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Newsletter vom 12.03.2014 |
Betreff: Rechts-Newsletter 11. KW / 2014: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. OLG Bamberg: Zulässige Werbung mit eingeschränkter Preisgarantie _____________________________________________________________ Bei der Werbung mit einer eingeschränkten Preisgarantie ist rechtlich zulässig, wenn angegeben wird, auf welche Preisbestandteile sie sich bezieht (OLG Bamberg, Urt. v. 26.02.2014 - Az.: 3 U 164/13). Die Parteien waren Wettbewerber im Strom- und Gasbereich. Die Beklagte warb im Internet mit der Aussage: "Mit Preisgarantie* und Treubonus wie im Ergebnisfeld des Tarifrechners angezeigt, ohne feste Vertragslaufzeit. So sichern Sie sich gegen möglicherweise steigende Strompreise ab." Mittels Sternchen wurde hingewiesen: "Das Produkt hat eine eingeschränkte Preisgarantie gemäß § 3 der AGB. Die Preisgarantie gilt für den Energiepreis inklusive Netzentgelt, nicht für Steuern und Abgaben, die durch gesetzliche Vorgaben verursacht werden." Die Klägerin sah hierin eine wettbewerbswidrige Werbung. Denn es sei erforderlich, dass dem Verbraucher erläutert werde, welchen prozentualen Anteil der garantierte Preis am Gesamtwert habe. Die Richter teilten diese Ansicht nicht, sondern wiesen die Klage ab. Die Werbung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Verbraucher werde ausreichend durch den Sternchen-Hinweis informiert. Das Ausmaß des variabel bleibenden Teils sei für den Kunden nicht von kaufentscheidender Bedeutung sein, weil er nicht wisse, wie sich dieser Anteil in Zukunft verändern, insbesondere erhöhen werde.
Gleichzeitig wisse der Verbraucher auch, dass hierzu weder der Stromanbieter noch dessen Mitbewerber konkrete Angaben machen könnten, da dies ausschließlich von der Entwicklung der gesetzlichen Abgaben und Steuern abhänge.
Fotografiert hatte hier der Geschäftsführer der Klägerin, der kein Berufsfotograf war und es sich somit um keine professionell angefertigten Lichtbilder handelte, die von der Beklagtenseite unerlaubt übernommen wurden. Das OLG Hamm bejaht die grundsätzliche Anwendung der MFM-Tabelle bei der Errechnung des Schadensersatzes. Jedoch sei ein entsprechender Abschlag im Einzelfall vorzunehmen, da die MFM-Werte auf professionelle Fotografen ausgelegt seien.
Im vorliegenden Fall nahmen die Robenträger einen Abschlag von 60% vom MFM-Wert vor.
Der Beklagte, ein Einzelunternehmer, hatte sich in seinem Internet-Impressum als "Geschäftsführer" bezeichnet. Vorangestellt war - in Form einer Grafik - die geschäftliche Bezeichnung des Unternehmens. Die Münchener Richter stuften dies als irreführenden Wettbewerbsverstoß ein, der auch die Bagatellgrenze überschreite. Der Verbraucher gehe angesichts der Bezeichnung "Geschäftsführer" davon aus, dass es sich bei dem Verkäufer um eine namentlich nicht genau genannte juristische Person handle, deren Vertretungsorgan die als Geschäftsführer bezeichnete Person sei. Die Bezeichnung sei auch nach den gesetzlichen Vorschriften irreführend, da der der Beklagte als Diensteanbieter von Telemedien verpflichtet war, dem Verbraucher korrekte Informationen über die Identität des Unternehmens zu geben.
Die unzutreffende Bezeichnung als "Geschäftsführer'' in der Anbieterkennung sei auch geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Denn für den Verbraucher, der Waren im Internet erwirbt, sei die Frage, mit welchem Vertragspartner der Vertrag geschlossen wird, durchaus von Bedeutung für seine Kaufentschließung.
