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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Marktmacht missbraucht? Wenn ein Unternehmen die App-Interoperabilität verweigert...
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Die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität seiner Plattform mit einer App eines anderen Unternehmens sicherzustellen, die dadurch attraktiver würde, kann missbräuchlich sein Die Weigerung kann mit dem Fehlen eines Templates für die Kategorie der betreffenden Apps gerechtfertigt werden, wenn die Gewährleistung der Interoperabilität die Sicherheit oder die Integrität der Plattform gefährden würde Die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, den Zugang zu dieser Plattform zu ermöglichen, indem es die Gewährleistung der Interoperabilität dieser Plattform mit einer von einem Drittunternehmen entwickelten App ablehnt, kann einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen, obwohl die Plattform für die kommerzielle Nutzung der App nicht unerlässlich ist. Ein solcher Missbrauch kann nämlich festgestellt werden, wenn die Plattform mit dem Ziel entwickelt wurde, eine Nutzung durch Drittunternehmen zu ermöglichen, und wenn sie geeignet ist, die App für die Verbraucher attraktiver zu machen. Die Weigerung kann jedoch damit gerechtfertigt werden, dass es zum Zeitpunkt, zu dem das Drittunternehmen um Zugang ersucht hat, kein Template für die Kategorie der betreffenden Apps gab, wenn die Gewährung der Interoperabilität die Sicherheit oder die Integrität der Plattform gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, diese Interoperabilität zu gewährleisten. In den anderen Fällen muss das Unternehmen in beherrschender Stellung ein solches Template innerhalb eines angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung entwickeln. Im Jahr 2018 führte Enel in Italien die App JuicePass ein, die es den Nutzern ermöglicht, Ladestationen für ihre Elektrofahrzeuge zu lokalisieren und zu buchen. Um die Navigation zu solche Stationen zu erleichtern, ersuchte Enel Google , die App mit Android Auto, dem System von Google, das es ermöglicht, direkt über den Bordbildschirm von Fahrzeugen auf Apps auf Smartphones zuzugreifen, kompatibel zu machen. Drittentwickler können ihre Apps nämlich dank der Templates, die Google bereitstellt, an Android Auto anpassen. Google lehnte es ab, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Interoperabilität von JuicePass mit Android Auto zu gewährleisten. Die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (AGCM) war der Ansicht, dass dieses Verhalten einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle, und verhängte gegen Google eine Geldbuße von über 102 Millionen Euro. Google focht diese Entscheidung bis zum italienischen Staatsrat an, der den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, die Interoperabilität dieser Plattform mit einer von einem Drittunternehmen entwickelten App zu gewährleisten, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann. Ein solcher Missbrauch einer beherrschenden Stellung ist nicht auf den Fall beschränkt, dass die Plattform für die Ausübung der Tätigkeit desjenigen, der um Zugang ersucht, unerlässlich ist . Er kann auch vorliegen, wenn, wie es vorliegend der Fall zu sein scheint, ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Plattform nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit, sondern mit dem Ziel entwickelt hat, ihre Nutzung durch Drittunternehmen zu ermöglichen, und wenn diese Plattform für die kommerzielle Nutzung einer von einem Drittunternehmen entwickelten App zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese App für die Verbraucher attraktiver zu machen. Die Zugangsverweigerung kann auch dann wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, wenn das Drittunternehmen, das die App entwickelt hat, und seine Wettbewerber auf dem Markt, zu dem diese App gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, ohne die Interoperabilität mit der Plattform nutzen zu können. Insoweit ist unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände zu prüfen, ob die Weigerung geeignet war, die Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt zu behindern. Die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität einer App mit einer digitalen Plattform zu gewährleisten, kann damit gerechtfertigt werden, dass es für die Kategorie der betreffenden Apps kein Template gibt, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels eines solchen Templates die Integrität dieser Plattform oder die Sicherheit ihrer Nutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, die Interoperabilität durch die Entwicklung dieses Templates zu gewährleisten. Ist dies jedoch nicht der Fall, muss das Unternehmen in beherrschender Stellung ein solches Template innerhalb eines angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung entwickeln. Dabei sind die Bedürfnisse des Drittunternehmens, das um diese Entwicklung ersucht hat, die tatsächlichen Kosten dieser Entwicklung und das Recht des Unternehmens in beherrschender Stellung, daraus einen angemessenen Nutzen zu erzielen, zu berücksichtigen. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-233/23 | Alphabet u. a. Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 25.02.2025
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2.
