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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Werbung für Biozid-Produkte ("Sanft zur Haut" und "Hautfreundlich") unzulässig
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Die Werbung für ein Biozid-Produkt (hier: Desinfektionsschaum) mit den Aussagen “Sanft zur Haut” und “hauftfreundlich” ist wettbewerbswidrig (BGH ,Urt. v. 23.01.2025 - Az.: I ZR 197/22). Die Beklagte bewarb ihren Desinfektionsschaum mit den Aussagen “Sanft zur Haut“
und “Hautfreundliche Produktlösung als Schaum”
und “100 % Hautverträglichkeit”.
Der BGH stufte diese Form der Anpreisung als Wettbewerbsverletzung ein. Das Gesetz schreibe ausdrücklich vor, dass Werbeaussagen verboten seien, die Biozidprodukte als besonders sicher oder harmlos darstellen, so die Richter. Dazu gehören Begriffe wie “ungiftig”, “unschädlich” oder “ähnliche Hinweise”. Hierunter fielen auch die vorliegende Reklame. Die Werbeaussagen suggerierten, dass das Produkt keinerlei Risiken für die Haut habe. Dies sei eine Verharmlosung der möglichen Risiken von Biozidprodukten. "Nach diesen Maßstäben fallen die von der Klägerin beanstandeten Aussagen "Sanft zur Haut", "Hautfreundliche Produktlösung als Schaum" sowie die Angabe "Konsumenten sind überzeugt - 100 % bestätigen die Hautverträglichkeit" als "ähnliche Hinweise" unter das Verbot des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO. (1) Alle drei Angaben heben eine positive Eigenschaft des beworbenen Desinfektionsmittels hervor, während sie keinerlei Risiken erwähnen. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung unerheblich, dass mit den Angaben konkret auf das Empfinden und die Reaktion der Haut abgestellt wird und keine generalisierenden Begriffe verwendet werden. Für die Feststellung, ob ein Hinweis, der sich auf ein Biozidprodukt bezieht, unter den Begriff "ähnliche Hinweise" im Sinn von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO fällt, ist ein möglicher allgemeiner (oder spezifischer) Charakter der Angabe nicht von Belang (…). Die mit der Klage beanstandeten Angaben sind dadurch auch geeignet, die Risiken des Biozidprodukts, insbesondere schädliche Nebenwirkungen des Produkts, zu verharmlosen. Anders als die Revisionserwiderung meint, gilt dies unabhängig davon, ob in der angegriffenen Werbung darüber hinaus gesagt oder suggeriert wird, das Produkt sei insgesamt und mit allen seinen Wirkungen unschädlich, natürlich, ungiftig oder ähnlich harmlos. Die Betonung positiver Eigenschaften kann zudem in Widerspruch zu dem von der Biozidverordnung verfolgten Ziel, den Einsatz von Biozidprodukten zu minimieren, zu einer übermäßigen Verwendung des Desinfektionsmittels führen (…). Da die in Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO genannten Angaben einschließlich der "ähnlichen Hinweise" eine abstrakte Irreführungsgefahr begründen, bedarf es keiner tatgerichtlichen Feststellungen zu einer konkreten Irreführung durch die streitgegenständlichen Angaben (…)."
Dies gelte auch dann, wenn lediglich eine sehr geringe konkrete Gefahr bestünde: "Dem Verbot steht im Streitfall auch nicht ein möglicherweise geringes Gefährdungspotenzial des angegriffenen Biozidprodukts oder der Umstand entgegen, dass es im vereinfachten Verfahren zugelassen worden ist. Die Biozidverordnung differenziert zwar grundsätzlich nach dem Grad der Gefährlichkeit der Biozidprodukte (…). Schon das Berufungsgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kreis der Angaben, die als "ähnliche Hinweise" verboten sind, nicht von dem Gefährdungspotenzial des jeweils konkret betroffenen Biozidprodukts abhängt. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach dem klaren Wortlaut des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Fall 1 Biozid-VO die Werbung für ein Biozidprodukt auf keinen Fall die Angabe "Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial" enthalten darf. Dieses absolute Verbot gilt unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um ein Biozidprodukt mit geringen Risiken für Mensch, Tier und Umwelt handelt sowie ungeachtet des Umstands, dass solche Produkte nach Erwägungsgrund 38 Satz 2 der Biozidverordnung bevorzugt, und Biozidprodukte, die Tiere, welche Schmerz und Leid empfinden können, verletzen, töten oder vernichten sollen, nur als letztes Mittel verwendet werden sollten. Das entspricht auch der Auslegung des Art. 72 Abs. 3 Biozid-VO durch den Gerichtshof der Europäischen Union, der darin eine allgemeine Regelung für die Werbung für Biozidprodukte sieht, die sich auf die Reaktion der Verbraucher auf die Wahrnehmung der Risiken dieser Produkte für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt stützt und unabhängig von den tatsächlichen Risiken und Eigenschaften dieser Produkte gilt (…). Darüber hinaus bestimmen nicht nur das Maß der Schädigungseignung des Biozidprodukts, sondern auch der Umgang mit diesem Produkt, ob das Ziel der Biozidverordnung, ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt zu gewährleisten (…)."
