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Eine solche nationale Herangehensweise verstößt gegen das Unionsrecht, das den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft durch den Grundsatz der Aufsicht im Herkunftsmitgliedstaat des betreffenden Dienstes gewährleistet
Im Jahr 2021 hat Österreich ein Gesetz eingeführt, das inländische und ausländische Anbieter von Kommunikationsplattformen verpflichtet, Melde- und Überprüfungsverfahren für potenziell rechtswidrige Inhalte einzurichten. Dieses Gesetz sieht auch eine regelmäßige und transparente Veröffentlichung von Meldungen rechtswidriger Inhalte vor.
Eine Verwaltungsbehörde stellt die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicher und kann Geldstrafen in Höhe von bis zu 10 Mio. Euro verhängen.Google Ireland, Meta Platforms Ireland und TikTok, drei in Irland ansässige Plattformen, machen geltend, dass das österreichische Gesetz gegen das Unionsrecht, konkret gegen die Richtlinie über Dienste der Informationsgesellschaft, verstoße.
Hierzu von einem österreichischen Gericht befragt, weist der Gerichtshof auf das Ziel der Richtlinie hin: Schaffung eines rechtlichen Rahmens, um den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt beseitigt die Richtlinie durch den Grundsatz der Aufsicht im Herkunftsmitgliedstaat die Hemmnisse, die die verschiedenen nationalen, auf diese Dienste anwendbaren Regelungen darstellen.Zwar können andere Mitgliedstaaten als der Herkunftsmitgliedstaat des betreffenden Dienstes unter eng gefassten Bedingungen und in bestimmten Fällen tatsächlich Maßnahmen ergreifen, um die öffentliche Ordnung, den Schutz der öffentlichen Gesundheit, die öffentliche Sicherheit oder den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten. Diese konkreten Ausnahmen sind der Europäischen Kommission und dem Herkunftsmitgliedstaat mitzuteilen.
Jedoch dürfen andere Mitgliedstaaten als der Herkunftsmitgliedstaat des betreffenden Dienstes keine generell-abstrakten Maßnahmen ergreifen, die unterschiedslos für alle Anbieter einer Kategorie von Diensten der Informationsgesellschaft gelten.
Unterschiedslos bedeutet ohne Unterschied zwischen in diesem Mitgliedstaat ansässigen Diensteanbietern und solchen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.Hätten diese Mitgliedstaaten die Möglichkeit, solche generell-abstrakten Verpflichtungen zu erlassen, würde dies nämlich den Grundsatz der Aufsicht im Herkunftsmitgliedstaat des betreffenden Dienstes, auf dem die Richtlinie beruht, in Frage stellen.Wäre der Bestimmungsmitgliedstaat (hier Österreich) ermächtigt, solche Maßnahmen zu erlassen, würde in die Regelungskompetenz des Herkunftsmitgliedstaats (hier Irlands) eingegriffen.
Im Übrigen würde dies das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten untergraben und gegen den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verstoßen. Zudem unterlägen die betreffenden Plattformen unterschiedlichen Rechtsvorschriften, was auch dem freien Dienstleistungsverkehr und damit dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts zuwiderlaufen würde.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 09.11.2023
Fahrzeughersteller sind nach dem Unionsrecht verpflichtet, unabhängigen Wirtschaftsakteuren, zu denen Reparaturbetriebe, Ersatzteilhändler und Herausgeber technischer Informationen gehören, die Informationen zugänglich zu machen, die für die Reparatur und Wartung der von ihnen hergestellten Fahrzeuge erforderlich sind.Ein deutscher Branchenverband des freien Kfz-Teilehandels ist der Ansicht, dass weder die Form noch der Inhalt der Informationen, die seinen Mitgliedern vom Lkw-Hersteller Scania zur Verfügung gestellt werden, dieser Verpflichtung genügen.
Um dieser Situation abzuhelfen, rief der Verband ein deutsches Gericht an. Dieses hat sich seinerseits an den Gerichtshof gewandt, da es sich über den Umfang der Verpflichtungen von Scania nicht im Klaren war.
Es möchte u. a. wissen, ob Fahrzeug-Identifizierungsnummern personenbezogene Daten darstellen, zu deren Übermittlung die Hersteller verpflichtet sind.Der Gerichtshof entscheidet diese Frage dahingehend, dass Fahrzeughersteller verpflichtet sind, Zugang zu allen Fahrzeugreparatur- und -wartungsinformationen zu gewähren.
