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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Online-Shop, der mit Aussage "Bequemer Kauf auf Rechnung" wirbt, muss Einschränkungen transparent darstellen
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Ein Hinweis auf “Kauf auf Rechnung” in einem Online-Shop kann rechtlich als Werbung einzustufen zu sein, mit der Folge, dass etwaige Beschränkungen ausreichend transparent und im Vorwege mitgeteilt werden müssen (EuGH, Urt. v. 15.05.2025 - Az.: C-100/24). Der beklagte Internethändler vertrieb Bekleidungsartikel und bewarb sein Angebot mit folgender Aussage: "Bequemer Kauf auf Rechnung".
Ein Erwerb war jedoch ausschließlich nach einer vorherigen Bonitätsprüfung des Kunden möglich. Die Klägerin beanstandete, dass dieser Umstand in der werblichen Darstellung nicht unmittelbar und transparent offengelegt wurde. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3 DDG vorliegt. Diese Vorschrift verlangt, dass die Bedingungen für Verkaufsförderungsmaßnahmen „erkennbar, klar und eindeutig“ mitgeteilt werden müssen. Es war umstritten, ob die bloße Angabe “Kauf auf Rechnung” als Werbung zu betrachten war oder lediglich eine beschreibende Information darstellte. Der EuGH sah darin eine Marketing-Maßnahme: “(…) ist dahin auszulegen, dass eine Werbeaussage auf der Website eines im Onlinehandel tätigen Unternehmens, mit der auf eine bestimmte Zahlungsmodalität hingewiesen wird, unter den Begriff „Angebot zur Verkaufsförderung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, sofern diese Zahlungsmodalität dem Adressaten dieser Aussage einen objektiven und sicheren Vorteil verschafft, der sein Verhalten bei der Entscheidung für eine Ware oder Dienstleistung beeinflussen kann.”
Praktische Konsequenz: Etwaige Einschränkungen (im vorliegenden Fall die Bonitätsprüfung) müssen rechtzeitig und transparent mitgeteilt werden, also schon zu dem Zeitpunkt, in dem mit dem Hinweis “Kauf auf Rechnung” geworben wird. Andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor.
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2.
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OLG Bamberg: Berechtigtes Interesse erlaubt automatische SCHUFA-Meldung bei Handyvertrag
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Die bei Abschluss eines Handyvertrages erfolgte automatische Weitergabe von Positivdaten an die SCHUFA ist durch die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gedeckt und verstößt nicht gegen das Datenschutzrecht (OLG Bamberg, Urt. l v. 05.05.2025 - Az.. 4 U 120/24 e). Der Kläger hatte einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen. Der Telekommunikationsanbieter übermittelte sogenannte Positivdaten an die Schufa. Der Verbraucher fühlte sich dadurch in seinen Rechten verletzt und verlangte unter anderem Schadensersatz nach der DSGVO. Wie schon die Vorinstanz – das LG Bamberg (Urt. v. 05.08.2024, Az.: 92 O 2018/23) – wies auch das OLG Bamberg in der Berufung die Klage ab. Die Weitergabe der Informationen sei auf Basis der berechtigten Interessen (Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO) gerechtfertigt, so das Gericht. Der TK-Anbieter habe ein berechtigtes Interesse, etwa zur Betrugsprävention und Bonitätsprüfung. Diese Interessen würden die Datenschutzinteressen des Klägers überwiegen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den übermittelten Daten nicht um sensible Informationen handele. Sie betreffen lediglich den Abschluss eines Mobilfunkvertrags. Dem Kläger sei zudem beim Vertragsabschluss mitgeteilt worden, dass seine Daten an die Auskunftei gehen würden. Ein milderes, gleich wirksames Mittel zur Betrugsprävention sei nicht erkennbar. "Im Ergebnis überwiegen auch die Interessen oder Grundfreiheiten und Grundrechte des Klägers gegenüber den oben dargestellten berechtigten Interessen von Dritten nicht. Insoweit war zu berücksichtigten, dass die übermittelten Positivdaten keine sensiblen Daten darstellen, sondern solche, die auf einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zutreffen und die im Ergebnis lediglich die Information vermitteln, dass die Person XY einen Postpaid-Mobiltelefonvertrag abgeschlossen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die übermittelten Daten in irgendeiner Form eine negative Auswirkung auf den Kläger haben können; insbesondere ist kein negativer Einfluss auf dessen Kreditwürdigkeit zu befürchten. (…)Weiter war zu berücksichtigen, dass die Betrugsprävention dem Kläger zwar zunächst nicht unmittelbar persönlich zugute kommt. Allerdings ist die Frage der Bonität für alle Marktteilnehmer für die eigene Preisfindung von besonderer Bedeutung, da eine höhere Unsicherheit durch höhere Preise umverteilt werden muss. Insofern lässt sich jedenfalls ein mittelbarer Nutzen der Meldung auch für den Kläger feststellen (…)."
