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Newsletter vom 18.03.2015 |
Betreff: Rechts-Newsletter 11. KW / 2015: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. OLG Celle: Webseiten-Betreiber muss bei Unterlassungserklärung auch Google Cache löschen lassen _____________________________________________________________ Ein Webseiten-Betreiber, der eine entsprechende Unterlassungserklärung abgibt, muss dafür sorgen, dass seine zu unterlassenden Handlungen auch nicht mehr im Google Cache angezeigt werden (OLG Celle, Urt. v. 29.01.2015 - Az.: 13 U 58/14). Der Beklagte gab außergerichtliche eine Unterlassungserklärung ab, in der er sich verpflichtete, eine Webseite zu betreiben und Angaben zu einer Ferienwohnung der Klägerin zu machen, auch ohne dass ein Lichtbild der Ferienwohnung eingestellt war. Er löschte zwar den Inhalt der Webseite, über den Google Cache war der Content jedoch noch abrufbar. Dies sah das OLG Celle als Verstoß gegen die Unterlassungserklärung an und verurteilte den Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.500,- EUR. Der Schuldner einer Unterlassungserklärung habe durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die betroffenen Inhalte nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine. Dazu gehöre es auch, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine im Internet auszuschließen. Dem Schuldner obliege zu überprüfen, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste dieser Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google Cache stellen. Ob auch eine Löschungspflicht anderer Internet-Archive (wie z.B. archive.org) besteht, brauchten die Richter nicht zu entscheiden, da der Beklagte bereits bei Google keine Entfernung beantragt und somit schuldhaft gehandelt hatte.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: In der 1. Instanz vor dem LG Duisburg (Urt. 25.07.2014 - Az.: 22 O 102/12) hatte die Entscheidung für viel Aufsehen gesorgt, da die Richter - entgegen der gängigen Webhosting-Praxis - eine automatische Backup-Pflicht des Webhosters auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung bejaht hatten. In der 2. Instanz war die Backup-Pflicht nicht mehr Gegenstand der Erörterungen, da nur der betroffene Kunde Berufung eingelegt hatte, aber nicht das verklagte Unternehmen. Der Kunde verlangte zum einen Ersatz der Aufwendungen für die Erstellung einer neuen Webseite, zum anderen für den entgangenen Gewinn. Hinsichtlich der Neu-Programmierung der Homepage müsse sich ein Webmaster einen Abzug neu für alt gefallen lassen. Eine Webseite habe idR. eine Nutzungsdauer von 8 Jahren, entsprechend anteilig seien die Schadenspositionen zu kürzen.
Ein Anspruch auf Gewinnausfall lehnte das Gericht hingegen komplett ab. Ein derartiges Begehren sei nur begründet, wenn der Betroffene substantiiert konkrete Einzelheiten vortrage. Allgemeine Aussagen und pauschale Ausführungen genügten nicht.
Der Beklagte warb auf seiner Domain mit dem Begriff "Resort" (hier: www.resort-(...).eu") für sein Angebot eines Ferienhauses. Dies stufte das Gericht als irreführend ein. Die Bezeichnung eines Ferienhauses als "Resort" sei irreführend, da der Verbraucher eine touristische Ferienanlage erwarte und nicht nur eine bloße Unterkunft. Eine Internet-Domain habe nicht nur eine reine Adressfunktion, sondern sie diene zugleich auch dazu, den Anbieter von anderen zu unterscheiden. Zur Identifikation des Anbieters greife der Verkehr im Internet auf dessen Domain zurück und richte Anfragen und Erklärungen regelmäßig an diese Adresse.
Durch die Verwendung der Internet-Domain "www.resort-(...).eu" wird aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die zur Vermietung angebotene Immobilie als "Resort" bezeichnet.
