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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Geschlecht des Kunden für Erwerb eines Bahn-Tickets ist keine notwendige Angabe iSd. DSGVO
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DSGVO und Schienentransport: Die Geschlechtsidentität des Kunden ist keine für den Erwerb eines Fahrscheins erforderliche Angabe Die Erhebung von Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden ist nicht objektiv unerlässlich, insbesondere wenn sie darauf abzielt, die geschäftliche Kommunikation zu personalisieren Der Verband Mousse beanstandete bei der französischen Behörde für den Schutz personenbezogener Daten (CNIL) die Praxis des französischen Eisenbahnunternehmens SNCF Connect, seine Kunden beim Onlineerwerb von Fahrscheinen systematisch zu verpflichten, ihre Anrede („Herr“ oder „Frau“) anzugeben. Seiner Ansicht nach verstößt diese Verpflichtung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Datenminimierung, da die Anrede, die einer Geschlechtsidentität entspreche, keine für den Erwerb eines Fahrscheins erforderliche Angabe sein dürfte. 2021 wies die CNIL diese Beschwerde mit der Begründung zurück, dass diese Praxis keinen Verstoß gegen die DSGVO darstelle. Mousse war mit diesem Bescheid nicht einverstanden und wandte sich an den französischen Staatsrat, um ihn für nichtig erklären zu lassen. Der Staatsrat fragt den Gerichtshof insbesondere, ob die Erhebung von Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden, die auf die Angaben „Herr“ oder „Frau“ beschränkt ist, als rechtmäßig und insbesondere mit dem Grundsatz der Datenminimierung vereinbar eingestuft werden kann, wenn diese Erhebung darauf abzielt, eine personalisierte geschäftliche Kommunikation mit diesen Kunden in Übereinstimmung mit der allgemeinen Verkehrssitte in diesem Bereich zu ermöglichen. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach dem Grundsatz der Datenminimierung, mit dem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck gebracht wird, die erhobenen Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen. Die DSGVO enthält eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann: Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verarbeitung (1.) für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder (2.) zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen dieser Verarbeitung oder eines Dritten erforderlich ist. Was den ersten dieser beiden Rechtfertigungsgründe anbelangt, muss die Verarbeitung von Daten für die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags objektiv unerlässlich sein, damit sie für die Erfüllung eines Vertrags als erforderlich angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang erscheint eine Personalisierung der geschäftlichen Kommunikation, die auf einer anhand der Anrede des Kunden angenommenen Geschlechtsidentität beruht, nicht objektiv unerlässlich, um die ordnungsgemäße Erfüllung eines Schienentransportvertrags zu ermöglichen. Das Eisenbahnunternehmen könnte sich nämlich für eine Kommunikation entscheiden, die auf allgemeinen und inklusiven Höflichkeitsformeln beruht, die in keinem Zusammenhang mit der angenommenen Geschlechtsidentität der Kunden stehen, was eine praktikable und weniger einschneidende Lösung wäre. In Bezug auf den zweiten Rechtfertigungsgrund stellt der Gerichtshof unter Hinweis auf seine einschlägige ständige Rechtsprechung klar, dass die Verarbeitung von Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden eines Transportunternehmens, die darauf abzielt, die geschäftliche Kommunikation aufgrund ihrer Geschlechtsidentität zu personalisieren, nicht als erforderlich angesehen werden kann, wenn (1.) diesen Kunden bei der Erhebung dieser Daten nicht das verfolgte berechtigte Interesse mitgeteilt wurde, oder (2.) die Verarbeitung nicht innerhalb der Grenzen dessen erfolgt, was zur Verwirklichung dieses berechtigten Interesses unbedingt notwendig ist, oder (3.) in Anbetracht aller relevanten Umstände die Grundrechte und Grundfreiheiten dieser Kunden gegenüber diesem berechtigten Interesse überwiegen können, insbesondere wegen der Gefahr einer Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-394/23 | Mousse Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 09.01.2025
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2.
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EuGH: Wann Anfragen von Verbrauchern bei Datenschutzbehörden als exzessiv einzustufen sind
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In einer aktuellen Entscheidung hat der EuGH klargestellt, wann Anfragen an Datenschutzbehörden durch Verbraucher als exzessiv gelten und welche Maßnahmen die Behörde in solchen Fällen ergreifen kann (EuGH, Urt. v. 09.01.2025 - Az.: C-416/23). Eine Person legte bei der österreichischen Datenschutzbehörde zahlreiche Beschwerden über mutmaßliche Verstöße gegen die DSGVO ein. Die Behörde lehnte es ab, auf eine dieser Beschwerden einzugehen, mit der Begründung, dass diese und frühere Eingaben exzessiv seien. Die Person hatte innerhalb von 20 Monaten 77 Beschwerden eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht Österreich hob die Entscheidung des Amtes auf. Es stellte fest, dass die bloße Anzahl der Anfragen nicht ausreiche, um diese als exzessiv einzustufen, und dass ein Missbrauchscharakter nachgewiesen werden müsse. Der EuGH entschied nun: 1. Exzessivität und Missbrauch: Eine große Anzahl von Beschwerden allein rechtfertige noch keine Einstufung als exzessiv. Vielmehr müsse die Behörde nachweisen, dass die Beschwerden mit der Absicht eingereicht wurden, das Funktionieren der Behörde zu stören oder sie zu überlasten. Denn die Möglichkeit, Beschwerden einzureichen, sei ein zentraler Mechanismus der DSGVO. Einschränkungen dürften nicht zu einer willkürlichen Beeinträchtigung führen. “(…) ist dahin auszulegen, dass Anfragen nicht allein aufgrund ihrer Zahl während eines bestimmten Zeitraums als „exzessiv“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden können, da die Ausübung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befugnis voraussetzt, dass die Aufsichtsbehörde das Vorliegen einer Missbrauchsabsicht der anfragenden Person nachweist.”