Diese Informationen müssen nicht unbedingt über eine Datenbankschnittstelle zugänglich gemacht werden, die eine maschinengesteuerte Abfrage und den Download der Ergebnisse ermöglicht. Ihr Format muss jedoch für die unmittelbare elektronische Weiterverarbeitung geeignet sein. So muss es das Format ermöglichen, die maßgeblichen Daten zu extrahieren und unmittelbar nach ihrer Erhebung zu speichern.
Der Gerichtshof entscheidet außerdem, dass die Fahrzeughersteller verpflichtet sind, eine Datenbank zu erstellen, die die Informationen über die Teile umfasst, die durch Ersatzteile ausgetauscht werden können. Die Suche nach Informationen in dieser Datenbank muss anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummern und weiterer Merkmale wie der Motorleistung oder der Ausstattungsvariante des Fahrzeugs möglich sein.
Der Gerichtshof betont, dass die Fahrzeug-Identifizierungsnummern in der Datenbank enthalten sein müssen.Diese Nummer ist als solche nicht personenbezogen. Sie wird jedoch zu einem personenbezogenen Datum, wenn derjenige, der Zugang zu ihr hat, über Mittel verfügt, die ihm die Identifizierung des Halters des Fahrzeugs ermöglichen, sofern der Halter eine natürliche Person ist.
Der Gerichtshof stellt hierzu fest, dass der Halter wie auch die Fahrzeug-Identifizierungsnummer in der Zulassungsbescheinigung angegeben sind. Selbst in den Fällen, in denen die Fahrzeug-Identifizierungsnummern als personenbezogene Daten einzustufen sind, steht die Datenschutz-Grundverordnung2 dem nicht entgegen, dass Fahrzeughersteller verpflichtet sind, sie unabhängigen Wirtschaftsakteuren bereitzustellen.Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-319/22 | Gesamtverband Autoteile-Handel (Zugang zu Fahrzeuginformationen)
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 09.11.2023
Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Der Kläger ist Journalist einer Tageszeitung. Er begehrt die genannten Auskünfte, die ihm seitens des BND unter Berufung auf nicht vorliegende statistische Auswertungen zunächst nicht erteilt wurden. Später teilte der BND dem Kläger die fünf Medien mit, mit denen im Gesamtzeitraum 2019/2020 am häufigsten Einzelhintergrundgespräche geführt worden sind. Bereits zuvor hatte der BND dem Kläger die im Zeitraum 2019 bis März 2020 besprochenen Themen mitgeteilt.Die Klage hatte Erfolg.
Dem Kläger stehen auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse die begehrten Auskünfte zu. Eine Generierung nicht vorhandener Informationen verlangt der Kläger nicht.
Überwiegende öffentliche Interessen und der Schutz der Pressefreiheit der Medien, die an Einzelhintergrundgesprächen teilgenommen haben, stehen der Auskunftserteilung im konkreten Fall nicht entgegen. Im Hinblick auf die durch den BND bereits erteilten Auskünfte wird nicht ersichtlich, dass durch die Herausgabe der begehrten ergänzenden Informationen die Gefahr der Aufdeckung der Recherchen betroffener Medienvertreter durch Dritte signifikant gesteigert wird.
BVerwG 10 A 2.23 - Urteil vom 09. November 2023
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 09.11.2023
Der Kläger ist Journalist bei einer Tageszeitung. Er hatte verschiedene Auskünfte des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu dessen Einzelhintergrundgesprächen mit Vertretern anderer Medien verlangt (vgl. hierzu die Presseinformation Nr. 85/2023 vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 10 A 2.23).
Vor Erteilung einer Antwort hatte sich der BND in anonymisierter und abstrahierter Form an die betroffenen Medien gewandt, um zu erfragen, ob dort Einwände gegen entsprechende Auskünfte bestünden. Der Kläger verlangte vom BND die Abgabe einer Erklärung, es bei künftigen Rechercheanfragen zu unterlassen, die betroffenen Medien anzuhören. Der BND lehnte die Abgabe einer entsprechenden Erklärung ab.Die Unterlassungsklage hat keinen Erfolg; sie ist bereits unzulässig.