Die Beklagte betrieb mehrere Kläranlagen. Zur Kontrolle der Betriebe fand ein Datenaustausch via Internet statt. Hierzu nutzte die Beklagte Leistungen der Klägerin. Diese hatte ihren Tarif nicht nur pro Minute erhöht (von 0,0199 EUR auf 0,0249 EUR), sondern verlangte neuerdings pro Einwahlvorgang einen zusätzliches Einmal-Entgelt iHv. 1,99 EUR. Dadurch erhöhten sich die monatlichen Kosten für die Beklagte um das 50- bis 100-fache. Es fielen idR. monatliche Kosten im vier- bzw. fünfstelligen Euro-Bereich an. Die Richter wiesen die Klage auf Zahlung der angefallenen Entgelte ab. Es handle sich hierbei um Wucher, so dass kein wirksamer Anspruch zustande gekommen sei.
Die Höhe der Entgelte basierten nicht auf einem besonderen Verhalten des Nutzers im Einzelfall, sondern auf eine allgemeine Problematik. Marktüblich seien pro Einwahlvorgang eine Einmalvergütung von maximal bei 15 Cent, während die Klägerin 1,99 EUR verlangt habe. gelegen hat. Dieser Betrag sei somit deutlich erhöht und unangemessen.
Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in einem Beschluss vom 28. Februar 2014 (4 MB 82/13) entschieden und damit der Beschwerde des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts teilweise stattgegeben. Der Leiter des ULD - der Landesdatenschutzbeauftragte - war in mehreren Medienberichten <abbr title="unter anderm">u.a.</abbr> im Spiegel, Spiegel-Online, der <abbr title="Tageszeitung">TAZ</abbr> und der Deutschen Welle im August 2013 mit kritischen Bewertungen zur Praxis der Anonymisierung von Rezeptabrechnungsdaten auch eines in Bayern ansässigen, aber bundesweit tätigen Apothekenrechenzentrums zitiert worden. Dessen unter den Datenschutzbehörden in seiner Rechtmäßigkeit umstrittenes Anonymisierungsverfahren war von der zuständigen bayerischen Datenschutzaufsichtsbehörde geprüft und gebilligt worden. Daraufhin erwirkte das Rechenzentrum beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, mit der dem ULD eine Wiederholung entsprechender medienöffentlicher Äußerungen untersagt wurde. Dagegen hatte das ULD Beschwerde eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung eine Befugnis des ULD zu Presseäußerungen bei einem begründeten Gefahrenverdacht für den Schutz persönlicher Daten grundsätzlich anerkannt. Das ULD habe aber die hierbei gebotene Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu wahren. Es müsse in seinen Äußerungen durch entsprechend zurückhaltende Formulierungen berücksichtigen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde (hier in Bayern) eine Prüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt habe. Daher müsse die schleswig-holsteinische Datenschutzbehörde ihre Kritik (z.B.: „die Antragstellerin gebe keine anonymisierten, sondern pseudonymisierte Daten heraus“) als eigene Auffassung kennzeichnen. Mit unangemessen verabsolutierenden, skandalisierenden oder diskreditierenden Bewertungen (z.B.: „das Geschäftsmodell der Antragstellerin sei illegal“) werde der Bereich zulässiger medienöffentlicher Äußerungen über das von der bayerischen Aufsichtsbehörde akzeptierte Verfahren der Datenaufbereitung verlassen. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Quelle: Pressemitteilung des OVG Schleswig v. 04.03.2014
Ein Sonderkündigungsrecht bestehe nicht, weil die Klägerin das vorgesehene Verfahren nicht eingehalten habe. Die Parteien hatten im Namensgebungsvertrag vereinbart, über die Erhöhung des Entgelts für die Namensgebung jährlich zu verhandeln, solange Fortuna Düsseldorf 1895 e.V. in der 1. Fußballbundesliga spiele und die Multifunktionsarena als Heimstätte nutze. Erst wenn sich die Parteien nicht auf einen Betrag einigen und auch der von einem Sachverständigen ermittelte Wert zu einer Entgelterhöhung von 30 Prozent oder mehr im Vergleich zum Vorjahr führt, habe der Klägerin ein Sonderkündigungsrecht zugestanden. Die Klägerin könne den Vertrag auch nicht wegen der Verletzung ihres Namensrechts während des Eurovision Song Contests im Jahr 2011 durch Verdeckung des Namenszugs kündigen. Dies hätte innerhalb angemessener Zeit geschehen müssen und nicht, wie hier, mehr als ein Jahr nach Ablauf der Veranstaltung. Schließlich habe auch Oberbürgermeister Elbers keinen Anlass für eine fristlose Kündigung gegeben. Er sei noch nicht einmal für die Beklagte aufgetreten. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass der Vertrag über die Namensgebung der “Esprit-Arena“ in Düsseldorf wirksam gekündigt sei. Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte ihre noch offene Forderung für das Jahr 2013 berechnet. Gegen das Urteil kann Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden. Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 36 O 57/13
Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf v. 07.03.2014
Die verklagte Firma setzte das bekannte Statistik-Tool Piwik für sich sein, kürzte aber die erhobenen IP-Adressen um die beiden letzten Stellen. Gleichwohl bejahte das Gericht die Anwendbarkeit der Datenschutz-Vorschriften des TMG. Es handle sich nämlich, so das Gericht, nicht um (total) anonymisierte Daten, sondern vielmehr um pseudonymisierte Daten. Die Software Piwik erstelle nämlich bei ihrer Verwendung einen internen Hashwert, der aus unterschiedlichen Faktoren (u.a. IP-Adresse, Auflösung, Browser, verwendete Plugins, Betriebssystem) errechnet würde. Auch bei aktivierter Anonymisierungsfunktion verwende das Tool für diese internen Zwecke die volle IP-Adresse. Bezugnehmend auf technische Ausführungen des Unabhängigen Landeszentrums Schleswig-Holstein müsse man, so das Gericht, davon ausgehen, dass eine ein Rückrechnen der Werte - bis auf die IP-Adresse - möglich sei. "Mit überraschend großer Zuverlässigkeit" könne so auf die anderen Informationen geschlossen werden. Juristisch bewertet das Gericht eine solche Speicherung als Pseudonymisierung. In einem solchen Fall müsse der Betreiber zu Beginn des Nutzungsvorgangs über die Möglichkeit des Widerspruchs hinweise. Ein einfacher Hinweis auf der Unterseite "Kontakte" reiche hierfür nicht auf, weil die Information damit nicht vor Anfang der Nutzung geschehe. Die Regelung des § 15 Abs.3 TMG sei eine Marktverhaltensregel, so dass eine Rechtsverletzung zugleich ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß sei.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Robenträger stoßen mit ihrem Urteil die Tür zu einem altbekannten, aber bislang gerichtlich kaum problematisierten Bereich auf. Das Gericht nimmt pseudonymisierte Daten an, auch wenn Piwik mit voller Anonymsierungsfunktion betrieben wird. Denn die Juristen gehen davon aus, dass durch die Bildung des Hashwertes ein Rückrechnen möglich sei. Durch das Vorliegen dann individueller Werte (u.a. Auflösung, Browser, verwendete Plugins, Betriebssystem) sei die Zuordnung der Daten zu einem bestimmten Pseudonym möglich. Diese Speicherung erinnert - nicht zufällig - an die bekannte Fingerprints-Technologie, die aufgrund der bekannten Cookie-Problematik in der letzten Zeit immer stärker zunimmt. Folgt man also der (technischen) Einschätzung, dass die Hashwerte ein Zurückrechnen ermöglichen, so sind die Ausführungen des LG Frankfurt a.M. folgerichtig und zutreffend. Am verfehlten Gesetzeswortlaut des § 15 Abs.3 TMG ("... zu Beginn des Nutzungsvorgangs") kann das Gericht auch nichts ändern, sondern muss vielmehr die gesetzgeberischen Maßgaben konsequent umsetzen. Soll heißen: Nur wer vor Beginn der Webseiten-Nutzung ein entsprechendes Info-Fenster einblendet, wird sich an den derzeitigen Wortlaut halten. Über die technische Unsinnigkeit einer solchen Einblendung muss man nicht lange diskutieren: Es ist purer Schwachsinn! Es ist jedoch nicht Aufgabe eines Gerichts, diese Misstand zu beheben, sondern es wäre vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, endlich ein halbwegs taugliches und praktikables Online-Datenschutzrecht zu schaffen. Blickt man jedoch die letzten 20 Jahre im Online-Bereich zurück, zeigt sich schnell, dass dies wohl nur ein frommer Wunsch bleiben wird.
