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Die einzelnen News
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1.
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EuG: Satz "RUSSIAN WARSHIP, GO F**K YOURSELF" nicht als Marke eintragungsfähig
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Das Bildzeichen, das aus dem Satz „RUSSIAN WARSHIP, GO F**K YOURSELF" in russischer und englischer Sprache besteht, kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden Dieser Satz, der ein Symbol des von der Ukraine geführten Kampfes gegen die russische Aggression geworden ist, würde nicht als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft wahrgenommen Die Administration of the State Border Guard Service of Ukraine (Kiew, Ukraine) (Staatliche Grenzschutzverwaltung der Ukraine) hat beim Gericht der Europäischen Union beantragt, die Entscheidung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 1. Dezember 2023 aufzuheben, mit der die Eintragung des folgenden Bildzeichens als Unionsmarke abgelehnt wurde: RUSSIAN WARSHIP, GO F**K YOURSELF
Diese Marke sei ein Schlachtruf, der vom ukrainischen Grenzschützer auf der Schlangeninsel am 24. Februar 2022 ausgesprochen worden sei, dem ersten Tag des groß angelegten Einmarsches Russlands in die Ukraine. Die Eintragung wurde für ein sehr breites Spektrum an Waren sowie für Dienstleistungen im Verlagswesen, in Bildung und Erziehung sowie in Unterhaltung und Sport beantragt. Das EUIPO lehnte die Eintragung mit der Begründung ab, dass die angemeldete Marke für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft habe. Mit seinem Urteil weist das Gericht die Klage der Administration of the State Border Guard Service of Ukraine ab. Der in der angemeldeten Marke aufgegriffene Satz wurde nach Auffassung des Gerichts ab seiner ersten Benutzung umfassend verwendet und von den Medien verbreitet, um Unterstützung für die Ukraine zu gewinnen, und er wurde sehr schnell zu einem Symbol des ukrainischen Kampfes gegen die russische Aggression. Dieser Satz wurde also wiederholt in einem politischen Kontext verwendet, um die Unterstützung der Ukraine zum Ausdruck zu bringen und zu fördern. Das Gericht weist darauf hin, dass ein Zeichen die wesentliche Funktion einer Marke nicht erfüllen kann, wenn der durchschnittliche Verbraucher in dem Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung, sondern nur eine politische Botschaft wahrnimmt. Der in Rede stehende Satz wurde in einem nicht geschäftlichen Kontext (russische Aggression) sehr intensiv verwendet und wird zwangsläufig sehr eng mit diesem Kontext und diesem neueren geschichtlichen Zeitpunkt, der dem durchschnittlichen Verbraucher in der Union wohlbekannt ist, in Verbindung gebracht werden. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden diesen Satz daher nicht als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der mit ihm gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen wahrnehmen Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-82/24 | Administration of the State Border Guard Service of Ukraine / EUIPO (RUSSIAN WARSHIP, GO F**K YOURSELF) Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 13.11.2024
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2.
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BGH: Zu den Ansprüchen beim datenschutzwidrigen Scraping auf Facebook
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Bundesgerichtshof entscheidet über Ansprüche im Zusammenhang mit einem Datenschutzvorfall beim sozialen Netzwerk Facebook (sog. Scraping) Sachverhalt: Die Beklagte betreibt das soziale Netzwerk Facebook. Anfang April 2021 wurden Daten von ca. 533 Millionen Facebook-Nutzern aus 106 Ländern im Internet öffentlich verbreitet. Unbekannte Dritte hatten sich zuvor den Umstand zu Nutze gemacht, dass die Beklagte es in Abhängigkeit von den Suchbarkeits-Einstellungen des jeweiligen Nutzers ermöglicht, dass dessen Facebook-Profil mithilfe seiner Telefonnummer gefunden werden kann. Die unbekannten Dritten ordneten durch die in großem Umfang erfolgte Eingabe randomisierter Ziffernfolgen über die Kontakt-Import-Funktion Telefonnummern den zugehörigen Nutzerkonten zu und griffen die zu diesen Nutzerkonten vorhandenen öffentlichen Daten ab (sog. Scraping). Von diesem Scraping-Vorfall waren auch Daten des Klägers (Nutzer-ID, Vor- und Nachname, Arbeitsstätte und Geschlecht) betroffen, die auf diese Weise mit dessen Telefonnummer verknüpft wurden. Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um eine Ausnutzung des Kontakt-Tools zu verhindern. Ihm stehe wegen des erlittenen Ärgers und des Kontrollverlusts über seine Daten Ersatz für immaterielle Schäden zu. Darüber hinaus begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm in diesem Zusammenhang auch alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz in Höhe von 250 € zugesprochen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers insgesamt abgewiesen. Weder reiche der bloße Kontrollverlust zur Annahme eines immateriellen Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO aus noch habe der Kläger hinreichend substantiiert dargelegt, über den Kontrollverlust als solchen hinaus psychisch beeinträchtigt worden zu sein. Mit Beschluss vom 31. Oktober hat der Bundesgerichtshof das Revisionsverfahren zum Leitentscheidungsverfahren gemäß § 552b ZPO n.F. bestimmt (Pressemitteilung 206/24). Nachdem die Revision nicht zurückgenommen wurde oder sich anderweitig erledigt hat, hat der Bundesgerichtshof jedoch am 11. November 2024 mündlich zur Sache verhandelt und nach allgemeinen Regeln durch Urteil über die Revision des Klägers entschieden. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Revision des Klägers war teilweise erfolgreich. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz immateriellen Schadens lässt sich mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht verneinen. Nach der für die Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DSGVO maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH kann auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein immaterieller Schaden im Sinne der Norm sein. Weder muss insoweit eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen. Erfolg hatte die Revision auch, soweit das Berufungsgericht die Anträge des Klägers auf Feststellung einer Ersatzpflicht für zukünftige Schäden, auf Unterlassung der Verwendung seiner Telefonnummer, soweit diese nicht von seiner Einwilligung gedeckt ist, und auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an dem notwendigen Feststellungsinteresse des Klägers, da die Möglichkeit des Eintritts künftiger Schäden unter den Umständen des Streitfalles ohne Weiteres besteht. Der genannte Unterlassungsanspruch ist hinreichend bestimmt und dem Kläger fehlt insoweit auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen (weiterer Unterlassungsantrag und Auskunftsantrag) blieb die Revision hingegen ohne Erfolg. Im Umfang des Erfolges der Revision hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die weitere Prüfung hat der Bundesgerichtshof das Berufungsgericht zum einen darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten vorgenommene Voreinstellung der Suchbarkeitseinstellung auf "alle" nicht dem Grundsatz der Datenminimierung entsprochen haben dürfte, wobei das Berufungsgericht ergänzend die Frage einer wirksamen Einwilligung des Klägers in die Datenverarbeitung durch die Beklagte zu prüfen haben wird. Zum anderen hat der Bundesgerichtshof Hinweise zur Bemessung (§ 287 ZPO) des immateriellen Schadens aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO erteilt und ausgeführt, warum unter den Umständen des Streitfalles von Rechts wegen keine Bedenken dagegen bestünden, den Ausgleich für den bloßen Kontrollverlust in einer Größenordnung von 100 € zu bemessen. Urteil vom 18. November 2024 - VI ZR 10/24 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 18.11.2024 Vorinstanzen: LG Bonn - Urteil vom 29. März 2023 - 13 O 125/22 OLG Köln - Urteil vom 7. Dezember 2023 - 15 U 67/23 Die maßgebliche Vorschrift lautet: Artikel 82 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) - Haftung und Recht auf Schadenersatz (1) Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. (…)
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3.
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OLG Brandenburg: Online-Werbung von Fielmann "Kinderbrillen zum Nulltarif" irreführend
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Die Online-Werbung des bekannten Augenoptikers Fielmann “Kinderbrillen zum Nulltarif (…) Versicherungskarte genügt” ist irreführend, wenn noch weitere Voraussetzungen verlangt werden (OLG Brandenburg, Urt. v. 27.08.2024 - Az.: 6 U 3/23). Fielmann warb auf seiner Webseite mit folgenden Aussagen. "Modische Kinderbrillen zum Nulltarif Bei Fielmann erhalten Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre eine komplette Brille aus der Nulltarif-Kollektion mit Gläsern von Carl Zeiss Vision. Sie zahlen nicht für die Fassung, nicht für die Gläser. Rezept oder Versicherungskarte genügt"
Die klägerische Verbraucherzentrale sah hierin eine irreführende Werbung. Denn in einer der Fielmann-Filialen war von einem Kunden, der lediglich seine Versicherungskarte vorgelegt hatte, noch zusätzlich eine augenärztliche Verordnung verlangt worden. Die Versicherungskarte alleine hatte nicht genügt. Das OLG sah hierin eine Irreführung des Verbrauchers. Die Aussage, dass die Brillen ohne weitere Kosten nur durch Vorlage einer Versicherungskarte erhältlich seien, sei falsch. Verbraucher müssten teilweise zusätzliche Voraussetzungen erfüllen, um in den Genuss des Vorteils zu kommen: "Selbst wenn die Anwendbarkeit des speziellen Irreführungstatbestandes in Nr. 20 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG entgegen vorstehend ausgeführten Gründen für den vorgetragenen Sachverhalt zu verneinen wäre, stellte sich das der Beklagten zur Last gelegte Werbeversprechen jedenfalls im Sinne des allgemeinen Irreführungstatbestandes in § 5 Abs. 1 UWG als wettbewerbswidrig dar (…). (…) Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass es entgegen dem inkriminierten Werbeversprechen in den beworbenen Fielmann-Geschäften nicht ausnahmslos für den Erhalt einer Kinderbrille zum Nulltarif genügte, wenn die von der Werbung angesprochenen Verbraucher hierfür ihre Versichertenkarte vorlegten. Damit sind die Irreführungstatbestände gemäß Nr. 20 des Anhanges zu § 3 Abs. 3 bzw. § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG erfüllt."