Sie bezieht sich auf künftige Rechercheanfragen des Klägers zu Hintergrundgesprächen mit Medien mit nicht näher bekanntem Inhalt.
Vorbeugender verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz setzt voraus, dass der Kläger das von der Behörde erwartete Verhalten konkret bezeichnet, um dem Gericht eine Rechtmäßigkeitsprüfung zu ermöglichen. Nach dem Vortrag des BND wird es jedoch bei zukünftigen Rechercheanfragen betreffend Hintergrundgespräche nicht in jedem Falle erneut zu einer Anhörung der betroffenen Medien kommen.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer etwaigen Anhörung betroffener Medienvertreter kommt es außerdem einzelfallbezogen auf die betroffenen Belange auf Seiten des Klägers wie auch auf Seiten der anderen Medienvertreter an, im Besonderen auf den Schutz ihres Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Gestalt des Recherchegeheimnisses. Ihre Abwägung ist ohne Kenntnis des näheren Inhalts einer künftigen Rechercheanfrage des Klägers nicht möglich.
BVerwG 10 A 3.23 - Urteil vom 09. November 2023
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 09.11.2023
Nach § 38 Abs.1 ZPO sind Vereinbarungen über den Gerichtsstands im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung dann erlaubt, wenn es sich um Kaufleite, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder um Sondervermögen handelt.
Das KG Berlin hat nun entschieden, dass es nicht erforderlich, dass die Partei beim Abschluss des jeweiligen Gründungsvertrages bereits Kaufleute sind. Ausreichend ist vielmehr, dass das Handelsgewerbe erst begründet wird:
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung Minderungsansprüche des Mieters eines Anwesens, welches zum Spielhallenbetrieb genutzt worden war und nach Inkrafttreten des neuen hessischen Spielhallengesetzes nicht mehr genehmigt werden kann, zurückgewiesen.
Die Klägerin vermietete 2012 für zehn Jahre Räumlichkeiten in Büdingen „zur Benutzung als Spielothek/Billard-Sammlung/Wettbüro“ an eine Gesellschaft. Der Spielbetrieb war zunächst auf Basis des alten hessischen SpielhallenG (Fassung Juni 2012) genehmigt worden.
Den am 1.1.2018 in Kraft getretenen Anforderungen des neuen SpielhalltenG entsprach das Anwesen nicht mehr. Die Räumlichkeiten hielten nicht den gesetzlich geforderten Abstand einer Luftlinie von mindestens 300 m zu den drei umliegenden Schulen ein (§ 2 Abs. 3 HSpielG). Der Antrag der Gesellschaft auf Verlängerung der Spielhallenerlaubnis wurde Mitte 2018 abgelehnt. Die Stadt verwies dabei auf die fehlende gewerbliche Zuverlässigkeit der Betreibergesellschaft.
Zum 1.1.2019 übernahm die hiesige Beklagte als Mieterin den zugleich bis 2032 verlängerten Mietvertrag. Ab 2020 stellte sie die Mietzahlungen im Wesentlichen ein. Zur Begründung führte sie an, dass das Objekt aufgrund seiner Lage, der die Einhaltung eines Mindestabstands von 300 m zu den umliegenden drei Schulen nicht gewährleiste, mangelhaft sei. Die Klägerin kündigte daraufhin den Vertrag wegen Zahlungsrückständen und klagt u.a. offene Mieten in Höhe von gut 11.000 € ein.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG - bei geringer Forderungskorrektur - keinen Erfolg.
Die Klägerin könne die Zahlung der offenen Mieten verlangen, führte das OLG aus.
Die Miete sei nicht wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache gemindert. Allein die Unzulässigkeit des Spielhallenbetriebs nach dem neuen hessischen SpielhallenG führe nicht zu einem Mangel.
Eine formell rechtswidrige Nutzung stelle für sich genommen noch keinen Sachmangel dar.
„Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat“, begründete das OLG. Solange die Behörde eine formell illegale Nutzung dulde, sei der vertragsgemäße Gebrauch nicht beeinträchtigt.
Dies sei hier nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
Darüber hinaus wären Gewährleistungsansprüche hier auch ausgeschlossen, da die Beklagte der langfristigen Fortsetzung des Mietvertrages in positiver Kenntnis der fehlenden Genehmigung des Spielhallenbetriebs zugestimmt habe.
