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Die acht Angeklagten sind vom Landgericht Trier am 13. Dezember 2021 wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und fünf Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Zudem hat das Landgericht gegen die Angeklagten die Einziehung unter anderem des Wertes von Taterträgen zwischen etwa 9.000 € und 900.000 € angeordnet. Von weiteren Vorwürfen sind die Angeklagten freigesprochen worden. Schließlich hat die Strafkammer hinsichtlich einer Einziehungsbeteiligten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von knapp 750.000 € angeordnet.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrieben die Angeklagten ein hochgesichertes Rechen- und Datenverarbeitungszentrum in einer früheren NATO-Bunkeranlage auf einem ehemaligen Militärgelände im rheinland-pfälzischen Traben-Trarbach und stellten diese IT-Infrastruktur gegen Bezahlung insbesondere Betreibern illegaler Handelsplattformen im Internet zur Verfügung, wobei die technische Ausstattung auf eine anonyme, vor einem staatlichen Zugriff geschützte Nutzung ausgerichtet war.
Die Angeklagten wussten, dass die von ihnen vermieteten Server vornehmlich zur Begehung von Straftaten im Internet, insbesondere zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln über Online-Handelsplattformen, genutzt wurden.
Gegen das Urteil haben sowohl alle acht Angeklagten und die Einziehungsbeteiligte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Die revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils durch den 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat zu dessen ganz weitgehender Bestätigung geführt. Der Senat hat die Schuldsprüche zur Klarstellung dahin präzisiert, dass die Angeklagten jeweils der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer auf besonders schwere Straftaten gerichteten kriminellen Vereinigung schuldig sind.
Hinsichtlich eines Angeklagten hat der Senat den Betrag der angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen geringfügig reduziert. Die weitergehende Revision dieses Angeklagten sowie die Revisionen der übrigen Angeklagten und der Einziehungsbeteiligten sind verworfen worden.
Den Einwand der Angeklagten, ihre Aktivitäten als Webhoster seien aufgrund der Haftungsprivilegierung des § 10 Telemediengesetz (TMG) in Verbindung mit der E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union nicht strafbar gewesen, hat der Bundesgerichtshof als nicht stichhaltig erachtet.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil insoweit aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Trier zurückverwiesen, als die Strafkammer die Einziehung einer Vielzahl von Ausstattungsgegenständen des Cyberbunkers abgelehnt hat.
Dagegen blieb die Revision der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg, soweit sie eine Verurteilung der Angeklagten auch wegen Beihilfe zu von den Nutzern der zur Verfügung gestellten IT-Infrastruktur begangenen Straftaten erstrebt hat. Insofern hat das Landgericht die Angeklagten zu Recht freigesprochen, da sie von den angeklagten Beihilfetaten keine hinreichend konkrete Kenntnis hatten und es mithin am erforderlichen Beihilfevorsatz fehlte.
Vorinstanz:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 12.09.2023
Sachverhalt:
Zur Herstellung des Titels hatten die Beklagten zwei Sekunden einer Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt.
Die Kläger sehen dadurch ihre Rechte als Tonträgerhersteller und das Urheberrecht des Klägers zu 1 verletzt. Sie haben die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen, Tonträger mit der Aufnahme "Nur mir" herzustellen und in Verkehr zu bringen. Außerdem haben sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zweck der Vernichtung verlangt.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten wiederum zurückgewiesen. Die erneute Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Revisionsurteile und das zweite Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Dieser hat daraufhin dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums vorgelegt, die der Gerichtshof mit Urteil vom 29. Juli 2019 beantwortet hat.
Mit dem dritten Revisionsurteil hat der Senat auf die Revision der Beklagten die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts daraufhin dahingehend abgeändert, dass die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Auskunft über die Anzahl der zwischen dem 22. Dezember 2002 und dem 7. Juni 2021 hergestellten und/oder ausgelieferten Tonträger mit Schallaufnahmen des Titels "Nur mir" sowie zur Herausgabe von Vervielfältigungsstücken dieser Tonträger zum Zwecke der Vernichtung verurteilt werden und insoweit ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt wird.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit es hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche ab dem 7. Juni 2021 zum Nachteil der Kläger erkannt hat. Die Kläger verfolgen mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, ihre mit der Klage ab dem 7. Juni 2021 geltend gemachten Ansprüche weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Revision hat Erfolg, wenn das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen hat, dass die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche ab dem 7. Juni 2021 ausgeschlossen sind, weil die Übernahme der Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" im Wege des Sampling eine nach § 51a Satz 1 UrhG in der ab dem 7. Juni 2021 geltenden Fassung zulässige Nutzung zum Zwecke des Pastiches ist, so dass keine Verletzung der von den Klägern geltend gemachten Leistungsschutzrechte als Tonträgerhersteller oder ausübende Künstler sowie des Urheberrechts des Klägers zu 1 vorliegt.