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4.
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OLG Frankfurt a.M.: Self-Service-Tool auf X erfüllt Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
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Der Social-Media-Anbieter X erfüllt den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO, wenn er ein entsprechendes Self-Service-Tool bereitstellt (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 02.07.2024 – Az. 6 U 41/24). Ein Nutzer der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) verlangte von dem Anbieter nach Art. 15 DSGVO Auskunft über seine gespeicherten personenbezogenen Daten. Die Plattform verwies den User auf das von ihr bereitgestellte Selbstbedienungstool (Self-Service-Tool), über das er selbst auf seine Daten zugreifen konnte. Der Kläger sah darin keine ausreichende Erfüllung des gesetzlichen Auskunftsanspruchs und klagte. Das OLG Frankfurt a.M. teilte diese Einschätzung nicht, sondern sah das Vorgehen als ausreichend: "Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte durch die Bereitstellung eines Self-Service-Tool sowie das Schreiben vom 18.04.2023 (Anlage K 3) den Auskunftsanspruch des Klägers nach § 15 II DSGVO erfüllt hat. Die Bereitstellung des Selbstbedienungstools führt dazu, dass der Kläger die Auskünfte an seinem Wohnsitz abrufen kann, wenn er dies will. Der Auskunftserfolg tritt damit auch dann am rechten Ort ein, wenn man - mit der Berufungsbegründung - zugrunde legt, dass Erfüllungsort der Sitz des Klägers ist. (…) Der Erwägungsgrund 63 besagt (…) nirgends, dass der Fernzugang (hier: Selbstbedienungstool) nur dann erfüllungstauglich wäre, wenn der Nutzer mit dieser Art der Erfüllung einverstanden ist. Auch gebietet er keine solche Folgerung."
Und weiter: "Die Bereitstellung eines angemessenen Fernzugangs über ein Self-Service-Tool wird daher als ausreichend angesehen, um den Anspruch auf Bereitstellung einer Kopie der personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO zu erfüllen (OLG Dresden, Urteil vom 5. Dezember 2023, Az. 4 U 1094/23, Rn. 65, juris; OLG München, Vfg. vom 29.01.2024, 14 U 4826/23 - nicht veröffentlicht; LG Bonn, Urteil vom 8. März 2023, Az.: 17 O 165/22, GRUR-RS 2023, 3854 Rn. 59 ff.; LG Bonn, Urteil vom 3. Februar 2023, Az.: 2 O 170/22, GRUR-RS 2023, 4566, Rn. 54 ff.; LG Bonn, Urteil vom 3. Februar 2023, Az.: 18 O 127/22, GRUR-RS 2023, 4565, Rn. 56 f.; LG Paderborn, Urteil vom 19. Dezember 2022, Az.: 3 O 99/22, GRUR-RS 2022, 39349, Rn. 162 ff.; LG Paderborn, Urteil vom 13. Dezember 2022, Az.: 2 O 212/22, GRUR-RS 2022, 41028 Rn. 176 ff.; LG München I, Urteil vom 2. September 2021, Az.: 23 O 10931/20, juris Rn. 23 f.; Krämer/Burghoff, ZD 2022, 428, 432; Paal, in: Paal/Pauly DSGVO, 3. Aufl. 2021, Art. 15 Rn. 38 iVm Rn. 14; Franck, in: Gola/Heckmann DSGVO, 3. Aufl. 2022, Art. 15 Rn. 40.), sie ist sogar die gewünschte Form der Übermittlung. Soweit eine einzelne Stimme (Schmidt-Wudy, BeckOK Datenschutzrecht, Art. 15 DS- GVO Rn. 84) der Auffassung ist, ein Fernzugriffssystem ersetze nur dann die Übersendung der Auskunft bzw. Datenkopie im Wege der Schickschuld per Post oder auf elektronischem Wege, wenn sich der Anspruchsteller hiermit einverstanden erkläre, fehlt es hierfür ebenso an einer tragfähigen Begründung wie in der Entscheidung des LAG Niedersachsen (NZA-RR 2020, 571, Rnr. 46), die ohne Begründung diese Literaturstelle zitiert. Die Verweisung auf den Fernzugang kann im Einzelfall zwar dazu führen, dass der betroffenen Person faktisch die Auskunft verweigert wird: Beispielsweise haben auch Menschen, die „analog leben“ oder/und keine nennenswerten Fähigkeiten im Umgang mit IT-gestützten Portalen haben, ein Recht auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO, dieses könnte untergraben werden, wenn man sie auf das ihnen unzugängliche Selbstbedienungstool verwiese. Darüber muss vorliegend jedoch nicht entschieden werden, denn wer sich bei der Beklagten registriert, lebt denknotwendig nicht (mehr) analog und lässt auch nicht erwarten, im Umgang mit IT-gestützten Portalen unbeschlagen zu sein."
