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Newsletter vom 14.07.2004, 00:11:00
Betreff: Rechts-Newsletter 28. KW / 2004: Kanzlei Heyms & Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 28. KW im Jahre 2004. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.

Neben den Entscheidungen des BGH (Benutzen fremder Telefonkarten; Anreißen von Neukunden) sind hier vor allem die Urteile des OLG Düsseldorf (Telefonieren für 0 Cent) und des LG Kiel (Freenet ./. DTAG) zu nennen. Aus dem außergerichtlichen Bereich gibt es folgende Neuigkeiten zu vermelden: Neues UWG in Kraft getreten, Passwort-Schutz eBay + rechtliche Konsequenzen, DTAG: Inverssuche und Bundestag: Anfrage zu Mehrwertdiensten.

Die Kanzlei Heyms & Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Heyms-DrBahr.de/findex.php?p=kontakt.html


Die Themen im Überblick:

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1. BGH: Benutzen fremder Telefonkarten nicht zwangweise Betrug

2. BGH: Anreißen von Neukunden in der Öffentlichkeit

3. OLG Düsseldorf: "Telefonieren für 0 Cent" wettbewerbswidrig

4. LG Kiel: Freenet ./. DTAG wg. Pre-Selection

5. AG Kiel: Abmahnungs-Missbrauch-Urteil rechtskräftig

6. Neue 0190-Dialer-Urteile

7. Seit dem 08.07.2004 neues Wettbewerbsrecht

8. Passwort-Schutz auf eBay + rechtliche Konsequenzen

9. Bundestag: Große Anfrage der CDU/CSU zu Mehrwertdiensten

10. DTAG: Ab sofort Inverssuche bei Telefondaten

11. BMWA: Zeitplan für Umsetzung der TKG-Verordnungen

12. Studie: Unrechts-Bewusstsein bei Raubkopierern


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1. BGH: Benutzen fremder Telefonkarten nicht zwangweise Betrug
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Der BGH (Beschl. v. 31.03.2004 - Az.: 1 StR 482/03 = http://snipurl.com/7qd8) hat entschieden, dass das Benutzen fremder Telefonkarten keinen Betrug darstellt.

Der Angeklagte erwarb bei einem Dritten gegen Entgelt auf andere Personen ausgestellte Telefonkarten der Firma E-Plus. Er nutzte diese, um die von ihm selbst betriebene 0190-Servicenummer bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) anzurufen. Es kam ihm darauf an, den Gebührenanteil zu erhalten, der ihm aufgrund seines Vertrages mit der DTAG zustand.

Die als Kunde im Verhältnis zu E-Plus entstehenden Entgelte im Wert von fast 6.000,- EUR bezahlte er nicht. Die DTAG schüttete wenig später die entsprechenden Beträge an den Angeklagten aus.

Der BGH hat die Verurteilung wegen Computerbetruges (§ 263a StGB) aufgehoben und den Fall an das zuständige LG zurückverwiesen:

"Der Senat vermag den Schuldspruch nicht dahin zu ändern, daß der Angeklagte des Computerbetruges in der Alternative des "unbefugten Verwendens von Daten" schuldig sei (§ 263a StGB). Dieser Tatbestand erfaßt die Verwendung gefälschter, manipulierter oder mittels verbotener Eigenmacht erlangter Karten durch einen Nichtberechtigten (BGHSt 47, 160).

Nicht tatbestandsmäßig ist hingegen die mißbräuchliche Verwendung durch den berechtigten Karteninhaber; denn die Strafvorschrift ist "betrugsspezifisch" auszulegen, so daß nur täuschungsäquivalente Handlungen unbefugt im Sinne des Tatbestandes sind (...).

Ein Computerbetrug liegt schließlich auch dann nicht vor, wenn der berechtigte Inhaber die Karte einem anderen überläßt und dieser die Karte abredewidrig nutzt (...)."


Insbesondere weil hier nicht eindeutig festgestellt werden konnte, auf welche Art und Weise der Angeklagte die fremden Telefonkarten erworben hatte, hoben die Richter das Urteil auf:

"Im vorliegenden Fall ist nicht festgestellt, auf welche Weise der Inhaber der Telefonkarte (...) den Besitz an diesen verloren hat. Eine freiwillige Überlassung an den Mittelsmann scheint nicht von vornherein ausgeschlossen.

