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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Bloßer Kontrollverlust reicht für DSGVO-Schadensersatz aus
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Ein bloßer Kontrollverlust über die eigenen personenbezogenen Daten reicht für einen DSGVO-Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO aus (BGH, Urt. v. 11.02.2025 - Az.: VI ZR 365/22). Eine Bundesbeamtin aus Hannover klagte gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Feststellung von DSGVO-Schadensersatz. Ihre Personalakte war jahrelang von Bediensteten des Landes Niedersachsen bearbeitet worden, obwohl diese dazu nicht befugt waren. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Datenschutzrechte und verlangte Schadensersatz. Die rechtswidrige Praxis wurde erst 2019 nach Einschaltung des Bundesdatenschutzbeauftragten eingestellt. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und stellte klar, dass die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO habe. Für eine Schadensersatzpflicht reiche der Verlust der Herrschaft über ihre personenbezogenen Daten aus. Die Klägerin müsse zudem konkrete Beeinträchtigungen oder Bloßstellungen nachweisen. Entscheidend sei, dass die Daten unbefugt weitergegeben wurden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Landesbediensteten zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen seien. Dies sei allenfalls später bei der Höhe des Schadenersatzes zu berücksichtigen. Zudem sei der Anspruch aus der DSGVO nicht mit nationalen Regelungen (wie z.B. dem Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 3 BGB) zu begrenzen. Die Klägerin müsse also nicht vorher andere Rechtsmittel ausschöpfen. "Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen durch diesen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung verursachten Schaden der Klägerin verneint. Der Schaden liegt hier bereits in dem durch die Überlassung ihrer Personalakte an Bedienstete des Landes verursachten vorübergehenden Verlust der Kontrolle der Klägerin über ihre in ihrer Personalakte enthaltenen personenbezogenen Daten. aa) Schon der bloße Kontrollverlust kann, wie der Senat in Umsetzung der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs (…) entschieden hat, einen ersatzfähigen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen (…). Anders als das Berufungsgericht meint, muss der Verpflichtung zum Ausgleich keine über diesen Kontrollverlust hinausgehende „benennbare und insoweit tatsächliche Persönlichkeitsrechtsverletzung gegenüberstehen“; auch muss der Beeinträchtigung des Betroffenen kein besonderes „Gewicht“ zukommen, das „über eine individuell empfundene Unannehmlichkeit hinausgeht oder das Selbstbild oder Ansehen ernsthaft beeinträchtigt“ (…). bb) Nach diesen Grundsätzen liegt der Schaden hier ohne Weiteres darin, dass die Beklagte auch nach dem 25. Mai 2018 die personenbezogenen, in deren Personalakte enthaltenen Daten der Klägerin hierzu nicht berechtigten Dritten, nämlich Bediensteten des Landes Niedersachsen, zur Bearbeitung überlassen und diese Praxis erst mit Organisationsverfügung vom 22. August 2019 beendet hat. Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angeführte Umstand, dass auch die mit Personalangelegenheiten betrauten Bediensteten des Landes Niedersachsen zur Verschwiegenheit verpflichtet waren, steht der Annahme eines Schadens insoweit dem Grunde nach nicht entgegen, sondern wird erst bei Bemessung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes (§ 287 ZPO) zu berücksichtigen sein (…)."
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2.