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2.
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KG Berlin: Irreführende Online-Werbung mit unterschiedlichen Standorten
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Wird auf einer Internetseite der irreführende Eindruck erweckt, eine bestimmte Dienstleistung werde an allen Standorten des Unternehmens angeboten, so stellt dies eine wettbewerbswidrige Irreführung dar (KG Berlin, Urt. v. 08.02.2024 - Az.: 5 U 132/21). Die Beklagte bot künstliche Befruchtungen an und gab auf ihrer Internetseite vier verschiedene Standorte an. Allerdings wurden nicht an allen Adressen bestimmte reproduktionsmedizinische Behandlungen angeboten, sondern nur an einigen. Suchte der Verbraucher nach einer bestimmten konkreten Behandlung (z.B. “IVF”) und dem Land ("Deutschland"), wurden ihm als Ergebnis alle Standorte angezeigt. Erst auf den Unterseiten der einzelnen Niederlassungen erfuhr der Verbraucher, dass die gesuchte Leistung dort gar nicht angeboten wurde. Das KG Berlin stufte dies als irreführend ein. Die Nennung aller Standorte auf der Website generell sei rechtlich nicht zu beanstanden, so die Richter. Eine Irreführung liege aber dann vor, wenn der Kunde nach einer bestimmten Leistung suche und ihm auch Standorte angezeigt würden, die die begehrte Leistung gar nicht anbieten würden. Darin liege eine Täuschung des Verbrauchers. Der Hinweis auf der jeweiligen Unterseite komme zu spät, um die Irreführung zu beseitigen. "Die über die Suchfunktion vermittelte Information darüber, an welchen Standorten in Deutschland, eine „IVF“-Behandlung angeboten wird, wird auch von einem Durchschnittsverbraucher, der der Präsentation der von der Beklagten angebotenen Leistungen mit der bei einer Suche nach einem behandelnden Arzt typischerweise gesteigerten Aufmerksamkeit entgegentritt, unschwer dahin aufgefasst, dass die ihm zuvor bereits auf der Startseite vorgestellte „IVF“-Behandlung auch am Standort Frankfurt am Main in Anspruch genommen werden kann. Die durch die Verknüpfung der Suche nach der „IVF“-Behandlung mit dem Standort Frankfurt am Main hervorgerufene Vorstellung zu dem dort angebotenen Leistungsspektrum stimmte nach den vom Landgericht weiter getroffenen Feststellungen (...), denen zufolge unter anderem die eigentliche „IVF“-Behandlung nicht am Standort Frankfurt am Main, sondern am 37 km entfernt gelegenen Standort Wiesbaden durchgeführt wurde, nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein."
Und weiter: "Die durch die Gestaltung der Suchfunktion auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten hervorgerufene Irreführung des angesprochenen Verkehrs wird hier auch nicht durch die nachfolgenden Erläuterungen zum Leistungsspektrum des Standortes Frankfurt am Main auf der entsprechenden Unterseite des (…) Internetauftritts der Beklagten ausgeräumt. (…) Zwar erhält der Besucher des Internetauftritts der Beklagten nähere Informationen zu den einzelnen Standorten auf den jeweiligen Unterseiten und wird dort in Bezug auf den Standort Frankfurt am Main (…) darauf hingewiesen, dass das „MVZ (...) Kinderwunschpraxis Frankfurt und das MVZ Kinderwunschzentrum Wiesbaden“ zu einer „überörtliche[n] Berufsausübungsgemeinschaft“ zusammengeschlossen sind. Bei der weiteren Lektüre des sich hieran anschließenden Textes erfährt der interessierte Nutzer ferner; „IVF-Leistungen finden in unserem (...) Kinderwunschzentrum Wiesbaden statt.“ (…) Die vorgenannten Informationen und die weiteren Angaben zum Leistungsspektrum des Standortes Frankfurt am Main auf der diesen Standort betreffenden Unterseite genügen aber nicht, um die durch die Angaben in der Suchfunktion auf der Startseite ausgelöste Fehlvorstellung auszuräumen."
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3.