Sie ist indes nicht ausdrücklich festgestellt. Nach den Umständen kommt allerdings auch in Betracht, daß schon der Mittelsmann die Karten rechtswidrig erlangt hatte. Dies bedürfte im Blick auf eine etwaige Strafbarkeit unter dem Gesichtspunkt des Computerbetruges näherer Feststellungen.

Darüber hinaus wären die hier in Betracht zu ziehenden Vertragsbeziehungen zwischen dem Karteninhaber und der Firma E-Plus, zwischen E-Plus und der Deutschen Telekom sowie zwischen dieser und dem Angeklagten (...) näher aufzuklären, um die Frage der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils des Angeklagten verläßlich beurteilen zu können.

Demjenigen, der sich eine 0190-Nummer bei der Telekom einrichten läßt, kann es - soweit nichts anderes vereinbart ist - erlaubt sein, die eigene Nummer anzuwählen, mag dies bei plangemäßer Abwicklung auch wirtschaftlich sinnlos erscheinen. Die Fragen eines rechtswidrigen Vermögensvorteils und des Vermögensschadens hängen maßgeblich von der Risikoverteilung im Innenverhältnis der an dem Vorgang Beteiligten ab."


Es gilt dabei zu beachten, dass die Aufhebung des Urteils kein Freispruch für den Angeklagten darstellt. Vielmehr wird das LG nun noch einmal von neuem überprüfen und beurteilen, ob eine Strafbarkeit gegeben ist.

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2. BGH: Anreißen von Neukunden in der Öffentlichkeit
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Der BGH (Urt. v. 01.04.2004 - Az.: I ZR 227/01 = http://snipurl.com/7qdb) hatte darüber zu entscheiden, ob das gezielte Ansprechen von Passanten an öffentlichen Plätzen zu Werbezwecken wettbewerbswidrig ist, insbesondere dann, wenn der Werbende sich nicht als solcher zu erkennen gibt.

Die Beklagte bewirbt und vermittelt für einen Anbieter von Telekommunikationsleistungen Pre-Selection-Verträge. Hierzu gehen ihre Mitarbeiter u.a. auf öffentlichen Straßen und Plätzen auf Passanten zu und sprechen diese individuell auf die Möglichkeiten eines solchen Vertrages an.

Die Klägerin ist die Deutsche Telekom AG (DTAG), die dieses Verhalten unter dem Gesichtspunkt des "Anreißens von Kunden durch Belästigung" nach § 3 UWG (= § 1 UWG a.F.) für wettbewerbswidrig hält.

Der BGH ist dieser Ansicht gefolgt und hat die Werbung für unlauter eingestuft. Die Richter betonen dabei nachdrücklich, dass der entscheidende Umstand sei, dass der Werbende für den Passanten nicht als solcher zu erkennen gewesen sei und er sich daher auch vor der gezielten Ansprache nicht habe schützen können.

Die Rechtswidrigkeit liege hier in der Tatsache, dass in die Inidividualsphäre des Umworbenen verletzt und in dessen Recht, auch im öffentlichen Raum weitestgehend ungestört zu bleiben, eingegriffe werde. Würde man die beanstandete Art der Werbung zulassen, würde dies dazu würden, dass zahlreiche Anbieter auf diese Weise vorgingen und der Verbraucher praktisch dauerhaft mit einer Ansprache rechnen müsse.

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3. OLG Düsseldorf: "Telefonieren für 0 Cent" wettbewerbswidrig
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Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 20.04.2004 - Az.: I-20 U 166/03 = http://snipurl.com/7qde) hat entschieden, dass die Werbung der Deutschen Telekom AG (DTAG) mit dem Slogan "Telefonieren für 0 Cent" wettbewerbswidrig ist.

Diese Aussage und die ihr vorangestellte Angabe "Nullrunde für alle!" waren als Blickfang in einer Zeitung abgedruckt. Der Aussage war ein Sternchen beigefügt, das auf folgende Erläuterung verwies: "Gilt am Wochenende und an allen bundeseinheitlichen Feiertagen für Verbindungen (keine Online-Verbindungen) im City- und Deutschlandtarif der DTAG, T-Com, und ist im geringfügig höheren monatlichen Grundpreis enthalten."

