anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 42. KW im Jahre 2005. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Markenrechtlicher Titelschutz auch für Warenkatalog
2. OLG Saarland: Streitwert bei unterdurchschnittlicher Wettbewerbsstreitigkeit
3. LG Hamburg: Keywords bei Google AdWords keine Markenverletzung
4. LG Hamburg: Keine Mitstörerhaftung des Merchant für seinen Affiliate
5. LG Hamburg: ISP-Auskunftspflicht ggü. Staatsanwaltschaft bzgl. IP-Adresse
6. LG Köln: TV-Aufnahme mittels zeitversetztem Online-Streaming rechtswidrig
7. LG Köln: Inländische Markenverletzung durch ausländische Webseite?
8. Impressums-Pflichten bei Webseiten & BAFin
9. Europäische Kommission: Empfehlung zu Online-Musikrechten
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1. BGH: Markenrechtlicher Titelschutz auch für Warenkatalog
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Der BGH (Urt. v. 07.07.2005 - Az.: I ZR 115/01 = http://shink.de/w1mbm8) hat entschieden, dass auch für den von einem Unternehmen herausgegebenem Warenkatalog ein markenrechtlicher Titelschutz nach § 5 Abs.3 MarkenG entstehen kann.
Im vorliegenden Fall berief sich die Beklagte, die von einem Markeninhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde, auf dieses Recht und versuchte damit die Unterlassung abzuwehren.
"Ob für den Titel eines Warenkatalogs Werktitelschutz i.S. von § 5 Abs. 3 MarkenG begründet sein kann, ist in der Literatur umstritten (...).
Sie ist im Ergebnis deshalb zu bejahen, weil auch der Warenkatalog eine Druckschrift i.S. des § 5 Abs. 3 MarkenG ist. Er ist nicht nur, wie das Berufungsgericht angenommen hat, eine Ware oder beschränkt sich auf die Bezeichnung der Waren selbst, sondern stellt in der Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation der in ihm abgebildeten Waren regelmäßig eine eigenständige geistige Leistung dar, die im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes im Verkehr titelschutzfähig sein muß (...).
Das Berufungsgericht hat einen Werktitelschutz (...) an der Bezeichnung "Facts" mit der weiteren Begründung verneint, der Katalog sei nur mit "H. -Katalog" benannt worden und die bei verschiedenen Ausgaben auf der Titelseite aufgenommene zusätzliche Bezeichnung "Facts" würde vom Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel eines Druckwerks von anderen Werken aufgefaßt. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Die Entstehung des Werktitelschutzes (...) setzt eine kennzeichenmäßige und nicht lediglich beschreibende Benutzung der Bezeichnung voraus; die Bezeichnung muß als Werktitel benutzt werden (...)."
Demnach bejaht der BGH die grundsätzliche Möglichkeit, dass auch Warenkataloge einen Titelschutz erlangen können.
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2. OLG Saarland: Streitwert bei unterdurchschnittlicher Wettbewerbsstreitigkeit
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Das OLG Saarland (Beschl. v. 13.06.2005 - Az.: 1 W 134/05-27) hatte darüber zu entscheiden, welcher Streitwert bei einer durchschnittlicher Wettbewerbsstreitigkeit anzusetzen ist.
Antragstellerin einer einstweiligen Verfügung, die die Gegenseite auf Unterlassung in Anspruch genommen hatte, war ein Wettbewerbsverband nach § 8 Abs.3 Nr.2 UWG. Inhaltlich selber ging es um einen "unterdurchschnittlichen Wettbewerbsstreit".
Die Vorinstanz, das LG Saarbrücken, legte den Streitwert auf 5.000,- EUR fest. Hiergegen legte die Antragstellerin Streitwert-Beschwerde ein, erläuterte jedoch nicht näher, warum der Wert höher anzusetzen sei.
"Der (...) Streitwert eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung (...), in dem ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch verfolgt wird, ist (...) nach dem Interesse zu schätzen, das die Antragstellerin (...) am Erlass der beantragten Anordnung hat (...).
Handelt es sich bei der Antragstellerin bzw. Verfügungsklägerin um einen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (...) klagebefugten Verband, so ist maßgeblich auf das Interesse eines bedeutsamen und selbst betroffenen Verbandsmitgliedes abzustellen (...). Dieses Interesse bemisst sich regelmäßig nach dem Betrag, um den der Gewinn des betroffenen Mitglieds während des jeweils anzunehmenden Beeinträchtigungszeitraumes beeinträchtigt werden kann (...)."