Das Presse-Portal "bz-berlin.de" hatte über einen Internet-Wettbewerb ("Promis im Netz auf fett getrimmt") berichtet und dabei auch zahlreiche Fotos, die bei dem Wettbewerb eingereicht worden waren, auf seiner Webseite abgelichtet. Der Wettbewerb wurde auf der Internetseite "www.worth100.com" veranstaltet. Die Teilnehmer sollten Fotos von Prominenten mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms so bearbeiten, dass die abgebildeten Personen als möglichst fettleibig erschienen. Eines der gezeigten Fotos hatte der klägerische Fotograf angefertigt. Ein unbekannter Dritter hatte die auf dem Bild gezeigte Person entsprechend dick umgestaltet und das Werk bei "www.worth100.com" hochgeladen. Als "bz-berlin.de" über die Ereignisse berichtete, zeigte es auch eben dieses Bild. Der Fotograf sah hierin eine Verletzung seiner Urheberrechte und klagte. Die Hamburger Richter lehnten den Anspruch ab. Zwar könne sich die Beklagte nicht auf den Ausnahmetatbestand "Berichterstattung über Tagesereignisse" (§ 50 UrhG) berufen, denn hierfür fehle es an der erforderlichen Aktualität. Die Berichterstattung über ein Wettbewerb, der mehrere Monate andauere, weise keinen Tagesbezug mehr auf. Auch liege in der Bearbeitung des Fotos eine klare Entstellung.
Gleichwohl liege, so die Richter, keine Verletzung der Urheberrechte vor. Denn es handle sich um eine freie Bearbeitung iSd. § 24 UrhG. Daran ändere auch nichts, dass die Verfremdung durch eine technische Software erzeugt worden sei. Denn solche Tools würden das Ergebnis nicht mittels Knopfdruck erzeugen, sondern erforderten weiterhin ein aktives, schöpferisches Handeln des Users.
Ein Vorgesetzter hatte im Rahmen einer dienstrechtlichen Beurteilung E-Mails an das Personalreferat geschickt. Die Beamtin wollte in diese elektronischen Nachrichten nun Einsicht nehmen. Das Gericht bejahte einen Anspruch. Ein Beamter habe jederzeit das Recht, in seine Personalakte zu schauen. Unter den Begriff der Personalakte fielen auch die E-Mails, da sie einen inneren sachlichen Zusammenhang mit der betreffenden Person aufwiesen. Schutzbedürftige Interessen, insbesondere der Vorgesetzten, seien nicht ersichtlich. Es handle sich um eine dienstliche E-Mail, die die Verfasser im Rahmen einer Beurteilung erstellt hätten. Sollte die E-Mail in einem Stil gehalten sein, der ein ungünstiges Licht auf den Absender werfen könne, sei das Interesse an einer Geheimhaltung erst recht nicht schutzwürdig, so das Gericht.
Denn wer sich in seiner Funktion als Vorgesetzter an das Personalreferat wende, weil es Schwierigkeiten mit einem Mitarbeiter gebe und seine negative Sicht der Arbeitsweise schriftlich mitteile, müsse sich überlegen, wie er dies formuliere, weil damit zu rechnen sei, dass diese Mitteilung dienstrechtliche Konsequenzen haben könne.
