteller im August 2024 ab. Das Unternehmen änderte daraufhin die strittige Aussage ab, gab aber keine Erklärung ab, dies zukünftig nicht wieder aufzugreifen. Der Verbraucherverband reichte daraufhin eine Unterlassungsklage beim Landgericht ein. Das Landgericht Nürnberg-Fürth beurteilte die damalige Werbeaussage zur Klimaneutralität als irreführend und verurteilte den beklagten Hersteller am 25. März 2025 zur Unterlassung der Aussage und Erstattung vorgerichtlicher Abmahngebühren. Die angegriffene Werbeaussage sei unlauter, da der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dass der Beklagte im Jahr 2050 allein durch eigene Emissionseinsparungen klimaneutral sein werde. Dies entspreche nicht den Tatsachen, weil der Beklagte zu einem gewissen Grad Kompensationsmaßnahmen durch den Erwerb von Grünstromzertifikaten ergreifen will und selbst nicht ohne CO2-Emissionen auskomme. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gelten für die Werbung mit Umweltschutzbegriffen strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Umweltfreundlichkeit habe eine große Bedeutung bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers. Nachdem der Begriff „klimaneutral“ mehrdeutig sei, hätte der Beklagte zur Vermeidung einer Irreführung in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutern müssen, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Dies sei nicht ausreichend erfolgt. Außerhalb der Werbung stehende, vom Verbraucher erst durch eigene Tätigkeit zu ermittelnde aufklärende Hinweise erfüllen nicht die strengen Anforderungen an die Aufklärungspflicht. Die Informationen im Geschäftsbericht „Nachhaltigkeit 2023“ seien deshalb nicht zu berücksichtigen. Das Gericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass die auf der Unternehmens-Webseite befindliche strittige Aussage zur Klimaneutralität sich nicht ausschließlich an Investoren, sondern an die Allgemeinheit und damit auch an Verbraucher richtet. Dass der Beklagte eine weitere Internetseite mit einem Online-Shop betreibt, auf welchem die Nachhaltigkeitsziele nicht direkt enthalten waren, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der betriebene Online-Shop diene den Verbrauchern als Einkaufsmöglichkeit, während die Unternehmens-Webseite eine Informationsmöglichkeit hinsichtlich produktübergreifender Themen eröffne. Die Geeignetheit der vorgesehenen Maßnahmen zum Klimaschutz des Sportartikelherstellers war nicht Gegenstand des Zivilverfahrens. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der beklagte Hersteller kann Berufung einlegen. (Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. März 2025, Az. 3 HK O 6524/24) Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth v. 26.03.2025
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AG Mainz: Das Monieren von Webseiten-Datenschutzverstößen, um Neukunden zu gewinnen, ist rechtsmissbräuchlich
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Ein Webdesigner, der auf einer Webseite Datenschutzverstöße beanstandet, zugleich aber anbietet, bei Beseitigung der Rechtsverletzungen kostenpflichtig zu helfen, handelt rechtsmissbräuchlich (AG Mainz, Urt. v. 27.03.2025 - Az.: 88 C 200/24). Der Kläger, der Webseiten für Zahnärzte anbot, schickte dem Beklagten, einem Zahnarzt, eine E-Mail weil dessen Webseite angeblich gegen die DSGVO verstieß: "Sehr geehrter (…) als Design-Agentur recherchieren und analysieren wir regelmäßig unterschiedliche Märkte im Internet. Bei unserer aktuellen Marktanalyse für einen Kunden aus der Zielgruppe „Zahnheilkunde" haben wir unter anderem auch Ihre Webseite besucht. Ihre Webseite ist uns besonders aufgrund massiver DSGVO-Verstöße aufgefallen. Zunächst möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir keine Absicht haben, diese Verstöße zur Anzeige zu bringen. Jedoch möchten wir unsere Erkenntnisse als Anlass nehmen, Ihnen eine Lösung für Ihr Problem anzubieten. Wir bieten Ihnen an, eine cookiefreie und DSGVO-konforme Webpräsenz auf einem deutschem Server zu erstellen und damit Ihr akutes Datenschutzproblem zu lösen. Anbei erhalten Sie im Anhang einen Kurzbericht über Ihre Webseite mit den jeweiligen Verstößen."
Da der Beklagte nicht reagierte, machte der Kläger daraufhin einen DSGVO-Auskunftsanspruch geltend. Auch ließ er ein entsprechendes technisches Gutachten durch seinen Bruder erstellen, welche Daten der Beklagte auf seiner Webseite sammelte und verlangte die Erstattung der hierfür angefallenen Kosten. Das AG Mainz bewertete das Vorgehen als rechtsmissbräuchlich. Der Kläger habe offenbar gezielt Webseiten von Zahnärzten aufgerufen, in der Absicht, Verstöße zu finden, um anschließend entweder Verträge anzubahnen oder Geldforderungen zu stellen: "Beim Gericht bestehen schon nachhaltige Zweifel, ob der Kläger die Seite des Beklagten überhaupt zu Marktforschungszwecken aufgesucht hat oder nicht bereits gezielt nach Seiten gesucht hat, auf denen Datenschutzverstöße stattfinden, um so neue Kunden zu akquirieren. Immerhin bietet der Kläger unter dem Namen gezielt Dienstleistungen für Zahnärzte an, so dass er mit dem Markt bereits sehr vertraut sein dürfte und es dementsprechend keiner Marktforschung mehr bedarf. Jedenfalls aber hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts den einmal aufgedeckten Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung genutzt, um Einnahmen zu erzielen, wenn schon nicht durch Abschluss eines Vertrages mit dem Beklagten, dann doch wenigstens mit der Verfolgung monetärer Ansprüche als Geschäftsmodell in Zusammenarbeit mit seinem Bruder."
Und weiter: "Die Überzeugung des Gerichts gründet dabei im Wesentlichen auf die Tatsache, bei der ersten Kontaktaufnahme des Klägers mit dem Beklagten mit E-Mail vom 11.06.2024 keine Rede davon war, dass er sich in seinen individuellen Rechten betroffen sieht, obwohl schon - aus Sicht des Klägers - massive DSGVO-Verstöße angesprochen worden sind. Die E-Mail kann vielmehr nur so verstanden werden, dass es dem Kläger ausschließlich darum ging, dem Beklagten seine Dienste als Webdesigner anzubieten. (…) Bemerkenswert ist, dass diese erste E-Mail durch den Kläger auch nicht mit der Klage vorgelegt worden ist."
Auch die weiteren Umstände, d.h. die Beauftragung eines nicht notwendigen Gutachtens bei seinem Bruder, untermauerten diese Bewertung: “Die Überzeugung des Gerichts wird weiter dadurch gestützt, dass der Kläger sodann seinen Bruder, mit dem er bereits über eine GbR verbunden ist, mit der Erstellung eines (nicht erforderlichen(…) “Beweissicherungsgutachtens” beauftragt hat, das mit immerhin 1.160,25 € zu Buche geschlagen hat. Die Adresse des Bruders ist bereits ins cc der E-Mail vom 11.6.2024 aufgenommen worden, was die enge Verbundenheit/ Zusammenarbeit zeigt. Auch wurde der Bruder offenbar schon vor Ablauf der dem Beklagten genannten Frist (…) beauftragt (…)."
Das vorgelegte Gutachten sei darüber hinaus weder erforderlich noch geeignet. Zudem hätte der Kläger auf andere Weise seine Beweise sichern können, etwa durch Screenshots, so das Gericht.
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