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3.
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KG Berlin: Widerrufsrecht gilt auch für Online-Käufe von Zweitmarkt-Tickets
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Ein Anbieter von Zweitmarkt-Tickets darf das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht im Online-Bereich nicht ausschließen (KG Berlin, Urt. v. 06.03.2025 - Az.: 23 UKI 5/24). Ein Verbraucherverband klagte gegen eine Schweizer Firma, die online personalisierte Tickets aus dem Zweitmarkt suchte und vermittelte. In den AGB stand, dass für diese Dienstleistungen kein Widerrufsrecht bestehen sollte, weil es sich um Freizeitveranstaltungen mit festen Terminen handelte: “Die Dienstleistungen von X (…) hinsichtlich der Tickets beziehen sich auf solche (durch den Veranstalter zu erbringende) Leistungen i. S. v. § 312g (2) Nr. 9 BGB, die dem Bereich Freizeitgestaltung (nebst hierauf bezogener Dienstleistungen) zugehörig sind und (jedenfalls seitens des Veranstalters des Events) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen sind. Damit steht dem Kunden von Gesetzes wegen kein Widerrufsrecht zu; ein Rückgaberecht wird ihm durch vorliegende AGB (ebenfalls) nicht eingeräumt. Dies bedeutet, dass sämtliche Beauftragungen in Bezug auf Dienstleistungen hinsichtlich der Tickets durch den Kunden verbindlich sind und - nach Dienstvertragsbestätigung durch X (…) - die unbedingte Verpflichtung begründen, an X (…) die in § 3 Absätze (1) und (3) umschriebenen Zahlungen bei Fälligkeit zu leisten.”
Das KG Berlin stufte diese Klausel als rechtswidrig ein. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts sei nur zulässig, wenn der Unternehmer die Veranstaltung selbst durchführe oder Kapazitäten bereitstelle, die er bei einem Rücktritt nicht mehr verwerten könne. Dies sei bei Zweitmarkt-Tickets nicht der Fall. Die Beklagte vermittle lediglich bereits vorhandene Tickets. Die Norm schütze nur das Unternehmen, das die Kapazitäten unmittelbar generiere oder schaffe, nicht aber das Unternehmen, das bereits vorhandene Kapazitäten nur weiterverkaufe oder weitervermittle. "Im vorliegenden Fall trifft das Risiko des Widerrufes nicht den Veranstalter, sondern entweder den Wiederverkäufer (Erstkäufer) oder die Beklagte. Vertragliche Regelungen mit dem Veranstalter, aufgrund derer er für den Fall des Widerrufes für die Rückerstattung des Kaufpreises einstehen müsste, existieren nicht. Insbesondere bestehen keine vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und dem Veranstalter. Der Regelung des § 312 g Abs. 2 Nr. 9 BGB kann nicht eine generelle Ausnahme für Dienstleistungen im Bereich von Freizeitveranstaltungen entnommen werden. Vielmehr bleibt auch hier grundsätzlich das Weiterverwendungsrisiko nach einem Widerruf bei dem Unternehmer."
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4.
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KG Berlin: Online-Werbung "komplett kostenlos" irreführend, wenn Versandkosten anfallen
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Die Bewerbung eines Produktes (hier: ein Buch) als “komplett kostenlos” zu bewerben, ist irreführend, wenn gleichwohl Versandkosten anfallen (KG Berlin, Beschl. v. 11.02.2025 - Az.: 5 U 1/22). Das verklagte Unternehmen bewarb online in einem “Börsenbrief” ein Buch mit den Aussagen “komplett kostenlos” Das verklagte Unternehmen bewarb in einem “Börsenbrief” online ein Buch mit den Aussagen “komplett kostenlos”
und “gratis”.
