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Die Rechtssache C-634/21 betrifft einen Rechtsstreit zwischen einem Bürger und dem Land Hessen, vertreten durch den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (im Folgenden: HBDI), hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten.
Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, die darin besteht, ihre Kunden mit Auskünften über die Kreditwürdigkeit Dritter zu versorgen, lieferte die SCHUFA Holding AG einem Kreditinstitut einen Score-Wert in Bezug auf diesen Bürger. Dieser Score-Wert diente als Grundlage für die Verweigerung des von diesem Bürger beantragten Kredits.
Der Bürger forderte daraufhin die SCHUFA auf, die darauf bezogene Eintragung zu löschen und ihm Zugang zu den entsprechenden Daten zu gewähren. Die SCHUFA teilte ihm jedoch nur den entsprechenden Score-Wert und in allgemeiner Form die der Methode zur Berechnung des Score-Wertes zugrunde liegenden Grundsätze mit.
Sie erteilte ihm aber keine Auskunft darüber, welche konkreten Informationen in diese Berechnung eingeflossen waren und welche Bedeutung ihnen in diesem Zusammenhang beigemessen wurde und begründete dies damit, dass die Berechnungsmethode dem Geschäftsgeheimnis unterliege.
Der Gerichtshof wird auch den Umfang der Regelungsbefugnisse zu präzisieren haben, die dem nationalen Gesetzgeber durch einige Bestimmungen der DSGVO abweichend von dem mit diesem Rechtsakt verfolgten allgemeinen Harmonisierungszweck übertragen werden.
In seinen Schlussanträgen führt Generalanwalt Priit Pikamäe zunächst aus, dass die DSGVO ein „Recht" der betroffenen Person verankere, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung - einschließlich Profiling - beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden.
Der Generalanwalt stellt sodann fest, dass die Voraussetzungen, denen dieses Recht unterliege, erfüllt seien, da:
1. das fragliche Verfahren ein „ Profiling“ darstelle,
2. die Entscheidung rechtliche Wirkungen gegenüber der betroffenen Person entfalte oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtige und
3. davon auszugehen sei, dass die Entscheidung ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhe.
Die Bestimmung der DSGVO, in der dieses Recht vorgesehen sei, sei somit unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens anwendbar.
Der Generalanwalt unterstreicht, dass die betroffene Person nach einer anderen Bestimmung der DSGVO das Recht habe, von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen nicht nur die Bestätigung zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden oder nicht, sondern auch andere Informationen wie das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling, aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass die Verpflichtung, „aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik" bereitzustellen, dahin zu verstehen sei, dass sie hinreichend detaillierte Erläuterungen zur Methode für die Berechnung des Score-Wertes und zu den Gründen umfasst, die zu einem bestimmten Ergebnis geführt haben. Generell sollte der Verantwortliche der betroffenen Person allgemeine Informationen übermitteln, vor allem zu bei der Entscheidungsfindung berücksichtigten Faktoren und deren Gewichtung auf aggregierter Ebene, die der betroffenen Person auch für die Anfechtung von „Entscheidungen“ im Sinne der Bestimmung der DSGVO, in der das Recht verankert sei, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung, einschließlich Profiling, beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, nützlich seien.
Der Generalanwalt kommt zu dem Schluss, dass diese Bestimmung dahin auszulegen sei, dass bereits die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Fähigkeit einer betroffenen Person, künftig einen Kredit zu bedienen, eine ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung - einschließlich Profiling - beruhende Entscheidung darstelle, die der betroffenen Person gegenüber rechtliche Wirkung entfalte oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtige, wenn dieser mittels personenbezogener Daten der betroffenen Person ermittelte Wert von dem Verantwortlichen an einen dritten Verantwortlichen übermittelt werde und jener Dritte nach ständiger Praxis diesen Wert seiner Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit der betroffenen Person maßgeblich zugrunde lege.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat zwei weitere Vorabentscheidungsersuchen zur DSGVO vorgelegt (Rechtssachen C-26/22 und C-64/22).
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen zwei Bürgern und dem Land Hessen, vertreten durch den HBDI, über Anträge dieser Bürger beim HBDI auf Löschung einer Eintragung betreffend eine Restschuldbefreiung bei der SCHUFA. Im Rahmen der diese Bürger betreffenden Insolvenzverfahren wurde ihnen mit gerichtlichen Beschlüssen eine vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt. Dieser Umstand wurde im Internet amtlich veröffentlicht, und der Eintrag nach sechs Monaten gelöscht.
Die SCHUFA speichert solche veröffentlichten Informationen über vorzeitige Restschuldbefreiungen in ihrem Datenbestand, löscht sie aber erst drei Jahre nach der Eintragung. Die vom nationalen Gericht gestellten Fragen betreffen unter anderem die Rechtsnatur der Entscheidung der mit einer Beschwerde befassten Aufsichtsbehörde sowie den Umfang der gerichtlichen Kontrolle, die das Gericht im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine solche Entscheidung ausüben kann. Die Rechtssachen betreffen auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Speicherung personenbezogener Daten aus öffentlichen Registern bei Wirtschaftsauskunfteien.
In seinen Schlussanträgen weist Generalanwalt Pikamäe als Erstes darauf hin, dass sich die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung aus einer Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen ergeben müsse, wobei die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten überwiegen müssten. Die Aufsichtsbehörde, die nach der DSGVO jede etwaige Beschwerde der betroffenen Person wegen Verletzung ihrer Grundrechte zu behandeln habe, habe zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verarbeitung erfüllt seien. Sollte diese Person schließlich gemäß der DSGVO einen Rechtsbehelf gegen einen Beschluss der Aufsichtsbehörde einlegen, obliege es den nationalen Gerichten, eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen.
Nach Ansicht des Generalanwalts unterliegt ein rechtsverbindlicher Beschluss einer Aufsichtsbehörde einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle in der Sache, wodurch die Wirksamkeit des Rechtsbehelfs gewährleistet werde.
Als Zweites führt der Generalanwalt aus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DSGVO unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig sei:
- erstens müsse von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem oder den Dritten, denen die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden,
- zweitens müsse die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und
- drittens dürften die Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen.