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OLG Frankfurt a.M.: Nicht jede Selbstöffnung eines Prominenten über Privatleben rechtfertigt intime Presseberichterstattung
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Der Pressesenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündetem Urteil entschieden, dass der Umfang sog. Selbstöffnung gerade im Hinblick auf intime Beziehungen des Betroffenen eher eng zu ziehen ist. Nicht jede Angabe über eine bestimmte Beziehung führt dazu, dass nunmehr über sämtliche (weitere) Beziehungen des Betroffenen berichtet werden darf. Die Berufung des beklagten Verlagshauses und der Autoren der streitgegenständlichen Artikel gegen das überwiegend stattgebende landgerichtliche Urteil wurde zum großen Teil zurückgewiesen. Der Kläger spielt als deutscher Profifußballspieler u.a. in der deutschen Nationalmannschaft. Er wendet sich gegen Textpassagen von Artikeln der Beklagten, in deren Fokus seine frühere Beziehung zu einer Frau, mit der eine Tochter hat, steht. Das Landgericht hatte die beantragte einstweilige Verfügung überwiegend erlassen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hatte vor dem für Presserecht zuständigen 16. Zivilsenat nur in einem geringen Umfang Erfolg. Der Kläger könne insbesondere Unterlassung der nicht erwiesen wahren Äußerungen über sein Verhalten gegenüber der schwangeren Frau bei Kenntnis der Schwangerschaft verlangen. Die Beklagten hätten nicht die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptungen, die geeignet seien den Kläger in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, nachgewiesen. Mit weiteren Äußerungen betreffend die Beziehung des Klägers zu dieser Frau griffen sie rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Der Schutz der Privatsphäre sei hier auch nicht durch eine sogenannte Selbstöffnung des Klägers entfallen. Dieser habe vielmehr seine Beziehung zu dieser Frau unstreitig stets privat gehalten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass er vereinzelt Fotos von sich und seiner Tochter gepostet habe. Damit habe er allein preisgegeben, dass er eine Tochter habe, nicht aber, aus welcher Beziehung dieses Kind resultiere. Soweit der Kläger mit seiner neuen Partnerin öffentlich auftrete, stelle auch dies keine Selbstöffnung in Bezug auf die davon völlig unabhängige, vergangene Beziehung zu der Kindesmutter dar. „Gerade im Hinblick auf intime Beziehungen des Betroffenen ist der Umfang der Selbstöffnung eher eng zu ziehen, sodass nicht jede Angabe über eine bestimmte Beziehung dazu führt, dass nunmehr über sämtliche (weitere) Beziehungen des Betroffenen berichtet werden darf“, konkretisierte der Senat. Der Eingriff sei auch rechtswidrig gewesen, da im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung das Interesse des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre hier das Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung überwiege. Zwar bestehe an der Person des Klägers als Fußballstar, Spitzenverdiener und Mitglied des Nationalkaders ein großes öffentliches Informationsinteresse; dies werde durch seine Stiftungstätigkeit und damit verbundene Leitbildfunktion noch gesteigert. Die hier streitigen Äußerungen über das Kennenlernen des damaligen Paares, deren Gefühle füreinander, das Zusammenziehen, deren Wohnsituationen, die Trennung und die Tatsache, dass sie eine gemeinsame Tochter haben, hätten hierzu jedoch keinen Bezug. Die streitigen Äußerungen „befriedigten in erster Linie die Neugier der Leser nach den privaten Angelegenheiten des Klägers“. Aus diesen Gründen könne der Kläger auch verlangen, dass die Beklagte nicht über seinen Wochen- und Jahresverdienst berichte. Soweit die Beklagte behaupte, dass es sich bei Gehältern von Spitzensportlern um öffentlich bekannte Umstände handele, habe sie nicht dargelegt, dass dies auch auf das Gehalt des Klägers zutreffe. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 06.02.2025, Az. 16 U 8/24 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2023, Az. 2-03 O 230/23) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 07.02.2025
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4.
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OLG Naumburg: FernUSG mangels Lernkontrolle nicht auf Online-Coaching-Programme anwendbar
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Ein Online-Coaching-Programm fällt dann nicht unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), wenn wenn keine Lernerfolgskontrolle stattfindet (OLG Naumburg, Urt. v. 26.11.2024 - Az.: 1 U 41/24). Die Klägerin bot ein kostenpflichtiges Steuer-Coaching-Programm an, das Online-Module, Live-Webinare und persönliche Beratungselemente enthielt. Die Beklagte, ein Unternehmen, schloss einen Vertrag über die Teilnahme, widerrief diesen jedoch später und verweigerte die Zahlung. Die Klägerin verlangte die vertraglich vereinbarte Vergütung iHv. rund 12.000,- EUR. Die Beklagte meinte, der Vertrag sei ohne behördliche Zulassung nach dem FernUSG unwirksam. Das OLG gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung. Der Vertrag stelle keinen Fernunterricht im Sinne des FernUSG dar, da eine Lernerfolgskontrolle nicht vereinbart worden sei. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, genüg nicht als Überwachung des Lernerfolgs. Da für den Kurs somit keine FernUSG-Zulassungspflicht bestanden habe, sei er nicht wirksam. "Die Überwachung eines konkreten Lernerfolges schuldete die Klägerin nach dem Vertrag nicht. Vielmehr räumte sie dem Teilnehmer die Möglichkeit ein, individuelle Fragen zu den Inhalten des Steuercoachings zu stellen, was keine Lernerfolgskontrolle darstellt (…). Soweit das OLG Celle (Urteil vom 1. März 2023, MMR 2023, 864) die dem Teilnehmer eingeräumte Möglichkeit, Fragen zu stellen, zur Lernerfolgskontrolle für ausreichend erachtet hat, überzeugt dies ausgehend vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 FernUSG, in dem es um eine Überwachung des Lernerfolgs geht, nicht. Bei der Würdigung des vertraglich Vereinbarten handelt es sich indessen um eine dem Tatrichter überlassene Einzelfallentscheidung."
