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Die einzelnen News
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1.
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BFH: Keine Einsicht in Steuerakten zur Prüfung eines Schadenersatzanspruchs gegen Dritte
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Die Einsichtnahme in Steuerakten nach Durchführung des Besteuerungsverfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige hiermit steuerverfahrensfremde Zwecke verfolgen will, wie zum Beispiel die Prüfung eines Schadenersatzanspruchs gegen seinen Steuerberater. Hiervon unberührt bleibt ein Auskunftsanspruch über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Maßgabe der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 07.05.2024 – IX R 21/22 entschieden. Das Finanzamt (FA) hatte gegen die Kläger Einkommensteuer für 2015 festgesetzt. Später beantragten diese, Einsicht in ihre Einkommensteuerakte zu erhalten. Sie wollten überprüfen, ob ihr Steuerberater ordnungsgemäße Angaben zu den steuerlichen Verhältnissen gemacht hatte. Dies lehnte das FA ebenso ab, wie den späteren Antrag, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO durch Einsichtnahme in die Steuerakte zu erteilen. Das Finanzgericht trat dem entgegen und verpflichtete das FA, Akteneinsicht zu gewähren und den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu erfüllen. Der BFH hob die von der Vorinstanz ausgesprochene Verpflichtung des FA zur Gewährung von Akteneinsicht auf und wies die Klage insoweit ab. Die Kläger hätten die Einsichtnahme erst nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung beantragt, sodass der einer Akteneinsicht innewohnende Anspruch auf rechtliches Gehör vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung nicht berührt werde. Das FA sei auch nicht verpflichtet, die Kläger bei deren Prüfung, ob ein Schadenersatzanspruch gegen den Steuerberater bestehe, durch eine nachträgliche Akteneinsicht zu unterstützen. Die Kläger verfolgten insofern außerhalb des Besteuerungsverfahrens liegende Zwecke. Das FA sei aber verpflichtet, den Klägern gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft darüber zu erteilen, welche sie betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet worden seien. Gesetzliche Ausschlussgründe lägen nicht vor; insbesondere sei kein zu Gunsten des Steuerberaters eingreifendes Steuergeheimnis zu beachten. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch sei allerdings nicht einem Akteneinsichtsrecht gleichzusetzen. Der Kopienübermittlungsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO beziehe sich grundsätzlich nur auf die personenbezogenen Daten selbst und nicht auf Dokumente. Anderes gelte ausnahmsweise dann, wenn der Steuerpflichtige darlege, dass die Übersendung von Dokumentenkopien unerlässlich sei, um wirksam datenschutzrechtliche Ansprüche zu verfolgen. Urteil vom 07.05.2024 - Az.: IX R 21/22 Quelle: Pressemitteilung des BFH v. 04.07.2024
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2.
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OLG Celle: Digistore24 muss sich Wettbewerbsverletzungen seines Auftraggebers (Vendor) zurechnen lassen
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Die Online-Verkaufsplattform Digistore24 muss sich etwaige Wettbewerbsverletzungen seiner Auftraggeber zurechnen lassen. Dies gilt auch dann , wenn diese Rechtsverstöße auf der Webseite des Auftraggebers passieren (OLG Celle, Beschl. v. 18.04.2024 - Az.: 13 U 7/24). Beklagte war die Online-Verkaufsplattform Digistore24. Bei ihr konnten Verbraucher online digitale Inhalte (Unterlagen und Videos) in einem monatlichen Abonnement erwerben. Die Inhalte standen auf der Webseite des Auftraggebers (Vendors) zum Abruf bereit. Der gesetzliche vorgesehene Kündigungsbutton existierte auf der Webseite von Digistore24, nicht jedoch auf dem Portal des Vendors. Nun stellte sich die Frage, inwieweit diese Rechtsverletzungen des Vendors der Digitstore24 zuzurechnen waren. Das LG Hildesheim (Urt. v. 09.01.2024 - Az.: 3 O 109/23) bejahte diese Frage in der 1. Instanz. Dieser Meinung schloss sich das OLG Celle nun in der Berufung an: "Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte sich die Zuwiderhandlung zurechnen lassen muss, die von der … als Betreiberin der Webseite www…..de beim Angebot des Gitarrenkurses begangen wurde. (...) Die (...) ist insoweit Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG. a) Diese Vorschrift zur Haftungszurechnung entspricht der Regelung in § 8 Abs. 2 UWG und ist wie diese auszulegen (...). Dem Inhaber eines Unternehmens werden hiernach Zuwiderhandlungen seiner Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen soll (...). Der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugutekommt, soll sich bei seiner Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Deshalb ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben. Beauftragter kann auch ein selbständiges Unternehmen sein, etwa eine Werbeagentur. Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße."