In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des 2. Senats im Wesentlichen ausgeführt, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegne keinen durchgreifenden europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere sei er in allen seinen Regelungsteilen formell und materiell verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Rundfunkbeitrags liege bei den Ländern. Der durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowohl für den privaten Bereich als auch für den nicht privaten Bereich ausgestaltete Rundfunkbeitrag sei keine (verdeckte) Steuer, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfiele. Auch wenn die Anknüpfung der Beitragserhebung an die Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an die Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich) allgemein gefasst sei, handele es sich noch um einen echten Beitrag. Der Rundfunkbeitrag bleibe eine Gegenleistung für die individuelle Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit einer speziellen, zweckgebundenen Finanzierungsfunktion nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Mit Blick auf seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung, der seinerseits verfassungsrechtlich garantiert sei, habe der Gesetzgeber typisierend annehmen dürfen, dass von der Rundfunkempfangsmöglichkeit üblicherweise in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten Wohnung und Betriebsstätte Gebrauch gemacht wird. Besondere Härtefälle könnten über die ausnahmsweise Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gelöst werden. In materieller Hinsicht verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag namentlich nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch insoweit bewege sich der Gesetzgeber noch im Bereich einer zulässigen Typisierung als sachlichem Grund für die Anbindung der Beitragspflicht an die Wohnung bzw. die Betriebsstätte. Dies gelte gerade unter Berücksichtigung sowohl der gesetzlich vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten und Ausnahmen als auch der degressiven Staffelung der Beitragspflicht für Betriebsstätten nach der Anzahl der Beschäftigten. Zuletzt seien auch die im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehenen Nachweis- und Anzeigepflichten ebenso wie der einmalige Meldedatenabgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar. Aus den vorstehenden Gründen sei eine Vorlage der Sachen an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht gekommen. Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Aktenzeichen: 2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14 (I. Instanz: VG Arnsberg 8 K 3279/13 und 8 K 3353/13 und VG Köln 6 K 7543/13)
Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 12.03.2015
Es ging inhaltlich um die Frage, wo und wie die Angaben zur Energieeffizienz eines Elektrogerätes nach § 6 a EnVKV bei einem Online-Shop erfolgen müssen: Direkt auf der Start-Seite oder erst auf den detaillierten Produkt-Unterseiten? Das OLG Stuttgart entschied: Auf allen Webseiten, von denen aus in potentieller Käufer die Ware in den virtuellen Warenkorb legen kann. Auf einer bloßen Start-Page eines Online-Shops, bei der ein Interessierte noch keine Waren in den Warenkorb packen könne, gelte die Anzeigepflicht hingegen nicht. Die Gesetzesnorm selbst lege nicht den genauen Zeitpunkt fest, wann, wo und wie ein Verkäufer diese Informationen bereitstellen müsste. Es heiße lediglich "bei der Werbung für ein bestimmtes Produktmodell".
Bei Abwägung und Berücksichtigung aller beteiligten Interessen sei es angemessen und verhältnismäßig, dass diese Angaben nicht bereits im Rahmen der bloßen Werbung erfolgen müssten, sondern sich auf alle (Unter-) Webseiten eines Online-Shops beschränke, von denen aus ein Käufer das Produkt in den virtuellen Warenkorb legen könne.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Die Mitarbeit in "scripted-reality"-Sendungen wie den RTL-Produktionen "Familien im Brennpunkt" und "Verdachtsfälle" schade nicht dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung, solange der Kriminalhauptkommissar sachlich korrekte und auf seiner Erfahrung beruhende Ratschläge gebe. Die gelegentliche Einblendung außerhalb des gespielten "Hauptgeschehens" gewährleiste die Abgrenzung zum fiktiven Teil der Sendungen. Der Polizeibeamte habe auch früher schon mit Genehmigung seines Dienstherrn an vergleichbaren TV-Formaten mitgewirkt. Unerheblich sei, dass das Ministerium für Inneres und Kommunales die Zusammenarbeit mit Produktionsfirmen bestimmter "scripted-reality"-Formate eingestellt habe. Denn es müsse zwischen der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei und der Teilnahme eines einzelnen Beamten an solchen Sendungen unterschieden werden. Hier gehe es nicht um die Außendarstellung der gesamten Polizei. Falls sich das betreffende Format so wandele, dass eine Beeinträchtigung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung zu befürchten sei, könnte die Genehmigung jederzeit widerrufen werden. Gegen das Urteil kann das Land NRW die Zulassung der Berufung beantragen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet. Aktenzeichen: 1 K 1032/14