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OLG Düsseldorf: Meta darf Vereins-Webseite nicht ohne Angabe von Gründen einfach sperren = Kartellrechts-Verstoß
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Meta darf als marktbeherrschendes Unternehmen die Facebook-Seite eines Vereins grundsätzlich nicht ohne sachlichen Grund und ohne vorherige Anhörung sperren. Der in den AGB vereinbarte Gerichtsstand in Irland verstößt gegen Kartellrecht und ist unwirksam (OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.04.2025 – Az.: VI-U (Kart) 5/24). Der klägerische Verein Filmwerkstatt Düsseldorf nutzte Facebook zur Öffentlichkeitsarbeit. Ende 2021 wurde seine Seite von Meta ohne Vorwarnung gesperrt. Zuvor hatte der Verein ein Bild aus einem FSK-12-Film hochgeladen. Es gab keine nachvollziehbare Begründung für die Sperrung. Auch könnte keine wirksame Überprüfung der Sperre erreicht werden, Meta verwies auf angebliche Verstöße gegen Gemeinschaftsstandards. Gegen die Sperrung wehrte sich der Verein vor dem OLG Düsseldorf und bekam Recht. 1. Deutsche Gerichte zuständig: Meta beanstandete die Zuständigkeit der deutschen Gerichte und berief sich auf die Regelungen in ihren AGB, wonach der Gerichtsstand für Nicht-Verbraucher in Irland sei. Das OLG Düsseldorf bejahte jedoch die deutsche Gerichtsbarkeit. Im vorliegenden Fall stütze sich die Klägerin auf kartellrechtliche Ansprüche, sodass die Gerichtsstands-Vereinbarungen nicht greifen würden: "Mit dem Klageantrag macht der Kläger einen auf eine unerlaubte Handlung im Sinne des Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO gestützten Anspruch geltend. Denn er begehrt mit dem Antrag die Unterlassung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagte als Betreiberin des sozialen Netzwerks Facebook bei der Sperrung seiner Facebook-Seite (…). Als missbräuchlich beanstandet der Kläger die Sperrung seiner Seite durch die Beklagte, wenn sie erfolgt, ohne dass die Beklagte vor oder unverzüglich nach der Sperrung konkrete Gründe hierfür angibt und/oder dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu etwaigen Vorwürfen gibt. Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt das Bestehen einer Vertragsbeziehung zwischen den Parteien die Qualifikation des Klagebegehrens als deliktischer Anspruch nicht aus. Entscheidend für die (…) Abgrenzung (…) ist vielmehr, ob ein gesetzlicher Anspruch geltend gemacht wird, der unabhängig von einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien besteht (…). So verhält es sich im Streitfall. Die Kartellrechtswidrigkeit der beanstandeten Handlungen hängt allein davon ab, ob der Beklagten nach § 18 GWB eine marktbeherrschende Stellung zukommt und sie diese mit diesen Handlungen missbraucht (§ 19 GWB)."
2. Kartellrechtsverstoß durch Meta, da Sperrung ohne Grund und vorherige Anhörung: Das OLG Düsseldorf entschied, dass Meta als marktbeherrschendes Unternehmen nicht ohne triftigen Grund und ohne Anhörung des Nutzers Seiten sperren dürfe. Die Vorgehensweise im vorliegenden Fall (keine vorherige Stellungnahme-Möglichkeit/keine Angabe von Gründen) stelle somit einen Missbrauch der Marktstellung dar. Der klägerische Verein sei durch die Sperre unbillig behindert worden, was nach deutschem Kartellrecht verboten sei. Auch die spätere Wiederfreischaltung der Seite ändere nichts an der Wiederholungsgefahr. "Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass in der Sperrung der Facebook-Seite des Klägers, (…) d.h. ohne vorherige oder unverzüglich nachträgliche Angabe von Gründen und/oder Gelegenheit zur Stellungnahme für den Kläger, ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten in Form eines Behinderungsmissbrauchs im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. GWB liegt. Nach diesen Bestimmungen stellt es u.a. einen verbotenen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter von gewerblichen Leistungen ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt."
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3.