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BGH: Online-Marktplatz für Apotheken von DocMorris grundsätzlich rechtlich zulässig
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Ein Online-Marktplatz für Apotheken (hier: Apotheken-Plattform DocMorris) darf den Apotheken keine Gebührenmodelle aufzwingen, die deren wirtschaftliche Unabhängigkeit gefährden. Eine feste Grundgebühr ist rechtlich unbedenklich, eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr muss jedoch genau geprüft werden (BGH, Urt. v. 20.02.2025 - Az.: I ZR 46/24). Das niederländische Unternehmen DocMorris betrieb eine Online-Plattform, über die Apotheken nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verkaufen und elektronische Rezepte einlösen konnten. Die Plattform verlangte von den teilnehmenden Apotheken eine feste monatliche Grundgebühr von 399 EUR sowie eine Transaktionsgebühr von 1,0% auf den Nettoverkaufspreis der verkauften Medikamente. Eine deutsche Apothekerkammer beanstandete dieses Modell als unzulässig. Der BGH bestätigte nun, dass die Grundgebühr von 399 EUR rechtlich zulässig sei, da sie unabhängig von der Anzahl der Rezepte oder Verkäufe erhoben werde und daher keinen verbotenen wirtschaftlichen Einfluss auf die Apotheken habe. Denn die monatliche Grundgebühr werde nicht speziell für das Sammeln, Vermitteln oder Weiterleiten von E-Rezepten gezahlt. Es fehle an dem erforderlichen engen Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Einflussnahme auf die Apothekenwahl der Kunden. Auch ein Verstoß gegen das Apothekengesetz liege nicht vor. Ein Online-Marktplatz dürfe Apotheken eine digitale Infrastruktur zur Verfügung stellen. Eine feste monatliche Gebühr sei unproblematisch, solange kein wirtschaftlicher Zwang zur Teilnahme entstehe. Allerdings müsse die Frage, ob die umsatzabhängige Gebühr die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Apotheken gefährde, durch das OLG noch einmal geprüft werden. Das Urteil wurde daher insoweit aufgehoben und zurückverwiesen. Die 10%ige Transaktionsgebühr könne möglicherweise unzulässig sein, wenn sie zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Apotheken von der Plattform führe. Hierzu fehlten jedoch konkrete Feststellungen: "Die Klägerin erhält die monatliche, von der Zahl der Transaktionen unabhängige Grundgebühr nicht für das Sammeln, Vermitteln oder Weiterleiten von Rezepten, sondern (…) für das Zurverfügungstellen einer Marktplatz-Infrastruktur. Die apothekenrechtlichen Schutzzwecke, die Wahlfreiheit der Versicherten und eine flächendeckende Arzneimittelversorgung durch wohnortnahe Apotheken zu gewährleisten, stehen dem im Streitfall beanstandeten Plattformangebot der Klägerin nicht entgegen."
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3.
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OLG Bamberg: Werbung mit "Fatburner" für Nahrungsergänzungsmittel wettbewerbswidrig
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Die Verwendung des Begriffs “Fatburner” für ein Nahrungsergänzungsmittel verstößt gegen das Wettbewerbsrecht, da es sich um eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe handelt (OLG Bamberg, Urt. v. 04.12.2024 - Az.: 3 UKl 3/24e). Ein Verbraucherschutzverein klagte gegen die Herstellerin eines Nahrungsergänzungsmittels mit dem Namen “Figura Fatburner”.
Die Verpackung des Produkts enthielt die Bezeichnung “Fatburner” sowie Hinweise auf Inhaltsstoffe wie Cholin und Chrom: "Figura Fatburner Mit Cholin und Chrom für den Festtstoffwechsel"
Außerdem war die schlanke Taille eines Menschen abgebildet. Die Beklagte bestritt die Vorwürfe des Klägers und machte geltend, dass der Begriff “Fatburner” im Kontext der gesamten Produktaufmachung zu sehen sei. Sie verwies auf wissenschaftliche Erkenntnisse zur Rolle von Cholin und Chrom im Fettstoffwechsel. Das OLG Koblenz sah darin eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe nach der Health-Claims-Verordnung (HCVO) und verbot die Aussage. Die Bezeichnung “Fatburner” suggeriere, dass das Produkt die Fettverbrennung fördere und zur Gewichtsreduktion beitrage. Dies stelle eine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO dar, die nur zulässig sei, wenn sie wissenschaftlich belegt und in der EU-Liste der zugelassenen Angaben enthalten sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die zugelassenen Claims für Cholin und Chrom ("trägt zu einem normalen Fettstoffwechsel bei") rechtfertigten die Bezeichnung “Fatburner” nicht, da sie keine außergewöhnliche Fettverbrennung versprächen. Die Gesamtaufmachung des Produkts, insbesondere der Name "Figura Fatburner“ und die Abbildung einer schlanken Taille, verstärkten den irreführenden Eindruck. "Nach diesen Maßstäben ist die Bezeichnung „Fatburner“ gesundheitsbezogen. Sie suggeriert, das gegenständliche Produkt erhöhe die Fettverbrennung und trage so unmittelbar zur Gewichtsreduktion bei. Dass Übergewicht gesundheitsschädlich, seine Reduktion mithin gesundheitsförderlich, ist, ist allgemein bekannt. (…) Die Angabe ist unzulässig, weil sie weder in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 HCVO i. V. m. Verordnung (EU) 432/2012 aufgenommen worden noch nach anderen Regelungen erlaubt ist. Es reicht nicht aus, dass auf der Verpackungsrückseite die unstreitig zugelassenen Claims für Cholin und Chrom „Cholin trägt zu einem normalen Fettstoffwechsel bei“ bzw. „Chrom trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen bei“ abgedruckt sind, da – wie oben aufgezeigt – die der Bezeichnung Figura Fatburner zugeschriebene Bedeutung über diejenige der einzelnen Stoffe Cholin und Chrom hinausgeht."