Herr Pikamäe merkt an, dass die erheblichen negativen Folgen, die die Speicherung der Daten für die betroffene Person nach Ablauf des fraglichen Zeitraums von sechs Monaten haben werde, gegenüber dem geschäftlichen Interesse des privaten Unternehmens und seiner Kunden an der Speicherung der Daten nach diesem Zeitraum zu überwiegen scheinen. In diesem Kontext sei hervorzuheben, dass die gewährte Restschuldbefreiung dem Begünstigten ermöglichen solle, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen. Dieses Ziel würde jedoch vereitelt, wenn private Wirtschaftsauskunfteien berechtigt wären, personenbezogene Daten in ihren Datenbanken zu speichern, nachdem diese Daten aus dem öffentlichen Register gelöscht worden seien.
Der Generalanwalt kommt zu dem Schluss, dass die Speicherung der Daten durch eine private Wirtschaftsauskunftei nicht auf der Grundlage der Bestimmung der DSGVO, in der die oben genannten Voraussetzungen aufgeführt sind, rechtmäßig sein könne, wenn die personenbezogenen Daten über eine Insolvenz aus den öffentlichen Registern gelöscht worden seien.
Was den Zeitraum von sechs Monaten betrifft, in dem die personenbezogenen Daten auch in öffentlichen Registern verfügbar seien, sei es Sache des vorlegenden Gerichts, die angeführten Interessen und Auswirkungen auf die betroffene Person gegeneinander abzuwägen, um festzustellen, ob die parallele Speicherung dieser Daten durch private Wirtschaftsauskunfteien auf dieser Grundlage rechtmäßig sei.
Als Drittes unterstreicht der Generalanwalt, dass die DSGVO vorsehe, dass die betroffene Person das Recht habe, zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten gelöscht werden, wenn sie Widerspruch gegen die Verarbeitung einlege und wenn diese Daten unrechtmäßig verarbeitet worden seien. Nach Ansicht des Generalanwalts hat die betroffene Person in einem solchen Fall daher das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es ausnahmsweise vorrangige berechtigte Gründe für die Verarbeitung gebe.
HINWEIS: Die Schlussanträge sind für den Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe der Generalanwältin oder des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten. Die Richterinnen und Richter des Gerichtshofs treten nunmehr in die Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 16.03.2023
Nach § 54 UrhG müssen alle Unternehmen, die Vervielfältigungsmöglichkeiten (z.B. Hersteller von DVD-Brennern) anbieten, eine Urheberrechtsabgabe entrichten. § 54 b UrhG erweitert diese Gruppe auch auf die Importeure und Händler.
Nun stellte sich die Frage, ob auch Online-Marktplätze (hier: raukten.de) unter diese Pflicht fallen.
Der BGH hat diese Frage verneint. Die amtlichen Leitsätze lauten:
2. Es ist mit Blick auf die aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG folgende Ergebnispflicht bei der Gewährung des gerechten Ausgleichs für die Anfertigung von privaten Vervielfältigungen nicht geboten, Online-Marktplätze, die die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, in den Kreis der Schuldner der Gerätevergütung (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 und 2 UrhG) aufzunehmen.
3. Die analoge Anwendung des § 54b Abs. 1 UrhG auf Internet-Marktplätze kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht."
Die beiden Tochtergesellschaften der in Luxemburg und Moskau ansässigen Klägerinnen sind unter anderem an der PCK-Raffinerie GmbH in Schwedt/Oder (PCK) beteiligt. Diese sichert die Grundversorgung des Nordostens Deutschlands mit Mineralölprodukten und beliefert den Berliner Flughafen. Sie ist auf die Verarbeitung russischen Rohöls ausgelegt.
Im März 2022 bat RDG das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz um Unterstützung, weil Geschäftspartner die weitere Zusammenarbeit auch über das sanktionsrechtlich Geforderte hinaus verweigerten (Overcompliance), und erklärte, sonst drohe die Insolvenz. Daraufhin erläuterte das Ministerium in einem Letter of Comfort, dass die inländischen Tochtergesellschaften nicht unter die EU-Sanktionsregelungen fielen, und betonte ihre Bedeutung für die Versorgungssicherheit.
Einer späteren Bitte um einen neuen Letter of Comfort kam es nicht nach, sondern erwog die Anordnung einer Treuhandverwaltung. RDG warnte vor russischen Gegenmaßnahmen. Wenig später erhielt das Ministerium Hinweise auf Versuche, Kapital der deutschen Tochtergesellschaften abzuziehen.
Mit Bescheid vom 14. September 2022 ordnete es gemäß § 17 Energiesicherungsgesetz die Treuhandverwaltung der Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an RDG und RNRM bis zum 15. März 2023 an.
Während dieser Zeit werden die Stimmrechte der Klägerinnen durch die Bundesnetzagentur wahrgenommen. Diese darf auch Geschäftsführer der RDG und RNRM bestellen und abberufen und ihnen Weisungen erteilen. Außerdem wird die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsführungen beschränkt. Die Begründung führte aus, beide Gesellschaften betrieben Kritische Infrastruktur im Sektor Energie. Ihre Geschäftstätigkeit sei erforderlich, um die Versorgungssicherheit zu erhalten. Die Overcompliance führe zu einer konkreten Gefahr für die Erfüllung ihrer Aufgaben.
Dadurch drohe eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit. Die Treuhandverwaltung sei geeignet und erforderlich, diese Gefahr abzuwenden und rechtzeitig Maßnahmen einzuleiten, um die PCK-Raffinerie von russischen Öllieferungen unabhängig zu machen.
Die Klägerinnen halten die Anordnung für rechtswidrig. Sie sei ohne die erforderliche vorherige Anhörung erlassen worden und nur unzureichend begründet. Außerdem sei sie unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen erhobenen Klagen nach mehrtägiger Verhandlung und umfangreicher Beweisaufnahme abgewiesen. Zwar sind beide Klägerinnen klagebefugt. Sie können geltend machen, ein gesetzwidriger Ausschluss von der Wahrnehmung ihrer Stimmrechte verletze sie in ihren Gesellschafterrechten. Ihre Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Anordnung der Treuhandverwaltung vom 14. September 2022 ist rechtmäßig.
Zu einer vorherigen Anhörung der Klägerinnen war das Ministerium wegen Gefahr im Verzug nicht verpflichtet. Hinweise auf einen drohenden Kapitalabzug ließen einen Zusammenbruch der Unternehmen ähnlich dem der Gazprom Germania befürchten. Die Pflicht zur Begründung der Anordnung hat das Ministerium hinreichend erfüllt.
Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig. § 17 Abs. 1 bis 4 EnSiG ist verfassungskonform.
Er ermächtigt zur Anordnung der Treuhandverwaltung über Unternehmen der Kritischen Infrastruktur im Sektor Energie, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass das Unternehmen sonst seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Energiesektor dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.
Diese Regelung schränkt die Berufsfreiheit und die Freiheit unternehmerischer Betätigung (Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG) verhältnismäßig ein. Zugleich normiert sie eine ebenfalls verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung der Anteilsrechte von Gesellschaftern (Art. 14 Abs. 1 GG).
Die Voraussetzungen der Ermächtigung lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung Mitte September 2022 vor. RDG und RNRM zählen zu den Betreibern der PCK-Raffinerie, einer Anlage der Kritischen Infrastruktur im Sinne der Vorschrift. Betreiber ist, wer nach den rechtlichen, tatsächlichen und wirtschaftlichen Umständen bestimmenden Einfluss auf Bestand oder Betrieb einer Anlage oder Teilen davon hat. § 17 Abs. 1 EnSiG geht davon aus, dass eine Anlage von mehreren gemeinschaftlich betrieben werden kann, und behandelt zwecks effektiver Gefahrenabwehr jeden Mitbetreiber als Betreiber.
Die PCK-Raffinerie wird nicht von der gleichnamigen GmbH betrieben, sondern von einem Joint Venture-Konsortium. Dazu gehören ihre Gesellschafter, darunter RDG und ein mehrheitlich von RNRM gehaltenes Unternehmen. Die Konsorten treffen die wesentlichen Entscheidungen und beschränken die Tätigkeit der PCK Raffinerie GmbH auf eine gewinnlose (non profit) Lohnverarbeitung im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligungen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestand die konkrete Gefahr, dass RDG und RNRM ohne eine Treuhandverwaltung ihre Aufgabe, ihren bisherigen Beitrag zur Energieversorgung weiter zu erbringen, künftig nicht erfüllen könnten. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat der Senat die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen und die Angriffe gegen die Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen im Einzelnen geprüft. Auf die hilfsweise unter Beweis gestellten Tatsachen kam es nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung nicht an.
Die dem Ministerium Mitte September 2022 bekannten und für es erkennbaren Umstände rechtfertigten die Prognose, dass RDG und RNRM ihren Versorgungsbeitrag im Fall einer Unterbrechung der russischen Rohöllieferung, auf die Versuche zum Kapitalabzug hindeuteten, nicht mehr leisten könnten. Sie hatten für diesen Fall keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen, obwohl das Klagevorbringen selbst eine gewisse Wahrscheinlichkeit einer solchen Unterbrechung einräumt.
Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit sind wegen der überragenden Bedeutung der Versorgungssicherheit gering. Darüber hinaus war die Geschäftstätigkeit der beiden Tochtergesellschaften nach wie vor durch Overcompliance gefährdet. Das betraf insbesondere die Zusammenarbeit mit Banken und Versicherungen. Das Bemühen von RDG und RNRM, die zunehmenden Probleme mit gesteigerter Risikobereitschaft oder über Hilfskonstruktionen zu lösen, bot keine ausreichende Gewähr für einen zuverlässigen künftigen, unverminderten Versorgungsbeitrag.
Das Ministerium hat sein Ermessen zur Anordnung der Treuhandverwaltung entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt. Um eine Betriebsfortführung im Interesse der Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zielt die Anordnung auf eine Reduzierung der Overcompliance-Probleme und auf eine rechtzeitige Diversifizierung des Rohölbezugs.
Dazu gehören Investitionen wie die Ertüchtigung der Pipeline von Rostock nach Schwedt, an denen oder deren Finanzierung der Konzern kein Interesse hatte. Die Ertüchtigung ermöglicht zeitnah eine Raffineriebelieferung im Umfang der Mindestlast auch bei unvorhergesehenen Unterbrechungen der Lieferungen russischen oder kasachischen Öls über die Drushba-Pipeline.
Der Vorwurf, das Ministerium habe sein Ermessen missbraucht, um ein Importembargo für russisches Rohöl ohne gesetzliche Grundlage durchzusetzen, trifft nicht zu. Wie sich aus dem Verwaltungsvorgang ergibt, wurde die Treuhand bereits mehr als zwei Monate vor dem sechsten EU-Sanktionspaket und der Protokollerklärung zum Verzicht auf russisches leitungsgebundenes Öl diskutiert. Sie wurde auch nicht unmittelbar danach und deswegen angeordnet, sondern erst, als Hinweise auf drohenden Kapitalabzug einen baldigen Zusammenbruch von RDG und RNRM befürchten ließen und eine schnelle Stabilisierung geboten war.
Die Anordnung wahrt auch die rechtlichen Grenzen des Ermessens. Dabei kann offenbleiben, inwieweit die Klägerinnen grundrechtsberechtigt sind. Sie werden keinen Beeinträchtigungen ausgesetzt, denen nicht auch grundrechtlich geschützte inländische Kapitalgesellschaften in gleicher Situation von Rechts wegen ausgesetzt wären.
Sollten Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG vorliegen, sind sie verhältnismäßig. Das Einschalten der Treuhänderin war geeignet und wegen der unzureichenden Wirkung des Letters of Comfort erforderlich, die Overcompliance-Probleme zu reduzieren. Außerdem ermöglichte es, unverzüglich die für die Versorgungssicherheit nötigen Investitionen wie den Ausbau der Pipeline voranzutreiben.
Bloße Auflagen hätten der Overcompliance nicht begegnen können und die Diversifizierung des Rohölbezugs erschwert. Mittel des Erdöl-Bevorratungsverbandes sind für unvorhergesehene Engpässe vorgesehen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen sind erforderlich, um die Wirksamkeit der Treuhandverwaltung zu sichern.
Auch die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG ist, falls betroffen, nicht verletzt. Die Anordnung stellt eine nicht entschädigungspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen dar. Sie ist verhältnismäßig, weil sie wegen der überragenden Bedeutung des Gemeinwohlguts der Versorgungssicherheit von der Sozialbindung des Eigentums gedeckt ist. Ein Ausfall der PCK-Raffinerie hätte die Befriedigung existenzieller Bedürfnisse wie die Wärmeversorgung von Wohnungen, Schulen und Heimen, die Krankentransporte und die Feuerwehr gefährdet, deren Funktionsfähigkeit der Staat zur Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten sicherstellen muss.