Und weiter: "Danach ist die (…).in Bezug auf den von ihr auf www.(…).de angebotenen Gitarrenkurs Beauftragte der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG. Die Beklagte fungiert nach ihrem Geschäftsmodell bei Abschluss der Gitarrenkurse als Vertragspartnerin der Verbraucher. Die (…), deren Gitarrenkurse die Beklagte im eigenen Namen verkauft, ist in den Verkaufsprozess der Beklagten vollständig eingebunden. Die Beklagte unterhält gar keine eigene Verkaufsplattform für den Gitarrenkurs, sondern lässt diesen von der (…) anbieten. Die (…) tritt aus Sicht der Verbraucher zunächst selbst (irreführend) wie ein Anbieter des Gitarrenkurses auf („Bereits hunderte Schüler haben erfolgreich unsere Online-Kurse absolviert“, „Bei uns findest du keinen Quatsch! Es gibt keine versteckten Kosten! Wir wollen, dass unsere Mitglieder bei uns bleiben, weil wir gut sind und nicht wegen intransparenter Verträge!“). Sodann werden die Verbraucher, die den Bestellprozess auf ihrer Webseite durch Auswahl eines Tarifes beginnen, auf eine Produktseite der Beklagten zum verbindlichen Vertragsabschluss weitergeleitet. Die Verkaufstätigkeiten der Beklagten und der ... sind auf diese Weise untrennbar verbunden. Weil sich die Beklagte, die nach eigenem Vorbringen gar keine eigene „klassische Verkaufsplattform“ unterhält, auf diese Weise zum Angebot der von ihr abzuschließenden Verträge der ... bedient, haftet sie für deren Angebotswebseite gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG und § 8 Abs. 2 UWG."
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3.
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OLG Celle: Noch einmal: FernUSG gilt auch für Online-Coaching im B2B-Bereich
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Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) gilt auch für Online-Coaching im B2B-Bereich. Eine Beschränkung rein auf den B2C-Bereich ist mit dem Schutzzweck des Gesetzes nicht vereinbar (OLG Celle, Beschl. v. 29.05.2024 - Az.: 13 U 8/24). Die Klägerin machte Vergütungsansprüche aus einem Online-Coaching-Vertrag geltend. Dabei stellte sich u.a. die Frage, ob der Vertrag möglicherweise unwirksam war, weil der die nach dem FernUSG notwendige Zulassung nicht besaß. Die Klägerin wandte ein, dass das FernUSG im vorliegenden Fall gar keine Anwendung finde, weil die Beklagte Unternehmerin und nicht Verbraucherin sei. Dieser Ansicht folgte das OLG Celle nicht, sondern bewertete die Vorschriften des FernUSG als anwendbar: "a) Das FernUSG dürfte auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag Anwendung finden, selbst wenn die Beklagte nicht als Verbraucherin, sondern als Unternehmerin gehandelt hat. aa) Das Oberlandesgericht Celle hat bereits entschieden, dass das FernUSG keine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher enthält (OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22; die gegen diese Entscheidung beim Bundesgerichtshof erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen). Begründet wurde dies damit, dass das Gesetz keine ausschließliche Anwendung auf Verbraucher vorsehe und auch eine teleologische Auslegung kein gegenteiliges Ergebnis rechtfertige. Denn die Regelungen des FernUSG könnten in dem Kontext, in dem sie verabschiedet worden seien, auch so verstanden werden, dass sie zum Schutz von Verbrauchern erlassen worden seien, sofern diese einen Fernunterrichtsvertrag abschlössen, ohne aber Unternehmer auszuschließen; diese sollten gleichfalls von den getroffenen Regelungen profitieren. Soweit § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsehe, sei dies nur der Umsetzung des Verbraucherschutzes geschuldet. Das FernUSG solle zudem der „Enttäuschung der Bildungswilligkeit“ vorbeugen und sei von einer erheblich höheren Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers am Fernunterricht im Verhältnis zu demjenigen am Direktunterricht ausgegangen, stellte also nicht auf die Eigenschaft des Teilnehmers als Verbraucher ab (vgl. OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22, juris Rn. 50). bb) Der Senat beabsichtigt, sich dieser Bewertung trotz der hiergegen in der Literatur geäußerten Kritik (vgl. Laukemann/Förster WRP 2024, 24, 28 f. unter Verweis auf einen unveröffentlichten Beschluss des Kammergerichts vom 22. Juni 2023 - 10 U 74/23 und das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. September 2023 - 2-21 O 323/21, juris Rn. 74; zweifelnd wohl auch OLG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2023 - I-2 U 24/23, juris Rn. 45 ff., das aber die Frage offen gelassen hat) anzuschließen. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge zwischen einem Unternehmen als Lehrenden und einem Verbraucher als Lernenden dürfte mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften des FernUSG nicht vereinbar sein. Diese sollen vor qualitativ unzureichenden Fernunterrichtsangeboten schützen und dem Umstand Rechnung tragen, dass die Qualität eines Fernunterrichtsangebots und dessen Eignung für die persönlichen Bedürfnisse der Teilnehmer in der Regel schwerer einzuschätzen sind als bei einem Angebot von Direktunterricht (vgl. Begründung eines Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht vom 3. November 1975, BT-Drs. 7/4245, S. 12). E s kann dahinstehen, ob sich dieses stärkere Schutzbedürfnis von Interessenten eines Fernunterrichtsangebots gegenüber solchen eines Direktunterrichts dadurch verringert hat, dass Fernunterrichtsangebote durch Bewertungsportale im Internet leichter auf ihre Qualität hin überprüft werden könnten (so Laukemann/Förster WRP 2024, 24, 28). Auch danach bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schutzbedürftigkeit eines Lernenden geringer ausfällt, wenn dieser zu einem Zweck an dem Fernunterricht teilnehmen möchte, der seiner gewerblichen oder selbstständig beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (vgl. die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 1. Februar 1999, BT-Drs. 14/343, S. 20 f., mit der § 11 FernUSG aufgehoben wurde). Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Fernunterrichtsangebote häufig und wie auch im vorliegenden Fall der beruflichen (Weiter-)Qualifikation dienen (vgl. BT-Drs. 14/343, S. 20 f; ferner Bülow NJW 1993, 2837, 2838; Faix MMR 2023, 821, 826)."
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4.
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OLG Frankfurt a.M.: Auf X das Wort "Transe" ist ausschließlich abwertend und diskriminierend gemeint
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Eine klagende Transfrau kann u.a. verlangen, nicht als „Transe“ bezeichnet zu werden. Dem Wort kommt ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Der diskriminierende Verletzungsgehalt steht auf einer Stufe mit dem Schimpfwort „Schwuchtel“. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit gestern verkündeter Entscheidung den vom Landgericht zugesprochenen Unterlassungsanspruch bestätigt. Die Klägerin ist seit etwa 40 Jahren eine Transfrau. Ihr Geschlechtseintrag lautet „weiblich“. Sie setzt sich gegen Transfeindlichkeit ein und veröffentlicht dazu Beiträge u.a. auf der Plattform X. Der Beklagte betreibt einen Blog. Dort veröffentlichte er einen Artikel mit der Überschrift „Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“. Hintergrund dieses Artikels war eine vorausgegangene erfolglose Abmahnung des Beklagten durch die Klägerin wegen eines anderen Artikels. Im Rahmen der dortigen anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzung hatte die Klägerin nach einem Hinweisbeschluss auf ihre Ansprüche verzichtet. Sie begehrt nun vom Beklagten, es zu unterlassen, in Bezug auf sie die Äußerung „Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“ zu tätigen. Das Landgericht hatte dem im Eilverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hat nun auch vor dem zuständigen Pressesenat keinen Erfolg. Der Klägerin stehe unter Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen ein Unterlassungsanspruch zu. Es liege eine Meinungsäußerung vor, die zwar nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite. Die angegriffene Äußerung verstehe ein Durchschnittsleser aber als gezielte Herabsetzung der Klägerin. Dem Wort „Transe“ komme nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Es handele sich um ein Schimpfwort, das in hohem Maße verletzend und diskriminierend sei. Durch dieses Schimpfwort erlange „auch die nachgestellte Wendung ‚zieht den Schwanz ein‘ für den Durchschnittsleser eine notwendig sexuelle