Die Klägerin ist der Ansicht, hier liege ein Verstoß gegen die § 1 Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 PAngVO vor. Die Beklagte hätte konkret die anfallenden monatlichen Grundgebühren und die Kosen der einmaligen Bereitstellung erwähnen müssen.

Dieser Ansicht ist auch das OLG Düsseldorf gefolgt:

"Der (...) Anspruch ist (...) begründet. Verstöße gegen die Preisangabenverordnung sind grundsätzlich wettbewerbswidrig (...)

An sich verlangt die Vorschrift die Angabe von Endpreisen, die bei einer Aufgliederung von Preisen nach Absatz 5 der Vorschrift auch noch hervorgehoben werden müssten. Für Leistungen der Telefonie können insofern aber keine Endpreise angegeben werden, als Bestandteil des Entgelts auch Gesprächsgebühren sind, also Vergütungen nach der Zeit der Nutzung der Fernsprechanlagen (...)

Es besteht dann auch keine Verpflichtung, die für eine Addition geeigneten Preisbestandteile sowie die während der Mindestdauer des Vertrags in jedem Fall anfallenden Gebühren zu einem Teilgesamtpreis zusammenzurechnen."


Und weiter führen die Richter aus:

"Aber auch wenn ein Endpreis nicht gebildet werden kann, ist (...) ein mit Preisen werbender Gewerbetreibender verpflichtet, die mit einem Vertrag verbundenen Kosten hinreichend deutlich kenntlich zu machen (...) Dabei sind nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs in jedem Fall die verbrauchsunabhängigen festen Entgelte (einmalige Zahlungen, Mindestumsätze, monatliche Grundgebühren) mitzuteilen.

Mehr als die Angabe anfallender einmaliger Zahlungen und monatlicher Grundgebühren verlangt die Antragstellerin im Streitfall nicht. Es geht nicht an, blickfangmäßig in der Werbung herauszustellen, dass ein Teil eines einheitlichen Angebots umsonst abgegeben wird, die im Übrigen anfallenden und schon feststehenden Preisbestandteile aber nicht oder nicht vollständig mitzuteilen (...)."


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4. LG Kiel: Freenet ./. DTAG wg. Pres-Selection
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Nach einer Pressemitteilung der Freenet AG (= http://snipurl.com/7qdf) hat das Unternehmen gegen die Deutsche Telekom AG (DTAG) vor dem LG Kiel eine einstweilige Verfügung erwirkt.

Darin wird der DTAG untersagt, die von der Freenet AG im Rahmen des Pre-Selection übermittelten Kundendaten für eigene unternehmerische Zwecke zu benutzen.

Bereits im April erließ das LG Bonn eine einstweilige Verfügung der Freenet AG gegen die DTAG. Im damaligen Fall wurden Kunden ohne deren Einverständnis von der DTAG angerufen.

Der nun vor dem LG Kiel spielende Sachverhalt ist identisch zu dem erst kürzlich entschiedenen Fall vor dem LG München, bei dem Tele2 gegen die DTAG aus dem gleichen Grunde eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, die aber später wieder aufgehoben wurde. Vgl. dazu die Kanzlei-Info v. 08.06.2004 = http://snipurl.com/7qdg

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5. AG Kiel: Abmahnungs-Missbrauch-Urteil rechtskräftig
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Vor kurzem hatte das AG Kiel (Urt. v. 18. Februar 2004 - Az.: 113 C 278/03) entschieden, dass große Wirtschafts-Unternehmen von einem potentiellen Rechteverletzer keine Abmahnkosten verlangen können, da Firmen in dieser Größenordnung über eine eigene Rechtsabteilung verfügten und es aufgrund der Überschaubarkeit des Sachverhalt auch keines externen Anwaltes bedurfte. Vgl. die Kanzlei-Info v. 17.05.2004 = http://snipurl.com/7qdk

Siehe dazu auch den Bericht im Focus = http://snipurl.com/7qdm

Die unterlegene Anwaltsseite hat nun ihre ursprünglich eingelegte Berufung zurückgezogen. Damit ist die Entscheidung des AG Kiel ab sofort rechtskräftig.

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6.Neue 0190-Dialer-Urteile
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Es gibt drei neue 0190-Dialer-Urteile zu vermelden:


a) Urteil des AG Frankfurt (Oder) vom 28.04.2004 - Az.: 25 C 83/04:

(Leitsätze:)
1. Eine Abtretungsvereinbarung genügt den Mindestanforderungen an eine Bestimmbarkeit nicht, wenn "Forderungen abgetreten werden sollen, die zum Inkasso übergeben werden", und ist somit unwirksam.