Zudem seien die Verschärfungen der Bedingungen, unter denen Spielhallen nach dem neuen Gesetz betrieben werden dürfen, in der Fachpresse besprochen worden.
Dies habe sich auch auf den erforderlichen Mindestabstand von 300 m zu öffentlichen Schulen bezogen. Es liege damit jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der örtlichen Unzulässigkeit vor.
Schließlich sei die Duldung nicht wegen der örtlichen Beschaffenheit, sondern der fehlenden persönlichen Eignung verweigert worden. Dies falle nicht in die Risikosphäre der Vermieterin. Das Urteil ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 24.10.2023, Az. 2 U 5/23
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 07.11.2023
Die Beklagte warb für ihr Nahrungsergänzungsmittel u.a. mit der Aussage
Das OLG Koblenz bejahte - wie die Vorinstanz - diese Frage:
Der Durchschnittsverbraucher wird sie im konkreten Zusammenhang jeweils dahin verstehen, dass das beworbene Produkt bei Einnahme dazu beiträgt, die entsprechenden Symptome und damit einen pathologischen Zustand in Gestalt von Schlafstörungen zumindest zu verbessern oder gar vollständig zu beseitigen. Hierbei handelt es sich aber eine sehr konkrete Wirkung, die ohne Weiteres Gegenstand einer klinischen Studie sein und daher auch Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könnte (...).
Dabei verkennt der Senat nicht, dass Angaben, die lediglich einen Verzehrzeitpunkt oder eine Zielgruppe adressieren (z.B. „Verzehr am Abend“, „vor dem Essen“, „für Schwangere und Stillende“), sowie rein technische Beschreibungen (z.B. „Freisetzung in 2 Phasen“) nicht im hier maßgeblichen Sinne gesundheitsbezogen sind (...).Um derartige Angaben handelt es sich hier jedoch nicht. Dies gilt auch hinsichtlich der verfügungsklägerseits beanstandeten Passagen „AQUILEA SCHLAF FORTE® (…) Einschlafhilfe und zur Förderung erholsamen Durchschlafens“ sowie „Zusätzlich sind Piperin (vom Schwarzen Pfeffer), Vitamin D3 und Vitamin B6 für eine synergistische Wirkung enthalten."
Die Klägerin betrieb ein Fitness-Studio und überwachte dabei per Video die Herrenumkleide, die Trainingsfläche und den Aufenthaltsbereich. Die zuständige Datenschutzbehörde stufte dies als DSGVO-Verletzung ein und untersagte dies.
Hiergegen wehrte sich die Klägerin gerichtlich. In 1. Instanz vor dem VG Schleswig (Urt. v. 19.11.20219 - Az.: 8 A 835/17) verlor sie, da das Gericht die amtliche Anordnung für rechtmäßig einstufte.
Im Rahmen der Berufung kam das OVG Schleswig zum identischen Ergebnis und lehnte das Rechtsmittel ab.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 6b Abs. 1 BDSG a.F. ist auf Seiten der verantwortlichen Stelle insbesondere die Zwecksetzung der Videoüberwachung zu beachten, während auf Seiten der von der Überwachung betroffenen Personen das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung, des Rechtes am eigenen Bild sowie des Schutzes der Privatsphäre von Bedeutung ist.
Der Frage der Eingriffsintensität kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Das Gewicht des Eingriffs wird maßgeblich durch Art und Umfang der erfassten Informationen, durch Anlass und Umstände der Erhebung, den betroffenen Personenkreis und die Art und den Umfang der Verwertung der erhobenen Daten bestimmt (...). Die Interessenabwägung ist damit abhängig von den konkreten Gegebenheiten des jeweils zu beurteilenden Falles (...).
Neben dem Umstand, dass die Zulässigkeit der Videoüberwachung im Öffentlichen Personennahverkehr von der Klägerin im Zulassungsverfahren ohnehin nur ohne weitere Darlegungen behauptet wird, ist weder ersichtlich noch dargetan, dass die für eine Videoüberwachung im Öffentlichen Personennahverkehr sprechenden berechtigten Interessen grundsätzlich identisch mit den hier von der Klägerin dargelegten berechtigten Interessen sind oder sein können. Gleiches gilt mit Blick auf die Interessen der Betroffenen. Vielmehr drängt sich hier insbesondere mit Blick auf die Videoüberwachung einer Umkleidekabine ein gewichtiger Unterschied zur Überwachung öffentlicher Verkehrsmittel auf. Daher ist nicht ersichtlich, dass die Interessenabwägung mit Blick auf den Öffentlichen Personennahverkehr zwingend identisch zu der hier vorzunehmenden Interessenabwägung auszufallen hat."