Konnotation, die gerade im Zusammenhang mit einer als ‚Transfrau‘ bezeichneten Person in besonderem Maße herabsetzend ausfällt“, begründete das OLG weiter. Da der Durchschnittsleser die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass die Klägerin ihr männliches Geschlechtsteil habe entfernen lassen, werde sie im Sinne eines Sprachspiels in menschenverachtender Weise ins Lächerliche gezogen, „da nichts eingezogen werden kann, was nicht vorhanden ist“. Diese drastische Herabsetzung werde durch die Formulierung „totalitär tickend“ ein weiteres Mal verschärft. Die Äußerung könne auch nicht als satirisch eingekleidete Wendung gewertet werden. Denn sie enthalte weder Signale, die auf Satire hindeuteten, noch solche, die sie auch nur ironisch erscheinen ließen. Das auf Seiten des Beklagten in die Abwägung einzustellende Recht der Meinungsfreiheit überwiege das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht. Auch vor dem Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien sei eine derart menschenverachtende Herabwürdigung der Klägerin nicht zu rechtfertigen. Sie trage vielmehr Züge einer „öffentlich ausgetragenen Privatfehde“, bei der der sachliche Kontext weitgehend in den Hintergrund rücke und damit auch ein etwaiges Informationsinteresse des Beklagten. Der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit impliziere zwar die rechtliche Anerkennung menschlicher Subjektivität und damit zugleich von Emotionalität und Erregbarkeit, „dies jedoch nur in den Grenzen zumutbarer Selbstbeherrschung“, unterstreicht der Senat. Soweit die Klägerin im Vorprozess auf Ansprüche gegen die Äußerung „Totalitär tickende Trans-Furie“ verzichtet habe, stehe dies dem neuerlichen Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht entgegen. Es lägen Formulierungen mit „völlig unterschiedliche(m) Bedeutungsgehalt“ vor, weshalb die nun angegriffene Äußerung von dem vorherigen Verzicht nicht erfasst werde. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 9.7.2024, Az. 16 U 92/23 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.7.2023, Az.: 2-03 O 204/23 Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 12.07.2024
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OLG Hamm: Online-Unternehmen, das systematisch Mitbewerber mit sinnlosen Bestellungen und Retourenvorgängen überzieht, handelt wettbewerbswidrig
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Ein Online-Unternehmen, das systematisch einen Mitbewerber mit sinnlosen Bestellungen und Retourenvorgängen überzieht, handelt wettbewerbswidrig. Dies gilt insbesondere dann, wenn versucht wird, die Reputation des Mitbewerbs durch negative Bewertungen zu verunglimpfen (OLG Hamm, Urt. v. 16.04.2024 - Az.: 4 U 151/22). Die Parteien waren Mitbewerber im Online-Bereich. Zwei ehemalige Angestellte des verklagten Unternehmens bestellten bei der Klägerin in elf Fällen Ware. Es wurden umfangreich negative Bewertungen abgegeben, außerdem wurden teilweise Retouren verlangt. Das OLG Hamm stufte dieses Verhalten als Wettbewerbsverletzung und zudem als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung ein: "Die Berufung der Beklagten gegen den der Klage stattgebenden Teil des landgerichtlichen Urteils ist nach vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage unbegründet. (…) Das Landgericht hat in dem mit dem Klageantrag beanstandeten Verhalten zu Recht eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB gesehen. Anzumerken ist lediglich, dass bereits die Veröffentlichung nachteiliger Äußerungen über die Klägerin oder nachteilige Äußerungen über die Klägerin gegenüber einzelnen Dritten (hier gegenüber den Plattformbetreibern) als solche Eingriffe in die Rechtssphäre der Klägerin darstellen, die als Schadenszufügung im Sinne des § 826 BGB anzusehen sind (…). Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Beklagten an dem hier streitgegenständlichen Verhalten ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen; es dient offenkundig allein dem Zweck, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit und bei den Plattformbetreibern als ihren Vertragspartnern zu schmälern und die Klägerin systematisch mit der Abwicklung sinnloser Bestellungen und anschließender sinnloser Retourenvorgänge zu belasten."