Art. 4 des Sowjetisch-Deutschen Investitionsschutzabkommens steht der Anordnung ebenfalls nicht entgegen. Die sechsmonatige Treuhandverwaltung hat keine einer Enteignung vergleichbare Wirkung. Sie lässt die Inhaberschaft der Gesellschaftsanteile und deren Renditegrundlage unberührt, weil Verfügungen des Treuhänders über die Anteile ausgeschlossen und Veräußerungen von Vermögensgegenständen nur zum Werterhalt des Unternehmens zulässig sind. Die Anordnung ist auch mit Unionsrecht und der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.
BVerwG 8 A 2.22 - Urteil vom 14. März 2023
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 14.03.2023
Die Klägerin begehrte die Entfernung eines Eintrages bei der verklagten Wirtschaftsauskunftei.
In der Vergangenheit war gegen die Schuldnerin ein Vollstreckungsbescheid über ca. 1.100,- EUR wegen rückständiger Zahlungen aus seiner Krankenversicherung erlassen worden. Dies wurde der Beklagten gemeldet, die diesen Eintrag daraufhin in ihr Register aufnahm. Zwischenzeitlich wurde die Forderung beglichen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Eintrag daher zu löschen sei und erhob Klage.
Zu Unrecht, wie das OLG Frankfurt a.M. nun entschied.
Zahle ein Schuldner die offenen Posten, führe dies nicht automatisch zu einem Löschungsanspruch des Negativeintrags:
Darauf hat sie keinen Anspruch.
Der Umstand, dass die titulierte Forderung aus Sicht der Klägerin gering war, hat keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung durch die Beklagte. Denn das Vorliegen einer zunächst nicht erfüllten Forderung und eines darauf bezogenen Titels lassen unabhängig von ihrer Höhe Rückschlüsse auf Zahlungsfähigkeit, aber auch Zahlungswilligkeit des Schuldners zu und sind von erheblicher Bedeutung für das Kreditsicherungssystem.
Die weitere Speicherung ist nicht unverhältnismäßig und erfüllt weiterhin eine zulässige Warnfunktion. Eine vollständige Löschung wegen fehlender Notwendigkeit nach Art. 17 Abs. 1 Buchstabe a DSGVO kann die Klägerin danach nicht verlangen."
Satzungsgemäße Aufgabe des Klägers ist die Sicherung der Preisbindung u.a. von Büchern. Nach dem deutschen Buchpreisbindungsgesetz (i.F.: BuchPrG) dürfen Buchhändler gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer in Deutschland nur zu den von den Verlagen festgelegten (= gebundenen) Ladenpreisen verkaufen.
Die Beklagte betreibt einen Internet-Marktplatz. Nach Abschluss des Kaufvertrags können Zahlungsoptionen gewählt werden. Dazu zählt u.a. die Möglichkeit, Gutscheine einzulösen.
Die Beklagte bot ihren Kunden im Dezember 2019 für einige Stunden einen 10%-igen Adventsrabatt an. Dieser wurde neben vielen anderen Produkten wie Spielzeug, Uhren, DVDs auch beim Verkauf von Büchern gewährt. Käufer, die beim Buchkauf den Adventsrabatt einlösten, schlossen einen Kaufvertrag mit den Buchhändlern über den vollen Preis. Nach Eingabe des Gutscheincodes zahlten sie lediglich 90% des Kaufpreises, die restlichen 10% zahlte die Beklagte an die Verkäufer.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen die Buchpreisbindung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.
Dem Kläger stehe unter keinem Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, bestätigte das OLG. Die Beklagte unterfalle nicht unmittelbar den Vorgaben des BuchPrG, da sie selbst nicht gewerbsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkaufe.
Die Kaufverträge würden unmittelbar zwischen den auf ihrer Plattform präsenten Buchhändlern und den Käufern geschlossen. Da die Buchhändler nicht gegen das BuchPrG verstießen, komme auch keine mittelbare Täterschaft der Beklagten in Betracht. Die Buchhändler erhielten den vollen gebundenen Ladenpreis.
Ohne Erfolg vertrete der Kläger die Ansicht, die von den Buchhändlern an die Beklagte zu zahlenden Provision stehe im preisbindungsrechtlichen Zusammenhang mit dem Rabatt. Die Provision falle vielmehr grundsätzlich an und diene dem Ausgleich allgemeiner Vermittlungsleistungen. Die Rabattaktion sei davon unabhängig; die Buchhändler seien in die Aktion auch nicht eingebunden gewesen.
Die Rabattaktion führe auch weder zur Umgehung des BuchPrG noch sei eine entsprechende Anwendung der Vorschriften vorzunehmen. Soweit durch die Rabattaktion einmalig und nur für wenige Stunden in den Preiswettbewerb eingegriffen worden sei, sei nicht von einer ernsthaften Bedrohung der durch das Gesetz geschützten Vielfalt an Buchhändlern durch kleine und mittlere Anbieter auszugehen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim BGH begehrt werden.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.3.2023, Az. 11 U 20/22
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 14.03.2023
Inhaltlich ging es um die Abmahnung eines Wettbewerbsverbands, der behauptet hatte, dass ihm u.a. "22 Tierfach- und Zubehörhändler" angehören würden.
Diese Angabe stellte sich jedoch als unwahr heraus, woraufhin die Beklagte ihre ursprünglich abgegebene Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschung anfocht.
Zu Recht, wie die Hamburger Richter nun entschieden:
Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, ist prozessual davon auszugehen, dass diese Angabe falsch war. (...) Da der Kläger zu den angeblichen 22 Mitgliedsunternehmen aus dem Marktsegment der Beklagten in erster Instanz gar nichts vorgetragen hat, war mit dem Vortrag der Beklagten prozessual davon auszugehen, dass diese Angabe falsch war und dem Kläger tatsächlich keine erhebliche Zahl von Unternehmen angehörte, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben."
Dieser Irrtum war auch kausal für die Abgabe ihrer Willenserklärung in Gestalt der Unterlassungsverpflichtungserklärung.