Dies jedoch ohne darzulegen, ob und inwieweit die nach ihrer Auffassung begangenen Fehler hier ergebnisrelevant sind, d.h. die Interessenabwägung – trotz der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass hier die Intimsphäre der Besucher betroffen und die Interessen der Klägerin geringer zu bewerten seien bzw. es schon an der Darlegung eines berechtigten Interesses fehle – bei Berücksichtigung der genannten Aspekte zugunsten der Klägerin ausgefallen wäre. Dies ist auch nicht ohne weiteres zu erkennen."
Damit hat der Senat ein klagabweisendes Urteil des Landgerichts Stuttgart bestätigt.
Die Kläger wollen erreichen, dass den Beklagten untersagt wird, nach dem 31. Oktober 2030 bzw. unter bestimmten Voraussetzungen schon ab heute neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor in den Verkehr zu bringen.
Sie machen geltend, werde die Beklagte nicht zu einem Unterlassen verurteilt, stehe zu befürchten, dass der deutsche Gesetzgeber Maßnahmen zum Klimaschutz ergreife, durch die die Kläger in ihren Grundrechten erheblich beeinträchtigt würden. Der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes verpflichtet. Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte sei zur Unterlassung verpflichtet, obwohl das Inverkehrbringen der Fahrzeuge nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoße. Der Senat hat die Berufung der Kläger als offensichtlich unbegründet erachtet und deswegen gemäß § 522 Absatz 2 ZPO durch Beschluss entschieden, dass den Klägern ein sog. quasinegatorischer Anspruch nach §§ 12, 862, 1004 BGB analog nicht zusteht.
Ein solcher Anspruch setze voraus, dass das gerügte, als solches rechtmäßige Verhalten, nämlich das Inverkehrbringen von neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor, zumindest zu einem rechtswidrigen Zustand führe. Daran fehle es. Ein rechtswidriger Zustand könne sich allenfalls unter Berücksichtigung einer mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten ergeben. Die Drittwirkung von Grundrechten gegen Private könne aber nicht weiterreichen als die unmittelbare Drittwirkung, die den Staat selbst verpflichte.
Die Kläger hätten nicht aufgezeigt, dass der Staat verpflichtet sei, der Beklagten das Inverkehrbringen von neuen Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor nach dem 31. Oktober 2030 bzw. unter Umständen schon ab heute zu untersagen.
Der Gesetzgeber sei seiner Verpflichtung, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, nachgekommen. Im Rahmen des EU-Klimaschutzpakets „Fit für 55“ sei geregelt worden, dass in der Europäischen Union ab 2035 keine Fahrzeuge mehr neu zugelassen werden dürfen, deren Betrieb zu Treibhausgasemissionen führe (sog. Verbrennerverbot).
Aus dem Vorbringen der Kläger ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet sein könnte, die die Kläger in ihren Grundrechten beeinträchtigen, falls die Beklagte noch bis Ende 2034 neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor in den Verkehr bringe. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Er kann beim Bundesgerichtshof mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
Aktenzeichen: OLG Stuttgart - 12 U 170/22
Quelle: Pressemitteilung des OLG Stutgart v. 09.11.2023
Der Schuldnerin war in der Vergangenheit gerichtlich verboten worden, für eine Salbe mit folgenden Äußerungen zu werben
Das LG Hagen verhängte ein Ordnungsgeld iHv. 200.000,- EUR.
Denn die Schuldnerin habe den gebotenen Rückruf des Produkts nur in unzureichender Form durchgeführt.
Allgemein treffe den Schuldner eines gerichtlichen Unterlassungstitels folgende Pflichten:
Diesem Haftungsmodell liegt die Wertung zugrunde, dass ein Schuldner, der sich zur Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten der Hilfe Dritter bedient, für das hierdurch gesteigerte Risiko von Störungen einstehen muss. (...).
Auch hat die Schuldnerin unzureichend auf Großapotheken eingewirkt, dass diese ihre Werbung anpassen. (...)
