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Es ging um die Domains “energycollect.de” und "energy-collect.de”.
Die Klägerin, die “energy COLLECT GmbH & Co. KG”, ist im Jahr 2020 gegründet worden.
Der Beklagte war Rechtsanwalt und hatte beide Domains schon zehn Jahre vorher, also im Jahr 2010, registriert. Beide Domains wurden nie mit eigenen Inhalten versenden, sondern wurden vielmehr mittels URL-Redirect weitergeleitet auf die Webseite eines Drittunternehmens. Bei diesem Drittunternehmen ist der Beklagte der Vorstand.
Die Klägerin verlangte nun die Herausgabe der Domains und klagte.
In der Berufungsinstanz vor dem OLG Karlsruhe (Urt. v. 08.06.2022 - Az.: 6 U 163/21) bekam die Klägerin Recht:
§ 12 BGB sei neben markenrechtlichen Ansprüchen anwendbar. Der Klägerin stehe an dem prägenden und unterscheidungskräftigen Zeichenbestandteil "energy COLLECT" auf Grund der Aufnahme der Benutzung ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr ein Namensrecht zu. In der Aufrechterhaltung der Domainregistrierung durch den Beklagten liege eine unberechtigte Namensanmaßung. Der Beklagte benutze den Namen der Klägerin in seinen Domains unbefugt und es bestehe die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung. Die Aufrechterhaltung der Registrierung der Domainnamen verletze auch schutzwürdige Interessen der Klägerin. Angesichts des Umstands, dass das Namensrecht der Klägerin erst nach der Registrierung der Domains des Beklagten entstanden sei, könne zwar nicht ohne weiteres angenommen werden, dass sich die Interessen der Klägerin gegen den Beklagten als nichtberechtigten Domaininhaber durchsetzten. Die Interessenabwägung gehe im Streitfall jedoch zugunsten der Klägerin aus, weil der Beklagte die Domainnamen nicht selbst namensmäßig nutzen wolle, sondern sich sein Interesse darauf beschränke, sie zur bloßen Weiterleitung auf die Internetseite des Drittunternehmens zu gebrauchen. Es fehle deshalb auf Seiten des Beklagten an abwägungsrelevanten namensrechtlichen Interessen." Ob eine unberechtigte Namensanmaßung vorliege, sei vielmehr anhand einer umfassenden Interessensabwägung im Einzelfall vorzunehmen:
Demgegenüber kann ein Nichtberechtigter nur ausnahmsweise auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sind (…). So verhält es sich, wenn die Registrierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten nur der erste Schritt im Zuge der - für sich genommen rechtlich unbedenklichen - Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen ist (…) oder wenn dem Nichtberechtigten seinerseits ein namensrechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnung etwa eines Hauses oder Grundstücks zur Seite steht, sofern die Bezeichnung zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist (…)." aa) Der Domaininhaber erlangt durch den Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören zum Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auch die auf dem Abschluss von Verträgen beruhenden, obligatorischen Forderungen. Bei dieser Sachlage kann sich der Dritte, der den Domainnamen erst nach seiner Registrierung als Unternehmenskennzeichen verwenden möchte, regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen. Er kann vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als Internetadresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar ist. Ist der gewünschte Domainname bereits vergeben, wird es ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere Unternehmensbezeichnung (…) oder auch - soweit noch nicht vergeben - eine andere Top-Level-Domain (…) auszuweichen.
Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen, etwa weil er den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (…). bb) Die Rechtsposition, die der Nichtberechtigte durch die vor Entstehung des Namens- oder Kennzeichenrechts erfolgte Registrierung seiner Domain erlangt hat, erfordert eine Berücksichtigung nicht nur spezifisch namens- oder kennzeichenrechtlicher, sondern sämtlicher Interessen, die der Nichtberechtigte an der Aufrechterhaltung der Domainregistrierung hat. Eine Verkürzung auf namens- oder kennzeichenrechtliche Interessen würde dem eigentumsgrundrechtlichen Schutz der vor Entstehung des Namens- oder Kennzeichenrechts erfolgten Domainregistrierung nicht gerecht." Der Beklagte war Arzt und betrieb u.a. eine Praxis für Haartransplantationen. Er warb u.a. mit den Worten:
Das OLG Hamm sah darin eine Irreführung und bejahte somit einen Wettbewerbsverstoß:
Tatsächlich existierte zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Werbung bereits eine weiterentwickelte, jüngere Version dieser Methode. Dieser lauterkeitsrechtlichen Beurteilung ist der Beklagte auch - zu Recht - im Verlaufe des vorliegenden Rechtsstreits mit keinem Wort entgegengetreten." Sie ist geeignet, Verbraucher, die sich in dem - irrigen - Glauben befinden, der Beklagte setze die neueste Version der “(…)-Methode” ein, gerade aufgrund dieser Fehlvorstellung zu einer Kontaktaufnahme mit der Praxis des Beklagten und damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen." Die Beklagte betrieb eine geschäftliche Webseite und hatte in ihren Metadaten folgende Beschreibung hinterlegt:
Zwischen den Parteien des Gerichtsverfahrens entbrannte dann Streit darüber, ob der Beklagte die Suchergebnisse zuzurechnen waren.