Die Beklagte hat plausibel und unbestritten vorgetragen, dass sie die Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, weil sie davon ausging, dass die Aussage des Klägers zutreffend sei, und dass sie die Erklärung nicht abgegeben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Aktivlegitimation nicht erfüllte."
Die Beklagte lieferte an Apotheken Arzneimittel. Sie unterhält eine Partnerschaft zum Anbieter Payback. Dadurch erhielten Kunden bei jedem Einkauf eine entsprechende Anzahl von Punkten gutgeschrieben, die dann bei späteren Einkäufen angerechnet wurden.
Dies stufte das OLG Karlsruhe als Verletzung des Zuwendungsverbot des § 7 HWG ein:
Zwar unterfällt nicht jede Werbung für Arzneimittel den Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes. Einbezogen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung) und nicht die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), durch die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein geworben wird." Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich hierbei nicht um eine reine Unternehmens-/Imagewerbung für Apotheken. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, auf welches Unternehmen sich diese Unternehmens-/Imagewerbung beziehen soll.
Vielmehr werden die Kunden zur Einlösung eines Rezepts in einer beliebigen, an der App der Beklagten teilnehmenden Apotheke aufgefordert, wobei die Vorbestellung eines (rezeptpflichtigen) Arzneimittels mit 50 Paypack-Punkten begünstigt wird.
Letztlich geht es weder um die Anpreisung der Leistungen der teilnehmenden Apotheken noch um eine Zuwendung aus anderen unternehmensbezogenen Gründen. Vielmehr ist die Gewährung von 50 Paypack-Punkten einzig mit der Vorbestellung und der Einsendung der Fotografie eines Rezepts zum Zwecke der Vorbestellung an eine Apotheke verknüpft, die der Kunde zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Werbung in der Regel noch nicht kennt.
Damit bezieht sich die Werbung auf sämtliche verschreibungspflichtige Arzneimittel und ist damit ohne Weiteres produktbezogen (vgl. BGH, GRUR 2020, 659 Rn. 22 – Gewinnspielwerbung)."
Im Verfahren 15 U 120/22 verlangt der Kläger, Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln, von der Beklagten zu 1 als Betreiberin eines Online-Portals und dem Beklagten zu 2, dem Chefreporter des Portals, die Unterlassung von fünf Äußerungen aus einem Artikel sowie der Äußerung aus einem Kommentar, die sich mit der vom Kläger ausgesprochenen Beförderung eines Priesters befassen.
Das Landgericht Köln hat der Klage mit Urteil vom 18. Mai 2022 antragsgemäß stattgegeben (Az. 28 O 276/21).
Auf die dagegen seitens der Beklagten eingelegte Berufung hin hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts dahingehend abgeändert, dass es die Beklagten in Bezug auf vier von sechs angegriffenen Äußerungen zu unterlassen haben, diese zu verbreiten oder verbreiten zu lassen; im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, die sechs angegriffenen Äußerungen berührten den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. In Bezug auf vier der sechs Äußerungen liege auch ein rechtswidriger Eingriff vor; im Rahmen der gebotenen Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers mit dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiege das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange der anderen Seite. Dies sei hinsichtlich der zwei weiteren Äußerungen nicht der Fall.
Im Einzelnen:
Als unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig seien die Äußerungen, der Priester habe "der Polizei 2001 sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen gestanden" beziehungsweise er habe "bei polizeilicher Vernehmung […] Sex mit dem obdachlosen und minderjährigen Prostituierten gestanden". Sie seien deshalb unwahr, weil ein unbefangener und verständiger Leser sie nur so verstehen könne, dass der Priester gegenüber der Polizei Angaben zur Minderjährigkeit seines Sexualpartners gemacht habe, was tatsächlich im Rahmen seiner (alleinigen) Vernehmung als Zeuge - nicht als Beschuldigter - nicht der Fall gewesen sei.
Die Beklagte habe zudem die Leser zur Vermeidung einer fehlerhaften Vorstellung darüber aufklären müssen, dass das von dem Priester gegenüber der Polizei eingeräumte - zum damaligen Zeitpunkt nach staatlichem Recht unzweifelhaft nicht strafbare - Verhalten nicht Gegenstand eines staatlichen Ermittlungsverfahrens gewesen sei.
Unzulässig sei auch die Äußerung "obwohl dieser zuvor Kindesmissbrauch gestanden hat". Es handele sich um eine irreführende Meinungsäußerung mit einem unwahren Tatsachenkern. Namentlich sei im Rahmen der Zeugenvernehmung des Priesters, wie ausgeführt, die Minderjährigkeit von dessen Sexualpartner überhaupt nicht zur Sprache gekommen.
Auch die Äußerung "Ungeachtet dessen befördert […] diesen Sexualstraftäter nur zwei Jahre später […]." enthalte mit der Bezeichnung des Priesters als "Sexualstraftäter" im Zusammenhang mit dessen im Artikel angegebenen angeblichen Äußerungen bei der Polizei, er habe Sex bzw. sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen bzw. Kindesmissbrauch gestanden, eine weitere irreführende und in Ermangelung einer Erläuterung ebenfalls unzulässige Meinungsäußerung. Sie verstärke die Gefahr eines fehlerhaften Verständnisses dahingehend, dass die staatlichen Ermittlungsbehörden gegen diesen ermittelt hätten.
Um zulässige Meinungsäußerungen handele es sich dagegen bei der von dem Kläger angegriffenen Artikelüberschrift "Obwohl er von den Vorwürfen wusste - Kardinal W. beförderte Missbrauchs-Priester" und bei der angegriffenen Äußerung aus dem Kommentar "Kardinal W., der Erzbischof von Köln, hat einen Missbrauchspriester befördert".
Zwar enthielten diese eine scharfe und zugespitzte Kritik an der Amtsführung des Kardinals. Diese Kritik müsse sich der Kläger als Träger eines hohen kirchlichen Amtes aber u.a. im Lichte der breiten öffentlichen Diskussion um sein Verhalten im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche gefallen lassen.