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OLG Frankfurt a.M.: Facebook darf Posts mit Fehlinformationen löschen (hier: COVID-Impfstoffe)
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Die Nutzungsbedingungen berechtigten Facebook, Beiträge mit „Falschmeldungen“ u.a. in Form von „Fehlinformation zu Impfstoffen“ zu löschen. Voraussetzung ist, dass die Informationen nach Einschätzung sachverständiger Gesundheitsbehörden oder führender Gesundheitsorganisationen falsch sind und wahrscheinlich zu einer Impfverweigerung beitragen. Sie dürfen zudem keine sachbezogene Kritik am derzeitigen Erkenntnisstand darstellen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Berufung des Klägers, mit der er die erneute Freischaltung des gelöschten Posts begehrte, gestern zurückgewiesen. Der Kläger postete auf der von der Beklagten betriebenen Plattform Facebook einen Beitrag zur Wirksamkeit und Gefährlichkeit von Impfstoffen gegen Covid-19-Viren. Er hatte diesen Beitrag seinen eigenen Angaben nach einem „verschwörungsideologischen Kanal“ entnommen. Die Beklagte löschte diesen Beitrag und informierte den Kläger entsprechend. Der Widerspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos. Mit seiner Klage beantragte er vor dem Landgericht u.a. die erneute Freischaltung dieses Beitrags. Dieses Begehren hatte auch in der Berufung keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch, dass die Beklagte den Beitrag wieder freischalte, führte der zuständige Pressesenat aus. Zwar habe sich die Beklagte im Rahmen des Nutzungsvertrags verpflichtet, dem Kläger ihre Produkte und Dienste zur Verfügung zu stellen. Sie dürfe deshalb Beiträge des Klägers nicht grundlos löschen. Der hier streitige Beitrag habe jedoch gegen die über die neuen Nutzungsbedingungen einbezogenen Regelungen in den Gemeinschaftsstandards zu „Falschmeldungen“, u.a. „Fehlinformationen zu Impfoffen“ verstoßen. Demnach sei die Beklagte zur Entfernung von Beiträgen berechtigt, wenn die Gesundheitsbehörden zu dem Schluss gekommen sind, dass die Informationen falsch sind und wahrscheinlich zu einer Impfverweigerung beitragen. Nicht erforderlich sei, dass wissenschaftlich mit „absoluter Sicherheit“ feststehe, dass es sich um unwahre Tatsachen handele. Hier habe die Beklagte für drei in dem Post enthaltene Äußerungen belegt, dass es sich um derartige Fehlinformationen handele: Die im Beitrag enthaltene Behauptung, dass die Covid-19-Impfstoffe gemäß „von der britischen Regierung und der Universität Oxford veröffentlichter Studien“ nicht „wirkten“, habe die Beklagte durch zahlreiche gegenteilige Studien widerlegt. Die weitere Behauptung, dass nach einem „internen Dokument der Ärztekammer“ vor den „tödlichen Nebenwirkungen nach der Auffrischung gewarnt“ werde und es zu „schwersten Nebenwirkungen“ komme, habe die Beklagte u.a. durch Vorlage des Informationsblattes des Bundesministeriums für Gesundheit zur Sicherheit der Covid-19-Impfstoffe ebenfalls widerlegt. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass - wie vom Kläger behauptet - der Bundesgesundheitsminister mittlerweile eine erhebliche Zahl an Impfschäden einräume. Insbesondere sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Covid-19-Impfungen und Long-/Post-Covid ähnlicher Symptomatik nicht durch Studien belegt. Schließlich habe die Beklagte die Behauptung, dass ein „internationales Team von Wissenschaftlern“ das Vorhandensein von „Toxinen und Graphenoxiden“ in Impfstoffen festgestellt habe, durch Verweis auf einen Recherchetext von correktiv.org zum Fehlen von „Graphenoxiden“ widerlegt. Dieser journalistische Text zitiere eine Auskunft der Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts und der Pressesprecherin der europäischen Arzneimittelbehörde. Dem habe der Kläger nichts entgegengesetzt. Die Regelungen hielten auch einer Inhaltskontrolle bei Vornahme der gebotenen Abwägung der Meinungsfreiheit der Nutzer einerseits und der Berufsfreiheit der Beklagten andererseits stand. Für das hier maßgebliche Verbot von Fehlinformationen bestehe ein sachlicher Grund. Die Beklagte nehme ein legitimes öffentliches Interesse wahr. Dem Kläger werde mit der Regelung auch nicht die Äußerung einer bestimmten politischen Ansicht untersagt. Das Verbot beziehe sich allein auf Tatsachenäußerungen, nicht auf politische Meinungen. Eine sachbezogene Kritik an Corona-19-Virus-Impfungen wäre zudem nicht von dem Löschungstatbestand erfasst. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2024, Az. 16 U 52/23 (Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.1.2023, Az. 2-03 O 71/22) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 15.11.2024
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6.