Die Schuldnerin hat hieran gemessen erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Versandhandelsapotheken von der Schuldnerin die Information erhalten hätten, dass die Werbeaussagen angepasst werden müssen. Auch hierbei fehlen konkrete Angaben, zu welchem Zeitpunkt eine entsprechende Information erfolgt sein soll. Auch fehlt in diesem Zusammenhang ein Vortrag dazu, wie eine Überwachung der Versandhandelsapotheken stattgefunden haben soll."
Bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsmittels sind Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu berücksichtigen (....).
Dabei soll sich eine Titelverletzung für den Schuldner nicht lohnen (...). Die Schuldnerin ist dabei dem Vortrag des Gläubigers unzureichend entgegengetreten, dass in den Sommermonaten ein Umsatz von € 500.000,00 je Monat mit dem streitgegenständlichen Produkt erzielt werden kann.
Die Kammer geht davon aus, dass sie daher mit den vorstehenden Zuwiderhandlungen einen erheblichen Gewinn, veranlasst durch die untersagte Werbung erzielt hat, der sich in einer Größenordnung des festgesetzten Ordnungsgeldes bewegt."
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vom 15.11.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 46. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuGH: Generell-abstrakte Verpflichtungen für Google, Meta und TikTok europarechtswidrig
2. EuGH: Fahrzeug-Identifizierungsnummern (FIN) ist idR. kein personenbezogenes Datumg
3. BVerwG: Journalist hat Auskunftsanspruch über Hintergrundgespräche beim BND
4. BVerwG: Kein vorbeugender Rechtsschutz eines Journalisten auf Unterlassungen des BND bei künftigen Anfragen
5. KG Berlin: Gerichtsstandsvereinbarung auch bei noch zu gründender Firma erlaubt
6. OLG Frankfurt a.M.: Keine Minderungsansprüche bei Spielhallenbetrieb, wenn Änderungen durch neues Glücksspielgesetz
7. OLG Koblenz: "Einschlaffördernd" ist gesundheitsbezogene Werbung
8. OVG Schleswig: Videoüberwachung in Fitness-Studio ist Datenschutzverletzung
9. OLG Stuttgart: Klimaschutzklage der DHU gegen Mercedes-Benz abgewiesen
10. LG Hagen: Unterlassungsschuldner muss im Zweifel verbotene Ware aus Handel zurückrufen
Die einzelnen News:
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1. EuGH: Generell-abstrakte Verpflichtungen für Google, Meta und TikTok europarechtswidrig
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Bekämpfung rechtswidriger Inhalte im Internet: Ein Mitgliedstaat darf einem Anbieter einer Kommunikationsplattform, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, keine generell-abstrakten Verpflichtungen auferlegen
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2. EuGH: Fahrzeug-Identifizierungsnummern (FIN) ist idR. kein personenbezogenes Datum
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Fahrzeughersteller müssen unabhängigen Wirtschaftsakteuren Fahrzeug- Identifizierungsnummern bereitstellenErmöglicht diese Nummer, den Halter eines Fahrzeugs zu identifizieren, und stellt sie daher ein personenbezogenes Datum dar, ist diese Verpflichtung mit der Datenschutz-Grundverordnung vereinbar
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3. BVerwG: Journalist hat Auskunftsanspruch über Hintergrundgespräche beim BNDg
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Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte darüber zu erteilen, welche fünf Medien in den Jahren 2019 und 2020 jeweils die meisten Einzelhintergrundgespräche erhalten haben, wie viele Gespräche jeweils geführt wurden und wie hoch jeweils Anteil und Zahl der mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks veranstalteten Gespräche war.
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4. BVerwG: Kein vorbeugender Rechtsschutz eines Journalisten auf Unterlassungen des BND bei künftigen Anfragen
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Ein Journalist, der zu Pressekontakten einer Behörde mit anderen Medienvertretern recherchiert, kann im Hinblick auf seine erst künftigen Auskunftsbegehren nicht verlangen, dass die Behörde auf die Anhörung Betroffener verzichtet. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
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5. KG Berlin: Gerichtsstandsvereinbarung auch bei noch zu gründender Firma erlaubte
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Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung kann auch dann geschlossen werden, wenn das Unternehmen sich gerade in der Gründung befindet (KG Berlin, Urt. v. 24.05.2023 - Az.: 26 U 78/21).