2. Reaktionsmöglichkeiten der Behörde: Bei exzessiven Anfragen könne die die Behörde eine Gebühr verlangen oder sich weigern, tätig zu werden. Diese Maßnahmen müssten jedoch verhältnismäßig und gut begründet sein: "ist dahin auszulegen, dass “eine Aufsichtsbehörde bei exzessiven Anfragen durch eine mit Gründen versehene Entscheidung wählen kann, ob sie eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangt oder sich weigert, aufgrund der Anfrage tätig zu werden, wobei sie alle relevanten Umstände berücksichtigen und sich vergewissern muss, dass die gewählte Option geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.”
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3.
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EuG: EU-Kommission muss Verbraucher wegen Datenschutzverletzung 400,- EUR DSGVO-Schadensersatz bezahlen
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Das Gericht verurteilt die Kommission, einem Besucher der Website der Konferenz zur Zukunft Europas, die von der Kommission betrieben wird, den durch die Übermittlung personenbezogener Daten an die Vereinigten Staaten entstandenen Schaden zu ersetzen Mit dem auf der Website von „EU Login" angezeigten Hyperlink „Sign in with Facebook" hat die Kommission die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die IP-Adresse des Betroffenen an das amerikanische Unternehmen Meta Platforms, Inc. übermittelt wurde Ein in Deutschland lebender Bürger wirft der Kommission vor, sein Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten verletzt zu haben, als er 2021 und 2022 die von der Kommission betriebene Website der Konferenz zur Zukunft Europas besucht habe. Er hatte sich über diese Website zu der Veranstaltung „GoGreen" angemeldet und hierzu den Authentifizierungsdienst „EU Login" der Kommission verwendet, bei dem er sich für die Anmeldeoption „Mit Facebook anmelden" entschieden hatte. Der Betroffene meint, bei seinen Besuchen der Website der Konferenz zur Zukunft Europas seien ihn betreffende personenbezogene Daten an Empfänger in den Vereinigten Staaten übermittelt worden, insbesondere seine IP- Adresse sowie Browser- und Geräteinformationen. Ihn betreffende personenbezogene Daten seien zum einen an das amerikanische Unternehmen Amazon Web Services übermittelt worden, das das Content Delivery Network „Amazon CloudFront" betreibe, über das die betreffende Website laufe, und zum anderen an das amerikanische Unternehmen Meta Platforms, Inc., nämlich bei seiner Anmeldung zu der Veranstaltung „GoGreen" über sein Facebook-Konto. Die Vereinigten Staaten hätten aber kein angemessenes Schutzniveau. Die ihn betreffenden personenbezogenen Daten seien deshalb der Gefahr eines Zugriffs durch die Sicherheits- und Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten ausgesetzt. Die Kommission habe keine geeigneten Schutzmaßnahmen genannt, die die Datenübermittlungen zu rechtfertigen vermöchten. Der Betroffene beantragt als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm durch die streitigen Datenübermittlungen entstanden sei, 400 Euro. Er beantragt ferner, die Übermittlungen der ihn betreffenden personenbezogenen Daten für nichtig zu erklären, festzustellen, dass die Kommission es rechtswidrig unterlassen habe, zu einem Antrag auf Auskunft Stellung zu nehmen, und die Kommission zu verurteilen, an ihn als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm durch die Verletzung seines Auskunftsrechts entstanden sei, 800 Euro zu zahlen. Das Gericht weist den Antrag auf Nichtigerklärung als unzulässig ab und stellt fest, dass der Rechtsstreit, was den Antrag auf Feststellung der Untätigkeit angeht, in der Hauptsache erledigt ist. Es weist auch den auf die Verletzung des Auskunftsrechts gestützten Schadensersatzantrag zurück, weil der behauptete immaterielle Schaden nicht vorliegt. Den auf die streitigen Datenübermittlungen gestützten Schadensersatzantrag weist das Gericht zurück, soweit es um die Datenübermittlungen über „Amazon CloudFront" geht. Das Gericht stellt insoweit fest, dass bei einer der streitigen Verbindungen die Daten nicht an die Vereinigten Staaten, sondern nach dem Prinzip der Proximität an einen Server in München übermittelt worden sind. Nach dem Vertrag, den die Kommission mit dem Betreiber von „Amazon CloudFront", der luxemburgischen Gesellschaft Amazon Web Services EMEA SARL, geschlossen hat, musste Letztere gewährleisten, dass die Daten im Ruhezustand und bei der Übermittlung in Europa bleiben. Bei einer anderen Verbindung ist die Weiterleitung an Server in den Vereinigten Staaten, die durch den RoutingMechanismus von „Amazon CloudFront" erfolgte, auf das Verhalten des Betroffenen selbst zurückzuführen. Dieser