Bei der Bestellung wurden jedoch 6,90 EUR für Produktion und Versand („Sonderpreis zur Deckung der Produktions- und Versandkosten”) verlangt. Das KG Berlin bewertete dieses Vorgehen in seinem Hinweisbeschluss als Irreführung und somit als Wettbewerbsverstoß. Werbung mit den Worten “gratis” oder ”komplett kostenlos" sei nur dann zulässig, wenn dem Verbraucher tatsächlich keinerlei Kosten entstünden. Zwar rechneten Konsumenten im Distanzhandel normalerweise mit Versandkosten. Dies gelte jedoch nicht, wenn explizit mit völliger Kostenfreiheit geworben werde. Dann erwarte der Kunde eine vollständige Kostenfreiheit. Die Bezeichnung der 6,90 EUR als “Sonderpreis zur Deckung der Produktions- und Versandkosten” widerspreche der Aussage “komplett kostenlos”. Ein nachträglicher Hinweis auf der Website reiche nicht aus, wenn die Werbeaussage nicht am eigentlichen Blickfang teilnehme: "Dies vorangestellt, versteht ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher eine Werbung über die Zusendung eines Buches als „komplett kostenlos“, wie sie im Streitfall in dem beanstandeten Börsenbrief der Beklagten enthalten ist, dahin, dass ihm keinerlei Kosten entstehen werden, weil der Unternehmer neben den Kosten für das Buch auch die Versandkosten übernimmt. Wie der Senat bereits entschieden hat, liegt die Gratisabgabe einer Leistung nämlich nur bei völliger Kostenfreiheit vor. Irreführend ist es daher, wenn eine Ware oder Dienstleistung als „gratis“ oder „kostenlos“ beworben wird, dem Kunden aber Verpackungs- oder Versandkosten in einem - selbst angemessenen - Pauschalbetrag berechnet werden (….)."
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OVG Berlin-Brandenburg: Kein DSGVO-Anspruch auf Videoaufzeichnungen in öffentlichen S-Bahnen
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Die Betreiberin des öffentlichen S-Bahn-Netzes in Berlin ist nach der Datenschutz-Grundverordnung nicht dazu verpflichtet, Fahrgästen eine Kopie der Videoaufnahmen über ihre Fahrt in der S-Bahn herauszugeben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat heute eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 12. Oktober 2023 – VG 1 K 561/21) im Ergebnis bestätigt. Der Beigeladene beantragte bei der Klägerin, der S-Bahn Berlin GmbH, die Herausgabe einer Kopie der Videoaufnahmen seiner Fahrt mit der S-Bahn unter Berufung auf das in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehene Auskunftsrecht (Art. 15 Absatz 3 DS-GVO). Die Klägerin verweigerte dies mit Hinweis auf ihr Datenschutzkonzept, das sie mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt hatte. Dieses sieht vor, dass die Videoaufnahmen seitens der Klägerin nicht selbst eingesehen werden können und nur bei Auskunftsanfragen der Strafverfolgungsbehörden an diese herausgegeben werden. Im Übrigen erfolgt eine Löschung durch fortlaufende Überschreibung nach 48 Stunden. Nach Auffassung des 12. Senats handelt es sich bei den Videoaufnahmen um die Verarbeitung personenbezogener Daten. Dennoch durfte die Klägerin die Herausgabe angesichts ihres Datenschutzkonzeptes verweigern. Dieses verfolgt gerade das Ziel, den Wertungen der Datenschutz-Grundverordnung und den Persönlichkeitsrechten der Fahrgäste in größtmöglichem Umfang Rechnung zu tragen. Demgegenüber musste das Interesse des Beigeladenen am Erhalt gerade der Videoaufzeichnung zurücktreten, nachdem er bereits auf sein Gesuch hin von der Klägerin entsprechend Art. 15 Absatz 1 DS-GVO über die Art und Weise sowie Dauer der Datenspeicherung informiert worden war. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen. Urteil vom 13. Mai 2025 – OVG 12 B 14/23 – Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 13.05.2025
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LG Berlin II: Google-Datenverarbeitung bei Account-Erstellung ohne wirksame Einwilligung = DSGVO-Verstoß