Hierauf kommt es im Streitfall an, weil das Musikstück "Nur mir" die Voraussetzungen einer Karikatur oder Parodie des Musikstücks "Metall auf Metall" mangels Ausdrucks von Humor oder einer Verspottung nicht erfüllt (dazu BGHZ 225, 222 [juris Rn. 63] - Metall auf Metall IV).
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt sich zunächst die Frage, ob die Schrankenregelung der Nutzung zum Zwecke von Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG ein Auffangtatbestand jedenfalls für eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem vorbestehenden Werk oder sonstigen Bezugsgegenstand einschließlich des Sampling ist und ob für den Begriff des Pastiches einschränkende Kriterien wie das Erfordernis von Humor, Stilnachahmung oder Hommage gelten.
Die Pastiche-Schranke könnte als allgemeine Schranke für die Kunstfreiheit zu verstehen sein, die deshalb notwendig ist, weil der Kunstfreiheit allein durch die immanente Begrenzung des Schutzbereichs der Verwertungsrechte auf eine Nutzung der Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form (vgl. EuGH, GRUR 2019, 929 [juris Rn. 31] - Pelham u.a.) und die übrigen Schrankenregelungen wie insbesondere Parodie, Karikatur und Zitat nicht in allen Fällen der gebotene Raum gegeben werden kann.
Die hier in Rede stehende Technik des "Elektronischen Kopierens von Audiofragmenten" (Sampling), bei der ein Nutzer einem Tonträger ein Audiofragment entnimmt und dieses zur Schaffung eines neuen Werks nutzt, ist eine künstlerische Ausdrucksform, die unter die durch Art. 13 EU-Grundrechtecharta geschützte Freiheit der Kunst fällt (EuGH, GRUR 2019, 929 [juris Rn. 35] - Pelham u.a.; zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vgl. BVerfGE 142, 74 [juris Rn. 89]).
Die Rechte der Urheber, Tonträgerhersteller und ausübenden Künstler gemäß Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG genießen den Schutz des geistigen Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta. Dem Ziel des angemessenen Ausgleichs von Rechten und Interessen trägt der in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene "Drei-Stufen-Test" Rechnung, dessen Voraussetzungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt sind.
Sodann stellt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die weitere Frage, ob die Nutzung "zum Zwecke" eines Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG die Feststellung einer Absicht des Nutzers erfordert, einen urheberrechtlichen Schutzgegenstand zum Zwecke eines Pastiches zu nutzen oder ob die Erkennbarkeit des Charakters als Pastiche für denjenigen genügt, dem der in Bezug genommene urheberrechtliche Schutzgegenstand bekannt ist und der das für die Wahrnehmung des Pastiches erforderliche intellektuelle Verständnis besitzt.
Beschluss vom 14. September 2023 - I ZR 74/22 - Metall auf Metall V
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 14.09.2023
Den Reiseveranstalter trifft keine Aufklärungspflicht, da kein Wissensgefälle vorliegt. Der Klägerin stünden keine Minderungsansprüche zu, soweit die von ihr gebuchte Ecuadorreise in die dort im Dezember herrschende Regenzeit fiel.
Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich und ihren Partner eine exklusive Ecuador-Privatrundreise für Mitte bis Ende Dezember 2021 für rund 18.000 €. Wegen zahlreicher behaupteter Mängel u.a. witterungsbedingter Beeinträchtigungen, eines ausgefallenen Ausflugs und Lärmbelästigungen verlangt sie nun Minderung des Reisepreises in Höhe von gut 6.000 € von der Beklagten. Das Landgericht hatte der Klage in Höhe von gut 800 € u.a. wegen eines ausgefallenen Ausflugs und der erlittenen Lärmbelästigungen stattgegeben und Ansprüche wegen witterungsbedingter Beeinträchtigungen abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das Landgericht habe zu Recht Ansprüche wegen witterungsbedingter Sichtbeeinträchtigungen auf ihrer Ecuadorreise verneint, betonte das OLG. Der Veranstalter einer Reise hafte grundsätzlich nicht für „die im Zielgebiet herrschenden Wetterverhältnisse und klimatischen Gegebenheiten“.
Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin vor Abschluss des Reisevertrags über die im Reisemonat Dezember in Ecuador üblicherweise zu erwartenden Witterungsbeeinträchtigungen aufzuklären und auf Regenzeiten hinzuweisen. Eine gesteigerte Informationspflicht eines Reiseveranstalters bestehe nur hinsichtlich der Umstände, bei denen der Reisende über ein Informationsdefizit verfügt.
Vorliegend habe sich die Klägerin indes ohne Weiteres über das Internet über die klimatischen Besonderheiten am Urlaubsort informieren können. Das Internet biete dem Reisenden umfangreiche, aktuelle und unentgeltliche Informationen - unabhängig vom typischerweise erst nach der Entscheidung für ein Zielgebiet erfolgten Erwerb eines Reiseführers. Bereits bei einer einfachen Recherche im Internet sei ersichtlich, dass der Monat Dezember sowohl im Andenhochland als auch im Amazonasgebiet als regenreich gelte und damit Sichtbeeinträchtigungen aufgrund von Regen und Nebel allgemein zu erwarten gewesen seien. Hier habe sich damit ein allgemeines Umwelt- bzw. Umfeldrisiko verwirklicht.
Der Umstand, dass es sich um eine recht hochpreisige Reise gehandelt habe, führe nicht zu einer besonderen Beratungspflicht. Maßgeblich für den Reisepreis sei vielmehr die Ausgestaltung als exklusive Privatreise mit Gabelflug gewesen.
Soweit den Reiseveranstalter eine Hinweispflicht treffen können, wenn sich für die Reisezeit eine atypische, unvorhergesehene Wetterlage abzeichne, mache die Klägerin diese Voraussetzungen hier nicht geltend.
Die Reisebeschreibung enthalte schließlich auch keinerlei Aussagen zur Umgebung, Landschaft oder Tierwelt, die die Klägerin witterungsbedingt nicht wahrzunehmen vermocht habe.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 13.6.2023 sowie Beschluss vom 28.8.2023, Az. 16 U 54/23
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 13.09.2023
Das verklagte Unternehmen bot online Säfte in Einweg-Plastikflaschen zum Kauf an, ohne ein Pfand zu erheben.
Dies stufte das LG Berlin als Wettbewerbsverletzung ein., denn die Beklagte verletzte mit ihrem Handeln § 31 VerpackG, der dem Verkäufer eine entsprechende Pfandpflicht vorschreibe:
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte die im Antrag zu eins genannten Getränke mit jeweils 500 ml angeboten hat, ohne dass vorgeschriebene Pfand von mindestens 0,25 € brutto zu erheben. (...)
Schließlich handelt es sich bei der genannten Vorschrift des Verpackungsgesetzes auch um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.
Die Pfandvorschriften des Verpackungsgesetzes sind gesetzliche Vorschriften, die im Sinne von § 3a UWG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Die Pfanderhebungspflicht für Einweggetränkeverpackungen gemäß § 31 VerpackG wirkt sich deutlich auf das Verhalten der Hersteller und Vertreiber auf dem Absatzmarkt aus (OLG Köln vom 19.Oktober 2012 zu 6 U 103/12 noch zur Verpackungsverordnung) und hat daher entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur reflexhafte Auswirkungen auf den Markt. Wer kein Pfand erhebt, verschafft sich erhebliche Wettbewerbsvorteile nicht nur wegen des deutlich günstigeren Preises, sondern auch wegen des ersparten Aufwandes auf Kosten der Umwelt."
Die Beklagte betrieb eine Kinderwunschpraxis und bietet u.a. an, Eizellen einzufrieren. Die Klägerin wurde dort Patientin. Im Rahmen der Datenerfassung wurde auch eine Kopie ihres Personalausweises angefertigt, was aber nicht erforderlich gewesen wäre.
Als es eine Zeit später zwischen den Parteien zum Streit kam, machte die Klägerin wegen der Ausweis-Ablichtung einen DSGVO-Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO geltend.
Das LG Bielefeld lehnte den Anspruch ab.
Es liege zwar eine Datenschutzverletzung vor, die grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch begründen könne, so die Richter.