gab sich nämlich mit Hilfe einer technischen Einstellung für jemanden aus, der sich in den Vereinigten Staaten befand. Soweit es um Anmeldung des Betroffenen zu der Veranstaltung „GoGreen" geht, stellt das Gericht hingegen fest, dass die Kommission mit dem Hyperlink „Sign in with Facebook", der auf der Website von „EU Login" angezeigt wird, die Voraussetzungen für die Übermittlung der IP-Adresse des Betroffenen an Facebook geschaffen hat. Die IP- Adresse des Betroffenen gehört zu den personenbezogenen Daten. Sie wurde mit dem Hyperlink „Sign in with Facebook" an die Meta Platforms, Inc., eine Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten, übermittelt. Diese Datenübermittlung ist der Kommission zuzurechnen. Zum Zeitpunkt dieser Datenübermittlung (30. März 2022) gab es aber keinen Beschluss, mit dem festgestellt worden wäre, dass die Vereinigten Staaten für die personenbezogenen Daten der Unionsbürger ein angemessenes Schutzniveau geboten hätten. Die Kommission hat auch nicht dargetan, ja nicht einmal behauptet, dass es eine geeignete Garantie gegeben hätte, etwa eine Standarddatenschutzklausel oder eine Vertragsklausel5. Für die Anzeige des Hyperlinks „Sign in with Facebook" auf der Website von „EU Login" galten schlicht und einfach die Nutzungsbedingungen von Facebook. Mithin hat die Kommission die Voraussetzungen für die Übermittlung personenbezogener Daten an ein Drittland durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine Stelle der Union nicht beachtet. Das Gericht stellt fest, dass die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, begangen hat. Der Betroffene hat auch einen immateriellen Schaden erlitten. Er befindet sich nämlich in einer Lage, in der er nicht sicher ist, wie die ihn betreffenden personenbezogenen Daten, insbesondere seine IP-Adresse, verarbeitet werden. Außerdem besteht zwischen dem von der Kommission begangenen Verstoß und dem immateriellen Schaden, der dem Betroffenen entstanden ist, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang. Da die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union erfüllt sind, verurteilt das Gericht die Kommission, an den Betroffenen, wie von ihm beantragt, 400 Euro zu zahlen. Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-354/22 | Bindl / Kommission Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 08.01.2025 Hinweis Die Voilltext-Entscheidung gibt es hier.
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BGH: AnomChat-Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten verwertbar
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 20. Oktober 2023 in weiten Teilen verworfen; allein wegen des Inkrafttretens des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 27. März 2024 ist zum Strafmaß, im Übrigen wegen insoweit lückenhafter Feststellungen zur Vermögensabschöpfung neu zu verhandeln. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 35 Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie die Einziehung von Taterlösen über mehr als 500.000 Euro angeordnet. In neun Fällen waren zentrale Beweismittel Nachrichten des Angeklagten, die dieser zur Organisation des Drogenhandels über eine in der Taschenrechnerfunktion seines Mobiltelefons versteckten App "Anom" versandt hatte. Der Angeklagte hat mit seiner Revision gerügt, dass diese über das Justizministerium der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) erlangten Daten nicht als Beweismittel in seinem Strafverfahren hätten verwertet werden dürfen. Der Bundesgerichtshof hat diese Beanstandung als nicht durchgreifend angesehen. Er hat entschieden, dass die von den USA übermittelten Daten als Beweismittel verwertbar sind, wenn sie wie hier der Aufklärung schwerer Straftaten dienen. 1. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zugrunde: a) Nach den vom Angeklagten mit seiner Revision vorgelegten umfangreichen Unterlagen ermittelten US-Behörden gegen ein Unternehmen, das Kryptomobiltelefone ausschließlich an Mitglieder krimineller Vereinigungen zur verschlüsselten Kommunikation veräußerte. Nach Einleitung von Strafverfahren gegen Verantwortliche dieses Unternehmens ließ das Federal Bureau of Investigation (FBI) eigens entwickelte Kryptomobiltelefone mit dem Namen "Anom" an kriminelle Organisationen veräußern. Obwohl jedes Anom-Gerät Ende-zu-Ende verschlüsselt war, verfügte das FBI ohne Wissen der Nutzer über die Codes, um jede Nachricht zu entschlüsseln. Der Server, an den bei Versand einer Nachricht eine Kopie gesendet wurde, stand nach Auskunft des US-Justizministeriums seit Sommer 2019 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, dessen Identität das FBI auf dessen Bitte nicht preisgab; auch warum