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OLG Frankfurt a.M.: Comic-Figur einer Katze ("Katze Nö") urheberrechtlich geschützt
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Die Comic-Zeichnung einer Katze namens “Katze NÖ” ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht ungefragt auf Merchandise-Artikeln übernommen werden (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.02.2025 – Az.: 11 U 10/23). Die Klägerin war Designerin und entwarf eine Comic-Zeichnung mit einer Katze namens “Katze NÖ”. Dieses Tier lag auf der linken Seite und drehte dem Betrachter den Rücken zu, während es eine Pfote mit ausgestrecktem “Mittelfinger” hob. Später tauchte ein sehr ähnliches Design bei anderen Internethändlern auf, die es auf Tassen und Fußmatten druckten. Die Designerin sah darin ein Plagiat und klagte. Das OLG Frankfurt a.M. bejahte eine Urheberrechtsverletzung. Die Darstellung der "Katze NÖ“ erfülle die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Die Kombination aus einer niedlichen Katzendarstellung und der eindeutigen Geste des ausgestreckten Mittelfingers sei ausdrucksstark und originell. Die Illustration der Beklagten sei fast identisch und unterscheide sich nur in unwesentlichen Details. Auffällig seien vor allem die identische Linienführung und die Platzierung des Wortes “NÖ” unter der Katze, was eine rein zufällige Übereinstimmung sehr unwahrscheinlich mache: "Der Senat kann sich der Einschätzung des Landgerichts, das Werk der Klägerin liege an der Grenze zwischen Schutzfähigkeit und Schutzlosigkeit, nicht anschließen. Die Klägerin hat mit Recht darauf hingewiesen, dass ihre in der Tradition des Comic-Zeichnens stehende Illustration den Charakter und die Figur der abgebildeten Katze kurz und pointiert, zugleich aber auch anatomisch korrekt wiedergibt, was auch im Vergleich mit den weiteren beispielhaft vorgelegten Illustrationen der Klägerin deren individuelle Handschrift offenbart und sich deutlich von den anderen in diesem Rechtsstreit vorgelegten Mustern unterscheidet (…). Auch das als qualifizierter Parteivortrag zu bewertende Privat-Kurzgutachten des Herrn (…) bestätigt dem Design der Klägerin eine eigenständige illustrative Handschrift, die prägnant, konsistent und im zeichnerischen Duktus durchgängig ist (…). Dem sind die Beklagten durch die Vorlage des vorbekannten Formenschatzes nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Aber selbst wenn man annimmt, dass der schöpferische Gehalt des Originals im unteren Bereich des Werkschutzes liegt, so ist das von der Klägerin geschaffene Motiv der Katzen-Silhouette in stilisierter Form mit emporgehobenen Mittelfinger aufgrund ihrer oben dargestellten individuellen Züge jedenfalls nicht nur gegen identische Kopien geschützt. Der Schutzbereich schließt auch solche Gestaltungen ein, die nur in kleinen Details vom Original abweichen und damit einen identischen Gesamteindruck vermitteln (…)."
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4.
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OLG Köln: Keine Haftung eines Gesellschafters für urheberrechtswidrige Videos auf dem YouTube-Kanal des Unternehmens
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Ein Gesellschafter haftet nicht automatisch für Urheberrechtsverletzungen seiner Gesellschaft auf YouTube. Dies gilt auch dann, wenn er selbst im Rahmen des YouTube-Löschverfahrens eine “Counter-Notification” eingereicht hat (OLG Köln, Urt. v. 28.02.2025 - Az.: 6 U 107/24). Die Klägerin wollte per einstweiliger Verfügung erreichen, dass ein YouTube-Video nicht mehr öffentlich gezeigt wird, weil sie sich in ihren urheberrechtlichen Nutzungsrechten verletzt sah. Sie nahm daraufhin den Beklagten, der Gesellschafter der Firma war, die der YouTube-Kanal gehörte, in Anspruch. Insbesondere ergebe sich die Verantwortlichkeit des Beklagten aus dem Umstand, dass er die “Counter-Notification” bei YouTube hochgeladen habe. All dies überzeugte das OLG Köln jedoch nicht, sodass es die Klage abwies. Eine Haftung allein aufgrund der Gesellschafterstellung könne keine Verantwortlichkeit begründen. Andernfalls würde die Störerhaftung uferlos ausgeweitet: "Eine Störerhaftung allein aufgrund der Stellung des Antragsgegners als Gesellschafter der als Betreiber des YouTube-Kanals in Betracht kommenden Gesellschaften muss ausscheiden. Denn die reine Stellung als Gesellschafter kann schon nach der Wertung des § 99 UrhG, wonach der Unternehmensinhaber, also die hinter dem Unternehmen stehende Gesellschaft und die persönlich haftenden (Hervorhebung durch den Senat) Gesellschafter (…), für Rechtsverletzungen von Arbeitnehmern und Beauftragten einzustehen hat, nicht als adäquat-kausal für die Rechtsverletzung angesehen werden. Denn dann würde die Störerhaftung uferlos über die von § 99 UrhG vorgesehenen Fälle ausgedehnt und würden die anerkannten gesellschaftsrechtlichen Regeln über die Trennung von Gesellschaft und nicht persönlich haftendem Gesellschafter unterlaufen."
Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Beklagte eine "Counter-Notification“ an YouTube geschickt habe. Daraus lasse sich kein zwingender Rückschluss ableiten, dass der Beklagte das Video hochgeladen habe: "Zutreffend sind auch die Erwägungen des Landgerichts dazu, dass die Abfassung der „Counter-Notification“ gegenüber YouTube durch den Antragsgegner keinen Anhalt dafür liefert, dass er selbst auch für die Verletzungshandlung verantwortlich wäre. Die Berufung wendet hiergegen nur ein, dass der Antragsgegner sich selbst und nicht die Gesellschaft als zustellungsbevollmächtigt angegeben habe und bekämpft den vom Landgericht herangezogenen Vergleich mit einem Rechtsanwalt, der eine solche Stellungnahme für seinen Mandanten abgibt (S. 6 der Berufungsbegründung, BI. 128 d.A.). Das greift nicht durch. Wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, könnte die Benennung einer eigenen Empfangszuständigkeit zwar ein Indiz für eine Rolle des Antragsgegners sein, die über die eines reinen Gesellschafters hinausgeht (wie auch der Umstand, dass er die Bearbeitung solcher „Copyright strikes“ übernimmt). Indes entkräften die vom Landgericht zutreffend angeführten Begleitumstände, namentlich, dass die Erklärung lediglich im Kontext einer Gerichtsstandsvereinbarung mit YouTube erfolgte, dieses Indiz in einem Maße, das nicht mehr von einer Glaubhaftmachung ausgegangen werden kann. Erst recht kann aus diesem Umstand und angesichts der Formulierung der „Counter notification“ im Übrigen nicht gefolgert werden, der Antragsgegner habe hierdurch gleichsam seinen rechtsgeschäftlichen Beitritt zu einer Unterlassungsverpflichtung der Betreibergesellschaft erklärt."
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OLG München: Isolierte Werbeaussagen "High Protein" oder "14 g Protein" sind wettbewerbswidrig
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Einzelne Werbeaussagen wie “High Prottein” oder “14 g Protein” (hier: bei Milchreis) verstoßen gegen das Wettbewerbsrecht, da solche Angaben nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit den vollständigen Nährwertinformationen erfolgen dürfen (OLG München, Urt. v. 19.12.2024 - Az.: 6 U 3363/23). Die Beklagte vertrieb Milchreis und warb auf der Verpackung mit Aussagen wie „High Protein"
und “14 g Protein pro Becher”.
Diese Angaben befanden sich auf dem Deckel sowie auf der Oberseite der Verpackung und waren räumlich deutlich von den übrigen Nährwertangaben getrennt. Dies stufte das OLG München als wettbewerbswidrig ein. Die EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) schreibe vor, dass verpflichtende Nährwertangaben, zu denen auch der Eiweißgehalt gehöre, im selben Blickfeld und in ihrer Gesamtheit dargestellt werden müssten. Zwar könnten einzelne Werte unter bestimmten Bedingungen wiederholt werden, der Proteingehalt gehöre jedoch nicht zu diesen Ausnahmen. Die alleinige Angabe des Eiweißgehalts in Gramm an prominenter Stelle auf der Verpackung könne den Verbraucher in die Irre führen, da wichtige weitere Informationen (z.B. Zucker- oder Fettgehalt) fehlten. Es entstünde ein falscher Eindruck über die Zusammensetzung des Produkts, der den Verbraucher zu einer falschen Kaufentscheidung veranlassen könnte. “Wird eine in Art. 30 Abs. 1 S. 1 LMIV genannte Angabe (…) zusätzlich in isolierter bzw. „unvollständiger“ Form auf der Verpackung dargestellt, liegt daher ein Verstoß gegen den Grundsatz nach Art. 30 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 LMIV, wonach die Angaben „als Ganzes“ und im selben Sichtfeld darzustellen sind (…).”