Im vorliegenden Fall fehle es jedoch am Schaden:
Auch und gerade unter Berücksichtigung eines weiten Verständnisses des immateriellen Schadens, das ausdrücklich auch Bagatellschäden einschließt, vermochte die Kammer jedoch nicht zu erkennen, dass die Klägerin einen solchen Schaden tatsächlich erlitten hat."
Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgeführt, dass sie im Wesentlichen die Unsicherheit, was mit ihren Eizellen passiert sei und/oder passieren könne, umtreibe. Hinzu komme die Problematik mit dem Datenschutz, man höre und lese immer wieder, dass medizinische Daten nicht sicher verwahrt und Krankenunterlagen beispielsweise - ohne sie zu vernichten - im Müll entsorgt werden würden. Die Klägerin wolle auf keinen Fall, dass ihr Name im Zusammenhang mit der Entnahme von Eizellen bekannt werde.
Der Hauptpunkt, der sie umtreiben würde und sie gelegentlich am Einschlafen hindere, sei aber die Unsicherheit, was mit ihren Eizellen sei. Sie habe als Nebenpunkt dann von ihrem Anwalt erfahren, dass in der Praxis der Beklagten keine Kopie ihres Personalausweises hätte gemacht werden dürfen.
Aus den Ausführungen der Klägerin ist somit zu entnehmen, dass die Sorgen und Ängste der Klägerin, die die Klägerin in ihrer Klageschrift vorgetragen und behauptet hat, nicht durch das Kopieren ihres Personalausweises ausgelöst worden sind, sondern vielmehr durch die Auslagerung und den Transport ihrer Eizellen, da sie insoweit eine Unsicherheit hinsichtlich des Zustandes und des Verbleibs ihrer Eizellen verspürt.
Dies folgt insbesondere auch aus den Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung, wonach sie erstmals von ihrem Anwalt erfahren habe, dass eine Kopie ihres Personalausweises in der Praxis nicht habe gemacht werden dürfen. Somit war Anlass der Klägerin für das Aufsuchen ihres Prozessbevollmächtigten nicht das Kopieren des Personalausweises in der Praxis der Beklagten, sondern vielmehr die Auslagerung der Eizellen.
Die Sorgen im Hinblick auf das Kopieren des Personalausweises sind allenfalls erst bei der anwaltlichen Beratung aufgekommen und nicht schon bei oder nach Kenntnis davon, dass eine Kopie ihres Personalausweises angefertigt wurde."
Das Unternehmen meldete seinen Jahresabschluss über DATEV. Das Bundesamt für Justiz fragte daraufhin per E-Mail bei der Firma nach, ob sie die vereinfachte Hinterlegung in Anspruch nehmen würden. Es erfolgte keine Antwort.
Daraufhin verhängte das Bundesamt für Justiz ein entsprechendes Bußgeld wegen der angeblich nicht rechtzeitigen Meldung.
Das LG Bonn hob das Ordnungsgeld auf:
Aber jedenfalls musste der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers, dem die Funktionsweise des von sehr vielen Einreichern verwendeten Datev-Programms bekannt ist, davon ausgehen, dass er auf eine Nachfrage auch keine andere Antwort erhalten würde, als das, was der Einreicher bereits ins Datev-Programm auf dortige Eingabeaufforderung eingegeben hatte - nämlich dass der Umsatzerlös unter 700.000,00 € (§ 267a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB) gelegen und die Arbeitnehmeranzahl im Jahresdurchschnitt unter 10 (§ 267a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB) gelegen hatte.
Entgegen der Behauptung des Bundesamts für Justiz in der Nichtabhilfeentscheidung sind die Umsatzerlöse und die durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer für den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers damit im vorliegenden Fall durchaus ex ante erkennbar gewesen - nämlich dahingehend, dass die Grenzwerte nicht dahingehend überschritten wurden, dass keine Kleinstkapitalgesellschaft vorläge.
Dies ist zwar nicht direkt aus der eingereichten Bilanz ersichtlich - soweit richtig die Ausführungen in der Nichtabhilfeentscheidung -, aber dies ergab sich für den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers konkludent aus der ihm bekannten Funktionsweise des Datev-Programms.
In einer solchen Fallkonstellation ist das Tatbestandsmerkmal nach § 329 Abs. 2 S. 1 HGB "gibt die Prüfung Anlass zu der Annahme..." nicht erfüllt, so dass die Nachfrage rechtswidrig war und die Fiktion nach § 329 Abs. 2 S. 2 HGB nicht zu Lasten der betroffenen Gesellschaft greifen kann."