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4.
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OLG Frankfurt a.M.: Online-Vermittlungsportal darf keine Laienwerbung für medizinisches Cannabis machen
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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit gestern verkündeter Entscheidung dem beklagten Portalbetreiber u.a. sog. Laienwerbung für medizinisches Cannabis und die Durchführung eines Servicevertrages mit verdeckter Provision für die Vermittlung von Patienten untersagt. Die Beklagte betreibt im Internet ein Vermittlungsportal, auf dem Kunden ihr Interesse an einer ärztlichen Behandlung mit medizinischem Cannabis anmelden können. Sie präsentiert dort den Kunden Ärzte, mit denen der einzelne Kunde einen Behandlungstermin vereinbaren kann. Die Serviceleistungen der Beklagten wurden von mindestens einem ihrer Kooperationsärzte entsprechend der von ihr vorgegebenen Vergütungsregelung mit einem zu hohen prozentualen Anteil des ärztlichen Honorars vergütet. Schon das Landgericht ging daher von einer verdeckten Vermittlungsprovision aus. Der Kläger hält die Werbung und das Verhalten der Beklagten unter mehreren Aspekten für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hat die Beklagte u.a. verurteilt, es zu unterlassen, bestimmte Werbeaussagen im Zusammenhang mit der medizinischen Cannabis-Behandlung zu tätigen und den Ärzten konkrete Raumnutzungs- und Serviceverträge zur Verfügung zu stellen. Der Wettbewerbssenat des OLG hat den hiergegen eingelegten wechselseitigen Berufungen teilweise stattgegeben. Zu Recht habe das Landgericht die Beklagte verpflichtet, die Umsetzung von Raumnutzungs- und Serviceleistungsverträgen mit ihren Kooperationsärzten zu unterlassen, nach deren Vergütungsregelung ihr ein prozentualer Anteil am ärztlichen Honorar für die Behandlung jedes einzelnen Patienten zusteht. Da dieser Vergütungsanteil zumindest teilweise als Entgelt für die Zuweisung von Patienten zu den Ärzten über das Portal der Beklagten anzusehen sei, liege ein von der Beklagten unterstützter Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht vor. Das Landgericht habe der Beklagten auch zu Recht untersagt, für eine ärztliche Behandlung mit medizinischem Cannabis mit dem Slogan zu werben: „Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital“.
Diese Werbung verstoße gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Satz 1 HWG). Sie sei nicht ausnahmsweise zulässig. Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs verstehe die Werbung dahin, die Erstbehandlung mit medizinischem Cannabis könne alternativ bzw. gleichwertig digital erfolgen. Dies sei zum Zeitpunkt der Werbung nach dem seinerzeit noch geltenden Betäubungsmittelrecht nicht zulässig gewesen. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht aufgezeigt, dass ein persönlicher ärztlicher Erstkontakt nach heutigen fachlichen Standards nicht mehr geboten sei. Schließlich seien - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch Teile der Werbung für eine Behandlung mit medizinischem Cannabis verboten. Zwar liege seit Anfang April 2024 kein Verstoß mehr gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Teile der Werbung verstießen aber gegen das sog. Laienwerbeverbot (§ 10 Abs. 1 HWG). Eine „Werbung für Arzneimittel“ stellten nämlich auch Maßnahmen dar, die die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder Verbrauch von unbestimmten Arzneimitteln fördern sollten. Die Werbung der Beklagten sei insoweit keine bloße Information zu Cannabis oder reine Unternehmenswerbung, sondern produktbezogene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dass die Beklagte medizinisches Cannabis dabei nicht selbst anbiete, sei unerheblich. Der Werbende müsse kein unmittelbares Eigeninteresse am Vertrieb des beworbenen Arzneimittels haben. Die Beklagte habe ersichtlich die Absicht gehabt, durch ihre Werbung (zumindest auch) die Verschreibung und den Absatz von medizinischem Cannabis zu fördern. Dass die Entscheidung, Cannabis zu verschreiben, ausschließlich bei den Kooperationsärzten der Beklagten liege, stehe der Annahme unzulässiger Arzneimittelwerbung nicht entgegen. Die Mitgliedstaaten der EU seien grundsätzlich kraft Richtlinie verpflichtet, Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel schlechthin zu verbieten. Außerdem ziele die streitgegenständliche Werbung gerade darauf ab, die Nachfrageentscheidung von Verbrauchern nach medizinischem Cannabis zu beeinflussen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat hinsichtlich des Verstoßes gegen das Laienwerbeverbot die Revision zugelassen. Im Übrigen besteht ggf. die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.3.2025, Az. 6 U 74/24 (vorgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.2.2024, Az. 3-08 O 540/23)
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5.