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Bei der Kontoerstellung darf Google keine Datenverarbeitung ohne die klare und freiwillige Zustimmung der Nutzer vornehmen (LG Berlin II, Urt. v. 25.03.2025 - Az.: 15 O 472/22). Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen Google Ireland Limited wegen des Umgangs mit personenbezogenen Daten beim Anlegen eines Google-Kontos. Bei der Registrierung mussten Nutzer zwischen zwei Varianten wählen: “Express-Personalisierung” (ein Schritt) und “Manuelle Personalisierung” (fünf Schritte). Bei der Express-Option wurden Nutzer nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie damit der umfassenden Verarbeitung ihrer Daten zustimmen. Es gab keine Schaltfläche, um dies direkt abzulehnen, sondern nur die Option “Zurück”, die zur Auswahlseite zurückführte. Die manuelle Variante erlaubte zwar detailliertere Einstellungen. Bestimmte Verarbeitungen ließen sich jedoch nicht vollständig deaktivieren, z.B. die Nutzung des Standorts zur Werbeanpassung. Dadurch wurden personenbezogene Daten verarbeitet, obwohl der Nutzer dies nicht ausdrücklich erlaubt hatte. Die Verbraucherschützer waren der Ansicht, dass Google nicht klar genug über die Nutzung und Zwecke der Datenerhebung aufkläre und damit gegen die DSGVO verstoße. Für die Nutzer sei es nur sehr schwer nachvollziehbar, welche Dienste von der Einwilligung betroffen seien und wie die Daten konkret verwendet würden. Außerdem sei die Oberfläche so gestaltet, dass Nutzer zur schnellen Auswahl der Express-Variante verleitet würden. Der Kläger sah hierin Verstöße gegen grundlegende Prinzipien der DSGVO, insbesondere gegen das Gebot der Freiwilligkeit und Transparenz bei Einwilligungen. Das LG Berlin teilte diese Ansicht und bejahte die Datenschutzverstöße. Es liege keine freiwillige und informierte Einwilligung vor. Die Express-Variante biete keine echten Ablehnungsmöglichkeiten. Bei der manuellen Auswahl können Nutzer die Nutzung ihres Standorts zu Werbezwecken nicht vollständig verhindern. Zudem wirke die Gestaltung der Nutzeroberfläche irreführend und dränge zur Auswahl der Express-Option. Zudem fehle eine klare Information darüber, für welche Google-Dienste die Einwilligung gelte. "An der Freiwilligkeit fehlt es jedenfalls aufgrund der vom Kläger bemängelten fehlenden Möglichkeit der vollständigen Ablehnung der Einwilligung in die Datenverarbeitung. Eine unwirksame Einwilligung liegt deshalb vor, da die „Express-Personalisierung“ lediglich die Möglichkeiten „Bestätigen“ und „Zurück“ vorsieht und nicht unmittelbar eine Ablehnung der Einwilligung möglich ist."
Und: "Es fehlt an auch an einer informierten Einwilligung zu einem bestimmten Zweck. (…). Vorliegend fehlt es an der Transparenz schon deshalb, da die Beklagte weder über die einzelnen Google-Dienste noch Google-Apps, Google-Websites oder Google-Partner aufklärt, für welche die Daten verwendet werden sollen. Die Reichweite der Einwilligung ist dem Nutzer schon aus diesem Grund völlig unbekannt. Ob darüber hinaus auch die konkrete Art und Weise der Darstellung, einschließlich der verwendeten Sprache, eine informierte Entscheidung entfallen lassen, kann daher dahinstehen."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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LG Frankfurt a.M.: Kein Verstoß gegen Wettbewerbs-Urteil, trotz mangelhafter deutscher Bedienungsanleitung
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Ein Unternehmen, das in der Vergangenheit gerichtlich verurteilt wurde, Bedienungsanleitungen in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen, verstößt nicht gegen das Urteil, wenn die Anleitung fehlerhaft ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Sprache deutsch ist (LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 11.04.2025 - Az.: 2-06 O 11/25). Die Beklagte war ein Unternehmen, das Küchenmaschinen auf dem deutschen Markt vertrieb. Ihr war gerichtlich verboten worden, den Produkten keine oder nur unzureichende deutsche Bedienungsanleitungen bezufügen. Daraufhin legte die Beklagte eine formale Anleitung auf Deutsch bei. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen das ursprüngliche Urteil und beantragte die Verhängung eines Ordnungsmittels. Das LG Frankfurt a. M. wies den Bestrafungsantrag jedoch als unbegründet zurück. Die Beklagte habe nicht gegen die gerichtliche Untersagung verstoßen. Kern des Verbots sei lediglich das Fehlen einer deutschen Anleitung gewesen. Es sei nicht darum gegangen, ob der Inhalt dieser Anleitung den gesetzlichen Anforderungen (hier: des Produktsicherheitsgesetzes) genüge. Die “formale Existenz” einer deutschen Anleitung reiche daher aus, um dem ursprünglichen Verbot zu entgehen. Etwaige inhaltliche Mängel dieser Anleitung seien nicht Teil des ursprünglichen Gerichtsverfahrens gewesen und könnten deshalb auch nicht als Zuwiderhandlung gegen das Urteil gewertet werden. "Im Streitfall hat die Kammer der Schuldnerin untersagt, Küchenmaschinen auf dem deutschen Markt bereitzustellen und/oder bereitstellen zu lassen, ohne eine Gebrauchs- und Bedienungsanleitung für das Produkt in deutscher Sprache mitzuliefern und/oder mitliefern zu lassen (…). Hier wendet sich die Gläubigerin dagegen, dass die Schuldnerin dem Produkt eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache beilegt, die nach ihrer Auffassung den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG inhaltlich nicht genügt. (…) Der Gläubigerin ist zuzugeben, dass eine den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG nicht genügende Bedienungsanleitung einen Verstoß gegen diese Norm und damit ein nach §§ 3, 3a UWG unlauteres Verhalten darstellt. Die Kammer hat im hiesigen Eilverfahren vor Erlass der einstweiligen Verfügung vom 15.01.2025 nach dem Vortrag der Gläubigerin, auf die die Kammer Bezug genommen hat, jedoch lediglich geprüft, ob dem Produkt überhaupt eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache beilag. Ob eine solche auch inhaltlich den Anforderungen von § 3 Abs. 4 ProdSG genügte, hat die Kammer hingegen nicht – auch nicht gedanklich – geprüft und auch nicht prüfen können. Dementsprechend stellt das Charakteristische der verbotenen Handlung den Vertrieb ohne Bedienungsanleitung in deutscher Sprache dar."
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LG Nürnberg-Fürth: Widerruf nach Zulassung? Online-Autokäufer riskieren bis zu 20% Wertverlust
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Bei Autokauf im Internet muss bei einem Widerruf nach Zulassung ein Wertersatz von bis zu 20% gezahlt werden (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 23.04.2025 - Az.: 16 O 5436/24). Der Kläger, ein Verbraucher, kaufte online ein Neufahrzeug für 41.120,- EUR und ließ es kurz nach der Lieferung zu. Einige Tage später widerrief er den Kauf und gab das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 515 km zurück. Der Händler zahlte ihm jedoch nur rund 32.900 EUR zurück und behielt die Differenz iHv. 20% als Wertersatz und Nutzungsentschädigung (Wertverlust durch PKW-Zulassung) ein. Der Kläger verlangte hingegen die Rückerstattung des vollständigen Kaufpreises und argumentierte, die Zulassung sei zur Prüfung notwendig gewesen. Das LG Nürnberg-Fürth wies die Klage des Käufers ab. Ein Minderwert von 20 % sei gerechtfertigt, da das Fahrzeug aufgrund der Zulassung nicht mehr als Neuwagen verkauft werden könne. Die Zulassung sei auch nicht erforderlich, um das Fahrzeug zu testen. Vielmehr hätte eine einfache Probefahrt, wie sie der Händler angeboten habe, ausgereicht. Ein Weiterverkauf des Wagens durch den Händler zu einem höheren Preis sei unerheblich. Entscheidend sei der objektive Verkehrswert bei Rückgabe und nicht der spätere Verkaufserlös. “Ein Wertersatzanspruch besteht auch bei einem nur unerheblichen Gebrauch der Sache, wenn dieser zur Prüfung nicht erforderlich war (…). Auch die Höhe des Wertverlustes von 20% ist nicht zu beanstanden. Ein solcher ist sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung als angemessen angesehen worden. Anhaltspunkte hiervon abzuweichen, hat das Gericht nicht. Aus Sicht des Gerichts ist daher, auch mangels vorgetragener Anhaltspunkte, eine Schätzung durch das Gericht möglich. Ein Sachverständigengutachten war nicht zu erholen. Es erschließt sich dem Gericht nicht, warum ein Elektrofahrzeug einen geringeren Wertverlust durch die Erstzulassung erleiden sollte, als ein Verbrenner. Tragfähige Argumente hat die Klagepartei hierfür nicht vorgetragen. Das Gericht nimmt daher in Übereinstimmung mit der Literatur und Rechtsprechung einen solchen von 20% an."