Die betroffene Firma müsse sich das Verhalten der Ex-Mitarbeiter auch zurechnen lassen: "Das Landgericht ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass das Verhalten der ehemaligen Mitarbeiter I. und Y. der Beklagten zuzurechnen ist. Die Beklagte ist der sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht einmal ansatzweise nachgekommen. Das Vorbringen der Beklagten geht letztlich über ein einfaches und pauschales Bestreiten ihrer Verantwortlichkeit nicht hinaus. Sie hat nicht einmal mitgeteilt, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie getroffen hat, um innerhalb ihres Erkenntnisbereiches, d.h. innerhalb ihres Unternehmens und gegebenenfalls durch Kontaktaufnahme mit ihren (ehemaligen) Mitarbeitern I. und Y. und ihrem damaligen – mittlerweile ebenfalls ehemaligen – Geschäftsführer G., den Sachverhalt aufzuklären. Die bloße. Benennung eines Zeugen (…) vermag einen substantiierten und nachvollziehbaren Sachvortrag nicht zu ersetzen."
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OLG Karlsruhe: Pflicht zur Grundpreisangabe auch bei frisch gepresstem Orangensaft zum Selbstabfüllen
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Frisch gepresster Orangensaft zum Selbstabfüllen im Supermarkt - Werbung hierfür bedarf einer Grundpreisangabe Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit einem am 09.07.2024 verkündeten Urteil über die Zulässigkeit einer Werbung für frisch gepressten Orangensaft entschieden. Im Supermarkt eines selbständigen Einzelhändlers, Mitglied in der Regionalgesellschaft einer größeren Supermarktgruppe, konnten Kunden an einer aufgestellten Saftpresse frisch gepressten Orangensaft erzeugen und in bereitgestellten Flaschen unterschiedlicher Größen (S, L und XL) selbst abfüllen. Auf den Flaschen befanden sich keinerlei Angaben zur Füllmenge, so dass für die Kunden kein Grundpreis (Preis pro Liter oder Preis pro Milliliter) erkennbar war. Die Abrechnung an der Kasse erfolgte – unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Flasche – allein mit Hilfe der Flaschengröße. Der Kläger, ein bundesweit tätiger Dachverband von Verbraucherzentralen, hatte daraufhin die Regionalgesellschaft der Supermarktgruppe auf Unterlassung der Werbung für den frisch gepressten Orangensaft verklagt. Die im Supermarkt ausgehängte Werbung habe gegen die sogenannte Preisangabenverordnung verstoßen und sei aus diesem Grund wettbewerbswidrig. Der für Rechtsstreitigkeiten wegen unlauteren Wettbewerbs zuständige 14. Zivilsenat des Oberlandesgericht Karlsruhe hat dem Kläger mit Urteil vom 09.07.2024 nun Recht gegeben. Die Bewerbung des frisch gepressten Orangensafts ohne eine Grundpreisangabe sei angesichts der Bestimmungen der Preisangabenverordnung rechtswidrig. Dem Verbraucher sei es aufgrund der fehlenden Füllmengenangabe auf den Flaschen nicht möglich, einen Preisvergleich sowohl im Hinblick auf die bereit gestellten Flaschengrößen als auch in Bezug auf fertig abgefüllte Orangensäfte des sonstigen Getränkesortiments anzustellen. Dieser Umstand stelle einen Verstoß gegen das Gebot der Preisklarheit da, wodurch zugleich auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen werde. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil maßgebliche Rechtsfragen des Rechtsstreits grundsätzliche Bedeutung haben. Oberlandesgericht Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urteil vom 09.07.2024, Aktenzeichen: 14 Ukl 1/23 Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe v. 11.07.2024
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7.