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OLG Frankfurt a.M.: Online-Reisevermittlungsportal muss über Notwendigkeit eines Transitvisums informieren
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Findet ein Buchungsprozess für eine Reise ausschließlich über ein Vermittlungsportal statt, ist der Vermittler verpflichtet, alle für die Auswahlentscheidung wesentlichen Informationen auf seinem Portal zur Verfügung zu stellen. Dazu zählt der Hinweis auf eine etwaig erforderliche Durchreiseautorisation (hier: ESTA) im Fall eines Zwischenstopps in einem Drittland (hier: USA). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, derartige Reisevermittlungen ohne Hinweis anzubieten. Die Beklagte betreibt eine Online-Buchungsplattform und vermittelt Pauschal- und Einzelreisedienstleistungen anderer Anbieter. Vertragspartner der Verbraucher werden die von ihr vermittelten Anbieter. Die Beklagte informiert die Verbraucher auf ihrem Portal nicht über die Notwendigkeit etwaiger Durchreiseautorisierungen. Die Klägerin ist ein qualifizierter Verbraucherverband. Sie beruft sich darauf, dass eine Familie über das Portal der Beklagten einen Flug von Zürich nach Auckland mit Zwischenstopp in Los Angeles gebucht hatte. Da sie mangels Hinweises auf dem Portal der Beklagten nicht über die erforderliche Durchreiseautorisierung für die USA zu Transitzwecken (sog. ESTA) verfügte, wurde der gesamten Familie der Flug am Abreisetag verweigert. Sie hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig, soweit diese ohne Hinweise auf Durchreiseautorisierungen die Reisevermittlung anbiete. Das Landgericht hatte auf Antrag der Klägerin die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, Flugreisen zu vermitteln, ohne auf die Notwendigkeit etwaiger für einen Zwischenstopp erforderlicher Durchreiseautorisierungen hinzuweisen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Beklagte verhalte sich wettbewerbswidrig, bestätigte das OLG. Sie müsse alle für die Auswahlentscheidung relevanten Informationen zur Verfügung stellen, wenn der Buchungsprozess ausschließlich und vollständig auf ihrer Internetseite stattfinde. Dazu zähle hier der Hinweis auf etwaige Durchreiseautorisierungen. Zwar bestehe keine allgemeine Aufklärungspflicht des Unternehmers im geschäftlichen Verkehr. Die notwendige Autorisierung im Fall eines Zwischenstopps stelle jedoch eine wesentliche Information über die Dienstleistung „Flugreise“ dar. Ohne sie könne die Flugreise nicht angetreten und durchgeführt werden. Der verständige Durchschnittsverbraucher benötige jedenfalls einen pauschalen Hinweis auf ein mögliches Erfordernis für eine informierte Entscheidung bei der Auswahl und Buchung der von der Beklagten zur Vermittlung angebotenen Flüge und Flugvarianten. Er denke bei einer Flugbuchung möglicherweise an Visumserfordernisse im Zielland, nicht aber an Durchreiseautorisierungen für reine Zwischenstopps. Der Verbraucher sei im Informationsgefälle der Beklagten deutlich unterlegen. Die Durchführbarkeit der Reise spiele naturgemäß bei der Auswahl und Entscheidung für die eine oder andere Flugroute eine Rolle, etwa, wenn infolge kurzfristigen Reiseantritts es für den Verbraucher unmöglich sei, in der verbleibenden Zeit noch ein Durchreisevisum zu beantragen. Auch die mit einem solchen Visum verbundenen Kosten beeinflussten üblicherweise die Auswahlentscheidung. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Beklagte die Zulassung der Revision vor dem BGH beantragen. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.1.2025, Az. 6 U 154/24 (vorgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.4.2024, Az. 3-12 O 27/23) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 20.02.2025
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OVG Koblenz: Kein pauschaler Geheimnisschutz für OpenAI-Dokumente
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Das OVG Koblenz entschied, dass die Dokumente der bekannten KI-Firma OpenAI nicht pauschal als Geschäftsgeheimnisse eingestuft werden dürfen (OVG Koblenz, Beschl. v. 03.02.2025). Der Kläger beantragte beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) die Herausgabe von Antworten der US-amerikanischen KI-Firma OpenAI auf Fragenkataloge der Datenschutzkonferenz. Die Fragen betrafen die Funktionsweise und das Training von ChatGPT. Der LfDI lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass es sich bei den Informationen um Geschäftsgeheimnisse handele. Daraufhin ging der Kläger vor Gericht. Das OVG Koblenz entschied, dass die Behörde nicht pauschal alle Unterlagen als Geschäftsgeheimnisse