2. Anbieter ist detailiert beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.

http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agfrankfurtoder28042004.htm


b) Urteil des AG Paderborn vom 29.04.2004 - Az.: 58 C 654/03:

(Leitsätze:)
1. Anbieter ist detailiert beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.

2. Angesichts des in letzter Zeit festzustellenden erheblichen Missbrauchs von Dialern kann von keinem Beweis der ersten Anscheins für die Richtigkeit der Telefonrechnung ausgegangen werden - selbst dann nicht, wenn die streitgegenständliche Rufnummer normalerweise per Telefon und nicht per Computer-Dialer angerufen wird.

http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agpaderborn29042004.htm


c) Urteil des AG Gießen vom 04.05.2004 - Az.: 44 C 22/04:

(Leitsätze:)
1. Eine Abtretungsvereinbarung genügt den Mindestanforderungen an eine Bestimmbarkeit nicht, wenn "Forderungen abgetreten werden sollen, die zum Inkasso übergeben werden", und ist somit unwirksam.

2. Eine Abtretungsvereinbarung ist nichtig wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, wenn ein Inkassounternehmen vom Provider Einzelverbindungsdaten ohne Einwilligung des Kunden und ohne vertragliche Klärung erhält (§§ 134 BGB, 206 StGB, 85 TKG).

3. Anbieter ist detailiert beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.

4. Legt der Netz-Betreiber keine technische Überprüfung nach § 16 TKV vor, trotzdem der Kunde diese verlangt, hat er keinen Anspruch auf Zahlung der angefallenen Telefon-Entgelte.

http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/aggiessen04052004.htm

Hinweis:
Zu der rechtlichen Problematik von Dialern finden Sie auf unserem Internet-Portal www.dialerundrecht.de ausführliche Erläuterungen.

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7. Seit dem 08.07.2004 neues Wettbewerbsrecht
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Im Bundesgesetzblatt (BGBl I, S. 1414 = http://snipurl.com/7qdr) v. 07.07.2004 ist das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgedruckt. Damit tritt es ab morgen in Kraft.

Wir halten eine eigene Rechts-FAQ zu den damit verbundenen rechtlichen Änderungen für Sie zum Abruf bereit "Fragen zum neuen Wettbewerbsrecht" = http://snipurl.com/49ec

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8. Passwort-Schutz auf eBay + rechtliche Konsequenzen
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In der aktuellen c´t (15/2004, S.214f.) berichtet Holger Heimann über den Passwort-Schutz auf eBay und einem anderen Online-Auktions-Anbieter.

Insgesamt offenbart der durchgeführte Test katastrophale Schwachstellen, insbesondere bei eBay.

Die Tester versuchten in die geschützten User-Bereiche zu gelangen. Dazu wurde einfach versucht, sich mittels bestimmter Begriffe, von denen bekannt ist, dass sie häufig als Passwörter benutzt werden, in User-Accounts von eBay einzuwählen.

Das Ergebnis überrascht und zeigt auf welchem digitalen Steinzeit-Niveau die Sicherheit bei eBay war bzw. ist. Denn der User-Account wurde auch bei mehrfacher Falscheingabe des Passwortes zu keiner Zeit gesperrt. Z.T. erschien ein Warnhinweis erst nach 25 (!) Fehlversuchen.

Der Warnhinweis bestand aus einer aus Einzelbildern zusammengesetzten Text-Folge, die der Anmelder zusätzlich eingeben musste. Aber auch diesen Sicherheits-Mechanismus konnten die Tester schnell umgehen. Denn die Tatsache, dass bei einem Account gerade eine Sicherheitsfrage lief, wurde nicht server-, sondern client-seitig (!) gespeichert.

Der Status der Sicherheitsabfrage wurde in der URL mitübergeben, so dass die Tester lediglich den Parameter von "1" auf "0" zurückzusetzen brauchten. Und schon war die Sicherheitsfrage nicht mehr aktiv (Die c´t weist darauf hin, dass all dies nun natürlich nicht mehr funktioniert).