der Drittstaat um Geheimhaltung bat, ist unbekannt. Jedenfalls sei dort im Oktober 2019 ein Gerichtsbeschluss ergangen, der ein Kopieren des Servers und den Empfang seiner Inhalte ermöglichte. b) Im Rechtshilfeverkehr leitete der EU-Staat die Anom-Server-Daten an das FBI weiter. Das Aus- und Weiterleiten der Daten war nach dem Gerichtsbeschluss zeitlich bis zum 7. Juni 2021 begrenzt. Das Bundeskriminalamt erhielt über eine internetbasierte Auswerteplattform informatorisch Zugang zu den dekryptierten Inhaltsdaten mit Deutschlandbezug. Am 31. März 2021 leitete die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Verfahren gegen die Nutzer der Anomkryptohandys ein und stellte am 21. April 2021 ein Rechtshilfeersuchen an das US-Justizministerium, das mit Schreiben vom 3. Juni 2021 der Verwertung der übersandten Daten zustimmte. 2. Folgende rechtliche Erwägungen waren für den Bundesgerichtshof maßgeblich: a) Verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die Verwertung von Beweisen im Strafprozess ist § 261 StPO. Dies gilt auch für im Wege der Rechtshilfe erlangte Daten. Eine ausdrückliche Regelung, dass solche Beweise nur eingeschränkt verwendet werden dürfen, enthält das deutsche Recht nicht. b) Das von der Revision geltend gemachte Beweisverwertungsverbot besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. aa) Die Frage, ob ein solches Verbot besteht, ist ausschließlich nach deutschem Recht zu beantworten. Die ausländischen Ermittlungsmaßnahmen waren nicht am Maßstab des ausländischen Rechts zu überprüfen. Es ist auch nicht entscheidend, ob die deutschen Ermittlungsbehörden in gleicher Weise hätten vorgehen dürfen. bb) Gegen menschenrechtliche Grundwerte oder gegen grundlegende Rechtsstaatsanforderungen im Sinne eines im Rechtshilfeverkehr zu prüfenden "ordre public" wurde nicht verstoßen. Denn die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis waren begrenzt. Die Maßnahmen richteten sich ausschließlich gegen Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für die Beteiligung an Straftaten der organisierten Kriminalität, insbesondere im Bereich des Betäubungsmittel- und Waffenhandels, bestanden. Schon angesichts der hohen Kosten und des auf kriminelle Kreise beschränkten Vertriebswegs (‚designed by criminals for criminals") begründete bereits der Erwerb eines Anom-Handys den Verdacht, dass der Nutzer das Gerät zur Planung und Begehung schwerer Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität einsetzte. Auch der Umstand, dass der Angeklagte nicht unmittelbar die im Drittland ergangenen Beschlüsse angreifen konnte sowie die Existenz und der Inhalt derselben der deutschen Strafjustiz nur vom Hörensagen bekannt sind, führt in der Gesamtabwägung nicht zur Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Urteil vom 9. Januar 2025 - 1 StR 54/24 Vorinstanz: Landgericht Tübingen - Urteil vom 20. Oktober 2023 - 2 KLs 42 Js 27225/22 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 09.01.2025
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KG Berlin: Online-Werbung für Osteopathie muss wissenschaftlich belegt sein, andernfalls irreführend
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Eine Online-Werbung für eine medizinische Osteopathie-Behandlung muss sich auf wissenschaftliche Fakten stützen. Wissenschaftlich umstrittene Aussagen müssten hinreichend transparent gekennzeichnet sein. Ist dies nicht der Fall, so liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor (KG Berlin, Urt. v. 03.12.2024 – Az. 5 U 9/24). Die Beklagte unterhielt eine Osteopathie-Praxi und warb auf ihrer Webseite mit zahlreichen Aussagen für ihre Osteopathie-Behandlung, so u.a.: "Die durch die Schwangerschaft bedingten Umstellungen können sich in den verschiedenen Bereichen des Körpers bemerkbar machen. Eine osteopathische Behandlung kann hier eine deutliche Erleichterung schaffen. Zudem wird durch das Lösen von Blockierungen dem ungeborenen Kind eine möglichst gute Umgebung für seine Entwicklung geschaffen und bestmögliche Voraussetzungen für eine komplikationslose.Entbindung"
und “Da traumatische Ereignisse oftmals auch ohne die Anwesenheit der Eltern oder einer anderen Person stattfinden, macht es Sinn sein Kind in regelmäßigen Abständen von einem Osteopathen untersuchen und behandeln zu lassen, um es so in seiner Entwicklung bestmöglich zu unterstützen.”
und “Sinnvoll ist eine osteopathische Behandlung auch bei der Durchführung einer kieferorthopädischen Behandlung, sei es durch eine festsitzende Zahnspange oder durch flexible Maßnahmen. Die osteopathische Behandlung kann dabei die Tragedauer der Zahnspange deutlich verkürzen und evtl. Nebenwirkungen der Zahnspange abmildern.”