einstufen dürfe. Vielmehr sei eine differenzierte Prüfung erforderlich. Nicht alle Angaben in der Antwort von OpenAI stellten tatsächlich Geschäftsgeheimnisse dar. Ein pauschaler Geheimnisschutz ohne Begründung sei nicht zulässig. Insbesondere allgemeine Informationen über die Funktionsweise von KI und öffentlich zugängliche Inhalte könnten nicht als geheim eingestuft werden. Vielmehr müsse die Behörde differenziert prüfen, welche Informationen tatsächlich schutzwürdig seien: "Die Durchsicht des dem Senat vorgelegten 57-seitigen Antwortschreibens einschließlich seiner 217 Seiten umfassenden Anlagen auf das mehr als 40 Fragen umfassende Informationsersuchen des Beklagten lässt nicht ohne Weiteres erkennen, dass es sich hierbei durchweg um Informationen handelt, die - wie der Beklagte geltend macht - als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse anzusehen wären. Das gilt insbesondere für die teilweise sehr allgemein gehaltenen Beschreibungen der Funktionsweise von Kl-Modellen im Generellen und ChatGPT im Besonderen. Zum Teil äußerst allgemein erscheinen darüber hinaus über weite Strecken auch die Ausführungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch OpenAI, zumal in diesem Zusammenhang teils auf Informationen verwiesen wird, die sich offenbar bereits den auf der Website von OpenAI veröffentlichten oder Nutzern von ChatGPT zugänglichen Dokumenten, etwa in Form von Datenschutzerklärungen, Nutzungsrichtlinien und sonstigen Artikeln, entnehmen lassen. Hinzu kommt, dass stellenweise zwar angegeben wird, dass (technische) Mittel zum Schutz personenbezogener Daten ergriffen werden; es wird jedoch nicht ausgeführt und beschrieben, um welche Mittel es sich dabei handelt."
Und weiter: "Bei dieser Sachlage genügt es nicht, zur Begründung der Nichtvorlage des Schreibens pauschal auf den Geheimhaltungsgrund des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu verweisen. Es bedarf vielmehr einer nachvollziehbaren und differenzierten Begründung, dass bzw. - mit Blick auf die Möglichkeit von Teilschwärzungen - in welchem Umfang die zurückgehaltenen Antworten Informationen enthalten, die ein exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen von OpenAI betreffen und an dessen Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht (…). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Bescheid vom (…) sowie im Widerspruchsbescheid vom (…), auf die die Sperrerklärung des Beklagten vom (…) Bezug nimmt, wird pauschal für das vollständige Schreiben von OpenAI (…) ohne weitere Differenzierung angenommen, dass die Antworten sämtlich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren seien, da sie sich allesamt auf das Unternehmen OpenAI bezögen und zudem nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich seien. Dies genügt den dargelegten Begründungsanforderungen an die Geltendmachung eines Verweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO nicht. Von diesen wird der Beklagte auch durch die bloße Behauptung von OpenAI in deren Stellungnahme vom (…) dass das Antwortschreiben (…) „durchweg hochsensible, vertrauliche und geschützte Geschäftsgeheimnisse“ enthalte, nicht befreit. Dies gilt umso mehr, als gerade im Antwortschreiben vom (…) ausgeführt wird, dass Informationen darüber, wie OpenAI seine Modelle trainiert sowie über die Test- und Validierungsprozesse in Bezug auf die Genauigkeit der Ergebnisse bereits in mehreren Publikationen und Blogbeiträgen von OpenAI veröffentlicht wurden (…)."
Ferner stellt das Gericht mit deutlichen Worten klar, dass eine solche Überprüfung von der Datenschutzbehörde selbst vorzunehmen sei und nicht auf das Gericht abgewälzt werden dürfe: "Dabei ist es nicht Aufgabe des Fachsenats, die Antworten an Stelle des Beklagten zu sichten und danach zu sortieren, ob der pauschal behauptete Geheimhaltungsgrund des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses auf die jeweilige Antwort zutrifft. Das ist vielmehr Aufgabe der obersten Aufsichtsbehörde; sie hat nach Art der Information zu unterscheiden und darzulegen, aus welchen Gründen es sich um ein exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen von OpenAI handeln soll, an dessen Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht (…). Die Abgabe der Sperrerklärung liegt in der Verantwortung der obersten Aufsichtsbehörde. Der Fachsenat kann deren Einschätzung und Ermessensausübung, nicht zuletzt aus Gründen der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative, nur kontrollieren, nicht aber ersetzen (…)."
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7.