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9.
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AG München: Bank haftet nicht für Kreditkarten-Betrug, wenn Kunde fahrlässig SMS-TAN weitergegeben hat
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Der Ehemann der Münchner Klägerin wollte am Samstag, den 06.01.2024 für seine Ehefrau und sich eine Reise im Internet buchen. Hierzu gab er auf einer Homepage „Check24“ die Daten der Kreditkarte seiner Ehefrau ein. Kurz darauf erschien eine Mitteilung, dass ein Betrag in Höhe von 318,99 € vorgemerkt sei, ehe weitere Mitteilungen über vergleichbare Vormerkungen erschienen. Die Münchnerin veranlasste noch am selben Abend telefonisch die Sperrung der Kreditkarte. Am Montag, den 08.01.2024 sind sechs unberechtigte Abbuchungen zu je 318,99 € für Giftcards vom Konto der Klägerin erfolgt, insgesamt 1.953,29 €.
Zur Autorisierung der Transaktionen fand das Mastercard 3D-Secure-Verfahren Anwendung. Zur Aktivierung dieses Verfahrens auf einem weiteren Gerät, übersandte die beklagte Bank am 06.01.2024 eine SMS-TAN an die von der Klägerin bei der Beklagten hinterlegte Mobilfunknummer. Die an die Klägerin versandte SMS-TAN wurde dann auf dem weiteren mobilen Endgerät, auf dem auch die Banking-App freigeschaltet wurde, am 06.01.2024 eingegeben und damit das Secure-Verfahren aktiviert.
Die Münchnerin behauptete, dass sie diese Abbuchungen nicht autorisiert habe. Bei der Buchung sei sie nicht nach PIN oder Passwort gefragt worden, sie habe auch nirgendwo eine SMS-Tan eingegeben. Es sei nicht erkannt worden, dass es sich möglicherweise um eine Fake-Website handelte.
Die beklagte Bank ging davon aus, dass die Münchnerin die SMS-Tan an einen Dritten weitergegeben haben muss, da eine Freigabe der Buchungen anders technisch nicht möglich gewesen sei und verweigerte die Zahlung. Die Münchnerin verklagte die Bank daher vor dem Amtsgericht München auf Rückzahlung der 1.953,29 €.
Das Amtsgericht München wies die Klage mit Urteil vom 08.01.2025 ab. Das Gericht ging zwar davon aus, dass die Abbuchungen nicht von der Klägerin autorisiert waren, sondern von Dritten getätigt wurden. Aufgrund der Beweisaufnahme war das Gericht jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin die SMS-Tan grob fahrlässig an Dritte weitergegeben haben muss, weshalb ein Schadensersatzanspruch der Bank gegen die Klägerin in gleicher Höhe bestehe, mit dem die Bank aufgerechnet habe. Insoweit führte es u.a. aus: „Der Vortrag der Beklagten, dass diese in ihren Systemen feststellen konnte, dass das Mastercard 3D-Secure Verfahren per Banking App für die Kreditkarte der Klägerin am 06.01.2024 um 13:30 Uhr aktiviert wurde, und zur Aktivierung dieses Verfahrens auf dem neuen Gerät eine SMS-TAN an die im Vertrag hinterlegte Mobilfunknummer der Klägerin […] versandt wurde, wurde durch Inaugenscheinnahme des Mobiltelefons der Klägerin bestätigt.