Und weiter:
"Wird indessen wie im vorliegenden Fall von den Parteien kein substantiierter Sachvortrag hierzu unterbreitet, der eine zuverlässigere und genauere Wertschätzung in Anwendung der vorstehend aufgezeigten Grundsätze ermöglicht, so ist (...) für Verfahren der einstweiligen Verfügung, die Wettbewerbsstreitigkeiten durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit zum Gegenstand haben, ein Regelstreitwert in Ansatz zu bringen.
Unter Berücksichtigung der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse geht der Senat in neuerer Rechtsprechung davon aus, dass es sachgerecht ist, diesen Regelstreitwert auf 10.000 EUR bis 20.000 EUR zu bemessen (...)
Ein geringerer Streitwert ist nur dann in Ansatz zu bringen, wenn die den Gegenstand des Verfahrens bildende Wettbewerbsstreitigkeit erkennbar von nur unterdurchschnittlicher bzw. relativ geringfügiger wirtschaftlicher Bedeutung ist (...).
Hiervon ausgehend kann es nicht ernsthaft beanstandet werden, dass das Landgericht den Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens letztlich auf 5.000 EUR festgesetzt und die mit der Beschwerde nachgesuchte weitere Herabsetzung des Geschäftswertes auf einen Betrag bis zu 300 EUR abgelehnt hat."
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3. LG Hamburg: Keywords bei Google AdWords keine Markenverletzung
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Das LG Hamburg (Urt. v. 21.12.2004 - Az.: 312 O 950/04 = http://shink.de/r6ly3w) hat entschieden, dass die Schaltung von Keywords bei Google AdWords keine Markenverletzung darstellt.
Die Antragsgegnerin hatte einen Begriff als Keyword verwendet, der markenrechtlich durch die Antragstellerin geschützt war. Hierin sah diese eine Markenverletzung und ging gegen die Antragsgegnerin vor.
Zu Unrecht wie nun das LG Hamburg entschied:
"Nach der Rechtsprechung der Kammer ist die Verwendung von AdWords zur Schaltung von Anzeigen bei Internetsuchmaschinen zulässig, wenn die Anzeigen deutlich als solche gekennzeichnet sind. Eine Markenverletzung ist damit regelmäßig nicht verbunden, weil die Verwendung eines Keywords zur Platzierung einer als solcher gekennzeichneten Werbeanzeige außerhalb der Liste der Suchergebnisse keine markenmäßige Verwendung des markenrechtlich geschützten Keywords darstellt.
Denn die Veröffentlichung einer Anzeige außerhalb der Liste der Suchergebnisse beinhaltet nicht Aussage, dass die in dieser Werbeangezeigten Waren oder Dienstleistungen unter dem in Rede stehenden Suchbegriff angeboten werden. Die Verwendung eines Begriffes als AdWord ist marken- und wettbewerbsrechtlich nicht anders zu bewerten als die (zulässige) Handlungsanweisung bei Presseerzeugnissen, die Anzeige neben einem Artikel zu veröffentlichen, der sich mit einem bestimmten Markenprodukt befasst."
Die Hamburger Richter stimmen damit mit einer älteren, eigenen Entscheidung (LG Hamburg, Urt. v. 21.09.2004 - Az.: 312 O 324/04 = http://shink.de/jrnl7g) und des OLG Dresden (Urt. v. 30.08.2005 - Az.: 14 U 0498/05 = Kanzlei-Infos v. 31.08.2005 = http://shink.de/hzty4) [Vorinstanz: LG Leipzig, Urt. v. 08.02.2005 - Az.: 5 O 146/05 = http://shink.de/4rih6b] überein.
Auch im weiteren sind die richterlichen Ausführungen lesenswert, denn sie setzen sich mit der Frage auseinander, ob die AdWords-Anzeigen hinreichend deutlich zwischen den freien Such-Ergebnissen und den gekauften Annoncen unterscheiden. Ergebnis: Google trennt durch die Farbwahl und die räumliche Platzierung ausreichend zwischen freien Suchergebnissen und Anzeigen, so dass keine Verschleierung von Wettbewerbshandlungen (§ 4 Nr.3 UWG) vorliegt:
"Wie im Widerspruchsverfahren deutlich geworden ist, ist die Kammer im Erlassverfahren von unzutreffenden Annahmen ausgegangen. Denn anders als der schwarz/weiß-Ausdruck Anl. 7 erkennen lässt, wird bei Google eine AdWords-Anzeige auch dann hinreichend deutlich als Anzeige gekennzeichnet, wenn sie von Google wegen einer besonders intensiven vorhergehenden Nutzung des Links oberhalb der eigentlichen Suchergebnisse eingeblendet wird.