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LG Frankfurt a.M.: Unternehmen haftet für fehlerhafte Informationen seiner Callcenter-Mitarbeiter bei Hotline-Anruf
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Drei Personen buchten im August 2022 einen Flug von Shiraz nach Doha und von dort weiter nach Frankfurt am Main. Als sie am Reisetag am Flughafen in Shiraz eintrafen, erfuhren sie, dass der Flug bereits fünf Tage zuvor per E-Mail annulliert worden war. Die verspätete Information durch die Fluggesellschaft beruhte auf Internetrestriktionen im Iran, die verhinderten, dass das E-Mail-Programm sich aktualisierte. Die Reisegruppe buchte daraufhin Ersatztickets für insgesamt knapp 15.000 Euro. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main klagten die Reisenden auf Erstattung dieses Betrages durch die Fluggesellschaft. Die Airline verteidigte sich damit, sie hätte bereits Ersatzflüge für den übernächsten Tag organisiert, so dass die Kläger nicht ihrerseits Tickets hätten erwerben müssen. Die Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main entschied, dass die Fluggesellschaft die Kosten für die Ersatztickets zu erstatten habe. Ob die Airline tatsächlich Ersatzflüge organisiert habe, könne dahinstehen. „Denn eine Callcenter-Mitarbeiterin in Deutschland erteilte jedenfalls die – unterstellt – fehlerhafte Auskunft, dass Ersatzflüge nicht angeboten werden könnten und sich die Fluggäste selbständig um eine Rückkehr kümmern müssten“,
begründete die Kammer ihre Entscheidung. Davon war das Gericht aufgrund der Aussage eines Zeugen überzeugt, der das Telefonat von Deutschland aus für die Reisenden mit dem Call-Center geführt hatte. „Die Auskunft der Callcenter-Mitarbeiterin muss sich die Beklagte zurechnen lassen.“
Das Urteil vom 15.5.2024 (Az.: 2-24 O 82/23) ist nicht rechtskräftig. Dagegen wurde Berufung bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegt (Az.: 16 U 89/24). Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 10.07.2024
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8.
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VG Köln: "Open Access": Telekom muss Deutscher Glasfaser (vorerst) Zugang zu Glasfasernetz gewähren
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VG Köln bestätigt Entscheidung der Bundesnetzagentur zu offenem Netzzugang (BK 11-23-007) zu öffentlich geförderten Telekommunikationsnetzen Die Bundesnetzagentur hat die Telekom Deutschland GmbH rechtmäßig dazu verpflichtet, der Deutsche Glasfaser Wholesale GmbH antragsgemäß Zugang zu Leerrohren des öffentlich geförderten Telekommunikationsnetzes auf zwei Strecken in den bayerischen Gemeinden Heßdorf und Großenseebach zu gewähren. Für die Unterbreitung oder „Projektierung“ dieses Angebots darf die Telekom kein unabhängig von der tatsächlichen Zugangsgewährung fälliges Entgelt verlangen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln nach summarischer Prüfung mit einem inzwischen den Beteiligten zugestellten Eilbeschluss vom 24. Juni 2024 entschieden. Nach dem Telekommunikationsgesetz müssen Betreiber öffentlich geförderter Glasfasernetze anderen Telekommunikationsunternehmen offenen Netzzugang gewähren, sodass diese über das Netz eigene Endkunden versorgen können. Kommt innerhalb von zwei Monaten ab Eingang des Antrags auf offenen Netzzugang beim Betreiber des öffentlich geförderten Telekommunikationsnetzes keine Vereinbarung über den Netzzugang zustande, kann das netzzugangsbegehrende Unternehmen bei der Bundesnetzagentur als Streitbeilegungsstelle eine verbindliche Entscheidung beantragen. Mit Beschluss vom 20. März 2024 hat die Bundesnetzagentur in einem solchen Streitbeilegungsverfahren zwischen der Telekom Deutschland GmbH und der Deutsche Glasfaser Wholesale GmbH entschieden, dass sich die Telekom Deutschland GmbH, welche in dem konkreten, als gefördert geltenden Netz noch keinem Unternehmen offenen Netzzugang gewährt hat, nicht auf fehlende Kapazität berufen könne. Die Telekom Deutschland GmbH lege ein zu enges Verständnis der als gefördert geltenden Infrastruktur zugrunde. Außerdem dürfe die Telekom Deutschland GmbH kein Entgelt für die Unterbreitung des Angebots für den offenen Netzzugang verlangen. Den dagegen gestellten Eilantrag der Telekom Deutschland GmbH hat das Gericht nun abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus: Die Bundesnetzagentur hat ihrer Entscheidung zu Recht ein weites Verständnis der als gefördert geltenden Infrastruktur, zu welcher offener Netzzugang zu gewähren ist, zu Grunde gelegt. Denn nur ein solch weites Verständnis ermöglicht effektiven offenen Netzzugang, um die durch die öffentliche Förderung entstehende Wettbewerbsverzerrung auszugleichen. Die Telekom kann sich auch nicht darauf berufen, dass die hier zugrundeliegende Fördermittelvergabe kein sog. Materialkonzept enthielt. Enthalten Förderbedingungen für den Breitbandausbau kein Materialkonzept, bedeutet dies lediglich, dass einer Fördermittelempfängerin mehr Freiraum in der Umsetzung der übernommenen Verpflichtung zur Gewährung des offenen Netzzugangs eingeräumt wird und nicht etwa, dass die Verpflichtung zur Gewährung von offenem Netzzugang eingeschränkt ist. Die Telekom darf für die Unterbreitung oder „Projektierung“ des Angebots für den offenen Netzzugang auch kein unabhängig von der tatsächlichen Zugangsgewährung zu zahlendes Entgelt verlangen. Ein solches von der tatsächlichen Zugangsgewährung unabhängiges Entgelt für die Unterbreitung des Angebots könnte im Ergebnis dazu führen, dass es nicht zu einem offenen Netzzugang zu einem geförderten Netz kommt, obwohl Bedarf und Kapazität vorhanden gewesen wären. Denn das zugangsnachfragende Unternehmen müsste nach der Konzeption der Telekom Deutschland GmbH allein mit der Anfrage des offenen Netzzugangs bereits ein Kostenrisiko eingehen. Der Eilbeschluss ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 1 L 681/24 Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v.-08.07.2024
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9.
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LG Mannheim: Kein automatischer Schadensersatzanspruch nach DSGVO, wenn bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages Meldung an SCHUFA ohne Einwilligung erfolgt
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Ein Verstoß gegen die DSGVO liegt nicht zwangsläufig vor, wenn bei der Anmeldung eines Mobilfunkvertrags ohne Einwilligung positive Daten an die SCHUFA weitergeleitet werden. Es ist vielmehr erforderlich, einen konkreten Schaden nachzuweisen (LG Mannheim, Urt. v. 07.06.2024 -Az.: 9 O 381723). Das beklagte Telekommunikationsunternehmen übermittelte ohne Einwilligung Positiv-Daten eines neuen Kunden an die SCHUFA. Daraufhin verlangte der betroffene Kunde DSGVO-Schadensersatz in Höhe von 5.000,- EUR. Das LG Mannheim wies die Klage ab. Ob eine Datenschutzverletzung vorliege, könne offen bleiben, so das Gericht. Denn es fehle bereits an einem konkreten Schaden. "Der Kläger kann von der Beklagten nicht den Ersatz eines immateriellen Schadens aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO verlangen, denn die Voraussetzungen der Vorschrift liegen hier nicht vor. Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jeder, dem wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Vorausgesetzt ist gemäß Art. 82 Abs. 2 S. 1 DSGVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten unter Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO, ein dem Betroffenen entstandener Schaden und ein Kausalzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Verarbeitung und dem Schaden (…). Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO vorliegend erfüllt waren, denn jedenfalls liegt kein kausaler Schaden vor. Der Kläger beschreibt mit den Folgen des von ihm befürchteten Kontrollverlusts negative Folgen, nicht aber einen immateriellen Schaden (…). Die weitere Aufklärung im Rahmen der informatorischen Anhörung führt zu keiner anderen Beurteilung. Die von dem Kläger geschilderten negativen Erfahrungen mit S.-Einträgen liegen lange zurück und betreffen die Zeit, als er mit 18 oder 19 Jahren versuchte, einen Autokredit aufzunehmen. Nach der Meldung des Mobilfunkvertrages 2021 hat der Kläger einen Autokredit 2022 erhalten. Die Befürchtung, die Mitteilung, einen Mobilfunkvertrag zu unterhalten, könne sich negativ auf eine künftige Immobiliensuche und -finanzierung auswirken, ist nicht nachvollziehbar und wird auch vom Kläger nicht ernsthaft gehegt, denn er geht selbst davon aus, dass es nicht ungewöhnlich ist, einen Mobilfunkvertrag zu unterhalten."