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5.
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OLG Schleswig: Im B2C-Bereich beim Rechnungsversand per E-Mail Transportverschlüsselung unzureichend, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erforderlich
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Versendet ein Unternehmen an Kunden Rechnungen per E-Mail, so ist die Transportverschlüsselung unzureichend, vielmehr bedarf es einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (OLG Schleswig, Urt. v. 18.12.2024 - Az.: 12 U 9/24). Das klägerische Unternehmen baute bei dem verklagten Kunden, einem Verbraucher, eine Heizungsanlage ein. Die Abschlussrechnung übersandte die Firma per E-Mail, wobei beim Versand die Transportverschlüsselung aktiv war. Unbekannte Dritte hatten die Rechnung unbemerkt manipuliert und die Bankverbindung geändert. sodass der Beklagte den Betrag iHv. 15.000,- EUR auf ein falsches Konto - das der Betrüger - überwies. Als die Klägerin den Ausgleich der offenen Forderung verlangte, verweigerte der Kunde die Zahlung. Zu Recht, wie nun das OLG Schleswig entschied. Der Kunde müsse nicht an die Klägerin zahlen. Die Zahlung auf das falsche Konto führe zwar nicht zur Erfüllung der Schuld, da die klägerische Baufirma dem Kunden keine Erlaubnis für die Überweisung an einen Dritten erteilt habe. Allerdings habe der Kunde einen DSGVO-Schadensersatzanspruch, den er der Forderung entgegensetzen könne. Die Baufirma hätte höhere Sicherheitsmaßnahmen beim Versand der Rechnung per E-Mail treffen müssen. Eine einfache Transportverschlüsselung reiche nicht aus. Notwendig sei vielmehr eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, um eine Manipulation zu verhindern. Die DSGVO verpflichte Unternehmen dazu, personenbezogene Daten – hierzu zähle auch eine Rechnung mit Kundendaten – angemessen zu schützen. Da die Firma diesen Schutz nicht gewährleistet habe, hafte sie für den entstandenen Schaden. “Nach Ansicht des Senats ist danach eine reine Transportverschlüsselung beim Versand von geschäftlichen Emails mit personenbezogenen Daten zwischen Unternehmer und Kunden jedenfalls bei dem hier bestehenden hohen finanziellen Risiko durch Verfälschung der angehängten Rechnung der Klägerin für den Kunden nicht ausreichend und kann keinen „geeigneten“ Schutz im Sinne der DSGVO darstellen. Vielmehr ist die End-to-End-Verschlüsselung zurzeit das Mittel der Wahl.”
Auch wenn die letzte E-Mail hinsichtlich Layout und Farbe anders aufgebaut gewesen sei, treffe den Beklagten kein Mitverschulden: “Anders als das Landgericht meint, oblag der Beklagten bzw. dem Zeugen A., dessen Verschulden ihr möglicherweise gem. § 278 BGB zuzurechnen wäre, nach Ansicht des Senats keine genaue Überprüfung der letztlich auf dem Computer des Zeugen verfälscht, da hinsichtlich der Kontoverbindung manipuliert vorliegenden Rechnung. Die von der Klägerin aufgezeigten Unterschiede zu früheren (Abschlags-)Rechnungen betreffend die Farbe, Angaben zum Geschäftsführer, fehlenden QR-Code der Bankverbindung und fehlendes Siegel stellen geringfügige äußere Abweichungen dar, die weder der Beklagten noch dem Zeugen A. bei oberflächlicher Betrachtung auffallen mussten. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte erkannt hat, dass die Kontoverbindung verändert war. Angesichts der Tatsache, dass im Geschäftsleben die Kontoverbindung eines Unternehmens aus diversen Gründen geändert wird, kann einer privaten Kundin wie der Beklagten nicht vorgeworfen werden, dass sie vor der Überweisung des offenen Werklohns keine Rücksprache mit der Klägerin genommen hat.”