Quelle: Pressemitteilung des VG Aachen v. 12.03.2015
Inhaltlich ging es um eine unzureichende Produktbeschreibung, die von Amazon selbst stammte. Der verklagte Verkäufer hatte sich an das Angebot angehängt. Das LG Arnsberg entschied, dass eine irreführende Blickfangwerbung vorliege. Es werden mittels einer Grafik für ein bestimmtes Produkt (hier: Sonnenschirme nebst Zubehör) geworben. Weiter unten, im Beschreibungstext erfahre der Verbraucher dann, dass er doch nicht sämtliches Zubehör mitgeliefert bekomme. Der Händler hafte auch für die Ausgestaltung des Angebots. Durch die Beauftragung von Amazon habe er einen willentlich und adäquat kausalen Beitrag zu der Rechtsverletzung geleistet. Denn ohne jegliche Auftragserteilung wäre eine entsprechende Veröffentlichung nicht erschienen, so die Robenträger. Eine solche Verpflichtung sei auch zumutbar und angemessen. Inhaltlich wies das Gericht auf eine frühere Entscheidung von sich selbst (LG Arnsberg, Urt. v. 22.01.2015 - Az.: I-8 104/14). Inzwischen haben eine Vielzahl von Gerichten die Haftung des Amazon-Marketplace-Händlers für Rechtsverletzungen von Amazon bejaht:
- OLG Hamm: I-4 U 154/14 Die Verantwortlichkeit gilt sogar im Ordnungsmittelverfahren:
- OLG Köln: Beschl. v. 10.12.2014 - Az.: 6 W 107/14 Der Beklagte, ein Amazon-Händler, hatte sich an ein von Amazon vorformuliertes Verkaufsangebot angehängt. Die Beschreibung verletzte jedoch die Markenrechte der Klägerin. Nun stellte sich die Frage, ob der Händler auch für die von Amazon begangenen Rechtsverstöße haftet. Dies hat das Berliner Gericht bejaht. Es liege zumindestens eine Störerhaftung vor, weil der Beklagte sich an das Amazon-Angebot angehängt habe.
Die von dem Beklagten zitierte abweichende Entscheidung des OLG München (Urt. v. 27.03.2014 - Az.: 6 U 1859/13) sei auf den vorliegenden Fall bereits deswegen nicht übertragbar, weil es bei dem dortigen Urteil um eine Urheberrechtsverletzung ging, so die Robenträger. Die hiesige Konstellation betreffe hingegen einen Markenverstoß. Anders als bei Urheberrechtsverletzungen, bei denen die Rechtslage häufig nur durch umfangreiche Recherchen feststellbar sei, könnten Marken hingegen relativ problemlos überprüft werden.
Geklagt hatten vier Duisburger Gastronomiebetriebe gegen die Stadt Duisburg, die die im Rahmen einer Risikobeurteilung ermittelten Punktebewertungen der Gaststätten an die Verbraucherzentrale weitergeben wollte. Die Verbraucherzentrale, die zu den Verfahren beigeladen war, möchte diese Informationen im Rahmen des Pilotprojekts „Gastro-Kontrollbarometer“ im Internet veröffentlichen. Dabei werden die Punktebewertungen drei Ergebnisstufen und nach Art einer Ampel den Farben grün, gelb und rot zugeordnet. Die Weitergabe der Punktwerte findet im Verbraucherinformationsgesetz keine Rechtsgrundlage. Dieses erlaubt nur die Weitergabe konkreter Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen oder allgemeiner Erkenntnisse aus der Lebensmittelüberwachung, die beispielsweise in Statistiken enthalten sind. Die Kammer hat jeweils die Berufung zum Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu klärenden Rechtsfragen zugelassen. Aktenzeichen:
Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf v 13.03.2015
Dies hat das Gericht abgelehnt. In der sehr ausführlichen Begründung der Entscheidung heißt es, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Steuerbescheids bestehen. Die Erhebung einer Vergnügungssteuer auf Spielapparate nach der „Satzung über die Erhebung einer Steuer auf Spielapparate und das Spielen um Geld und Sachwerte im Gebiet der Universitätsstadt Marburg“ vom 17. Oktober 2010 verletze den Automatenbetreiber weder in Grundrechten noch verstoße sie gegen höherrangiges Landes- oder Bundesrecht oder Europarecht. Sie habe auch keine erdrosselnde Wirkung. Dies begründet das Gericht im Einzelnen unter Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Entscheidung (Beschluss vom 09.02.2015, Az.: 4 L 3526/14.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Der Automatenbetreiber hat Beschwerde eingelegt, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheiden muss.
Quelle: Pressemitteilung des VG Gießen v. 10.03.2015
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