Die amtlichen Leitsätze lauten:
2. Eine der Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle beigefügte Nebenbestimmung, durch die dem Wettveranstalter aufgegeben wird, der Erlaubnisbehörde bauliche bzw. räumliche Veränderungen der Wettvermittlungsstelle spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus oder der räumlichen Veränderung unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich anzuzeigen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken."
Der bekannte Online-Shop PEARL hatte auf seiner Webeite den Versand so eingestellt, dass "Express" vorausgewählt war. Hierfür fielen zusätzliche Entgelte an. Wollte der Kunde den normalen Standard-Versand, musste er dies explizit anwählen (Opt-Out).
Das LG Freiburg im Breisgau sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und verpflichtete den Anbieter zur Unterlassung.
Nebenleistung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführen, etwa - wie hier - durch ein „opt-out“ (...).
Mit dem Argument, ihre Angebotsgestaltung sei transparent, weshalb § 312a Abs. 3 BGB keine Geltung beanspruchen könne, dringt die Beklagte nicht durch.
Zum einen untersagt § 312a Abs. 3 BGB nach seinem eindeutigen Wortlaut jegliche Voreinstellung Zahlungspflichtiger Zusatzleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Für eine einschränkende Auslegung ist insoweit kein Raum."
Dieser Preis springt ebenso ins Auge wie die darunter stehende Gesamtsumme von ebenfalls 111,99 €. Der Expresszuschlag, der angeblich Teil der Hauptleistung sein soll, ist hierin jedoch nicht enthalten, sondern kommt am Ende hinzu, was ein Verbraucher aufgrund der Aufmachung zunächst durchaus überlesen kann."
Der Kläger aus Deutschland spielte bei einem ausländischen Online-Casino, das keine inländische Erlaubnis hatte, und verlor dort rund 15.000,- EUR. Nun verlangte er das Geld von dem Anbieter zurück.
Zu Unrecht, wie das LG Gießen entschied.
Es sei zwar gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) verstoßen worden. Konsequenz sei jedoch nicht, dass die geschlossenen Spielverträge unwirksam seien:
Es ist bereits offen, ob durch eine Nichtigkeit des Spielvertrages der Zweck des § 4 Abs. 4 GlüStV erreicht werden kann. Denn dies setzte voraus, dass die zivilrechtliche Sanktion allein oder jedenfalls besser als verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen dazu geeignet wäre, das Verbot in § 4 Abs. 4 GlüStV durchzusetzen.
Es ist aber äußerst zweifelhaft, ob die Anbieter von unerlaubten Online-Glücksspielen deren Veranstaltung oder Vermittlung unterlassen, (nur) weil der Spieler im Ergebnis einen (gerichtlich durchzusetzenden) Anspruch auf Ersatz seiner Verluste hätte."
Der drohende Vermögensschaden für den Spieler folgt nicht aus dem Verbot des unerlaubten Glücksspiels, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig sind (BGH, aaO, Rn. 16). Hiermit setzen sich die bisher vorliegenden oberlandesgerichtlichen Entscheidungen nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend auseinander."
Der Kläger wendete sich gegen einen Bescheid ausstehender Rundfunkbeiträge. Er erhob Widerspruch per E-Mail und übersandte ein eingescanntes Schreiben mit seiner Unterschrift.
Das VG Hamburg wies die Klage bereits aus formalen Gründen ab, da der Widerspruch nicht ordnungsgemäß erhoben worden sei:
Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat die Erhebung des Widerspruchs schriftlich, in elektronischer Form (...) oder zur Niederschrift der Behörde zu erfolgen. Geschieht dies nicht, ist der Widerspruch unzulässig. Sowohl die Einhaltung der Form-, als auch der Fristvorschriften sind Zulässigkeitsvoraussetzung für den Widerspruch (...).
Die E-Mail des Klägers an die Beklagte (...) stellt dabei keine schriftliche Widerspruchseinlegung dar. Die Einhaltung der Schriftform setzt voraus, dass der Widerspruch von seinem Verfasser handschriftlich unterzeichnet ist (...). Die (vermutlich) vom Kläger stammende E-Mail an die Beklagte (...) erfüllt die Schriftform daher nicht. Eine einfache E-Mail, wie (vermutlich) der Kläger sie vorliegend an die Beklagte gerichtet hat, ist zur formgerechten Einlegung eines Widerspruchs nicht ausreichend, da hierbei die Gewähr des richtigen Absenders nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres, erkennbar ist (...)."