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OLG Frankfurt a.M.: Fehlender Widerspruch gegen Lastschrift-Abbuchung ist keine Vertragsannahme
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Ein fehlender Widerspruch gegen eine Lastschrift-Abbuchung ist keine konkludent erteilte Vertragsannahme durch den Verbraucher (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 19.09.2024 - Az.: 6 U 217/23). Ein Verbraucher schloss online ein Zeitschrift-Abonnement von “Automotor und Sport” ab. Nach der Bestellung erhielt er einen Telefonanruf, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er zusätzlich eine dreimonatige, kostenlose Test-Mitgliedschaft für eine Auslandskrankenversicherung und Reiserückholversicherung erhalte. Nach Ablauf dieses Zeitraums werde das dann fällige Entgelt vom Konto abgebucht, so die weitere Information. Im 3. Jahr der Mitgliedschaft widersprach der Verbraucher der Lastschrift und teilte mit, keinen wirksamen Versicherungsvertrag eingegangen zu sein. Die Beklagte teilte dem Kunden daraufhin schriftlich mit: "„Die Testmitgliedschaft der Auslands-Kranken- und Rückholversicherung wurde weder widerrufen, noch gekündigt. Somit musste die (…) GmbH davon ausgehen, dass ein weiterer Auslands-, Kranken- und Rücksicherungsschutz Ihrerseits gewünscht wird. (…) Die Abbuchungen wurden durch Sie als Kontoinhaberin auch genehmigt. Ein Kontoinhaber ist einem unberechtigten Zugriff Fremder nicht schutzlos ausgesetzt. Ihm steht ein Widerspruchsrecht gegen die Abbuchung gegenüber seiner Bank zu … Dem Ende September 20222 erfolgten Lastschrifteinzug für den Mitgliedsbeitrag Oktober 2022 – September 2023 wurde Ihrerseits zu Unrecht widersprochen, weil Sie vergessen haben zu kündigen."
Dies stufte das OLG Frankfurt a.M. als wettbewerbswidrige Irreführung ein. Die Beklagte täusche durch ihre schriftlichen Äußerungen den Verbraucher. Die Behauptung, der Verbraucher hättee durch Schweigen oder das Nicht-Widersprechen bei Abbuchungen einen Vertrag geschlossen, sei objektiv falsch. Denn Schweigen oder Nichthandeln stelle keine Zustimmung dar: "Das Nichtzurückrufen der Abbuchungen kann nach der zutreffenden Überlegung des Landgerichts keinen konkludenten Vertragsschluss begründen. So ist schon nicht sicher festzustellen, ob ein Kontoinhaber überhaupt von jeder seiner Kontobewegungen Kenntnis hat und diese regelmäßig überwacht. Entgegen der Auffassung der Berufungsklägerin kommt es auch nicht darauf an, was der Zeuge durch sein Nichthandeln „wollte“, weshalb das Landgericht auch zu Recht davon abgesehen hat, den Zeugen zu vernehmen. Im Recht der Willenserklärungen kommt es nämlich nicht auf das subjektiv Gewollte, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont an. Aus diesem betrachtet, kann die Nichtrückgabe einer Lastschrift ohne weitere Anzeichen nicht als Willenserklärung für einen Vertragsschluss gesehen werden."