Siehe bzw. höre zu dieser gesamten Problematik auch unseren vierteiligen Podcast: "Rechtliche Zulässigkeit von Online-Benutzerprofilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4.
Am 1. Juli 2009 entdeckte die Arbeitgeberin die Löschungen und kündigte dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. August 2009. Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung nur als ordentliche Kündigung für gerechtfertigt. Das Hessische Landesarbeitsgericht war dagegen der Ansicht, das Fehlverhalten des Klägers rechtfertige die fristlose Kündigung. Die umfangreiche Datenlöschung am 29. und 30. Juni 2009 habe das Vertrauen in die Integrität des Klägers vollständig zerstört. Die Daten stünden in der Verfügungsmacht des Arbeitgebers. Eine eigenmächtige Löschung durch einen Arbeitnehmer mit den sich daraus ergebenden internen Problemen und gegenüber Kunden sei ein so erheblicher Verstoß gegen selbstverständliche Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag, dass die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sei. Auch eine Abmahnung, die in der Regel einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen vorangehen muss, sei hier nicht notwendig gewesen. Der Kläger habe genau gewusst, dass die Löschung der Daten von der Arbeitgeberin auf keinen Fall hingenommen wer¬den würde. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Hess. LAG vom 5. August 2013, Aktenzeichen 7 Sa 1060/10
Quelle: Pressemitteilung des LArbG Frankfurt a.M. v. 07.03.2014
Die Dating-Plattform "eDates.de" verwendete in ihren AGB nachfolgende Kündgungsklausel: "Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündigung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten." Der Vertragsabschluss hingegen war elektronisch möglich. Das LG München sah hierin eine unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers. Es gebe keinen sachlichen Grund, bei der Kündigung eine andere Form zu wählen als beim Zustandekommen des Vertrages. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass die Schriftform der Kündigung verlangt werde, um jedem Missbrauch vorzubeugen. Die Robenträger sahen hierin jedoch nur ein Scheinargument. Vielmehr komme es der Beklagten darauf an, die Kündigung zu erschweren. Jeder Nutzer erhalte ein Login und ein Passwort. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Abschluss eines Vertrages unter diesen Bedingungen möglich sein solle, die Beendigung hingegen nicht.
Auch das zusätzliche Verlangen, weitere Daten wie Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer anzugeben, sei unverhältnismäßig. Der durchschnittliche Verbraucher werte die Klausel so, dass im Falle einer Nichtangabe seine Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam sei.
Die aktuelle Adressenaffäre rund um die Debeka zeigt deutlich: Der Umgang mit personenbezogenen Kundendaten erfordert ein hohes Maß an Rechtskenntnis und Fingerspitzengefühl. Die ständigen Neuerungen im Datenschutzrecht lassen Unternehmen im Ungewissen und scheinen nur den Verbraucherschutz im Fokus zu sehen. Aber lassen Sie sich davon nicht abschrecken: Ganz gleich, ob Ihr Unternehmen als Käufer, Verkäufer oder Nutzer im gewerblichen Adresshandel tätig ist – das Datenschutzrecht bietet Ihnen neben den Auflagen auch hohen Handlungsspielraum und zahlreiche Möglichkeiten zum eigenen Schutz! Die Veranstaltung findet am 14. und 15. April 2014 in Frankfurt a.M. statt.
Aus dem Inhalt:
RA Dr. Bahr ist u.a. spezialisiert auf das Recht des Direktmarketings und den Gewerblichen Adresshandels. Er berät seit vielen Jahren auf diesem Gebiet und ist TÜV-zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Dr. Martin Bahr ist Autor zahlreicher fachbezogener Artikel und Aufsätze und externer Datenschutzbeauftragter zahlreicher Unternehmen. Zudem ist er Autor des Standardwerkes "Recht des Adresshandels".
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