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VGH München: Betroffener hat kein Einsichtsrecht in datenschutzrechtlichen Auftragsverarbeitungsvertrag
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Ein Bürger hat kein Recht darauf, den datenschutzrechtlichen Auftragsverarbeitungsvertrag zwischen einer Rundfunkanstalt und einem Inkassounternehmen einzusehen (VGH München, Beschl. v. 21.02.2025 - Az.: 7 ZB 24.65). Der Kläger sollte den ARD/ZDF-Rundfunkbeitrag zahlen. Der Beitragsservice beauftragte ein Inkassounternehmen, die offenen Forderungen beim Kläger einzutreiben. Der Kläger verlangte daraufhin Einsicht in den datenschutzrechtlichen Auftragsverarbeitungsvertrag zwischen der Rundfunkanstalt und dem Inkassounternehmen. Dies wurde abgelehnt, woraufhin der Rechtsstreit vor Gericht ging. Die 1. Instanz, das VG München, wies die Klage als unbegründet ab. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der VGH München die Zulassung der Berufung abgelehnt. Es gebe keine gesetzliche Grundlage, die dem Kläger einen Anspruch auf Einsicht in den Vertrag gewähre. Die DSGVO gewähre nur ein Recht auf Auskunft über die eigenen personenbezogenen Daten, nicht aber ein Recht auf Kontrolle der Vertragsbeziehungen zwischen Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern. Die Kontrolle der Einhaltung der Datenschutzvorschriften obliege vielmehr der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde, also dem einzelnen Betroffenen. "Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Einsichtnahme in den zwischen dem Beklagten und der (…) GmbH gemäß Art. 28 DS-GVO geschlossen Auftragsverarbeitungsvertrag besteht nicht. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht – wie der Kläger meint – daraus, dass er selbst in der Lage sein müsse, zu überprüfen, ob ein „wirksamer Auftragsverarbeitungsvertrag“ mit dem nach Art. 28 Abs. 3 DS-GVO „vorgeschriebenen Inhalt“ tatsächlich geschlossen wurde. Denn für die Überwachung der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung ist gemäß Art. 51 Abs. 1 DS-GVO die Aufsichtsbehörde zuständig, nicht Private."
Und weiter: "Dem Betroffenen selbst ist hingegen nach Art. 15 DS-GVO nur ein Auskunftsrecht über die eigenen personenbezogenen Daten eingeräumt (vgl. auch Erwägungsgrund 63 DS-GVO). Ein Recht auf eigenständige Rechtmäßigkeitsüberprüfung steht ihm hingegen nicht zu. Vor diesem Hintergrund hat vorliegend der Kläger kein berechtigtes Interesse, selbst den Abschluss und die Rechtmäßigkeit eines Auftragsverarbeitungsvertrags zu prüfen."
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8.
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LG München I: Online-Werbung für Abnehmspritze gegenüber Verbrauchern wettbewerbswidrig
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Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat heute im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass einem Online-Apotheken-Anbieter die Bewerbung der sog. „Abnehmspritze“ gegenüber Endverbrauchern in ihrer konkreten Form untersagt ist (Az. 4 HK O 15458/24). Eine Apothekerkammer wendete sich in ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dagegen, dass eine in den Niederlanden ansässige Online-Apotheke gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland für Fernbehandlungen mit dem Ziel der Verschreibung von Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion/Adipositas wirbt, wobei die Behandlung lediglich in der ärztlichen Überprüfung eines durch den Nutzer auf einer Plattform ausgefüllten Fragebogens besteht. Für die Verschreibung des Medikaments durch die beklagte Online-Apotheke ist hierbei nach der Werbung zur Bestellung lediglich das Ausfüllen eines Fragebogens erforderlich, welcher nach Vortrag der Antragsgegnerin sodann von einem (nicht in Deutschland ansässigen) Arzt vor der Verschreibung überprüft wird. Die beklagte Apotheke hatte gegen ein Verbot eingewandt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verspätet sei. Die Antragsstellerin kenne das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin bereits aus einem anderen Verfahren, dessen Gegenstand Medikamente zur Behandlung erektiler Dysfunktion waren. Beworben und umschrieben werde außerdem lediglich eine „Gewichtsverlustbehandlung“; dies lasse keinen zwingenden Schluss auf die Abnehmspritze zu. Dies sei zulässig und verstoße nicht gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das Ausfüllen eines Fragebogens, der sodann von einem Arzt überprüft werde, sei auch eine zulässige Fernbehandlung unter Verwendung von Kommunikationsmedien, bei der ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich sei. Dem folgte die Kammer nicht: „Die Fernbehandlung von Adipositas mittels Ausfüllens eines Fragebogens entspricht nämlich nicht allgemein anerkannten fachlichen Standards. Vielmehr ist vor der Verschreibung einer Abnehmspritze ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen erforderlich.“,