Wie nämlich im Widerspruchsverfahren unstreitig ist - und im Übrigen durch die (farbigen) Beispiele von Adwords-Anzeigen oberhalb der Trefferliste auf der Diskette Anl. AG 2 anschaulich wird - erscheinen AdWords-Anzeigen, die oberhalb der Trefferliste eingeblendet werden, in einem hellblauen Kasten, der die gesamte Bildschirmbreite einnimmt."
Dass es auch im Online-Bereich einer klaren Trennung zwischen (redaktionellem) Inhalt und Werbung bedarf, hat erst vor kurzem das LG Berlin im Fall gegen BILD.T-Online.de festgestellt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 04.08.2005 = http://shink.de/tswjmg
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4. LG Hamburg: Keine Mitstörerhaftung des Merchant für seinen Affiliate
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Als eines der ersten Gerichte in Deutschland hatte das LG Hamburg (Urt. v. 03.08.2005 - Az: 315 O 296/05 = http://shink.de/qm6bcc) zu entscheiden, ob ein Merchant für die Rechtsverletzungen haftet, die sein Affiliate begeht.
Dies haben die Hamburger Richter im vorliegenden Fall verneint.
Der Affiliate hatte sich - wie üblich - beim Merchant für ein Partnerprogramm mit seiner Domain A registriert. Die Werbematerialien des Partnersprogrammes verwendete er aber auch für die nicht beim Programm registrierte Domain B. Diese Domain B verletzte nun Markenrechte.
Die Antragstellerin nahm daraufhin den Merchant als Mitstörer in Haftung. Insbesondere habe er ein technisches Kontrollsystem einzuführen, mittels dem derartige Missbräuche zukünftig unterbunden werden müssten.
Dieser Rechtsansicht ist das Landgericht nicht gefolgt:
"Die Antragsgegnerin ist jedoch für die von ihrem Werbepartner (...) begangene Markenverletzung nicht verantwortlich. Sie haftet auch nicht als Störerin. Als Störer kann auch derjenige, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (...).
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin zu der von ihrem Werbepartner (...) begangenen Markenverletzung einen kausalen Beitrag geleistet hat. Die Antragsgegnerin hat durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihrer Mitarbeiterin Werbepartnerprogramms ein Werbebanner lediglich für die Internetseite www.s(...).de zur Verfügung gestellt und dieser sodann das Werbebanner eigenmächtig für die Internetseite g(...)travel24.net genutzt hat."
Und hinsichtlich der Pflicht zur Einführung eines Kontroll-Systems:
"Im vorliegenden Fall kann unentschieden bleiben, ob die Antragsgegnerin bei dieser Sachlage einen kausalen Beitrag an der Markenverletzung begangen hat. Denn eine Haftung als Störer setzt weiter voraus, dass zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine Markenverletzung zu unterbinden (BGH GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung). Im Falle der Verlinkung ist es einem Domaininhaber grundsätzlich unzumutbar zu überprüfen, ob der Betreiber einer anderen Internetseite, der eigenmächtig einen Link zu dem Domaininhaber herstellt, Schutzrechte Dritter verletzt.
Wird einem Domaininhaber durch eine Abmahnung ein Fall der Markenverletzung bekannt, kann er zwar verpflichtet sein, technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um weitere entsprechende Markenverletzungen zu verhindern (vgl, BGH a.a.O.). Dabei kommt es jedoch auf den konkreten Einzelfall an.
Im vorliegenden Fall kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin nach Erhalt der Abmahnung Prüfungspflichten verletzt hat. Auch wenn es der Antragsgegnerin technisch möglich sein sollte, ein Softwareprogramm entwickeln zu lassen, um künftig Markenverletzungen ihrer 15.000 Werbepartner aufzuspüren und zu verhindern, müsste die Einrichtung einer solchen Kontrolle für die Antragsgegnerin wirtschaftlich zumutbar sein.