Aus juristischer Sicht ist interessant, welche rechtlichen Konsequenzen eintreten, wenn der Passwort-Knacker unter dem fremden Account Verkäufe und Käufe bei eBay vornimmt? Haftet der eigentliche User hierfür? Ist ein wirksamer Vertrag zustande gekommen?

Die (theoretische) Antwort ist relativ einfach: Ein Vertrag ist hier keinesfalls zustande gekommen, da der Passwort-Knacker nicht mit Wissen und Wollen für den eigentlichen User gehandelt hat und ihn somit auch nicht wirksam stellvertreten hat (§ 164 BGB).

Soweit die Theorie. Nun die Praxis: Trifft den eBay-User nicht die Beweislast, wenn er behauptet, jemand Fremdes hätte sein Passwort geknackt? Wenn dies so wäre, stünde der User häufig vor einem unlösbaren Problem, denn es dürfte ihm nur sehr schwer möglich sein, gerichtsfest nachzuweisen, dass jemand anderes seinen Account missbraucht hat. Somit würde der User alleine wegen dieser Beweislast-Verteilung den Prozess verlieren.

Erstaunlicherweise ist diesmal die Rechtsprechung ihrer Zeit weit voraus. So entschied das OLG Köln (Urt. v. Urt. v. 06.09.2002 - Az.: 19 U 16/02 = http://snipurl.com/3yb1); Vorinstanz LG Bonn, Urt. v. 07.08.2001 - Az.: 2 O 450/00 = http://snipurl.com/3yb3) schon im Jahre 2002, dass es für eine solche Beweislast-Umkehr nicht ausreiche, dass das Gebot von jemandem abgegeben wurde, der das Passwort des Käufers kannte. Da es keinen entsprechenden Sicherheitsstandards bei den Passwörtern gebe, werde ein solcher Anscheinsbeweis nicht begründet.

Auf der gleichen Linie liegt die Entscheidung des AG Erfurt (Urt. v. 14.09.2001 - Az.: 28 C 2354/01 = http://snipurl.com/3yb4):

"Die Angabe einer E-Mail-Adresse in Verbindung mit dem Passwort ist noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass es eine bestimmte Person gewesen ist, die an einer Internetversteigerung teilgenommen hat."

In einer weiteren Entscheidung hat das LG Bonn (Urt. v. 19.12.2003 - Az.: 2 O 472/03 = http://snipurl.com/3yb0) diese Ansicht ebenfalls bestätigt.

Siehe zu dem ganzen auch unsere Rechts-FAQ "Online-Auktionen und rechtliche Probleme" = http://snipurl.com/79fe

Konsequenz: Nach Ansicht der obigen Gerichte tritt keine Beweistlast-Umkehr ein. D.h. der eBay-User muss nicht beweisen, dass in seinen Account eingebrochen wurde. Es soll vielmehr das pauschale Behaupten eines solchen Umstandes ausreichen.

Dies hinterlässt einen faden Beigeschmack. Denn seit der grundlegenden "ricardo.de"-Entscheidung des BGH (Urt. v. 07.11.2001 - Az.: VIII ZR 13/01 = http://snipurl.com/31w2) ist es höchstrichterlich anerkannt, dass für Verträge, die über das Internet geschlossen werden, grundsätzlich die allgemeinen Rechtsprinzipien gelten. D.h. gibt jemand per Mail, Chat oder auf sonstige Art eine Willenserklärung ab, ist diese genauso rechtlich verbindlich wie im Offline-Leben.

Die oben zitierten Urteile führen aber in der Praxis zu einer klaren Aushebelung dieses Grundsatzes. Denn nach Ansicht des OLG Köln, LG Bonn und des AG Erfurt reicht schon das pauschale Behaupten aus, dass man nicht das Angebot abgegeben habe, sondern der Account durch einen Dritten missbraucht worden sei. Damit hat dann der Verkäufer die "Schwarze Peter"-Karte, denn er wird so gut wie nie beweisen können, dass das Angebot doch von der anderen Partei abgegeben wurde und gerade kein Account-Missbrauch vorliegt.

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9. Bundestag: Große Anfrage der CDU/CSU zu Mehrwertdiensten
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Die CDU/CSU-Fraktion bittet in einer Großen Anfrage (Stärkung von Auskunfts- und Mehrwertdiensten durch Missbrauchsbekämpfung, BT-Drs. 15/3547 = http://snipurl.com/7qe5) die Bundesregierung (BReg) um Auskunft.