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Ein Urteil, das in mehrfacher Hinsicht absolutes Kopfschütteln auslöst und nur als glattes Fehlurteil bezeichnet werden kann. Die Forderung, Rechnungen in dieser Größenordnung (ca. 15.000,- EUR) auch inhaltlich zu verschlüsseln, kann nur als absolut praxisfern und untauglich bezeichnet werden. Wie soll das in der Praxis funktionieren? Welcher Verbraucher ist technisch in der Lage, inhaltsverschlüsselte Nachrichten ohne größere Probleme zu empfangen? Wie absurd die Auffassung des Gerichts ist, zeigt auch der gedankliche Vergleich, wenn die Rechnung per Briefpost versandt worden wäre: Wäre das Unternehmen dann auch haftbar, wenn der Brief manipuliert worden wäre? Wohl nicht, oder? Auch das richterliche Berufen auf die DSGVO ist äußerst abwegig, da Pflichtverletzung (wenn überhaupt) und Schaden in keiner Weise adäquat kausal sind. Die Krönung der Entscheidung ist, dass die Richter nicht einmal ein Mitverschulden des Empfängers annehmen, obwohl die fragliche E-Mail von den bisherigen abweicht. Die vorliegende Entscheidung betrifft den B2C-Bereich. Für den B2B-Bereich hat das OLG Karlsruhe vor kurzem entschieden, dass ein SFP-Eintrag beim Versand von E-Mails im B2B-Bereich nicht notwendig ist, vgl. unsere Kanzlei-News v. 04. 08.2023.
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6.
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OLG Stuttgart: Für Online-Coaching-Programme gilt das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht und das FernUSG
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Auch wer Online-Coaching-Vertrag für den Aufbau einer eigenen Online-Marketing-Agentur bucht, handelt als Verbraucher und nicht als Unternehmer, sodass ihm weiterhin das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht zusteht. Auf derartige Verträge ist zudem das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) anwendbar (OLG Stuttgart, Urt. v. 04.02.2024 - Az.: 6 U 46/24). Der Beschwerdeführer, ein Kfz-Mechaniker in Ausbildung, hatte ein "Online-Mentoring-Programm" gebucht, um seine eigene Online-Marketing-Agentur zu gründen. Der Anbieter verfügte nicht über eine Fernabsatzgenehmigung. Die Parteien stritten darüber, ob der Kläger zur Zahlung der Entgelte aus dem geschlossenen Vertrag verpflichtet war. Das OLG Stuttgart stellte fest, dass dem Kläger ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht zustehe, da der Vertrag lediglich der Existenzgründung diene. Entscheidend sei, dass sich der Kläger zunächst Fachwissen aneignen müsse, um überhaupt eine Gründungsentscheidung treffen zu können. Ferner sei der Vertrag unwirksam, da die Beklagte nicht über eine Zulassung nach dem FernUSG verfüge. Für die erforderliche Lernerfolgskontrolle reiche es aus, dass der Unterricht online über Videos, Live-Calls und Chat-Gruppen stattfinde und der Lernerfolg durch Fragemöglichkeiten überprüft werden könne: "Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Vertrag eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG zum Gegenstand hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieses Tatbestandsmerkmal weit auszulegen. Insbesondere kann dem Gesetz nicht entnommen werden, dass eine schriftliche Lernkontrolle etwa in Form Prüfungen vorgesehen sein muss, vielmehr kommt auch eine mündliche Kontrolle während eines begleitenden Direktunterrichts als hinreichende Überwachung des Lernerfolgs durch Frage und Antwort in Betracht. Da es darauf ankommt, dass eine Überwachung des Lernerfolgs nach dem Vertrag vorgesehen ist, ist nicht entscheidend, ob diese letztlich auch tatsächlich durchgeführt wird, vielmehr reicht es aus, dass der Lernende nach dem Vertrag das Recht hat, eine solche einzufordern, um den Lernerfolg kontrollieren zu lassen (…)."
Und weiter: "Danach ist ausreichend, wenn der Vertrag regelmäßig stattfindende Videokonferenzen und den Zugang zu einer Online-Chat-Gruppe vorsieht und dem Teilnehmer dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, durch mündliche Fragen zu dem anhand der Lernplattform zu erlernenden Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs zu erhalten (…). Die Beschreibung der im Rahmen des Mentoring-Programms geschuldeten Leistungen sieht ausdrücklich die Möglichkeit und damit auch das Recht des Klägers vor, in den regelmäßigen Livecalls und in der Facebook-Gruppe Fragen zu stellen, um sicherzustellen, dass er die vermittelten Inhalte zutreffend erfasst und richtig anwenden kann. Der Vertrag räumt dem Lernenden damit das Recht ein, eine Kontrolle des Lernerfolgs einzufordern, was nach der weiten Auslegung des Bundesgerichtshofs den gesetzlichen Tatbestand erfüllt."
Das Gericht ließ die Revision zu.
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7.