Die Bezeichnung des Priesters als "Missbrauchs-Priester" sei - jedenfalls im Verhältnis der Beklagten zum Kläger - rechtmäßig. Die Frage, ob ein Verhalten als Missbrauch anzusehen sei, unterliege der rechtlichen oder moralischen Bewertung. Mangels Vorliegens eines unwahren tatsächlichen Bestandteils stehe den Beklagten die Bewertung als Missbrauch frei mit der Konsequenz, dass sie den Priester dementsprechend in einer zugespitzten Wertung als "Missbrauchs-Priester" bezeichnen könne. Bei der Äußerung, der Kläger habe "von den Vorwürfen" gewusst, handele es sich auf der Grundlage des diesbezüglichen Parteivortrags ebenfalls um eine auf Tatsachen fußende Schlussfolgerung auf das Vorliegen einer inneren Tatsache.
Auch in dem Verfahren 15 U 131/22 streiten die Parteien um die Zulässigkeit verschiedener Äußerungen. Das Landgericht Köln hat der Klage antragsgemäß mit Urteil vom 8. Juni 2022 stattgegeben (Az. 28 O 295/21, abrufbar über die Datenbank NRWE).
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat auf die Berufung der Beklagten das angegriffene Urteil teilweise abgeändert. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch bestehe hinsichtlich einzelner der vom Kläger angegriffenen Äußerungen. Im Einzelnen:
Abgesehen von einem Äußerungsteil, der von dem titulierten Verbot auszunehmen sei, habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zustehe bezüglich der - in Artikeln mit der Überschrift "Die Vertuschungs-‚Mafia‘ im Erzbistum Köln" und "VERTUSCHUNGS-‚MAFIA‘ im Erzbistum Köln" veröffentlichten - Äußerungen "DIESER bislang geheim gehaltene Bericht aus dem Giftschrank des Erzbistums Köln" und "wo er bis heute liegt".
Diese Äußerungen beträfen den Kläger; aus den Überschriften und dem weiteren Text der beiden Artikel ergebe sich, dass das fragliche Dokument - der in dem Artikel genannte Bericht eines anonymen Insiders - dem Kläger seit dem Jahr 2015 bekannt gewesen sei. Die angegriffenen Äußerungen seien auch geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers als Träger eines hohen kirchlichen Amtes auszuwirken. Denn dem Leser werde die Schlussfolgerung nahe gelegt, er habe die Aufklärung der Vorwürfe, die in dem angeblich geheim gehaltenen Dokument erhoben beziehungsweise wiedergegeben werden, nicht beziehungsweise nicht ernsthaft betrieben.
Die Äußerungen seien als unzulässige Meinungsäußerungen mit einem unwahren, jedenfalls aber nicht erweislich wahren Tatsachenkern einzuordnen.
Dazu hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, in den Äußerungen vermengten sich tatsächliche und wertende Elemente in der Weise, dass die Äußerungen insgesamt noch als Werturteil anzusehen seien.
Bei derartigen Äußerungen falle bei der Abwägung der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht; ausgehend davon trete hier das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück.
Denn nach dem bewiesenen Vortrag des Klägers sei davon auszugehen, dass das von den Beklagten in Bezug genommene Dokument, nachdem es zuvor auch anderen Anwälten zur Kenntnis gebracht worden sein soll, im Jahr 2020 an die mit der Erstellung eines Missbrauchsgutachtens beauftragte Kanzlei übergeben worden sei.
Eine andere Beurteilung ergebe sich aber auch dann nicht, wenn man von einem Tatsachenkern mit ungeklärtem Wahrheitsgehalt ausgehen wolle. Nach den im Verfahren maßgeblichen Tatsachenfeststellungen im landgerichtlichen Urteil sei im Übrigen davon auszugehen, dass die Kanzlei den Auftrag gehabt habe, die gesichteten Dokumente, sofern zur Verfolgung konkreter Strafverdachtsmomente als notwendig erachtet, an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.
Der mit der Weitergabe der Informationen an eine solche Stelle verbundene Kontrollverlust sei mit der Annahme, die Informationen seien weiterhin geheim gehalten worden, auch unter Berücksichtigung erheblicher Wertungsspielräume nicht mehr vereinbar. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang einen weiteren, den damaligen Generalvikar betreffenden Äußerungsteil untersagt habe, sei dieser dagegen auszunehmen. Dieser sei äußerungsrechtlich in Bezug auf den Kläger nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich weiterer verfahrensgegenständlicher Äußerungen sei bereits der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht berührt, da diese ihn entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht beträfen. Dies gelte u.a. für die Überschrift "Die Vertuschungs-Mafia im Erzbistum Köln". Dazu hat der Senat unter näherer Darlegung ausgeführt, die Überschrift dürfe nicht isoliert von dem dazugehörigen Zeitungsbericht betrachtet werden.
Der im Übrigen angegriffene Äußerungsteil "bringt Kardinal W. (64) in Erklärungsnot" betreffe zwar den Kläger, diesen müsse er indes hinnehmen. Es handele sich dabei um eine zulässige Bewertung der Umstände, dass der Kläger das Schreiben nicht zum Anlass genommen habe, von einer Beförderung abzusehen, und dass er auf Anfrage der Beklagten zu diesem Vorgang Stellung genommen habe.
In beiden Verfahren ist die Revision vom Senat nicht zugelassen worden.
Die am 16. März 2023 verkündeten Urteile des Oberlandesgerichts Köln - Az. 15 U 120/22 und 15 U 131/22 - werden demnächst im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 16.03.2023
Die Beklagte war ALDI SÜD. In ihren Prospekten hatte sie u.a. neben aktuellen Preis das alte Entgelt in Form eines durchgestrichenen Preises angegeben.
Der Kläger sah darin einen Wettbewerbsverstoß, da die bloße Angabe von Streichpreisen nicht ausreichend sei. Vielmehr bedürfte es einer weitergehenden Aufklärung des Verbrauchers, u.a., dass der Streichpreis maximal 30 Tage zurück liege.
Im Jahr 2022 ist eine umfangreiche Änderung der PAngVO in Kraft getreten. Danach darf u.a. nach § 11 PAngVO nur noch mit alten Preisen geworben werden, die höchstens 30 Tage zurückliegen.
Diese 30-Tages-Frist hatte ALDI SÜD eingehalten. Der Klägerin sah die Beklagte verpflichtet, weitergehende Informationen bereitzustellen.
Eine solche Verpflichtung lehnte das Gericht ab und wies die Klage ab.