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OVG Schleswig: Keine Konzession für Online-Casinospiele bei Unzuverlässigkeit
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Ein Glücksspielanbieter erhält keine Konzession für Online-Casinsospiele, wenn er in der Vergangenheit wiederholt gegen Vorschriften verstoßen und somit unzuverlässig ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 28.03.2025 - Az.: 4 MB 4/25). Eine Anbieterin von Glücksspielen mit Sitz in Malta beantragte in Schleswig-Holstein eine Erlaubnis für Online-Casinospiele. Sie war bereits im Besitz einer maltesische Glücksspiellizenz In der Vergangenheit hatte sie jedoch ohne deutsche Erlaubnis Online-Automatenspiele für deutsche Nutzer angeboten. Dabei verstieß sie gegen mehrere gesetzliche Vorgaben, u.a. zu Einsatzlimits, Autoplay und Mindestspieldauer. Trotz behördlicher Untersagungsverfügung führte sie das Angebot fast ein Jahr lang fort. Die Genehmigungsbehörde in Schleswig-Holstein lehnte nun den aktuellen Konzessionsantrag ab, weil sie die Anbieterin für unzuverlässig hielt. Dagegen wehrte sich das Unternehmen gerichtlich. Das OVG Schleswig wies die Klage ab. Die Klägerin sei nicht zuverlässig genug, um eine entsprechende Glücksspiellizenz zu erhalten. Das Unternehmen habe mehrfach gegen Vorschriften des Spielerschutzes verstoßen. Besonders schwer wiege, dass sie trotz behördlicher Untersagung weiterhin Glücksspiele angeboten habe. Das Unternehmen habe die Automaten rechtswidrig eingestellt, um die Gewinne zu Lasten der Spielerinnen und Spieler zu maximieren. Unerheblich sei, ob andere Anbieter ähnlich gehandelt hätten oder nicht sanktioniert worden seien. Entscheidend sei allein das Verhalten der Klägerin. Ein Glücksspielanbieter müsse sich auch dann an gesetzliche Vorgaben halten, wenn er diese für unionsrechtswidrig halte. Wer dies nicht tue, offenbare seine Unzuverlässigkeit. Er hätte sein Angebot nach der ersten Gerichtsentscheidung einstellen müssen. "Ausgehend von oben dargelegtem Maßstab ist die zulasten der Antragstellerin ausfallende Prognose des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend (…) Verstöße der Antragstellerin gegen § 6c Abs. 1 GlüStV 2021 (Einzahlungslimit), § 22a Abs. 4 GlüStV 2021 (Autoplay), § 22a Abs. 6 GlüStV 2021 (Mindestdauer) und § 22a Abs. 7 GlüStV 2021 (Maximaleinsatz Automatenspiel) angenommen (…) Weiter hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt (…), dass die Antragstellerin virtuelles Automatenspiel (…) anbot, ohne über die erforderliche Erlaubnis (…) zu verfügen, hieran auch nach Ablehnung der Erlaubniserteilungsverfahren (…) festhielt und dieses auch trotz einer Untersagungsverfügung unter Androhung eines Zwangsgeldes (…) erst nach (weiteren) knapp 11 Monaten einstellte."