Das KG Berlin stufte diese Reklame durchgehend als irreführend ein, da hiervon nichts wissenschaftlich belegt sei. Die therapeutische Wirksamkeit der Osteopathie sei in der Fachwelt weiterhin umstritten. Die vorliegende Werbung lasse jedoch keinen solchen Zweifel an der Wirksamkeit und erwecke damit falsche Erwartungen bei Verbrauchern. Für gesundheitsbezogene Werbung gelte strenger Maßstab: Aussagen müssten durch wissenschaftlich fundierte Studien belegt sein. Die Beklagte könne jedoch keine ausreichenden Beweise vorlegen. “Die Bundesärztekammer stellt daher grundsätzlich fest, dass einigermaßen zuverlässige Aussagen zur Wirksamkeit/Effektivität osteopathischer Behandlungen nur zu wenigen Erkrankungsbildern vorlägen. Daraus sei insgesamt zu folgern, dass für die Anwendung bestimmter osteopathischer Techniken - hauptsächlich im Bereich der „parietalen Osteopathie“ und in geringem Maß im Bereich der „viszeralen Osteopathie“ - allenfalls Hinweise für die Wirksamkeit nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin vorlägen (…); eine Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen ist damit weder sicher wissenschaftlich belegt noch widerlegt. Unter Berücksichtigung dieser fachlichen Einschätzung der Bundesärztekammer nimmt auch das OLG Celle an, dass - auf der Grundlage der im dortigen Verfahren vorgelegten Unterlagen - in der wissenschaftlichen Diskussion eine therapeutische Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen bestritten ist und auch durch die Bekanntmachung der Bundesärztekammer - trotz der aufgeführten Hinweise - nicht belegt wird (…)."
Und weiter: “Unzulässig ist es außerdem, wenn mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen. Darüber hinaus kann es irreführend sein, wenn eine Werbeaussage auf Studien gestützt wird, die diese Aussage nicht tragen (…).”
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OLG Frankfurt a.M.: Keine bildlich identifizierende Berichterstattung über Heranwachsende
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Kann ein Lied eines Rappers dahingehend verstanden werden, dass er den Angriff der Hamas auf Israel unterstützt und die dortige Gewaltanwendung gutheißt, besteht eine hinreichende Tatsachengrundlage für einen Pressebericht, in dem dem Musiker „antisemitische Hetze“ vorgeworfen wird. Die Veröffentlichung von Bildern ist dagegen unter Berücksichtigung u.a. seines Status als Heranwachsender und nur geringer Verbreitung seiner Lieder nicht gerechtfertigt, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss. Der Kläger ist Rapper und nimmt die Herausgeberin einer bundesweit erscheinenden deutschen Tageszeitung im Eilverfahren auf Unterlassen verschiedener Aussagen sowie der Verbreitung von Bildern im Rahmen eines Artikels vom Frühjahr 2024 über seine Einbürgerung „trotz antisemitischer Hetze“ in Anspruch. Das Landgericht hatte seinem Antrag zu einem geringen Teil stattgegeben und ihn im Übrigen abgewiesen. Seine Beschwerde hatte vor dem OLG zum Teil Erfolg. Das Landgericht habe allerdings zu Recht zahlreiche Äußerungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Kläger und seiner „antisemitischen Hetze“ als zulässige Meinungsäußerung, basierend auf hinreichender Tatsachengrundlage, angesehen, an deren Verbreitung ein schützenswertes Interesse bestehe, führte der zuständige Pressesenat aus. Die vom Kläger in Social Media Beiträgen und in einem Song getätigten Aussagen könnten als Unterstützung für die Hamas bzw. als Gutheißung des Angriffs vom 07.10.2023 verstanden werden. In dem Liedtext werde u.a. betont, dass Israel der Feind sei, der an einem Samstag, dem jüdischen Feiertag überraschend angegriffen worden sei und nun wie ein waffenloses Baby weine und wie Spinnennetze weggepustet werden solle. Der Kläger könne sich aus diesen Gründen auch nicht gegen die Aussage wehren, dass seine Verwendung des sog. Tauhid-Fingers in den Zusammenhang mit einer „islamistischen Überlegenheitsideologie“ gestellt werde. Der Kläger bestreite auch nicht, den Tauhid-Finger zu zeigen. Mit Erfolg wende sich der Kläger jedoch dagegen, als Anhänger des salafistischen Predigers Othman al-Khamees bezeichnet zu werden. Für diese Meinungsäußerung fehle es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Kläger habe zudem einen Anspruch auf Unterlassung der Erkennbarmachung durch Bildnisse. „Eine Identifizierung ist nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht“,
führte der Senat weiter aus. Bei der gebotenen Abwägung sei zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Thema der Berichterstattung von großem öffentlichen Interesse sei, der Kläger allein in seiner Sozialsphäre betroffen sei und sich zudem selbst in die Öffentlichkeit begeben habe. Zugunsten des Klägers sei jedoch zu werten, dass die mit der Berichterstattung verbundene Prangerwirkung mit einem erheblichen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht verbunden sei und es sich hier um „keine in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit mit Kontrast- und Leitbildfunktion handelt, sondern um einen 18-jährigen Heranwachsenden mit höherer Schutzbedürftigkeit, der sich und seine (...) Musik auf seinem Instagram-Account mit einer geringen Anzahl von Followern präsentiert“.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.10.2024, Az.: 16 W 40/24 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.7.2024, Az.: 2-03 O 288/24) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 06.12.2024