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OLG Hamburg: Kein Online-Kündigungsbutton bei Dauerschuldverhältnissen mit einmaliger Zahlungsverpflichtung
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Bei einem Online-Dauerschuldverhältnis, bei dem der Kunde nur eine einmalige Zahlungsverpflichtung eingeht (hier: Vorteilsprogramm "UP Plus" von Otto), besteht keine Verpflichtung, einen Online-Kündigungsbutton nach § 312k BGB anzubieten (OLG Hamburg, Urt. v. 22.08.2024 – Az.: 6 UKI 1/23). Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen den bekannten Online-Händler Otto. Streitpunkt war das kostenpflichtige Vorteilsprogramm "UP Plus" auf der Internetseite von Otto. Der Kunde bezahlte für die Leistung einmalig 9,90 EUR und nach 12 Monaten lief der Vertrag aus. Eine automatische Verlängerung erfolgte nicht. Ein Kündigungsbutton war nicht vorhanden. Die Verbraucherschützer sahen darin einen Verstoß gegen § 312k BGB, der die Pflicht zur Bereitstellung eines Online-Kündigungsbuttons vorschreibt. Das OLG Hamburg teilte diesen Standpunkt nicht und wies die Klage ab. Die Vorschrift des § 312k BGB komme nur dann zur Anwendung, wenn es sich um Dauerschuldverhältnisse mit fortlaufenden Zahlungsverpflichtungen handle. Das Vorteilsprogramm "UP Plus" von Otto stelle zwar für das Unternehmen eine fortlaufende Verpflichtung dar, da es dem Kunden bestimmte Leistungen für ein Jahr garantiere. Für den Verbraucher bestehe hingegen keine fortlaufende Zahlungspflicht, da es sich lediglich um ein einmaliges Payment für das Jahr handele. Da der Verbraucher somit nicht in eine „Kostenfalle“ tappen könne, bestehe kein Bedürfnis für einen Kündigungsbutton: “Nach Auffassung des Senats ist § 312k BGB so auszulegen, dass er nur Fälle betrifft, in denen es sich gerade für den Verbraucher um ein Dauerschuldverhältnis handelt, also um Fälle, die für den Verbraucher dauerhafte Leistungspflichten im Sinne einer Zahlung begründen, wie z.B. ein monatliiches Subskriptionsentgelt (…). Dafür spricht, dass Verbraucher bei Dauerschuldverhältnissen besonders schutzbedürftig sind, da diese Verträge lange Laufzeiten haben und hohe, langfristige Kosten verursachen können (…).”
Und weiter: "Der Senat folgt daher im Ergebnis nicht der Auffassung des Kammergerichts im Urteil 23 MK 6/23 (…). Soweit das Kammergericht argumentiert, dass für den Verbraucher bei Abschluss des Vertrages nicht ersichtlich sei, ob und wenn ja, wie oft, er von dem Angebot der Beklagten Gebrauch machen und er erst nach Ablauf eines Jahres erkennen können werde, inwiefern sich der Abschluss des Vertrages für ihn gelohnt habe oder nicht, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Es geht nach Auffassung des Senats nicht darum, den Verbraucher davor zu schützen, einen Vertrag zu schließen, der sich ggf. im Nachhinein als nicht lohnend herausstellt. Diese Gefahr kann auch dann bestehen, wenn es auf beiden Seiten nur einmalige Leistungspflichten gibt. Der Verbraucher soll davor geschützt werden, in eine „Kostenfalle“ zu laufen, weil er nicht beurteilen kann, in welchem Umfang er (selbst) leistungspflichtig sein wird. Für diesen Fall wird dem Verbraucher durch § 312k BGB eine erleichterte Kündigungserklärung eingeräumt. Dafür, dass dem Verbraucher diese erleichterte Kündigungserklärung auch ermöglicht werden soll, wenn es diese Gefahr gar nicht gibt, bestehen keine Anhaltspunkte."
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OVG Lüneburg: Kein Anspruch auf Sportwettvermittlungsstelle in der Nähe einer Grundschule
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Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 5. November 2024 die Berufungen einer Wettveranstalterin und der Betreiberin einer Wettvermittlungsstelle in Hannover gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Az.: 10 A 4968/21), mit der dieses die Klagen auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle abgewiesen hatte, zurückgewiesen (Az.: 10 LC 13/24 und 10 LC 14/24). § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes sieht für Sportwettvermittlungsstellen einen Abstand von mindestens 200 m zu Einrichtungen und Orten vor, die vorwiegend und regelmäßig von Kindern und Jugendlichen ohne Begleitung durch Erziehungsberechtigte oder pädagogische Kräfte aufgesucht werden. Die Sportwettvermittlungsstelle, für die die Klägerinnen eine Erlaubnis begehren, befindet sich in weniger als 200 m Entfernung zu einer Grundschule. Das Verwaltungsgericht hatte die Klagen auf Erteilung der Erlaubnis abgelehnt. Der Erlaubnis stehe die Abstandsvorschrift entgegen und diese sei entgegen der Auffassung der Klägerinnen mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Die mit der Regelung verbundenen Eingriffe insbesondere in die Berufsausübungsfreiheit und die europäische Dienst- und Niederlassungsfreiheit seien zugunsten der Suchtprävention gerechtfertigt (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15. März 2023). Die gegen dieses Urteil eingelegten, vom Verwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufungen hat der 10. Senat heute zurückgewiesen. Der Erlaubniserteilung stehe die Unterschreitung des dem Kinder- und Jugendschutz dienenden Mindestabstands zu der Grundschule entgegen. Die Abstandsregelung verletze nicht Verfassungsrecht und sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Dem stehe insbesondere nicht entgegen, dass für Spielhallen oder LOTTO-/TOTO-Annahmestellen keine entsprechenden Abstandsvorgaben bestünden. Denn weder der allgemeine Gleichheitssatz, die Berufsfreiheit noch das Unionsrecht hinderten den Gesetzgeber, für verschiedene Glücksspielformen unterschiedliche Regelungen zur Suchtprävention und zum Spielerschutz zu treffen, sofern diese - wie hier - jeweils verhältnismäßig seien und sich nicht gegenseitig in einer Weise konterkarierten, dass die Eignung einer der Regelungen zur Zielerreichung aufgehoben würde. Die Klägerinnen könnten sich zudem nicht etwa deshalb auf Bestands- oder Vertrauensschutz berufen, weil die Wettvermittlungsstelle in den Vorjahren zeitweise geduldet worden sei. Denn die Duldung einer ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen Wettvermittlungsstelle kann nicht deren Legalisierung bewirken und schützenswerte Rechte begründen. Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. Quelle: Pressemitteilung des OVG Lüneburg v. 05.11.2024