Und weiter: "Insbesondere hat das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben, dass die Antragstellerin (...) die Spielneigung ihrer Nutzer systematisch zugunsten der eigenen Gewinnmaximierung ausgenutzt, massive Vermögenseinbußen von Nutzern provoziert und sich damit in Widerspruch zu der in § 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV genannten Zwecksetzung gesetzt hat, Spieler- und Jugendschutz zu betreiben. Zutreffend folgert das Verwaltungsgericht aus dem lange andauernden Ignorieren des Erlaubnisvorbehalts nach § 4 und § 4a GlüStV eine mangelnde Einsicht und fehlenden Willen, die zur Einhaltung glücksspielrechtlicher Vorschriften erlassenen behördlichen Verfügungen einzuhalten."
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LG Berlin II: Irreführende Online-Werbung mit Testergebnis "sehr gut", wenn es noch bessere Noten gibt
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Die Werbung mit einem "sehr gut“-Testergebnis ist irreführend, wenn nicht erwähnt wird, dass in dem Test noch bessere Noten vergeben wurden (LG Berlin II, Urt. v. 31.10.2024 – Az.: 52 O 74/24). Die Beklagte, eine Betriebskrankenkasse, warb auf ihrer Website mit einem Testsiegel der Zeitschrift Focus-Money. Dort wurde sie in der Kategorie “Leistung für Familien” mit "sehr gut“
bewertet. Die Bestnote im Test war jedoch “exzellent”,
welche 14 andere Krankenkassen erhalten hatten. Die Beklagte machte keinen Hinweis auf diese bessere Bewertung der Konkurrenz. Dies stufte das LG Berlin II als wettbewerbswidrig ein. Die Werbung mit dem Testsiegel sei zwar formal korrekt, unterschlage aber wesentliche Informationen. Für Verbraucher sei es wichtig zu wissen, ob “sehr gut” tatsächlich die Bestnote sei. Werde nicht darauf hingewiesen, dass es eine noch bessere Note gebe, entstünde ein falscher Eindruck. Die Werbung sei damit geeignet, Verbraucher zu täuschen und stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. "Die beanstandete Werbung mit dem Testsiegel ist irreführend. Auch die Werbung mit einem tatsächlich verliehenen Testsiegel kann Hinweispflichten auslösen, wenn der Verkehr andernfalls relevant getäuscht wird (…). Dies ist hier der Fall. Die beanstandete Werbung auf der Internetseite der Beklagten gibt zwar zutreffend das erzielte Testergebnis wieder. Es fehlt jedoch der Hinweis, dass – vorliegend eine signifikante Anzahl – Wettbewerber der Beklagten in dem streitgegenständlichen Test bessere Noten erhalten haben."
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LG Berlin II: Meta muss 2.000,- EUR DSGVO-Schadensersatz für unerlaubten Einsatz von Meta Business-Tools bezahlen
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Das Landgericht Berlin II hat in sechs Urteilen vom 4. April 2025 den Klagen mehrerer Personen gegen Meta unter anderem auf Auskunft über und Anonymisierung bzw. Löschung ihrer über die Meta Business Tools erhobenen personenbezogenen Daten stattgegeben und ihnen zudem eine Schadensersatzzahlung in Höhe von jeweils 2.000 € zugesprochen. Die Kläger*innen machen jeweils geltend, dass die Beklagte alle digitalen Bewegungen auf Webseiten und mobilen Apps sämtlicher Nutzer*innen von Facebook und Instagram auslese und aufzeichne, wenn die Dritt-Webseiten und Apps die Meta Business Tools installiert haben. Die Meta Business Tools erlauben die so gesammelten Daten mit einem einmal angelegten Nutzerkonto zu verbinden und so ein Profil über Personen anzulegen, das etwa ihre politische und religiöse Einstellung, ihre sexuelle Orientierung oder etwa Erkrankungen erfassen kann. So könnten z. B. Informationen über Bestellungen bei Apotheken, Angaben zu problematischem Suchtverhalten oder bei dem Wahl-O-Mat ausgelesen werden. Es sei unklar, mit wem die Beklagte die so erstellten Profile teile. Der Einsatz der Meta Business Tools auf Webseiten und Apps ist dabei nur eingeschränkt erkennbar. Schätzungen gehen davon aus, dass diese bei mindestens 30 bis 40 Prozent der Webseiten weltweit und auf der überwiegenden Mehrzahl der meistbesuchten 100 Webseiten in Deutschland zum Einsatz kommen. Dies erfolge nicht nur ohne, sondern auch gegen den ausdrücklichen Willen der Nutzer*innen. Die Beklagte wendet dagegen ein, die Drittunternehmen seien für die Installation und Nutzung der Business Tools und somit für