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LG Berlin: Kritische Aussagen zur KI-Nutzung in einer Verlagsredaktion sind rechtlich zulässig ("Redaktionsarbeit durch KI abnehmen lassen")
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Die kritischen Aussagen "Redaktionsarbeit durch KI abnehmen lassen" und "komplett vom Computer generiert" über die journalistische Tätigkeit eines Verlages sind rechtlich nicht zu beanstanden (LG Berlin, Beschl. v. 17.01.2025 - Az.: 27 O 4/25 eV). Die Klägerin war ein bekannter Verlag im Online-Bereich und beanstandete die kritischen Aussagen der Beklagten. Diese lauteten: “(…) ist dazu übergegangen, sich die Redaktionsarbeit durch künstliche Intelligenz (KI) abnehmen zu lassen; Artikel werden in Teilen, mithin komplett vom Computer generiert.”
Die Klägerin sah sich durch diese Äußerungen in ihren Rechten verletzt und zog vor Gericht. Das LG Berlin wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die streitige Äußerung sei entweder eine wahre Tatsachenbehauptung oder zulässige Meinungsäußerung. Somit liegt keine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts vor. Eine Abwägung zwischen dem Schutzinteresse der Klägerin und der Meinungs- sowie Pressefreiheit der Beklagten falle zugunsten der Pressefreiheit aus. Die Äußerung könne nicht als unwahre Tatsachenbehauptung gewertet werden. Zudem wurde durch eine eidesstattliche Versicherung bestätigt, dass Künstliche Intelligenz (KI) bei der Erstellung von Artikeln tatsächlich genutzt werde, auch wenn eine anschließende Kontrolle durch Redakteure erfolge: "Die Äußerung „(…) ist dazu übergegangen, sich die Redaktionsarbeit durch künstliche Intelligenz (KI) abnehmen zu lassen; Artikel werden in Teilen, mithin komplett vom Computer generiert." versteht ein verständiger Durchschnittsleser so, dass bei der Erstellung von Artikeln der Antragstellerin künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommt. Dabei würden zumindest Teile von Artikeln von einer KI erstellt. Der zweite Teil des Satzes „Artikel werden in Teilen, mithin komplett vom Computer generiert.“, wird dabei trotz der Verwendung des Wortes „komplett“ nicht dahingehend verstanden, dass Artikel vollständig vom Computer erstellt und veröffentlicht werden. Denn das Wort mithin bedeutet „folglich, dementsprechend, also“. Der Satzteil sagt daher aus, dass Teile von Artikeln und eben keine gesamten Artikel vollständig computergeneriert sind. Zudem befand sich die Aussage im Kontext einer Medienkritik. In diesem Rahmen müssen auch scharfe und zugespitzte Formulierungen hingenommen werden, solange sie nicht grob verzerrend oder unwahr sind."
Und weiter: "Hinzu kommt, dass der streitgegenständliche Beitrag in seinem Gesamtkontext nicht in Abrede stellt, dass nach der Erstellung der Artikel eine Kontrolle und Überarbeitung durch Mitarbeiter der Antragstellerin erfolgt. Dies wird durch das Verb „generiert“ verdeutlicht, das nicht die Veröffentlichung von Artikeln erfasst, sondern nur deren Erstellung. (…) Dieses Verständnis der streitgegenständlichen Aussage deckt sich mit der von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn (…) vom 08.01.2025 (Anl. Ast 2). In dieser wird ausgeführt: „Sofern KI eingesetzt wird, hat stets eine sachliche und sprachliche Kontrolle stattzufinden.“ Das widerspricht der streitgegenständlichen Aussage nicht, sondern bestätigt diese vielmehr. Gleichzeitig wird dadurch auch bestätigt, dass mindestens Teile von Artikeln soweit von KI generiert werden, dass im Anschluss nur noch eine sachliche und sprachliche Kontrolle stattfindet. In Fällen, in denen sich der Beitrag eines Mitarbeiters aber darauf beschränkt, dass nur noch eine sachliche und sprachliche Kontrolle stattzufinden hat, liegt eine Bezeichnung der Artikel als KI generiert nahe und ist jedenfalls als Meinungsäußerung mit entsprechenden Anknüpfungstatsachen zulässig. Gleiches würde bei einer Einordnung als Tatsachenaussage gelten."
Es ist unbekannt, ob die Entscheidung rechtskräftig ist oder gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wurde.
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8.
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LG Freiburg: Irreführende Online-Werbung für Frequenzmatte ("Stressreduktion", "Bessere Konzentration" und "Anti-Aging")
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Ein Unternehmen darf nicht mit unbewiesenen gesundheitlichen Wirkungen online für ein Produkt werben (LG Freiburg, Urt. v. 14.11.2024 - Az.: 4 O 22/24). Die verklagte Firma bot auf ihrer ihrer Website sogenannte "Frequenzmatte" zum Kauf an. Im Rahmen der Bewerbung versprach sie diverse gesundheitliche Vorteile: “Stressreduktion"
und “Bessere Konzentration”
und “Anti-Aging”
und “Unterstützt bei Themen wie Cellulite, Kopfschmerzen, Muskelverspannung und Regeneration, Ödemen, Arthrose, geistige Entspannung uvm.”