Die Übermittlung eines Widerspruchs in der Form einer an eine einfache E-Mail angehängten Datei wahrt die Schriftform nicht, auch wenn diese eine eingescannte Unterschrift erkennen lässt. In § 70 Abs. 1 VwGO ist abschließend geregelt, in welcher Form der Widerspruch eingelegt werden kann.
Eine elektronische Übermittlung ist dabei zwar zulässig, allerdings nur dann, wenn die Anforderungen nach § 3a Abs. 2 VwVfG bzw. § 3a HmbVwVfG erfüllt sind. Daher genügt ein elektronisches Dokument nur dann der elektronischen Form, wenn es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist oder über einen in § 3a Abs. 2 Satz 4 HmbVwVfG genannten Übermittlungsweg übermittelt wird.
Diese Voraussetzungen erfüllt die an die einfache E-Mail des Klägers angehängte Datei nicht, auch wenn sie eine eingescannte Unterschrift enthält. Sie kann vor diesem Hintergrund auch nicht als schriftliche Erhebung des Widerspruchs gewertet werden, auch wenn die Beklagte diese Datei möglicherweise ausgedruckt und – jedenfalls – zur Akte genommen hat.
Die in einem solchen Fall die Einhaltung der Schriftform annehmende Rechtsprechung (...) überzeugt nicht. Allein der Ausdruck eines elektronisch per einfacher E-Mail als Datei übermittelten Widerspruchsschreibens entspricht nicht den Anforderungen des § 70 Abs. 1 VwGO an die Schriftform eines Widerspruchs."
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Newsletter
vom 20.09.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 38. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. BGH: Verurteilungen der Angeklagten im Cyberbunker-Verfahren rechtskräftig
2. BGH: EuGH-Vorlage zu Fragen zum urheberrechtlichen Begriff des Pastiches vor
3. OLG Frankfurt a.M.: Reisender muss sich über typische Witterungsbedingungen am Zielort der Reise selbst informieren
4. LG Berlin: Abgabe von Getränken ohne Pfand = Wettbewerbsverstoß
5. LG Bielefeld: Kein DSGVO-Schadensersatz bei unerlaubtem Kopieren des Personalausweises
6. LG Bonn: Nichtbeantwortung einer E-Mail rechtfertigt kein Ordnungsgeld
7. VG Düsseldorf: Nebengeschäftsverbot für Wettvermittlungsstellen rechtmäßig
8. LG Freiburg i.Br.: Online-Shop darf kostenpflichtigen Express-Versand nicht als Standard einstellen
9. LG Gießen: Spieler hat keinen Erstattungsanspruch gegen ausländischen Online-Casino-Anbieter
10. VG Hamburg: Kein Widerspruch per E-Mail zulässig, auch wenn eingescanntes Schreiben Unterschrift trägt
Die einzelnen News:
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1. BGH: Verurteilungen der Angeklagten im Cyberbunker-Verfahren rechtskräftig
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12. September 2023 die Verurteilungen der Angeklagten im sogenannten "Cyberbunker-Verfahren" ganz weitgehend bestätigt.
LG Trier - 2a KLs 5 Js 30/15 - Urteil vom 13. Dezember 2021
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2. BGH: EuGH-Vorlage zu Fragen zum urheberrechtlichen Begriff des Pastiches vor
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Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Klärung des urheberrechtlichen Begriffs des Pastiches vorzulegen.
Der Kläger zu 1 und der am 21. April 2020 verstorbene frühere Kläger zu 2, dessen Rechtsnachfolgerin die jetzige Klägerin zu 2 ist, waren Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur auf im Jahr 1997 erschienenen Tonträgern einspielte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (vgl. Pressemitteilung vom 20. November 2008).
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren nunmehr erneut ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt.
LG Hamburg - Urteil vom 8. Oktober 2004 - 308 O 90/99, juris
OLG Hamburg - Urteil vom 7. Juni 2006 - 5 U 48/05, GRUR-RR 2007, 3
BGH - Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, GRUR 2009, 403 = WRP 2009, 308 - Metall auf Metall I
OLG Hamburg - Urteil vom 17. August 2011 - 5 U 48/05, GRUR 2011, 396
BGH - Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11, GRUR 2013, 614 = WRP 2013, 804 - Metall auf Metall II
BVerfG - Urteil vom 31. Mai 2016 - 1 BvR 1585/13, BVerfGE 142, 74
BGH - Beschluss vom 1. Juni 2017 - I ZR 115/16, GRUR 2017, 895 = WRP 2017, 1114 - Metall auf Metall III
EuGH - Urteil vom 29. Juli 2019 - C-476/17, GRUR 2019, 929 = WRP 2019, 1156 - Pelham u.a.