Eine Verpflichtung, den neben dem Angebotspreis zu nennenden niedrigsten Preis der letzten 30 Tage als solchen zu bezeichnen, lässt sich nicht aus Sinn und Zweck von § 11 Abs. 1 PAngV ableiten.
Ziel der Regelung ist es, Verbrauchern zu ermöglichen, Preisermäßigungen für Waren besser einordnen und ihre Preiswürdigkeit einschätzen zu können, und zu verhindern, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen vorherige Preise angegeben werden, die vor der Preisermäßigung so nicht verlangt wurden, oder dass Preise vor einer Preisermäßigung kurzzeitig angehoben werden um dann auf diesen erhöhten Preis Bezug nehmen und den Eindruck einer höheren Preisermäßigung und eines besonders preisgünstigen Angebotes erwecken zu können (...)."
Die Möglichkeit des Verbrauchers, die Preiswürdigkeit einer beworbenen Preisermäßigung einzuschätzen, wird bereits dadurch verbessert, dass ihm der niedrigste Preis der letzten 30 Tage betragsmäßig angegeben wird, da ihm auf diese Weise der nach der Vorstellung des Normgebers geeigneter Bezugspunkt für einen Preisvergleich an die Hand gegeben wird.
In gleichem Maße wird der Anreiz für den Handel gemindert, den Preis kurz vor einer Ermäßigung heraufzusetzen (...). Zudem brächte eine ausdrückliche Bezeichnung oder Erläuterung des "vorherigen Preises" im Sinne des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage dem Verbraucher keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn.
Die von dem Antragsteller für notwendig gehaltene Erläuterung stellt der Sache nach nichts anderes dar als ein Selbstbekenntnis des werbenden Unternehmers, für den Streichpreis die vorgeschriebene Bezugsgröße gewählt zu haben. Dadurch erhält der Verbraucher keinen Mehrwert."
Der Kläger bewarb sich bei der Beklagten um eine ausgeschriebene Stelle (Bestückers für Digitaldruckmaschinen). Die Stellenausschreibung lautete:
Der Kläger erhielt einige Zeit später eine Absage. In dem Antwortschreiben hieß es:
vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen. Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie für diese Stelle nicht in Frage kommen. Ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“
Zu Recht, wie nun das LAG Nürnberg entschied.
Das Gericht sprach dem Kläger einen Schadensersatz iHv. 2.500,- EUR zu.
Die persönliche Lebenserfahrung der Prokuristin hat damit im Ergebnis dazu geführt, dass sie ihm die Stelle absagte. Der Kläger wurde mithin im Bewerbungsverfahren wegen seines Geschlechtes benachteiligt.
Die Gelegenheit, mittels Probearbeit nachzuweisen, dass er zu der kleinteiligen Arbeit bei der Beklagten willens und in der Lage ist, wurde ihm nicht gegeben, eben weil er ein Mann war. Dieses Verhalten ist unmittelbar benachteiligend nach § 3 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmales und verstößt damit gegen § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG."
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Newsletter
vom 22.03.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 12. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuGH-Schlussanträge: SCHUFA-Scoring und SCHUFA-Speicherung verstößt gegen DSGVO
2. BGH: Keine Urheberrechtsabgabe-Pflicht für Online-Marktplätze
3. BVerwG: Anordnung der Treuhandverwaltung über deutsche Rosneft-Töchter ist rechtmäßig
4. OLG Frankfurt a.M.: Auskunftei muss Schuldnerdaten nicht automatisch löschen, wenn Forderung inzwischen beglichen wurde
5. OLG Frankfurt a.M.: Adventsrabattaktion von eBay verstößt nicht gegen Buchpreisbindung
6. OLG Hamburg: Anfechtung einer Unterlassungserklärung bei arglistiger Täuschung möglich
7. OLG Karlsruhe: Gewährung von Payback-Punkten bei Bestellung von Arzneimitteln unzulässig
8. OLG Köln: Zur Zulässigkeit der BILD-Berichterstattung über Erzbischof von Köln
9. LG Düsseldorf: Keine Pflicht zur Konkretisierung von Streichpreisen, bloße Angabe reicht aus
10. LAG Nürnberg: "Flinke Frauenhände" ist Diskriminierung = 2.500,- EUR Schadensersatz
Die einzelnen News:
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1. EuGH-Schlussanträge: SCHUFA-Scoring und SCHUFA-Speicherung verstößt gegen DSGVO
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Generalanwalt Pikamäe: Die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Fähigkeit einer Person, einen Kredit zu bedienen, ist ein Profiling im Sinne der DSGVO / Rechtsverbindliche Beschlüsse einer datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde müssten gerichtlich umfassend überprüfbar sein
Soweit der betroffene Bürger geltend macht, dass die Ablehnung seines Ersuchens durch die SCHUFA gegen Datenschutzrecht verstoße, wird der Gerichtshof vom Verwaltungsgericht Wiesbaden ersucht, über die Beschränkungen zu entscheiden, die die Datenschutz-Grundverordnung1 (DSGVO) der wirtschaftlichen Tätigkeit von Auskunfteien im Finanzsektor, insbesondere bei der Datenverwaltung, auferlegt, sowie über die Bedeutung, die dem Geschäftsgeheimnis zuzuerkennen ist.
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2. BGH: Keine Urheberrechtsabgabe-Pflicht für Online-Marktplätze
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Online-Marktplätze fallen nicht unter die Pflicht zur Urheberrechtsabgabe nach § 54 b Abs.2 UrhG, da Händler nur ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert (BGH, Urt. v. 10.11.2022 - Az.: I ZR 10/22).
"1. Händler im Sinne des § 54b Abs. 1 UrhG ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt.
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3. BVerwG: Anordnung der Treuhandverwaltung über deutsche Rosneft-Töchter ist rechtmäßig
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Die im September 2022 erlassene Anordnung einer Treuhandverwaltung nach dem Energiesicherungsgesetz über die Rosneft Deutschland GmbH (RDG) und die Rosneft Refining and Marketing GmbH (RNRM) in Berlin ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
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4. OLG Frankfurt a.M.: Auskunftei muss Schuldnerdaten nicht automatisch löschen, wenn Forderung inzwischen beglichen wurde
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Eine Wirtschaftsauskunftei muss Schuldnerdaten nicht automatisch löschen, wenn die Forderung inzwischen beglichen wurde und auch Einträge im Schuldenverzeichnis getilgt wurden (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.01.2023 - Az.: 7 U 100/22).