Wie die Partei erklärt, geschieht die Anfrage unter dem Eindruck, dass es sich bei dem Mehrwertdienste-Markt inzwischen um einen Milliarden-Markt handelt und ein gewisser Missbrauch unübersehbar sei. Durch diesen Missbrauch würden auch die seriösen Anbieter erheblich in Mitleidenschaft gezogen, da der gesamte Mehrwertdienste-Bereich drohe in Verruf zu geraten.

Die CDU/CSU-Fraktion sieht insbesondere im Bereich mobile Marketing und Premium-SMS Handlungsbedarf. Es sei notwendig, den Missbrauch einzudämmen, um die Schwarzen Scharfe zu erwischen und den seriösen Geschäftsmodellen eine zukünftige wirtschaftliche Chance zu geben.

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10. DTAG: Ab sofort Inverssuche bei Telefondaten
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Im Zuge des vor kurzem in Kraft getretenen neuen Telekommunikationsgesetzes (TKG), vgl. die Kanzlei-Info v. 26.06.2004 (= http://snipurl.com/7qe9), ist es ab sofort erlaubt, dass die Netz-Betreiber eine sogenannte Inverssuche anbieten (§ 105 Abs. 3 TKG).

Unter einer Inverssuche wird die Rückverfolgung des Anschlussinhabers nur anhand seiner Telefonnummer verstanden.

Der Telefonkunde kann einer solchen Inverssuche widersprechen. Er muss vorab auf dieses Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Die Deutsche Telekom AG (DTAG) hat inzwischen begonnen, ihre Telefonkunden diesbzgl. anzuschreiben.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat hinsichtlich der aktuellen Entwicklung in Sachen Inverssuche eine eigene Mitteilung herausgegeben = http://snipurl.com/7qeb

Auch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) bietet eine kurze Zusammenfassung der datenschutzrechtlichen Änderungen durch das neue Gesetz an = http://snipurl.com/7qec

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11. BMWA: Zeitplan für Umsetzung der TKG-Verordnungen
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Vor kurzem ist das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft getreten, vgl. dazu die Kanzlei-Info v. 26.06.2004 = http://snipurl.com/7qe9

Das Gesetz sieht zahlreiche Verordnungen vor, die durch die Bundesregierung oder einzelne Bundesministerien umgesetzt werden müssen.

Nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit einen inhaltlichen Zeitplan veröffentlicht, bis wann welche Verordnung umgesetzt werden soll (Download hier, PDF, 10 KB = http://snipurl.com/7qej).

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12. Studie: Unrechts-Bewusstsein bei Raubkopierern
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Ab sofort bietet das Institut für Strategieentwicklung der Universität Witten eine von der Software-Firma Microsoft in Auftrag gegebene Studie "Digitale Mentalität" zum Download an (PDF, 171 KB = http://snipurl.com/7qem).

Inhaltlich geht es um die Einstellung von Raubkopierern zu ihren Straftaten und dem damit verbundenen Unrechts-Bewusstsein. Auf über 36 Seiten stellen die Autoren die Ergebnisse ihrer Untersuchung dar.

Das Ergebnis ist wenig überraschend. Der Mehrheit der Befragten war bekannt, dass Raubkopieren von Software eine Straftat darstellt. Jedoch differenzierten die Teilnehmer. Fast 80% lehnten eine Bestraftung von Raubkopien für private Zwecke ab. Ganz anders dies Meinung bei Kopien zu kommerziellen Zwecken. Hier sprachen sich fast 95% der Befragten für eine Bestrafung aus.

Diese unterschiedliche Bewertung setzt sich auch bei den Fragen zur Vergleichbarkeit von Straftaten fort. Knapp 70% finden privates Raubkopieren weniger schlimm als einen Ladendiebstahl.

60% aller Befragten hatten keine Angst wegen ihrer illegalen Aktivtitäten belangt zu werden, da sie lediglich privater Natur seien.

Die Studie bietet auf knappem Raum interessante Einsichten. Mögen die Ergebnisse auch für die meisten Leser wenig überraschend sein, so handelt es sich dennoch um eine lesenswerte Abhandlung, da hier kompakt die einzelnen kriminologischen Bereiche dargestellt werden.


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