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 115/16, BGHZ 225, 222 - Metall auf Metall IV
OLG Hamburg - Urteil vom 22. April 2022 - 5 U 48/05, GRUR 2022, 1217
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3. OLG Frankfurt a.M.: Reisender muss sich über typische Witterungsbedingungen am Zielort der Reise selbst informieren
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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung klargestellt, dass ein Reisender sich grundsätzlich selbst über allgemein zugängliche Quellen über die klimatischen Bedingungen des Reiseziels informieren kann und muss.
(vorgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.3.2023, Az. 2-24 O 102/22)
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4. LG Berlin: Abgabe von Getränken ohne Pfand = Wettbewerbsverstoß
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Der Verkauf von Getränken in Einwegverpackungen ohne die Erhebung von Pfand ist ein Wettbewerbsverstoß (LG Berlin, Urt. v. 27.04.2023 - Az.: 91 O 85/22).
"Die Beklagte hat mit dem Angebot pfandpflichtiger Kunststoffflaschen ohne Pfanderhebung gegen die Vorschrift des § 31 Abs.1 Satz 1 VerpackG verstoßen.
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5. LG Bielefeld: Kein DSGVO-Schadensersatz bei unerlaubtem Kopieren des Personalausweises
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Das unerlaubte Speichern nicht erforderlichen Daten im Rahmen einer ärztlichen Behandlung (hier: Kopieren des Personalausweises) rechtfertigt keinen DSGVO-Schadensersatz (LG Bielefeld, Urt. v. 07.07.2023 - Az.: 4 O 275/22).
"Das Merkmal des immateriellen Schadens ist autonom auszulegen (...). Eine Erheblichkeitsschwelle für das Vorliegen eines solchen Schadens ergibt sich gerade nicht aus der DSGVO. Bagatellschäden sind nicht auszuschließen. Zu verlangen ist aber jedenfalls, dass ein konkreter immaterieller Schaden auch tatsächlich eingetreten ("entstanden") ist (...)
Und weiter:
"Die in den Schriftsätzen formelhaft beschriebenen Ängste und Sorgen, das Unwohlsein sowie die Verunsicherung der Klägerin haben sich in der persönlichen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt.
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6. LG Bonn: Nichtbeantwortung einer E-Mail rechtfertigt kein Ordnungsgeld
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Beantwortet ein Unternehmen eine Nachfrage per E-Mail nicht, rechtfertigt dies im Zweifel nicht die Verhängung eines Ordnungsgeldes (LG Bonn, Beschl. v. 01.08.2023 - Az.: 33 T 52/23).
"Die Beschwerdeführerin hat am 25.01.2022 (und damit binnen der seit dem 22.01.2022 laufenden zweiten Nachfrist) die Bilanz zur Hinterlegung eingereicht und hierbei das entsprechende Datev-Programm verwendet, welches vom Anwender verlangt anzugeben, ob die Arbeitnehmeranzahl im Jahresdurchschnitt unter 10 lag und ob der Umsatzerlös unter 700.000,00 € lag (wie die Beschwerdeführerin durch Vorlage eines entsprechenden Ausdrucks eines Screenshots der Eingabemaske nachgewiesen hat). Die aus der eingereichten Bilanz ersichtliche Bilanzsumme betrug 411.196,52 € - und wich damit nur leicht vom Wert in Höhe von 350.000,00 € nach § 267a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HGB ab.
Vor diesem Hintergrund bestand für den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers objektiv kein Anlass, bei der Beschwerdeführerin nachzufragen gemäß § 329 Abs. 2 S. 1 HGB."
Und weiter:
"Schon die relativ geringe Abweichung (nach oben) vom Grenzwert der Bilanzsumme i.H.v. 350.000,00 musste für den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers dafür sprechen, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich eine Kleinstkapitalgesellschaft ist und nicht die beiden weiteren Kennzahlen überschritten hatte.