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OLG München: FernUSG findet auf Online-Coaching-Verträge für Unternehmer keine Anwendung
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Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Besteller um einen Unternehmer (hier. Schauspieler) handelt. Das Gesetz soll nur Verbraucher schützen (OLG München, Urt. v. 17.10.2024 - Az.: 29 U 310/21). Eine Unternehmensberatung, die Online-Coaching anbot, verlangte von dem verklagten Schauspieler die Zahlung von rund 11.000,- EUR für ein gebuchtes Coaching-Paket. Der Vertrag kam im Rahmen eines Zoom-Calls zustande. Der Schauspieler wehrte sich gegen die Zahlung und argumentierte, der Vertrag sei ohne behördliche Zulassung nach dem FernUSG nichtig. Das OLG München folgte dieser Rechtsansicht nicht, sondern bejahte die Wirksamkeit des Vertrages. Denn das FernUSG sei im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar, da es nur Verbraucher, aber keine Unternehmer schütze. Der Beklagte habe hier in seiner geschäftlichen Tätigkeit gehandelt und sei somit kein Verbraucher: "Der persönliche Anwendungsbereich des FernUSG ist im hier maßgeblichen Verhältnis zu einem Unternehmer als Coachee nicht eröffnet. (…) Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich ersehen, dass mit dem aus dem Jahre 1975 stammenden FernUSG nach dem Verständnis des Gesetzgebers versucht werden sollte, Defiziten bei der Verschaffung eines Marktüberblicks für Fernunterricht und bei der Vergewisserung über die Zweckmäßigkeit und Eignung von teilweise sehr aufwendigen Fernlehrgängen Rechnung zu tragen und den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes zu sichern."
Und weiter: "Das Gesetz sollte sich in die übrigen Bemühungen zum Schutz der Verbraucher wie z.B. das Abzahlungsgesetz und die Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, des Rechts der Reiseveranstalter oder der Immobilienmakler einreihen (…). Der Gesetzeszweck des Verbraucherschutzes wurde vom Bundestag auch deutlich im Hinblick auf Anregungen des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben, so bezüglich der Anwendung von § 139 BGB (…) sowie im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (…). Für die fehlende Anwendbarkeit des FernUSG auf Unternehmer als Lernende spricht auch § 4 Satz 1 FernUSG, da dort auf § 355 BGB verwiesen wird, der den Verbraucherwiderruf normiert. Der Ansicht, dass das FernUSG lediglich auf Verbraucher anwendbar sein soll, entspricht zudem die gegenwärtige Regelung des § 3 Abs. 3 FernUSG, wonach bei einem Fernunterrichtsvertrag zu den wesentlichen Eigenschaften, über die der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu informieren hat, dort näher bezeichnete Aspekte gehören (…)."
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10.
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OLG Nürnberg: Online-Coaching-Verträge im B2B-Bereich fallen nicht unter das FernUSG
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Online-Coaching-Verträge im B2B-Bereich fallen nicht in den Anwendungsbereich des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG), da die Regelungen nicht für den unternehmerischen Verkehr gelten (OLG Nürnberg, Urt. v. 05.11.2024 - Az. 14 U 138/24). Die Klägerin, eine GmbH, hatte bei der Beklagten sogenannte Online-Coaching-Leistungen gebucht. Die Beklagte verfügte nicht über eine Erlaubnis nach dem FernUSG. Die Klägerin bezahlte die Rechnungen, verlangte dann aber das gezahlte Entgelt zurück und berief sich darauf, dass der Vertrag wegen der fehlenden Zulassung nach dem FernUSG nichtig sei. Zu Unrecht, wie das OLG Nürnberg nun entschied. Denn die Regelungen des FernUSG seien auf den B2B-Bereich gar nicht anwendbar: "Das FernUSG ist nur auf Verbraucher und nicht auch auf Unternehmer anwendbar (...) aa) Für die Anwendung des FernUSG nur auf Verbraucherverträge spricht die Begründung des Gesetzes. Danach soll das FernUSG den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes sichern und sich in die übrigen Bemühungen zum Schutz der Verbraucher wie z.B. das Abzahlungsgesetz und die Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, des Rechts der Reiseveranstalter oder der Immobilienmakler einreihen (...) bb) Der Umstand, dass das FernUSG den Begriff des Verbrauchers - abgesehen von § 3 Abs. 3 FernUSG - nicht verwendet, und - anders als z.B. in § 1 Abs. 1 VerbrKrG a.F. und § 6 Nr. 1 HWiG a.F. - keine gesonderte Vorschrift enthält, die die Anwendung des Gesetzes im Ergebnis explizit nur für Verbraucherverträge vorschreibt (...), führt nicht dazu, dass von der Anwendbarkeit des FernUSG auch auf Unternehmer auszugehen ist. Denn im Jahr der Verabschiedung des FernUSG am 24.08.1976 gab es keine Legaldefinition für Verbraucher. So wurde § 13 BGB (...) (...) eingefügt."