so die Kammer in ihrer Urteilsbegründung. Dies ergebe sich letztendlich bereits aus den „Warnhinweisen“, welche die beklagte Apotheke dem Gericht selbst vorgelegt habe: In diesen werde auf zahlreiche Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Hypoglykämie (bei Patienten mit Typ-2-Diabetes) und Schwindel, auf das Risiko der Unterzuckerung und darauf hingewiesen, dass die Behandlung eingestellt werden sollte, wenn man innerhalb von drei Monaten nach Behandlungsbeginn nicht mindestens 5 % seines Körpergewichts verliere. Darüber hinaus werde in den von der Beklagten selbst vorgelegten Unterlagen ausgeführt, dass eine regelmäßige Nachsorge und Überwachung während einer Gewichtsreduktion unbedingt erforderlich sei. Gerade diese, von der beklagten Apotheke selbst für erforderlich gehaltene regelmäßige Nachsorge erfordere aber zwingend einen persönlichen ärztlichen Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen, welcher weder von der beklagten Apotheke noch von den verschreibenden Ärzten - schon aufgrund der räumlichen Distanz- geleistet werden könne. Hinzu komme, dass ausweislich der Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas der deutschen Adipositasgesellschaft zahlreiche Untersuchungen, u. a. des Bluts und des Urins, nötig seien, um Adipositas zu diagnostizieren und zu behandeln. Dies könne daher gerade nicht im Wege der Fernbehandlung erfolgen. Es handele sich bei der Werbung der Beklagten ferner nicht um die Werbung für eine Behandlung als solche, wie diese vorgetragen habe, sondern um die Werbung für den Absatz von Medikamenten. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Werbung. Um welche Gruppe von Präparaten es sich hierbei handele, wüssten die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehörten, bereits deshalb, weil „die Abnahmespritze“ in jüngster Zeit starke mediale Aufmerksamkeit erfahren habe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 03.03.2025 Zum Hintergrund: Nach der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Die angegriffene Internetwerbung wendet sich jedoch an die allgemeinen Verbraucherinnen und Verbraucher und verstößt daher nach Auffassung der Kammer gegen § 10 Abs. 1 HWG. § 9 HWG verbietet die Werbung für Fernbehandlungen. Zulässig ist sie nur ausnahmsweise nach § 9 Satz 2 HWG, wenn die Behandlung mittels Kommunikationsmedien (z.B. in Form einer Videosprechstunde) erfolgt und nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mir dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.
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9.
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LG Wiesbaden: In Google-Anzeige muss Mindestbestellmenge für ein Produkt angegeben werden, andernfalls irreführende Werbung
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Werden in einer Google-Anzeige etwaige Mehrkosten für das Produkt nicht mit angegeben (hier: Mindestbestellmenge), liegt eine irreführende Werbung vor (LG Wiesbaden, Urt. v. 05.11.2024 - Az.: 11 O 61/24). Die Beklagte betrieb einen Online-Shop für Werbeartikel und bewarb in einer Google-Anzeige eine bedruckbare Rettungsdecke mit einem Stückpreis von 0,58 EUR. Dort hieß es auch “opt. mit Logo bedrucken”.
Tatsächlich galt dieser Preis jedoch nur für unbedruckte Muster. Die bedruckte Version konnte erst ab einer Mindestbestellmenge von 120 Stück bestellt werden und kostete dann 1,05 EUR pro Stück. Dies stufte das LG Wiesbaden als Wettbewerbsverletzung ein. Die Werbung vermittle den fehlerhaften Eindruck, dass das Produkt auch mit einer Bedruckung zum Stückpreis von 0,58 EUR erhältlich sei. Tatsächlich sei dies aber nur der Preis für ein unbedrucktes Muster, während bedruckte Artikel deutlich teurer seien. Da dies in der Google-Anzeige nicht erkennbar sei, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Der Kunde werde durch den niedrigen Preis getäuscht und zu einer Kaufentscheidung verleitet: "Indem die Beklagte in ihrer Werbung mittels Google-Anzeige gemäß Anlage (...) ohne Angabe der Mindestbestellmenge von 120 Stück für bedruckte Werbeartikel wirbt, verstößt sie gegen die genannten Vorschriften. Mit der Anzeige erweckt die Beklagte den irreführenden Eindruck, dass das Produkt (…) mit einer Werbeanbringung zu einem Stückpreis von € 0,58 erworben werden könne, obwohl zu diesem Preis lediglich ein unbedrucktes Muster erworben werden kann bzw. der Preis mit Druck erst ab einer Stückzahl von 1.600 gilt."