"Der Umstand, dass der Inhaber der Klägerin durch Vollstreckungsbescheid zu einer Zahlung verurteilt wurde, hat einen unmittelbaren Bezug zu ihrer Zahlungsfähigkeit und/ oder Zahlungsunwilligkeit. Die Klägerin verlangt so gestellt zu werden wie eine Person, gegen die niemals eine Forderung tituliert wurde. Auf diese Weise aber würde der - unzutreffende - Eindruck erweckt, dass über die Klägerin und ihren Inhaber keine Erkenntnisse über Unzuverlässigkeiten bei der Begleichung von Forderungen vorlägen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es läuft das Revisionsverfahren vor dem BGH (Az.: VI ZR 32/23).
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5. OLG Frankfurt a.M.: Adventsrabattaktion von eBay verstößt nicht gegen Buchpreisbindung
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Die Verkaufsplattform eBay unterfällt selbst nicht den Vorgaben des Buchpreisbindungsgesetzes. Ihre einmalige Adventsrabattaktion, bei der u.a. beim Kauf von Büchern die Letztabnehmer lediglich 90% des Kaufpreises zahlen mussten, während eBay 10% an den Buchhändler entrichtete, führte auch nicht zu einem Verstoß der Buchhändler gegen das BuchPrG. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung bestätigt, dass dem Kläger keine Unterlassungsansprüche gegen eBay zustehen.
(vorausgehend LG Wiesbaden, Urteil vom 25.1.2022, Az. 11 O 790/20)
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6. OLG Hamburg: Anfechtung einer Unterlassungserklärung bei arglistiger Täuschung möglich
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Ausnahmsweise kann eine abgegebene Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Wettbewerbsverband in seiner Abmahnung unzutreffende Angaben zu seiner Aktiv-Legitimation gemacht hat (OLG Hamburg, Beschl. v. 22.06.2022 - Az.: 15 U 137/21).
"Der Kläger hat in der Abmahnung (...) angegeben, ihm gehörten „22 Tierfach- und Zubehörhändler an, die ihre Ware wie Sie [also die Beklagte] über eine Webseite vertreiben“.
Und weiter:
"Diese arglistige Falschangabe hat bei der Beklagten eine Fehlvorstellung und damit einen Irrtum hervorgerufen, so dass sie getäuscht wurde.
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7. OLG Karlsruhe: Gewährung von Payback-Punkten bei Bestellung von Arzneimitteln unzulässig
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Die Gewährung von Payback-Punkten bei der Bestellung von Arzneimitteln ist unzulässig, da es sich um keine Imagewerbung, sondern vielmehr um eine konkrete Zuwendung handelt, die gegen § 7 HWG verstößt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022 - Az.: 6 U 108/21).
"Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist im Streitfall anwendbar. Die in Rede stehende Gewährung von [X.]punkten weist den für die Anwendung des Heilmittelwerbegesetzes erforderlichen Produktbezug auf. Soweit die Berufung geltend macht, das beanstandete Verhalten stelle eine reine Unternehmens- und Imagewerbung dar, die nicht mit Bonussystemen von Apotheken vergleichbar sei, bei welchen die Werbegabe an den Erwerb (auch) verschreibungspflichtiger Arzneimittel gekoppelt ist, greift dieser Einwand nicht durch.
Und weiter:
"Jedoch handelt es sich vorliegend um eine den Anwendungsbereich eröffnende produktbezogene Arzneimittelwerbung. (...)
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8. OLG Köln: Zur Zulässigkeit der BILD-Berichterstattung über Erzbischof von Köln
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Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat am heutigen Tag in den vorbezeichneten Verfahren entschieden und insoweit unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidungen den Beklagten das Verbreiten bzw. Verbreiten lassen einzelner Äußerungen untersagt.
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9. LG Düsseldorf: Keine Pflicht zur Konkretisierung von Streichpreisen, bloße Angabe reicht aus
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Das LG Düsseldorf (Urt. v. 11.11.2022 - Az.: 38 O 144/22) hat klargestellt, dass die bloße Angabe von Streichpreisen ausreichend ist. Eine weitergehende Aufklärungspflicht (z.B. über den Zeitpunkt des Streichpreises) besteht nicht.
"Zu mehr als der (rein betragsmäßigen) Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verpflichtet § 11 Abs. 1 PAngV den Unternehmer nicht. Ein Erfordernis, diesen Preis nicht nur zu beziffern, sondern ihn in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen, stellt § 11 Abs. 1 PAngV nicht auf. (...)
Und weiter:
"Dieser Regelungszweck gebietet es nicht, den anzugebenden günstigsten Preis der letzten 30 Tage ausdrücklich als solchen zu bezeichnen oder zu erläutern.
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10. LAG Nürnberg: "Flinke Frauenhände" ist Diskriminierung = 2.500,- EUR Schadensersatz
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Eine geschlechterbezogene Diskriminierung liegt vor, wenn einem männlichen Bewerber eine Absage mit der Begründung erteilt wird, dass "unsere sehr kleinen, filigranen Teile eher etwas für flinke Frauenhände sind" (LAG Nürnberg, Urt. v. 13.12.2022 - Az.: 7 Sa 168/22).
„Für unsere filigranen Automodelle im Maßstab 1/87 H0 suchen wir Mitarbeiter (m/w/d) für unsere Digitaldruckmaschine. Die Teile müssen in die Maschine eingelegt und entnommen werden. Anforderungen: - Fingerfertigkeit/Geschick - Deutschkenntnisse in Wort und Schrift - Zuverlässiges, sorgfältiges und konzentriertes Arbeiten - Teamorientierung, Belastbarkeit und ausgeprägte Motivation - Fachkenntnisse sind nicht zwingend notwendig Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!“
Die in der Ausschreibung genannten Teile waren sehr klein und mussten teilweise bei der Montage der Modelle mit Hilfe von Pinzetten positioniert werden
"Sehr geehrter Herr (...),
Der Kläger sah darin eine Geschlechter-Diskriminierung und klagte auf Schadensersatz.
"Die Prokuristin der Beklagten hat dem Kläger auf Grund ihrer Lebenserfahrung, dass regelmäßig Frauen mit der kleinteiligen Arbeit bei der Beklagten eher zurechtkommen als Männer, abgesagt.
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