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LG Berlin II: Persönlichkeitsverletzung führt zu umfassendem Beweisverbot für Presseberichterstattung
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Informationen, die unter Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht erlangt wurden, führen zu einem umfassenden Beweisverbot. Ein Presseorgan kann sich auf diese Tatsachen nicht berufen, da sie sowohl einem Beweisverwertungsverbot als auch einem Tatsachenvortragsverwertungsverbot unterliegen. Die aufgestellten Behauptungen sind in einem solchen Fall als unwahr zu unterstellen (LG Berlin II, Urt. v. 05.12.2024 - Az.: 27 O 226/22). Ein Prominenter klagte gegen ein Medienunternehmen, das online über eine angebliche außereheliche Beziehung berichtete. Die Berichte stützten sich unter anderem auf heimlich aufgenommene Fotos, die im Rahmen einer Dauerobservation entstanden waren. Als der Prominente gegen das Presseorgan vorging, ging es um die Frage, ob die Behauptungen tatsächlich der Wahrheit entsprachen. Das LG Berlin II vertrat den Standpunkt, dass in Fällen, in denen Informationen unter Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts beschafft worden seien, ein umfassendes Verwertungsverbot anzuwenden sei. Dies habe zur Folge, dass die Behauptungen prozessual als unwahr zu unterstellen seien: "Denn die von der Beklagten erlangten und ausschließlich die Privatsphäre des Klägers betreffenden Erkenntnisse beruhen auf einer heimlichen und den Kläger ihrerseits in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzenden Dauerobservation, die nicht nur zu einem Beweisverwertungsverbot (…), sondern unabhängig von der prozessualen Einlassung des Klägers zu einem vollständigen zivilprozessualen Sachvortragsverwertungsverbot führt. Davon ausgehend sind die Erkenntnisse der Beklagten als prozessual unwahr zu behandeln. Die Berichterstattung unwahrer Tatsachen über seine Person hat der Kläger aber – von hier nicht einschlägigen Ausnahmekonstellationen abgesehen – nicht hinzunehmen."
Das LG Berlin verurteilte die Beklagte daher zur Unterlassung.
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ArbG Berlin: Online-Veröffentlichung von Schmähkritik über den eigenen Arbeitgeber ist rechtswidrig
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Das Arbeitsgericht Berlin hat die Abmahnung gegenüber einem Mitglied der ver.di-Betriebsgruppe bei der Freien Universität Berlin wegen deren Aufrufs im Internet für rechtmäßig angesehen. In dem Aufruf wird der Universität vorgeworfen, sich tarifwidrig, mitbestimmungsfeindlich und antidemokratisch zu verhalten und dadurch den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD zu befördern. Das klagende Vorstandsmitglied der ver.di-Betriebsgruppe steht in einem Arbeitsverhältnis zur beklagten Universität und ist freigestelltes Personalratsmitglied. Der Vorstand der Betriebsgruppe veröffentlichte Ende Januar 2024 auf deren Internetpräsenz einen Aufruf zur Teilnahme an einem Aktionstag unter anderem gegen die AfD. In dem Aufruf heißt es über die beklagte Universität, sie halte Tarifverträge nicht ein, gliedere Tätigkeiten unterer Lohngruppen mit einem hohen Anteil migrantischer Beschäftigter aus, bekämpfe Mitbestimmung und demokratische Prozesse, und gewerkschaftliche Organisierung sei ihr ein Dorn im Auge. Damit fördere die Universität den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD. Die Arbeitgeberin erteilte dem Arbeitnehmer Anfang März 2024 eine Abmahnung und führte in dieser aus, in den zitierten Passagen liege eine ehrverletzende Kritik, die eine Verletzung der Treue- und Loyalitätspflicht im Arbeitsverhältnis darstelle. Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Entfernung der Abmahnung abgewiesen. Es bestehe ein hinreichender Bezug des Aufrufs zum Arbeitsverhältnis der Parteien. Seine Nebenpflicht zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis habe der Arbeitnehmer durch den Aufruf verletzt. Zwar sei wegen der enthaltenen wertenden Elemente von einer Meinungsäußerung auszugehen. Diese überschreite jedoch nach Anlass, Kontext und Zweck die Grenze auch polemischer oder überspitzter Kritik. Es handele sich vielmehr um eine vom Schutz der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz nicht gedeckte Schmähkritik. Für die erhobenen Vorwürfe fehlten Anhaltspunkte in der Realität. So sei etwa die Fremdvergabe von Reinigungsarbeiten im Öffentlichen Dienst üblich. Das Arbeitsgericht hat weiter angenommen, die Äußerungen seien auch nicht aufgrund der in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz gewährleisteten Koalitionsfreiheit gerechtfertigt. Die Werbung zur Teilnahme an dem Aktionstag sei ebenso wenig Gegenstand des abgemahnten Verhaltens wie die Äußerungen in Bezug auf die Bundesregierung. Allein die Schmähkritik bezogen auf die Universität werde abgemahnt; sie sei auch vom Schutzbereich des Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz nicht erfasst. Gegen das Urteil kann der klagende Arbeitnehmer Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einlegen. Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 5. Dezember 2024, Aktenzeichen 58 Ca 4568/24 Quelle: Pressemitteilung des ArbG Berlin v. 06.01.2025
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AG Hannover: Polizeibeamter bot online illegale Abfragen bei Meldeamt, Polizei-Auskunftssystem und Kraftfahrt-Bundesamt an