"Nach der Gegenauffassung reiche es für im Gründungsstadium abgeschlossene Verträge aus, dass ein kaufmännisches Unternehmen gegründet werde und ein in kaufmännischer Art und nach kaufmännischem Umfang eingerichteter Gewerbebetrieb erforderlich sei. Stehe die alsbaldige Entfaltung zu einem vollkaufmännischen Betrieb bevor, dann gehöre auch die Vorbereitungstätigkeit schon zum Gewerbebetrieb, sodass auch ein in der Entwicklung befindlicher Betrieb als vollkaufmännischer Betrieb anzusehen sei, wenn die Entwicklung der Anlage eines solchen Betriebes entspreche und Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Unternehmen in Kürze eine entsprechende Ausgestaltung und Einrichtung erfahren werde (...)."
Und weiter:
"Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für überzeugender.Nach den o. g. nachvollziehbaren Erwägungen genügt es, dass das Unternehmen, welches die Beklagte nach Abschluss des Partnervertrages betreiben sollte – nämlich das Waxing-Studio (...) - unzweifelhaft auf einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb angelegt war.
Der Abschluss des Partnervertrages war ein Rechtsgeschäft, das die Errichtung eines Handelsgewerbes gem. § 1 Abs. 1 HGB zum Gegenstand hatte. Das Waxing-Studio, welches Gegenstand des Partnervertrages und des Unternehmenskaufvertrages ist, stellt einen Gewerbebetrieb dar, denn es handelt sich um eine selbständige, nach außen gerichtete planmäßige Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht.Gem. § 1 Abs. 2 HGB gilt hierfür die gesetzliche Vermutung, dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt. Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin das Erfordernis des kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetriebs ausreichend dargetan und die relevanten Punkte stehen auch nicht in Streit."
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6. OLG Frankfurt a.M.: Keine Minderungsansprüche bei Spielhallenbetrieb, wenn Änderungen durch neues Glücksspielgesetz
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Die illegale Nutzung von vermieteten Räumlichkeiten begründet erst dann einen Mangel, wenn die Behörde die Nutzung des Objekts untersagt oder ein behördliches Einschreiten ernstlich zu erwarten ist.
„Ein Sachmangel ist erst dann zu bejahen, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten ernstlich zu erwarten ist“,
vertieft der Senat weiter.
(vorausgehend Landgericht Gießen, Urteil vom 5.12.2022, Az. 2 O 397/20)
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7. OLG Koblenz: "Einschlaffördernd" ist gesundheitsbezogene Werbung
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Die Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel mit der Aussage "Einschlaffördernd" ist eine gesundheitsheitsbezogene Werbung und muss somit den Vorschriften der Health-Claims-Verordnung (HCVO) entsprechen (OLG Koblenz, Urt. v. 28.06.2023 - Az.: 9 U 1947/22).
"Einschlaffördend"
Die Frage war nun, ob es sich bei der dieser Werbung um eine gesundheitsbezogene Aussage handelte und somit die HCVO anwendbar war.
"Nach alledem handelt es sich bei sämtlichen hier streitgegenständlichen Werbeaussagen um spezielle gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO. Denn sie beziehen sich nach dem Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers – jedenfalls im Zusammenhang – allesamt auf Symptome eines pathologischen Zustands in Gestalt von Schlafstörungen.
Und weiter:
"Aus den gleichen Gründen ist auch die Angabe „EINSCHLAFFÖRDERND“ im Zusammenhang mit Piperin und/oder Vitamin B6 und/oder Vitamin D3 unzulässig. Die vorstehenden Ausführungen gelten hier ebenfalls.Hinzu kommt allerdings noch der Umstand, dass auch die optische Aufmachung der Verpackungsvorderseite das hier maßgebliche Verständnis des Durchschnittsverbrauchers verstärkt. Denn die vorbezeichneten Inhaltsstoffe sind – wie Melatonin – durch den entsprechenden hellblauen Hintergrund eindeutig der ersten Tablettenschicht zugeordnet, der wiederum klar und eindeutig – optisch deutlich hervorgehoben – das Schlagwort „EINSCHLAFFÖRDERND“ zugeordnet ist."
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8. OVG Schleswig: Videoüberwachung in Fitness-Studio ist Datenschutzverletzung
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Die Videoüberwachung in einem Fitness-Studio (hier: Herrenumkleide, Trainingsfläche und Aufenthaltsbereich) ist eine Datenschutzverletzung (OVG Schleswig, Beschl. v. 14.07.2023 - Az.: 4 LA 11/20).