Ob bei dem Geschäftsmodell der Antragsgegnerin ein wirtschaftlich sinnvolles und effektives Kontrollprogramm installiert werden kann, ist nicht erkennbar. Insoweit liegt die Darlegungslast bei der Antragstellerin. Der Vortrag der Antragstellerin ist nicht ausreichend. Zudem fehlt es an einer Glaubhaftmachung.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin folgt eine Störerhaftung der Antragsgegnerin auch nicht daraus, dass sie keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Dazu war die Antragsgegnerin bei der gegebenen Sachlage nicht verpflichtet."
In einem vergleichbaren Fall, wo es um die Prüfpflichten eines Online-Auktionshauses ging, hatte das LG Hamburg vor kurzem genau gegenteilig entschieden, vgl. die Kanzlei-Infos v. 14.05.2005 = http://shink.de/x70j5o
Die aktuelle Entscheidung des LG Hamburg ist für den Affiliate-Bereich außerordentlich erfreulich und weist in die richtige Richtung. Würde man nämlich eine Mitstörerhaftung des Merchant bejahen, stünde dieses Wirtschaftsfeld vor einem faktisch nicht zu begrenzenden Haftungsrisiko.
Am Horizont ziehen aber schon die ersten Wolken auf. Vor dem LG Köln wurde ein ähnlicher Fall verhandelt und dort soll - exakt gegenteilig zur Hamburger Entscheidung - der Merchant für die Verletzungshandlungen des Affiliate mithaften.
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5. LG Hamburg: ISP-Auskunftspflicht ggü. Staatsanwaltschaft bzgl. IP-Adresse
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Das LG Hamburg (Beschl. v. 23.6.2005 - Az.: 631 Qs 43/05 = http://shink.de/ufuds2) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Access-Provider verpflichtet ist, der Staatsanwaltschaft Auskunft über eine IP-Adresse zu geben.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte vom Access-Provider nach § 113 Abs.1 TKG um Übermittlung der zu einer IP-Adresse gehörenden personenbezogenen Daten gebeten, da der Verdacht einer Straftat bestand.
Der Access-Provider lehnte dies ab, weil er der Ansicht war, dass das Auskunftsbegehren mittels eines gerichtlichen Bschlusses nach der StPO hätte erwirkt werden müssen.
Zu Unrecht wie nun das LG Hamburg entschied.
"Die von der Staatsanwaltschaft begehrte Auskunftserteilung über Name und Anschrift des hinter der von einem Internet-Access-Provider zu einem bestimmten Zeitpunkt vergebenen dynamischen IP-Adresse stehenden Endgerätenutzers berührt nicht den grundrechtlich geschützten Bereich des Fernmeldegeheimnisses (...), sondern erweist sich als ein auf die Mitteilung von “Bestandsdaten“ i.S.v. § 3 Nr.3 TKG gerichtetes Verlangen, dem nachzukommen die Beschwerdeführerin (...) verpflichtet ist."
Im weiteren setzt sich das Gericht mit den unterschiedlichen Rechtsansichten auseinander, die in der Rechtsprechung und Literatur bislang zu diesem Problem vertreten werden.
Im Ergebnis lässt das Gericht keinen Zweifel: Der Provider ist zur Heraugabe der Daten verpflichtet.
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6. LG Köln: TV-Aufnahme mittels zeitversetztem Online-Streaming rechtswidrig
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Das LG Köln (Urt. v. 27.04.2005 - Az.: 28 O 149/05 = http://shink.de/r27nea) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Anbieter von Online-Plattenplatz, mit dem das zeitversetzte Aufnehmen aus dem TV ermöglicht wird, urheberrechtswidrig handelt.
Die Klägerin ist ein bekannter, privater Fernsehsender aus Deutschland. Die Beklagte bietet online eine elektronische Programmzeitschrift an. Darüber hinaus vergibt sie an beliebige Dritte eine auf ihren Servern bereitgestellte Funktion, mit der der Kunde der Beklagten Fernsehsendungen zeitversetzt zur Verfügung erhält. Dazu stellt die Beklagte Speicherplatz auf ihren Servern zur Verfügung.
Dies hielt die Klägerin für urheberrechtswidrig. Zu Recht wie nun die Kölner Richter entschieden:
"Der Anspruch auf Unterlassung (...) folgt aus §§ 97 Abs. 1, 87, 20, 20b UrhG.