Dort befindet sich […] eine SMS vom 06.01.2024 13:29 Uhr mit dem Inhalt: „[…] ist Ihre TAN für die Aktivierung von Mastercard Identity Check vom 06.01.2024 13:44 Uhr.“ Der Eingang der SMS um 3:29 Uhr war im eingesehenen Nachrichtenverlauf […] um 13:29 Uhr dokumentiert und wird auch durch das als […] vorgelegte IT-Protokoll belegt. Der Vortrag der Klägerin, keine SMS-TAN erhalten zu haben und dass ihr Mobiltelefon nicht in die Freigabe involviert war, erwies sich damit als widerlegt.
Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass aufgrund der manuellen Eingabe einer an die Mobilfunknummer der Klägerin versandten SMS-Tan ein Fremdzugriff technisch ausgeschlossen ist. Es wurde ein neues Gerät im Online-Banking der Klägerin als Freigabeinstrument im Rahmen des 2-Faktor-Authentifizierungsverfahrens hinterlegt. Hierzu war – technisch zwingend – die Eingabe der SMS-Tan erforderlich. […] Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Klägerin durch Preisgabe der SMS-Tan Dritten eine Registrierung eines Geräts ermöglicht hat, wobei die Preisgabe persönlicher Sicherheitsmerkmale an Dritte gemäß den vertraglichen Bestimmungen untersagt war. […]
Das Verhalten der Klägerin bewertet das Gericht als grob fahrlässig. Es ist eine Sache, wenn man seine Kreditkartendaten offenbart. Diese werden bei jeder Verwendung offenbart und können auch von der Karte abgelesen werden. […] Die Weitergabe eines im Rahmen einer Zwei-Faktor-Autorisierung erhaltenden Zugangscodes kann nicht damit gleichgesetzt werden. Mit dieser Weitergabe hilft der Nutzer (Kläger) die Sicherheitsarchitektur grundlegend auszuhebeln. Es muss jedem verständigen Nutzer solcher Kreditkarten klar sein, welches Risiko er mit der Weitergabe derartiger Daten schafft. Die Klägerin mag dies nicht bewusst getan haben und es mag […] auch nicht erinnerlich sein. Indessen lässt sich der Vorgang plausibel nicht anders erklären.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 08.01.2025 Aktenzeichen: 271 C 16677/24 Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 12.05.2025
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Webinar mit RA Dr. Bahr "Update 2025: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG" am 12.06.2025
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Am 12.06.2025 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Update 2025: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG - same procedure as every year" Auch dieses Jahr – dem 6. Jahr in Folge - sind wir wieder am Start und freuen uns auf Sie! Wie gewohnt gibt es auch 2025 ein großes Jahres-Update zum Thema Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG. Welche neuen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen gibt es in Sachen Werbeeinwilligungen? Welche neuen Urteile erleichtern dem Unternehmer das Leben? Und welche neuen Probleme sind aufgetaucht? Das Webinar richtet sich an alle Unternehmen, die entweder beratend im Direktmarketing tätig sind oder die selbst eigene Direktmarketing-Aktivitäten durchführen. Die Veranstaltung ist – wie in den Vorjahren – bewusst anders konzipiert. Sie bietet keinen allgemeinen, weitschweifigen Überblick, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche: Was Unternehmen, die im Direktmarketing tätig sind, im Jahr 2025 wissen müssen. Mit zahlreichen Tipps und Tricks. Zuhörer können Ihre Fragen per Chat oder Audio-Live-Zuschaltung stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Referenten: Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Kanzlei Dr. Bahr Claudia Rigon, DIGITAL HUNTER GROUP
Über die Referenten: RA Dr. Bahr ist seit mehr als 22 Jahren Anwalt und seitdem auf den Bereich der Neuen Medien spezialisiert. Er ist TÜV-zertifizierter Datenschutzbeauftragter und berät zahlreiche Unternehmen im Bereich des Datenschutzrechts. Claudia Rigon von der DIGITAL HUNTER GROUP ist seit 2016 als Datenschutzbeauftragte für die Digital Hunter Group tätig. Digital Hunter bietet seit mehr als 15 Jahren Komplettlösungen aus einer Hand - von der Leadgenerierung über die Automatisierung des Kundenkontakts bis hin zum digitalen Verkauf. www.digitalhunter.biz
Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 12.06.2026 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr Kostenlose Webinar-Anmeldung hier
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Allgemeine Informationen zum Newsletter
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