Wissenschaftliche Nachweise für diese Behauptungen konnte die Beklagte nicht vorliegen. Das LG Freiburg sah in den Statements Werbeaussagen einen klaren Wettbewerbsverstoß. Es stellte fest, dass die Beklagte keine wissenschaftlich fundierten Beweise für die behaupteten Wirkungen erbracht habe. Da gesundheitsbezogene Werbung besonders strengen Anforderungen unterliege, müssten derartige Werbeversprechen durch anerkannte wissenschaftliche Studien belegt sein. Andernfalls könnten Verbraucher in getäuscht und zu Kaufentscheidungen verleiten werden, die sie sonst nicht getroffen hätten: "Die Angaben in der angegriffenen Werbeanzeige suggerieren dem Laien (…) eine therapeutische Wirksamkeit bzw. therapeutische Wirkungen durch Nutzung der (…) Frequenzmatte. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die von der Beklagten behaupteten therapeutischen Wirkungen und Erfolge wissenschaftlich nicht gesichert sind. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben, dass keinerlei randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien zu den streitgegenständlichen Werbeangaben vorliegen. Nach den o.g. genannten Maßstäben obliegt es aber der Beklagten, eine solche Studie, aus denen sich Feststellungen zu den behaupteten Wirkungen ergeben, vorzulegen. Den von der Beklagten vorgelegten Studien kommt nicht der erforderliche „Goldstandard“ zu. Schließlich sind die angegriffenen Angaben in der Werbeanzeige auch geeignet, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten."
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9.
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VG Köln: BSW-Spitzenkandidatin muss nicht zur "Wahlarena 2025 zur Bundestagswahl" eingeladen werden
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Die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2025 der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) muss nicht zur ARD-Sendung „Wahlarena 2025 zur Bundestagswahl“ eingeladen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 5. Februar 2025 entschieden und damit einen Eilantrag der Partei abgelehnt. Am 17. Februar 2025 und damit wenige Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 findet in der ARD die Wahlsendung „Wahlarena 2025 zur Bundestagswahl“ statt, zu der die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien CDU / CSU, der AfD, der SPD und von Bündnis 90 / Die Grünen eingeladen sind. Antragsgegner ist der WDR, der als federführende Landesrundfunkanstalt für die in der ARD ausgestrahlte Sendung verantwortlich ist. Die bereits seit 2005 bestehende Sendung „Wahlarena“ findet in einem sog. „Townhall-Meeting“-Format statt, in der eingeladene Bürgerinnen und Bürger den Kandidatinnen und Kandidaten, die in diesem Jahr in einer 120-minütigen Sendung nacheinander auf das Publikum treffen, Fragen stellen können. Damit sich die Bürgerinnen und Bürger im Dialog mit den Kandidaten und Kandidatinnen ein aussagekräftiges Bild über diese machen könnten, müsse pro Kandidat ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, was eine Begrenzung des Teilnehmerkreises erforderlich mache. Der WDR hatte sich dazu entschieden nur die Spitzenkandidaten und -kandidatinnen der oben genannten Parteien einzuladen, weil diese konstant und deutlich zweistellige Umfragewerte von über 10 % aufwiesen, während die Umfragewerte der anderen Parteien deutlich schlechter ausfielen. Die vier eingeladenen Parteien hätten daher eine reale zahlenbasierte Chance, aus der Wahl zwar nicht zwingend als stärkste Kraft hervorzugehen, wohl aber zumindest stärkste Kraft in einer Regierung zu werden und den nächsten Kanzler zu stellen. Mit ihrem Eilantrag machte das BSW insbesondere geltend, durch die Nichteinladung zur Sendung in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt zu sein. Die Entscheidung des WDR sei nicht nachvollziehbar, da insbesondere die Grünen keine reale Chance hätten, den nächsten Kanzler zu stellen. Das Gericht ist dem nicht gefolgt und hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der WDR muss bei redaktionell gestalteten Sendungen vor Wahlen das Recht der Parteien auf gleiche Chancen im Wettbewerb um die Wählerstimmen beachten. Dem Recht auf Chancengleichheit der Partei BSW steht allerdings die Rundfunkfreiheit des WDR gegenüber. Letztere schützt auch das Recht der Rundfunkanstalt, die Teilnehmenden einer redaktionell gestalteten Wahlsendung nach Ermessen selbst zu bestimmen. Der WDR muss die Parteien auch in redaktionellen Sendungen vor Wahlen entsprechend ihrer Bedeutung berücksichtigen. Dies hat er getan, indem er die Partei BSW entsprechend dem redaktionellen Gesamtkonzept zwar in der „Wahlarena“ nicht berücksichtigt hat, ihr aber in anderen wahlbezogenen Sendungen ausreichend Gelegenheit bietet, die Wählerschaft zu erreichen. Dem BSW kommt gegenwärtig keine den eingeladenen Parteien vergleichbare Bedeutung zu. Mit Blick auf die aktuellen Umfragewerte weisen die eingeladenen Parteien eine deutlich bessere Ausgangslage auf, die es rechtfertigt, überhaupt von einer „Chance“ auf eine künftige Kanzlerschaft auszugehen, während dies bei den kleineren Parteien mit einem deutlich niedrigeren Ausgangsniveau – der FDP, der Linken und dem BSW – nicht der Fall sei. Sie kämpfen primär darum, überhaupt in den Bundestag einzuziehen und nicht darum, den nächsten Kanzler zu stellen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde erhoben werden, über die das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster entscheiden würde. Az.: 6 L 81/25 Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 06.02.2025
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10.