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LG Trier: Unzulässige Schleichwerbung auch dann möglich, wenn gar kein Geld fließt
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Eine unzulässige Schleichwerbung kann auch dann vorliegen, wenn eine Redaktion für den Werbe-Artikel keinerlei Entgelt erhält (LG Trier, Urt.v. 24.05.2024 - Az.: 7 HK O 32/23). Die Beklagte gab u.a. eine Wochenzeitung heraus. In einer der Ausgabe erschien ein Bericht (Text und Bild) über ein bestimmtes kommerzielles Produkt eines Dritten. Der Bericht basiere, so die Klägerin, auf einem auf von der DJD Deutsche Journalisten Dienste GmbH & Co. KG (DJJD) erstellten Artikel. DJJD habe für die Erstellung des Werbe-Textes von dritter Seite ein Entgelt erhalten und stelle diesen Publikationsmedien kostenlos zur Verfügung. Die Beklagte handle rechtswidrig, da sie sich redaktionelle Recherchekosten erspare. Das LG Trier gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung: 1. Angabe “Anzeige” nicht notwendig: Die Angabe des Wortes “Anzeige” sei jedoch nicht notwendig, so die Richter. Denn das verlange das Gesetz nur, wenn hierfür ein Entgelt geflossen sei, was im vorliegenden Fall aber gerade nicht gegeben sei: "Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kennzeichnung eines solchen Beitrags als „Anzeige“. Ein solcher Anspruch könnte sich aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 14 LMedienG Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LMG) ergeben. Die Beklagte hat aber nicht gegen § 14 LMG verstoßen., da sie kein Entgelt erhalten hat. Aus Sicht der Kammer meint Entgelt insofern ausdrücklich nur eine vertragliche Gegenleistung, im Normalfall Geld. Dafür spricht eine Auslegung des Begriffs. Dieser wird üblicherweise und auch im juristischen Sprachgebrauch als vertragliche Gegenleistung verstanden (…). Für die vorgenannte Auslegung spricht auch der Vergleich mit § 5a Abs. 4 S. 2 UWG, der ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzungen ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung fordert. Die Kammer ist sich zwar bewusst, dass die Vorschriften von unterschiedlichen Gesetzgebern formuliert wurden. Gleichwohl gibt der Wortlaut von § 5a Abs. 4 S. 2 UWG einen Anhaltspunkt für die Auslegung des § 14 LMG. Offensichtlich ist der Bundesgesetzgeber nicht davon ausgegangen, dass Entgelt sämtliche Gegenleistungen erfasst, weswegen er den Begriff „ähnliche Gegenleistung“ hinzugefügt hat. Aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich aber keine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem DJD, weswegen die Nutzung des Artikels kein Entgelt ist. Der Beklagten wurden nur der Artikel und die Bildrechte zur freien Veröffentlichung zur Verfügung gestellt."
2. Gleichwohl unzulässige Schleichwerbung: Auch wenn das Wort “Anzeige” nicht benutzt werden müsse, liege hier gleichwohl eine verbotene versteckte Werbung vor: "Es handelt sich um als Information getarnte Werbung. Aus den Umständen des Einzelfalles ergibt sich, dass für einen durchschnittlich informierten und aufmerksamen Leser ein werblicher Überschuss besteht, was der Vorsitzende als Mitglied der angesprochenen Zielgruppe einschätzen kann. Dafür spricht zunächst die zweimalige Nennung des Produktnamens („… Kopfschmerz- und Migräne Report 2022“, „…“). Das Produkt wird zusätzlich noch als „bewährt“ und „gutverträglich“ bezeichnet. Der Artikel hat auch keinen besonderen Anlass, sondern nur einen von dem Unternehmen geschaffenen, nämlich eine Umfrage mit nicht besonders überraschenden Ergebnissen. Auch die Zielsetzung des Presseorgans als nach Eigenaussage kleine Zeitung, bei der der Verkehr keine hochwertige journalistische Leistung erwartet steht einer solchen Bewertung nicht entgegen. Auch in einer solchen „kleinen“ Zeitung erwartet der Leser nicht, dass PR-Artikel als eigene Artikel des Presseorgans ohne Kennzeichnung dargestellt werden."
Und weiter: "Die Anwendung des § 5a Abs. 4 S. 1 UWG ist auch nicht durch dessen Absatz 2 ausgeschlossen. Danach liegt ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Die Beklagte hat aber als ähnliche Gegenleistung die Nutzungsrechte an dem Artikel und an dem Bild erhalten. Beides stellen geldwerte Leistungen dar."
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