"Die Klägerin vermag zunächst nicht mit dem sinngemäßen Verweis darauf, dass die Videoüberwachung im Öffentlichen Personennahverkehr zulässig sei, obwohl die Betroffenen dort auch längere Zeit beobachtet würden, dieser Beobachtung nicht ausweichen könnten und auch dort Personal (z.B. der Busfahrer) zur Abwehr von Gefahren zur Verfügung stünde, die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis ernstlich in Zweifel zu ziehen.
Denn die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung bei anderer Sachlage kann nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. im vorliegenden Fall begründen.
Und weiter:
"Die Klägerin verweist außerdem darauf, dass das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Betroffenen ihr Fitnessstudio trotz der Videoüberwachung freiwillig aufsuchten oder die Videoüberwachung möglicherweise gerade in deren Interesse läge, weil diese ihnen ein Gefühl von Sicherheit vermittelte und Straftaten vermeiden könnte. Insoweit kritisiert die Klägerin zwar die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung.
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9. OLG Stuttgart: Klimaschutzklage der DHU gegen Mercedes-Benz abgewiesen
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Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat unter seinem Vorsitzenden Dr. Ulrich Groß eine Berufung von Vorstandsmitgliedern der Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen die Mercedes-Benz AG zurückgewiesen.
LG Stuttgart - 17 O 789/21
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10. LG Hagen: Unterlassungsschuldner muss im Zweifel verbotene Ware aus Handel zurückrufen
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Wurde dem Schuldner gerichtlich bestimmte Werbeverbote untersagt, muss er im Zweifel auch die Waren aus dem Handel zurückrufen, auf denen sich diese Äußerungen befinden (LG Hagen, Beschl. v. 27.09.2023 - Az.: 21 O 123/18).
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Die Gläubigerin stellte nun fest, dass das Produkt, auf denen die Passagen abgedruckt waren, auch nach dem Berufungsurteil weiterhin im Handel zu kaufen war. Zudem wurde das Produkt mit der beanstandeten Werbung auch noch bei zahlreichen Online-Apotheken angeboten.
"Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (...) hat der Unterlassungsschuldner für das Handeln selbständiger Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch im Rahmen seiner Pflicht zur Verhinderung weiterer Verletzungen gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, im Rahmen des Möglichen, Erforderlichen und Zumutbaren einzuwirken, wenn er mit - ggf. weiteren - Verstößen durch diese Dritten ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder auch nur tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat.
Gegenüber seinen Abnehmern muss der Schuldner mit Nachdruck und Ernsthaftigkeit sowie unter Hinweis auf den rechtsverletzenden Charakter der Erzeugnisse deren Rückerlangung versuchen (...). Es reicht dabei nicht aus, die betreffenden Dritten nur über den Inhalt der Unterlassungspflicht zu informieren und sie zu einem entsprechenden Verhalten aufzufordern. Vielmehr muss die Einhaltung der Anordnungen auch überwacht werden, und angedrohte Sanktionen müssen bei Verstößen auch verhängt werden, um ihre Durchsetzung sicherzustellen (...)."
Im vorliegenden Fall sei die Schuldnerin diese Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen:
"Aus dem Vortrag der Schuldnerin ergibt sich hieran gemessen nur, dass sie die direkten Abnehmer über das Werbeverbot informiert haben will. Zu welchem Zeitpunkt nach Zustellung des Berufungsurteils die Information übermittelt wurde, trägt die Schuldnerin nicht substantiiert vor, ebenso nicht, dass sie die Abnehmer nach entsprechender Information in geeigneter Weise überwacht hat. Von den vom Gläubiger hinsichtlich der Testkäufen benannten Apotheken möchte die Schuldnerin hiervon 6 (nicht näher benannte) direkt beliefert, aber zu spät informiert haben.
Aufgrund der besonders hohen Umsätze, die das Unternehmen mit dem Produkt erziele, sei ein Ordnungsgeld iHv. 200.000,- EUR gerechtfertigt:
"Im Streitfall erscheint unter Berücksichtigung des deutlichen Verschuldens ein Ordnungsgeld i.H.v. insgesamt € 200.000,00 als angemessen und ausreichend.
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