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VG Osnabrück: Wegen Teilnahme an rechtem Chat Degradierung eines Polizisten
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Mit Urteil vom heutigen Tag hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück einer Disziplinarklage der Polizeidirektion Osnabrück teilweise stattgegeben. Die Polizeidirektion hatte beantragt, einen Polizeihauptkommissar wegen des Versands sowie des Empfangs von Dateien rassistischen, ausländerfeindlichen oder die Zeit des Nationalsozialismus verharmlosenden Inhalts aus dem Dienst zu entfernen. Der Polizeihauptkommissar (BesGr. A 11) wurde 1972 geboren und ist seit 1992 Beamter im Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen. Er war bis zu einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte bei der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim im zentralen Kriminaldienst tätig. Im Jahr 2020 leitete die Polizeidirektion Osnabrück gegen mehrere Beamten - u.a. gegen den Beklagten - Disziplinarverfahren wegen der Beteiligung an rechten Chats ein. Am 6. Juli 2023 hat die Behörde Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, erhoben. Sie wirft dem Beklagten im Wesentlichen vor, in der Zeit von 2015 bis 2020 durch das Versenden von 41 und den Empfang von 191 disziplinarrechtlich zu beanstandenden elektronischen Bild-, Video-, Audio- sowie Textdateien in grober Weise gegen die Pflicht zum Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und zum Eintreten für deren Einhaltung sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen zu haben. Die Klage war nun teilweise erfolgreich. Die Kammer hat ein Dienstvergehen des Beklagten festgestellt, die beantragte Disziplinarmaßnahme - Entfernung aus dem Dienst - aber für unverhältnismäßig gehalten. Sie hat den Beamten in das Amt eines Polizeioberkommissars (BesGr. A 10) zurückgestuft. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Beklagte durch den Versand von 32 Dateien rassistischen, ausländerfeindlichen oder die Zeit des Nationalsozialismus verharmlosenden Inhalts sowie den Empfang von 11 Dateien entsprechenden Inhalts ohne angemessene Reaktion darauf gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue gem. § 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG schuldhaft verstoßen hat. Die vermeintliche „Unterhaltungskomponente“ ändere nichts an den objektiven Erklärungsinhalten der Dateien. Der Beamte habe sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die den Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Im Rahmen einer Gesamtabwägung müsse allerdings beachtet werden, dass auch ein Beamter ein Recht auf ein Privatleben habe. Insofern habe die Kammer nicht bei jeder von der Polizeidirektion beanstandeten Datei eine Positionierungspflicht des Beamten angenommen. Bei der Maßnahmenbemessung sei das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen. Die Kammer ist nicht zu der Überzeugung gekommen, dass das Dienstvergehen auf einer eigenen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnende Gesinnung beruhe. Eine verfassungswidrige Grundhaltung des Beklagten sei nach seiner Einlassung sowie den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeuginnen und Zeugen nicht erkennbar. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass der Austausch von Dateien benannten Inhalts über einen langen Zeitraum stattgefunden habe. Für den Beklagten habe gesprochen, dass sein Dienstvergehen keinerlei Auswirkungen auf seine Dienstausübung gehabt habe. Die Kammer gehe davon aus, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung durch den Beklagten nicht endgültig zerstört sei. Das nun entschiedene Verfahren ist das letzte von insgesamt drei Disziplinarklageverfahren, welche das Verwaltungsgericht Osnabrück bisher im Zusammenhang mit rechten Chats innerhalb der Polizei entscheiden musste. Die Urteile in den beiden anderen Verfahren (Az.: 9 A 1/23 und 9 A 5/23) sind noch nicht rechtskräftig und derzeit beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht anhängig. Das heute verkündete Urteil (Az.: 9 A 3/23) ist ebenfalls noch nicht rechtskräftig und kann innerhalb von einem Monat nach Zustellung mit der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden. Quelle: Pressemitteilung des VG Osnabrück v. 31.01.2025
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