Die Voraussetzungen aus § 87 Abs. 1 UrhG liegen vor. Die Verfügungsklägerin ist ein Sendungsunternehmen des privaten Rechts. Es handelt sich bei dem Programm der Verfügungsklägerin jeweils um Funksendungen im Sinne der Vorschrift (...).
Die [...] Beklagte sendet diese Funksendungen der Verfügungsklägerin weiter im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. UrhG. Eine Weitersendung liegt vor, wenn eine zeitgleiche, unverändert Simultanausstrahlung der ursprünglichen Sendung erfolgt (...).
Die [...] Beklagte fängt das Signal der Funksendungen der Verfügungsklägerin mittels Satellitenempfangsgeräten auf und leitet dieses Signal unverändert durch die bei ihr installierten, in Reihe geschalteten virtuellen Videorecorder hindurch. Eine Zeitverzögerung liegt nicht vor bzw. entsteht lediglich im Bereich von Millisekunden, was durch die natürlichen Widerstände in den verwendeten technischen Einrichtungen wie Kabeln, Speichern etc. bedingt ist und keine Zeitverzögerung im Sinne der Vorschrift darstellt.
Die Weitersendung erfolgt an die Nutzer, denn diese haben durch den gemieteten Speicherplatz auf den Servern der Verfügungsbeklagten ihren virtuellen Videorecorder oder Festplattenrecorder nur – um die Formulierung der Verfügungsbeklagten zu verwenden – "sehr weit weg" aufgestellt."
Da die Beklagte über keine entsprechende Einräumung der Nutzungsrechte durch die Klägerin verfügte, wurde sie auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Siehe zum Problem des Online-Streamings auch die Entscheidung des OLG Hamburg, vgl. Kanzlei-Infos v. 09.08.2005 = http://shink.de/idmtl2
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7. LG Köln: Inländische Markenverletzung durch ausländische Webseite?
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Das LG Köln (Urt. v. 13.09.2005 - Az.: 33 O 209/03 = http://shink.de/1sr8fr) hatte darüber zu entscheiden, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine ausländische Webseite gegen eine Deutschland eingetragene Marke verstößt
Die Klägerin war Inhaberin einer in Deutschland eingetragenen Marke. Die Beklagte hatte ihren Besitz in Spanien und betrieb dort auch ihr Geschäft. Sie warb für ihr Hotel im Internet in spanischer und englischer Sprache, wobei der Nutzer die Möglichkeit hat, per Internet zu buchen.
Hierin sah die Klägerin nun eine Verletzung ihrer Marke.
Zu Unrecht meinten die Kölner Richter.
"Ein Unterlassungsanspruch (...) ist nicht gegeben. Maßgeblich für die Frage der Kennzeichenverletzung ist, ob eine relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt (...). Eine Verletzungshandlung ist zwar regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren und Dienstleistungen angeboten werden (...).
Allerdings setzt die Annahme einer relevanten Verletzungshandlung bei einer Kennzeichennutzung im Internet voraus, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug aufweist (...). Für das in Druckwerken enthaltene Angebot ausländischer Dienstleistungen im Inland ist erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Inhabers des inländischen Kennzeichens nicht unwesentlich ist (...). Ob die Voraussetzungen vorliegen, ist (...) Tatfrage."
Und weiter:
"Nach Auffassung der Kammer unterscheidet sich der vorliegende Fall nicht wesentlich von den Sachverhaltskonstellationen, die der Bundesgerichtshof in der Enstcheidung "Hotel Maritime" entschieden hat.
Mit den beiden ersten Sachverhaltskonstellationen (Werbung im Internet und Hotelprospekt) hat sich der Bundesgerichtshof bereits in der Entscheidung "Hotel Maritime" auseinander gesetzt und für diese Benutzungshandlungen einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug bzw. eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung der Interessen des Inhabers des Kennzeichens abgelehnt.
Diese Bewertung ist auch im vorliegenden Fall zutreffend. Nach Auffassung der Kammer folgt vorliegend eine andere Beurteilung nicht etwa daraus, dass die Klägerin in Spanien selbst ein Hotel betreibt, denn maßgeblich muss auf das Inland und damit auf die Bundesrepublik Deutschland und nicht auf das Ausland abgestellt werden und insoweit ist nur von Relevanz, dass die Beklagte selbst kein Hotel in Deutschland betreibt.