Und noch deutlicher wird das Gericht hinsichtlich einer vermeintlichen Nachfrage per E-Mail:
"Angesichts dessen, dass ohnehin sehr fragwürdig ist, dass eine Nachfrage per E-Mail (die vom Empfänger leicht übersehen wird) solche rechtlich weitreichenden Folgen haben soll (nach der Rechtsprechung des OLG Köln, vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11.10.2016, 28 Wx 26/16, OLG Köln, Beschluss vom 30.11.2017, 28 Wx 15/17 (nicht veröffentlicht), wonach ohne nähere bzw. plausible Begründung die Nichtbeantwortung einer E-Mail eine unwiderlegbare Fiktion begründe, aufgrund derer ein Ordnungsgeld festgesetzt werden könne) ist die Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Nachfrage gemäß § 329 Abs. 2 S. 1 HGB dementsprechend kritisch und restriktiv zu prüfen."
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7. VG Düsseldorf: Nebengeschäftsverbot für Wettvermittlungsstellen rechtmäßig
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Das VG Düsseldorf hat entschieden, dass das sogenannte Nebengeschäftsverbot für Wettvermittlungsstellen rechtlich nicht zu beanstanden ist (VG Düsseldorf, Urt. v. 01.09.2023 - Az.: 3 K 6352/21).
"1. Das im Land Nordrhein-Westfalen geltende sog. Nebengeschäftsverbot für Wettvermittlungsstellen gemäß § 13 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW, wonach die Wettvermittlung im Nebengeschäft unzulässig ist und die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle nur für die Vermittlung im Hauptgeschäft erteilt werden darf, ist mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar.
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8. LG Freiburg i.Br.: Online-Shop darf kostenpflichtigen Express-Versand nicht als Standard einstellen
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Ein Online-Shop darf einen kostenpflichtigen Express-Versand nicht als Standard einstellen, den der Kunde explizit durch ein Opt-Out abwählen muss (LG Freiburg, Urt. v. 16.09.2023 - Az.: 12 O 57/22 KfH).
"Nach § 312a Abs. 3 Satz 2 BGB darf im elektronischen Geschäftsverkehr der Unternehmer die Zahlungsvereinbarung über eine
Und weiter:
"Zum anderen ist die Angebotsgestaltung der Beklagten auch nicht wirklich transparent. Denn der Produktpreis wird in dem genanntem Beispiel mit 111,99 € angegeben.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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9. LG Gießen: Spieler hat keinen Erstattungsanspruch gegen ausländischen Online-Casino-Anbieter
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Ein Spieler hat gegen einen ausländischen Online-Casino-Anbieter, der in Deutschland über keine Lizenz verfügt, keinen Anspruch auf Erstattung seiner verlorenen Einsätze (LG Gießen, Urt. v. 04.04.2023 - Az.: 5 O 189/21).
"Für das Gericht ist nicht ersichtlich, warum der Zweck von § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 nicht anders zu erreichen ist und die Nichtigkeit des Spielvertrages zum Schutz des Vertragspartners (Spielers) erforderlich sein sollte.
Und weiter:
"Darüber hinaus ist die Nichtigkeit des Spielvertrages auch nicht zum Schutz des Vertragspartners (Spielers) erforderlich. Es ist gerade nicht Zweck des GlüStV 2011 Spieler allgemein vor ihrem Verlustrisiko zu schützen. Andernfalls dürfte keine Form des Glücksspiels erlaubt sein. Wie auch in dem vom BGH entschiedenen Fall gebieten es die Interessen des Spielers gerade nicht, ihn durch die Nichtigkeit des von ihm eingegangenen Vertrages vor den wirtschaftlichen Folgen des Glücksspiels zu schützen (vgl. BGH, aaO, Rn. 16).
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10. VG Hamburg: Kein Widerspruch per E-Mail zulässig, auch wenn eingescanntes Schreiben Unterschrift trägt
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Ein Widerspruch per E-Mail ist unzulässig, auch wenn das elektronisch übersandte eingescannte Schreiben eine Unterschrift trägt (VG Hamburg, Urt. v. 31.07.2023 - Az.: 3 K 1110/23).
"So stellt die von ihm an die Beklagte gerichtete einfache E-Mail (...) keine formgerechte Widerspruchserhebung dar.
Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass der elektronischen Post ein unterschriebenes Schriftstück beigefügt war:
"Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger seiner E-Mail (...) offenbar eine unterschriebene und gescannte Fassung seines Widerspruchs beigefügt hat, welche die Beklagte offenbar (...) zur Akte genommen und dem Kläger auf seine E-Mail geantwortet hat.
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