die Offenlegung der Daten verantwortlich. Sie selbst nehme eine Datenverarbeitung jedenfalls zur Bereitstellung personalisierter Werbung nur vor, wenn die Nutzer*innen ausdrücklich hierin einwilligen. Anderenfalls würden übermittelte Daten nur für begrenzte Zwecke, wie Sicherheits- und Integritätszwecke, genutzt. In der mündlichen Verhandlung wies das Gericht darauf hin, dass den Kläger*innen der Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zustehe, da die Beklagte die über die Meta Business Tools erhaltenen personenbezogenen Daten der Kläger*innen zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen verarbeitet und gespeichert habe. Der Löschungs- bzw. Anonymisierungsanspruch bestehe nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO, da für die Datenverarbeitung keine Rechtsgrundlage bestehe. Hierfür lägen keine Einwilligungen der Kläger*innen vor. Wegen der Verstöße gegen die DSGVO stünden den Kläger*innen zudem Ansprüche auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu. Für die weiteren Einzelheiten müssen die schriftlichen Urteilsgründe abgewartet werden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden. Landgericht Berlin II: Urteile vom 4. April 2025, Aktenzeichen 39 O 56/24, 39 O 67/24, 39 O 57/24, 39 O 97/24, 39 O 218/24, 39 O 184/24 Quelle: Pressemitteilung des LG Berlin v. 07.04.2025
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LG München II: Online-Apotheke hat keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen örtlichen Apotheker
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Die 2. Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht München II hat mit Beschluss vom 20. März 2025 den Antrag einer in den Niederlanden ansässigen Online-Apotheke gegen den Inhaber einer Apotheke aus dem Isarwinkel auf Unterlassung bestimmter Äußerungen, die dieser im Lokalteil einer überregionalen Zeitung veröffentlichten Interview getätigt hatte, zurückgewiesen. Gegenständlich waren Aussagen zu behaupteten Unterschieden zwischen Online-Apotheken und örtlichen Apotheken hinsichtlich deren Kostenstruktur, unterschiedliche Steuerbelastungen und der Beratung von Kunden. So wurde der Antragsgegner unter anderem mit den Aussagen zitiert, dass „der Onlinehandel ja ganz viele Posten, für die wir Händler vor Ort hohe Ausgaben haben, gar nicht“ habe. Ein Beispiel sei die Gewerbesteuer. „Dazu sitzen die Online-Apotheken in Holland, da fallen dann schon mal die 19 Prozent Mehrwertsteuer weg. Wie sollen wir da mithalten?“
Online-Apotheken seien Schmarotzer unseres Steuersystems, es gebe „keine Beratung mehr und keinen Apotheker, der nochmal drüberschaut, ob sich das Medikament mit den anderen verträgt, oder erwähnt, dass die Tablette zu teilen ist – manche können nämlich nicht geteilt werden, und so weiter.“
Das Gericht hat für das Interview im Lokalteil der Zeitung bereits das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nach § 2 Absatz 1 Nr. 2 UWG verneint. Darüber hinaus habe die Antragstellerin aber auch gar nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihr angegriffenen Tatsachenbehauptungen falsch seien. Tatsächlich sei der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel in Deutschland 19 %, in den Niederlanden 9 %. Auch gebe es im niederländischen Recht keine Gewerbesteuer. Die vom Antragsgegner in dem Interview dargestellten Vorteile einer aktiven persönlichen Ansprache in der Apotheke würden darüber hinaus auf der Hand liegen. Der getätigte Ausdruck „Schmarotzer“ sei schließlich im Zusammenhang des Interviews zu sehen und weise auf die Nachteile niedergelassener Apotheker hin, welche mit Versandapotheken nicht mithalten könnten, da die niedergelassenen Apotheker stärker belastet seien als Versandapotheken. Mit dem Ausdruck sei grundsätzlich jemand gemeint, der sich eigennützig und rücksichtslos auf Kosten anderer bereichert. Da es, im Gesamtzusammenhang gesehen, dem Antragsgegner vorrangig um eine Auseinandersetzung in der Sache gegangen sei, sei dieser Begriff als polemische Zuspitzung von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen. Die Entscheidung (Az.: 2 HK O 627/25) ist nicht rechtskräftig, weil Rechtsmittel eingelegt werden können. Quelle: Pressemitteilung des LG München II v. 02.04.2025
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10.