Eine etwaige Konkurrenzlage in Spanien ist für die vorliegende Fragestellung nicht von Bedeutung. Nach Auffassung der Kammer ist zudem irrelevant, ob es technisch möglich wäre, die Abrufbarkeit auf das jeweilige Land zu beschränken, da es vorliegend auch bei Nutzung ausländischer Seiten im Inland in jedem Fall an einer relevanten Verletzungshandlung fehlt."
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8. Impressums-Pflichten bei Webseiten & BAFin
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Gemäß § 6 Nr.3 TDG muss ein Teledienste-Anbieter (z.B. ein Webseiten-Betreiber) u.a. auch die zuständige Aufsichtsbehörde angeben. Generell zur Impressums-Pflicht vgl. unsere Rechts-FAQ "Recht der Neuen Medien", Punkt 13 "Impressum" = http://shink.de/bv4tlu
Eine solche Aufsichtsbehöde ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin). Sie ist die einheitliche staatliche Allfinanzaufsicht über Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen und den Wertpapierhandel und existiert seit 2002.
Nun findet sich auf Webseiten, die gar nicht oder nur z.T. der BAFin-Aufsicht unterliegen, immer wieder der Hinweis im Impressum, die Homepage unterliege der Aufsicht der BAFin.
In einer aktuellen Antwort (Download PDF via experten.de = http://shink.de/l1vwiz) weist das BAFin darauf hin, dass ein solcher Hinweis irreführend und somit wettbewerbswidrig ist:
" (...) Die von uns beaufsichtigten Unternehmen dürfen sachlich auf die Tatsache aufmerksam machen, dass sie von der BaFin beaufsichtigt werden. Die Unternehmen haben jedoch in ihrer Werbung deutlich darauf hinzuweisen, wenn sie - etwa bei Finanzvermittlern - nur mit einem Teil ihres Geschäfts unter Aufsicht der BaFin stehen. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den "Hinweisen zur Werbung mit der BaFin", die Sie auf unserer Internetseite www.bafin.de unter "Für Anbieter" und "Werbung" finden.
Werben Unternehmen damit, von uns beaufsichtigt zu sein, obwohl sie es nicht sind, ist dies irreführend und damit unzulässig (§§ 3, 5 UWG)."
Alle Webseiten-Betreiber, die im Finanzbereich tätig sind, sollten daher noch einmal unter diesem Aspekt ihr Impressum überprüfen, andernfalls droht eine kostenpflichtige Abmahnung.
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9. Europäische Kommission: Empfehlung zu Online-Musikrechten
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Die Europäische Kommission hat eine Empfehlung (= http://shink.de/q94lqn) über die Wahrnehmung von Onlinemusikrechten verabschiedet, in der sie Maßnahmen zur Verbesserung der EU-weiten Lizenzierung von Urheberrechten für Online-Angebote vorschlägt.
Dabei wird das Hauptproblem für die Anbieterseite richtig erkannt:
"Lizenzen sind oft auf ein Territorium beschränkt, und das zwingt gewerbliche Nutzer für jedes in der Online-Nutzung benötigte Recht in jedem Mitgliedstaat von jeder jeweiligen Verwertungsgesellschaft eine Lizenz zu erwerben.
Der freie länderübergreifende Dienstleistungsverkehr impliziert für die kollektive Rechtewahrnehmung, dass die Rechteinhaber die Möglichkeit haben, die Verwertungsgesellschaft für die Wahrnehmung der Rechte, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden, frei in der Gemeinschaft zu wählen. Dieses Recht beinhaltet die Möglichkeit, alle oder einen Teil der Online-Rechte einer anderen Verwertungsgesellschaft zu übertragen."
Die Kommission macht hierzu ab S.4 ff. mehrere Vorschläge, u.a.:
"Rechteinhaber sollen das Recht haben, die Wahrnehmung aller Online-Rechte, die zum Betrieb legaler Online-Musikdienste notwendig sind, in einem territorialen Umfang ihrer Wahl einer Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl anzuvertrauen; der Sitzstaat oder die Staatsangehörigkeit der Verwertungsgesellschaft bzw. des Rechteinhabers sollte hierfür keine Rolle spielen."
In der Praxis dürften diese durchaus sinnvollen Vorschläge auf starken Widerstand stoßen. Vor allem die nationalen Verwertungsgesellschaften werden aller Voraussicht nach aus Angst vor der Frage nach der eigenen Existenzberechtigung dem ganzen widersprechen.
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