Und weiter: "Durch den Zusatz “opt. mit Logo bedrucken” suggeriert die Beklagte (…) dass der ausgelobte Stückpreis von € 0,58 auch dann gilt, wenn sich der Kunde bei der Bestellung für eine Werbeanbringung entscheidet. Aus der Werbung ist nicht ersichtlich, dass diese optionale Mehrleistung des Logodrucks mit Mehrkosten verbunden ist. Die Aussage enthält lediglich die Information, dass das Produkt Isolierdecke wahlweise - optional - mit oder ohne Logobedruckung erworben werden kann. Der hierauf bezogene Preis wird in der Werbung mit € 0,58 zuzüglich Versand angegeben, ohne zu verdeutlichen, dass dies ein Preis für eine unbedruckte Ausgabe ist und die Bedruckung ab der Bestellmenge von mindestens 120 Stück nur zu einem höheren Stückpreis von € 1,05 (netto) erhältlich ist. Eine solche Verdeutlichung hätte beispielsweise dadurch zum Ausdruck gebracht werden können, dass mit einer Preisangabe “ab” mit einem bestimmten Preis geworben worden wäre. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass bei Google Anzeigen hinter dem Betrag von 0,58 € keine weiteren Angaben platziert werden können, lassen sich jedoch auch andere Hinweise auf die Preisgestaltung denken. So hat der Prokurist der Beklagten nicht der Möglichkeit widersprochen, im Titel den Passus “gegen Aufpreis” zur optionalen Werbeanbringung aufzunehmen."
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10.
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AG Hanau: Zugang einer E-Mail trotz automatisierter Rückmeldung via Auto-Responder
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Eine E-Mail gilt auch dann als zugegangen, wenn der Empfänger eine automatische Rückmeldung (Auto-Reply) erhält, dass die Adresse nicht mehr verwendet wird. (AG Hanau, Beschl. v. 03.03.2025 – Az.: 32 C 226/24). Inhaltlich ging es um seine Zustimmung zu einer Mieterhöhung im Rahmen eines Mietverhältnisses. Die Vermieterin argumentierte, dass die E-Mail des Mieters nicht zugegangen sei, da der Mieter beim Absenden seiner E-Mail eine automatische Antwort erhalten habe, dass die Adresse nicht mehr verwendet werde und E-Mails nicht weitergeleitet würden. Außerdem habe die Vermieterin kurze Zeit später eine neue E-Mail-Adresse eingerichtet. Die Parteien stritten nun darüber, ob diese E-Mail des Mieters der Vermieterin zugegangen war. Das AG Hanau bejahte dies. Denn nach herrschender Meinung ist eine E-Mail bereits dann zugegangen, wenn sie beim Empfänger eingeht und potenziell abrufbar ist. Der alte E-Mail-Account der Vermieterin war noch aktiv, sodass dort Nachrichten eingehen konnten. Eine nachträgliche Mitteilung über die Nichtnutzung ändere daran nichts. Eine automatisierte Rückmeldung bestätige lediglich den Eingang der E-Mail, vergleichbar mit einer Abwesenheitsnotiz. Allerdings hätte der Mieter nach Erhalt der Rückmeldung sein Einverständnis auf einem anderen Kommunikationsweg (z.B. per Post) erneut erklären müssen, so das Gericht weiter. "Aufgrund des Vortrags der Klägerin steht fest, dass die E-Mail des Beklagten mit der Zustimmungserklärung bei dieser eingegangen ist, was nach überwiegenden Auffassung auch dazu führt, dass die in ihr enthaltene Erklärung der Klägerin gem. § 130 BGB zugegangen ist. Denn diese war für sie zumindest potenziell abrufbar (…). Die Klägerin muss sich diesen Zugang auch zurechnen lassen, weil die E-Mail-Adresse einen von ihr eröffneten Empfangsbereich darstellt, welchen sie zuvor im Rechts- und Geschäftsverkehr angegeben und damit eröffnet hat."
Und weiter: “Hieran ändert auch die Benachrichtigung der Klägerin an den Beklagten dahingehend, dass diese E-Mail-Adresse nicht mehr benutzt werde, nichts. Denn sie hält diese nach wie vor bereit, so dass E-Mails auf dieser eingehen und somit zugehen können. Das kann durch die erst hierauf erfolgte Rückmeldung an den Mieter nicht mehr rückgängig gemacht werden. (…) Die nachträgliche Mitteilung, man werde die E-Mail nicht zur Kenntnis nehmen, kann dem also nicht entgegnen. Im Gegenteil, sie bestätigt gerade den Zugang der E-Mail, weil sie wie eine Abwesenheitsnotiz durch diese ausgelöst wird, und somit einer Lesebestätigung gleichkommt."
Und: "Allerdings hätte es dem Beklagten aufgrund seiner vertraglichen Nebenpflichten oblegen, die Zustimmungserklärung auf anderem Weg abzugeben, so dieser zumutbar ist, oder sich sonst mit der Klägerin in Verbindung zu setzen. Denn die Berufung auf den Zugang einer E-Mail bei Rückerhalt einer Abwesenheitsnotiz oder wie hier Erklärung, diese werde nicht weitergeleitet, ist in der Regel treuwidrig gem. § 242 BGB, wenn zwischen den Parteien entsprechende Rücksichtnahmepflichten bestehen (…)."
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