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LAG Stuttgart: Formulierung "Digital Native" in Online-Stellenbeschreibung stellt Altersdiskriminierung dar
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Eine Stellenanzeige mit dem Begriff “Digital Native” benachteiligt ältere Bewerber und stellt eine Altersdiskriminierung dar (LAG Stuttgart, Urt. v. 07.11.2024 - Az.: 17 Sa 2/24). Das verklagte Handelsunternehmen hatte online eine Stellenanzeige für einen neuen Mitarbeiter geschaltet: "Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“
und “Du bis ein absoluter Teambuddy…”
Der Kläger, Jahrgang 1972, erhielt auf seine Bewerbung eine Absage und verlangte daraufhin eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Die Vorinstanz, das AG Heilbronn (Urt. v. 18.01.2024 - Az.: 8 Ca 191/23), sprach dem Kläger einen Schadensersatz iHv. 7.500,- EUR zu, vgl. unsere Kanzlei-News v. 20.08.2024. In der Berufung bestätigte das LAG Stuttgart nun diese Entscheidung inhaltlich und bejahte ebenfalls eine Diskriminierung aufgrund des Alters. Der Begriff "Digital Native" sei eine direkte Anknüpfung an das Alter. Der Begriff bezeichne Personen, die mit digitalen Medien aufgewachsen seien, typischerweise ab den 1980er Jahren. Der Kläger sei 1972 geboren und falle somit nicht in diese Gruppe. Die Formulierung in der Stellenanzeige sei daher ein starkes Indiz für Altersdiskriminierung. Die weiteren Ausdrücke wie “Teambuddy” und “dynamisches Team” verstärkten diesen Eindruck und richteten sich eher an jüngere Bewerber. Die Beklagte könne auch nicht überzeugend darlegen, dass ausschließlich andere Gründe zur Ablehnung geführt hätten. "Nach Auffassung der Berufungskammer wird mit dem Begriff „Digital Native“ unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Auf Deutsch übersetzt heißt der Begriff „digitaler Eingeborener“ bzw. „digitaler Ureinwohner“. Der Begriff wurde von Marc Prensky im Jahr 2001 geprägt, um die Generation von Menschen zu beschreiben, die mit digitalen Technologien wie Computern, dem Internet und anderen mobilen Geräten aufgewachsen sind, und sie der Generation der „Digital Immigrants“ gegenüberzustellen, der älteren Generation, die nicht mit diesen Technologien groß geworden ist (…). Laut Duden ist ein „Digital Native“ eine „Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist“. (…) Damit kann dem Begriff „Digital Native“ ein Alters- bzw. Generationenbezug nicht abgesprochen werden."
Und weiter: "Verstärkt wird die Bezugnahme auf das Alter durch die weiteren Passagen in der Stellenausschreibung, in welcher der/die gesuchte Bewerber/in als „absoluter Teambuddy“ bezeichnet und ihm/ihr Aufgaben in einem „dynamischen Team“ geboten werden. Die Ansprache als „Teambuddy“ richtet sich aus Sicht eines objektiven Lesers des Stellenprofils eher an einen/eine jüngeren/jüngere als einen/eine älteren/ältere Bewerber/in. Und auch der Begriff „dynamisch“ beschreibt eine Eigenschaft, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird (…)."
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Allgemeine Informationen zum Newsletter
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