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Das Schöffengericht des Amtsgerichts Hannover hat mit Urteil vom 16.12.2024 einen 28-jährigen ehemaligen Polizeibeamten wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 11 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Zudem wurde eine Einziehungsentscheidung über 185,00€ sowie die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 24.421,92€ angeordnet. Der Angeklagte, der aufgrund seiner Tätigkeit als Polizeibeamter zunächst in einem Polizeikommissariat im Osten der Region Hannovers und anschließend in der Cyberabteilung beim Zentralen Kriminaldienst Hannover Zugriff auf sämtliche dortigen Abfragesysteme hatte, tätigte im Zeitraum von Dezember 2022 bis Anfang April 2023 in mindestens fünf Fällen Abfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt, dem Einwohnermeldeamt und dem Auskunftssystem der Polizei. Die hierdurch erlangten Informationen verkaufte er über die mittlerweile beschlagnahmte Handelsplattform crimemarket.is und erhielt im Gegenzug Zahlungen in Bitcoins. Das Interesse der Käufer bestand u.a. darin, zivile Fahrzeuge der Polizei als auch Kennzeichen von beliebigen Personen, an denen ein weitergehendes Interesse besteht, enttarnen zu können. In den fünf festgestellten Fällen fragte der Angeklagte stets amtliche Kennzeichen ab und übermittelte die jeweiligen Informationen an die unbekannten Abnehmer weiter. Dabei übersandte er sich u.a. gefertigte Screenshots an seinen privaten Mail-Account. Der Angeklagte erhielt für seine Abfragen Beträge zwischen 35,00€ und 150,00€. Hierbei orientierte er sich an Preisen eines unbekannt gebliebenen Dritten, der ebenfalls Abfragen dieser Art anbot. Der Verdacht gegen den Angeklagten erhärtete sich, nachdem durch das LKA Brandenburg in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt „Scheinkäufe“ durchgeführt worden, die in Verknüpfung der dienstlichen Abfragen mit den Angeboten unter seinem Plattform-Nutzernamen Rückschlüsse auf ihn zuließen. Die weiteren Ermittlungen führte zunächst die Staatsanwaltschaft Mannheim und sodann die Staatsanwaltschaft Hannover. Ausgehend von den eingehenden Zahlungen auf seiner Bitcoin-Adresse ergab sich der Verdacht auf insgesamt 143 gekaufte Auskünfte, wofür der Angeklagte einen Betrag von mindestens 24.421,92€ erhielt. Dieser Betrag wurde durch das Urteil eingezogen. Der Angeklagte, dessen Laufbahn im Oktober 2017 im Vorbereitungsdienst als Anwärter des Polizeivollzugsdienstes begann, ist auf eigenen Antrag mit der Bitte um Verzeihung für seine Taten zum 31.05.2023 aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden. Zwischenzeitlich erging ein Rückforderungsbescheid für die Anwärtergrundbeträge über 17.631,13€. Der Angeklagte, der sich zwischenzeitlich aufgrund eines Haftbefehls des ursprünglich zuständigen Amtsgerichts Mannheims vom 08.05.2023 bis 19.05.2023 Tage in Untersuchungshaft befand, zeigte sich vor dem Schöffengericht einsichtig und geständig. Dem Angeklagten wurde aufgegeben, in der dreijährigen Bewährungszeit einen Betrag in Höhe von 3.000,00€ an die Landeskasse zu zahlen. Der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wurde aufgehoben. Das Urteil ist rechtskräftig. Angewendete Vorschriften: §§ 332 Abs. 1, 335 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1, §§ 53, 73 Abs. 1, 73a, 73c, 73d StGB Aktenzeichen: 224 Ls 74/24 Quelle: Pressemitteilung des AG Hannover v. 10.01.2025 § 332 Bestechlichkeit (1) 1Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (…) (2) 1Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. 2In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. (3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat, Nr. 1 bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder, Nr. 2 soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen. § 335 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung (1) In besonders schweren Fällen wird Nr. 1 eine Tat nach a) § 332 Abs. 1 S. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und b) § 334 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und Nr. 2 eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. (2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn Nr. 1 die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht Nr. 2 der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder Nr. 3 der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
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VG Mainz: Presserechtlicher Auskunftsanspruch über Behandlung eines verstorbenen Patienten
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Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist vorläufig verpflichtet, der Axel Springer-Verlagsgruppe Auskunft darüber zu geben, ob an einem zwischenzeitlich verstorbenen Patienten nach der Implantation eines Cardiobandes eines bestimmten Herstellers weitere medizinische Eingriffe vorgenommen worden sind. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz. Die Antragstellerin hat sich in der Vergangenheit in verschiedenen Medienformaten mit dem Einsatz eines bestimmten, seit dem Jahr 2024 nicht mehr auf dem Markt verfügbaren Cardiobandes beschäftigt, das u.a. als Alternative zur herkömmlichen Herzklappen-Operation angesehen worden ist. Die Antragsgegnerin hat die Offenlegung medizinischer Angaben zu dem auch von ihr eingesetzten Gerät verweigert und sich hinsichtlich eines ihrer Patienten auf den auch nach dessen Tod geltenden Geheimnisschutz berufen. Das Verwaltungsgericht gab dem Eilantrag, der insgesamt drei Fragestellungen beinhaltete, im Hinblick auf eine Frage statt. Aufgrund des presserechtlichen Auskunftsanspruchs sei die Universitätsmedizin verpflichtet, Auskunft darüber zu geben, ob bei dem von ihr behandelten Patienten nach der Implantierung des in Rede stehenden Cardiobandes weitere medizinische Interventionen nötig gewesen seien. Das Auskunftsverlangen diene der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse. Die Antragstellerin habe sich in der Vergangenheit in ihrer Berichterstattung mit dem spezifischen Cardioband und seinen Auswirkungen beschäftigt und plane dies auch für die nahe Zukunft. Die Antragsgegnerin könne sich demgegenüber nicht auf den postmortalen Geheimnisschutz des namentlich bekannten Patienten berufen. In welchem Umfang ein Arzt nach dem Tode des Patienten zum Schweigen verpflichtet sei, hänge allein vom geäußerten oder vermuteten Willen des Geheimnisgeschützten ab. Der Arzt müsse die Verweigerung der Auskunft nachvollziehbar begründen, die gerichtliche Prüfung beschränke sich indes auf die Vertretbarkeit der vorgebrachten ärztlichen Bedenken. Im vorliegenden Fall habe der Patient vor seinem Tod die Öffentlichkeit selbst in einer Fernsehsendung an seiner Operation mit der neuen Behandlungsmethode, an der Nachbehandlung und an seinem Gesundheitszustand teilhaben lassen. Nach seinem anzunehmenden mutmaßlichen Patientenwillen sei daher sein Einverständnis für die Beantwortung der Frage, ob weitere Behandlungen bei ihm nach seiner Operation erforderlich geworden seien, anzunehmen. Es handele sich dabei zudem um eine objektive Tatsache, die nicht geeignet sei, den Achtungsanspruch des Verstorbenen herabzusetzen oder sein Lebensbild zu verfälschen. Es bestehe insgesamt ein hohes öffentliches Interesse an der genaueren Untersuchung etwa von Todesfällen im Zusammenhang mit der Implantation des spezifischen Cardiobandes, das den postmortalen Persönlichkeitsschutz des bereits verstorbenen Patienten angesichts der gegebenen Umstände überwiege. Die beiden weiteren Fragestellungen bedürften keiner gerichtlichen Entscheidung, weil die diesbezüglichen Antworten bekannt seien. (Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 18. Dezember 2024, 4 L 686/24.MZ) Die Entscheidung im Volltext kann hier abgerufen werden. Quelle: Pressemitteilung des VG Mainz v. 07.01.2025
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Webinar mit RA Dr. Bahr "Barrierefreiheit und Recht: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz" am 16.01.2025
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Am 16.01.2025 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Barrierefreiheit und Recht: Technische und rechtliche Herausforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)" Barrierefreiheit wird immer wichtiger – nicht nur für die Inklusion, sondern auch als gesetzliche und technische Anforderung. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) stehen Unternehmen vor neuen rechtlichen und technischen Herausforderungen und Chancen. Bis zum Stichtag 28. Juni 2025 müssen Webseiten und digitale Angebote barrierefrei gestaltet sein. Dieses Webinar beleuchtet praxisnah: - Die Ziele und Hintergründe des BFSG
- Welche Unternehmen betroffen sind und welche Ausnahmen gelten
- Rechtliche und technische Anforderungen
- Die wesentlichen Prinzipien der Barrierefreiheit: von wahrnehmbaren Inhalten bis zu tastaturfreundlicher Bedienung
- Konkrete Umsetzungsbeispiele und Best Practices
- Die Chancen, die barrierefreie Webseiten für Unternehmen bieten – von besserer Zielgruppenansprache bis zur Suchmaschinenoptimierung
Erfahren Sie, welche Anforderungen das Gesetz an die Konformität stellt und wie man diese erreicht. Diskutieren Sie mit den Referenten, wie Sie Ihre digitalen Angebote bis Juni 2025 fit machen können. Zuhörer können Ihre Fragen per Chat oder Audio-Live-Zuschaltung stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Referenten: Sonja Neidhardt, compositum Multimedia-Agentur Elise Roth, compositum Multimedia-Agentur Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Kanzlei Dr. Bahr
Über die Referenten: Sonja Neidhardt ist Geschäftsführerin der compositum Multimedia-Agentur und Expertin für digitale Kommunikation. Mit ihrer Erfahrung im Medienrecht und der Umsetzung barrierefreier Webseiten unterstützt sie Unternehmen bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und der Schaffung digitaler Erlebnisse für alle Zielgruppen. Elise Roth ist seit vielen Jahren Mitarbeiterin der compositum Multimedia-Agentur und vereint einen gestalterischen sowie technischenHintergrund. Damit ist sie die ideale Ansprechpartnerin für das Thema Barrierefreiheit, bei dem sich die Interessen dieser beiden Bereiche manchmal beißen können. Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr ist seit mehr als 22 Jahren als Rechtsanwalt auf das Recht der Neuen Medien spezialisiert. Als ehemaliger Programmierer und Web-Designer kennt er sich bestens sowohl im rechtlichen als auch technischen Bereich aus. Er ist Autor zahlreicher fachbezogener Offline- und Online-Aufsätze.
Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 16.01.2025 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr Kostenlose Webinar-Anmeldung hier
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