Anmerkung von RA Dr. Bahr: In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung ist der Anwendungsbereich des FernUSG sehr umstritten und sehr widersprüchlich. So hat beispielsweise das OLG Celle genau gegenteilig zum OLG Nürnberg entschieden und die Anwendung des Gesetzes auch im B2B-Bereich bejaht.
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11.
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LG Düsseldorf: Online-Shop für Parfümerie darf auch Verkauf von apothekenpflichtigen Arzneimitteln durch Dritte anbieten
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Ein Online-Shop für Parfümerie darf auch Angebote von Dritten, die apothekenpflichtige Arzneimittel verkaufen, in seine Verkaufsplattform integrieren (LG Düsseldorf, Urt. v. 01.08.2024 - Az.: 14c O 64/23). Die Beklagte betrieb einen Online-Shop mit Parfüm-Artikeln. Auf dieser Webseite konnte der User jedoch nicht nur Düfte, sondern auch apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel erwerben. Der Verkauf erfolgte jedoch nicht durch die Portal-Betreiberin, sondern durch einen Dritten, der eine Apotheken-Zulassung hatte. Auf der Webseite war zu lesen: “(…) selbst betreibt keine Apotheke und ist auch nicht berechtigt, apothekenpflichtige Produkte abzugeben oder zu diesen pharmazeutisch zu beraten. Bei den mit dem Hinweis ”XY Partner Verkauf & Versand (…)" gekennzeichneten Angeboten handelt es sich allein um solche der (…)-Partner-Apotheke. Bei Fragen zu den von der Partner-Apotheke angebotenen Produkten steht dir die (…)-Partner-Apotheke gern unter den angegebenen Kontaktdaten zur Verfügung."
Die Auslieferung der Arzneimittel erfolgte durch den Dritten selbst. Die Klägerin sah darin einen Wettbewerbsverstoß. Insbesondere würde gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und das Apothekengesetz (ApoG) verletzt, da die beklagte entsprechendeProdukte in Verkehr bringe, ohne selbst eine Apotheke zu sein. Das LG Düsseldorf wies die Klage ab und verneinte eine Rechtsverletzung. Die Parfümerie trete nicht als Anbieterin der apothekenpflichtigen Arzneimittel auf. Die Ware werde vielmehr von der Partner-Apotheke angeboten und versandt, was klar ersichtlich gemacht werde. Für Kunden sei durch Hinweise im Bestellvorgang erkennbar, dass ihr Vertragspartner für apothekenpflichtige Produkte die Partner-Apotheke sei und nicht der Online-Shop selbst. Dies entkräfte den Vorwurf des illegalen Verkaufs nach § 43 AMG, da die Parfümeriekette die Arzneimittel weder vorrätig halte noch selbst verkaufe. Auch ein Verstoß gegen § 11 ApoG verneinten die Richter, da die Hinweise auf die Apotheke als Partner nicht als “Zuführung von Patienten” interpretiert werden könnten. Online-Käufer seien daran gewöhnt, dass auf Online-Plattform auch die Angebote von Dritten (wie z.B. die Marketplace-Verkäufer auf Amazon) integriert seien. "Den Nutzern von Online-Shops sind solche Hinweise auf die Integration von Angeboten von Drittanbietern – auch neben eigenen Angeboten des Shop-Betreibers – von Plattformen wie dem „Amazon Marketplace“ hinlänglich bekannt. Nicht ungewöhnlich und deshalb für die Feststellung des Vertragspartners nicht relevant ist auch, dass der Betreiber der Plattform (…) auch für die Angebote der Drittanbieter zur Absatzförderung Vorteile wie die Berücksichtigung der entsprechenden Produkte beim Mindestbestellwert für eine versandkostenfreie Lieferung und eine einheitliche Zahlungsabwicklung anbietet. Etwas Anderes kann dann auch nicht für die Gewährung von Bonuspunkten - hier der sog. „Beauty Points“ - gelten."
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