Das OLG Stuttgart bejahte die Verantwortlichkeit: Hierfür haftet die Antragsgegnerin. Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (…). Die Antragsgegnerin hat den irreführenden Suchmaschineneintrag adäquat-kausal verursacht, indem sie in den Metadaten der Homepage als Titel folgende Angaben gewählt hat: "(…) Systemischer Coach + Psychotherapeutin (HeilprG)“. Sie musste ohne Weiteres damit rechnen, dass eine Suchmaschine den anzuzeigenden Treffer aus diesen Metadaten generieren und – schon aus Darstellungsgründen – nur in abgekürzter – irreführender – Form wiedergeben könnte."
Inhaltlich ging es um die Software des Anbieters Modern Solution. Die Firma hatte in ihrem Programm damals im Quellcode ein Passwort im Klartext hinterlegt, auf das jeder, der die Anwendung dekompilierte, Zugriff hatte. Mit diesem Passwort waren umfangreiche Datenbankzugriffe auf Fremdsysteme (ca. Daten von 700.000 Endkunden) möglich.
Ein IT-Entwickler dekompilierte die Software und erhielt so das Passwort. Mit diesem las er dann die Zugangsdaten zu den jeweiligen Kundendatenbanken aus und kopierte diese auf seinen eigenen Computer. Er informierte den Anbieter über die Sicherheitslücke und machte den Fall öffentlich, nachdem die Sicherheitslücke geschlossen worden war.
Es stellte sich nun die Frage, ob der IT-Entwickler wegen Ausspähens von Daten nach § 202a StGB (sog. Hacker-Paragraph) strafbar gemacht hatte.
Das AG Jülich lehnte den Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls ab. Eine Strafbarkeit, so das AG Jülich, komme nur dann in Betracht, wenn die Daten besonders gegen den unberechtigten Zugang gesichert worden seien. Ein Passwortschutz als solcher genüge bereits nicht, um eine besondere Sicherung begründen. Darüber hinaus habe der Angeschuldigte die Dekompilierung mittels einer gängigen Software durchgeführt, was auch gegen eine besondere Zugangssicherung spreche. In der Beschwerdeinstanz entschied das LG Aachen jedoch genau anders herum und bejahte eine Strafbarkeit: Soweit es um den dekompilierten Quellcode der Software als solcher geht, ist auch dieser nicht für den Angeschuldigten bestimmt gewesen. Denn insoweit gelten die für Daten entwickelten Grundsätze entsprechend auch für Computerprogramme. Soweit eine Dekompilierung des Objektcodes in den Quellcode urheberrechtlich nach den § 69 e i.V.m. § 69 c Nr. 1 UrhG unzulässig ist - etwa wenn sich der Täter nicht an die durch den Lizenzvertrag und den Programmschutz gezogenen Grenzen hält - fehlt es an einer Datenbestimmung für den Täter mit der Folge, dass eine Strafbarkeit nach§ 202 a StGB- vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen - eröffnet ist (…)." Bei einem Passwort handelt es sich um eine typische Software-Sicherung, die das Interesse an einer Zugangssicherung eindeutig dokumentiert. Maßgeblich ist, ob die Sicherung geeignet erscheint, einen wirksamen, wenn auch nicht absoluten Schutz zu erreichen. Erforderlich ist - nach der Gesetzesbegründung - dass die Überwindung dieser Sicherung einen nicht unerheblichen zeitlichen oder technischen Aufwand erfordert (vgl. BT- Drs. 16/3656). Dies wäre jedenfalls dann zu verneinen, wenn die Aufhebung des Schutzes ohne weiteres möglich ist und durch jeden interessierten Laien leicht überwunden werden könnte. Vom Schutzbereich ausgenommen sind insbesondere auch Fälle, in denen das Opfer selbst nachlässig mit den eigenen Daten umgeht und eine sehr leicht ausschaltbare Sicherung wählt. Keine technischen Vorkehrungen wären folglich standardisierte Logins und Passwörter (zB Ziffernfolge 0000 bei allen Geräten), da hier zur Dokumentation der Geheimhaltung zunächst eine Änderung notwendig wäre (…)." Mit der Änderung des § 202a StGB durch das 41. StrÄndG im Jahre 2007 hat der Gesetzgeber unter Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über Computerkriminalität aus dem Jahre 2001 und des entsprechenden Rahmenbeschlusses, u.a. das "Hacking" unter Strafe gestellt. (…) Die Anforderungen an den notwendigen "nicht unerheblichen zeitlichen oder technischen Aufwand" zur Überwindung der Sicherung (so BT-Drs. 16/3656 S. 10) dürfen daher zum Schutz technischer Laien und vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht zu hoch angesetzt werden. Der Zugangsschutz muss nicht vollständig sein. Es ist ein "weites Verständnis" des Überwindens einer Zugangssicherung zugrunde zu legen, bei dem eine Orientierung am technischen Laien angezeigt ist. Denn auch dem technischen Laien muss die grundrechtlich garantierte Möglichkeit eingeräumt werden, geschützte formale Geheimbereiche zu schaffen. Auch dass der Gesetzgeber mit § 202 a StGB nur einen eingeschränkten Täterkreis erfassen wollte, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus den Motiven. § 202 a StGB ist kein auf professionelle Angreifer beschränktes Sonderdelikt (…)." Dem Rechtsstreit lag der Sachverhalt zugrunde, den bereits das AG Pankow Anfang 2022 zu entscheiden hatte, vgl. unsere Kanzlei-News v. 08.04.2022. Ein Kunde fuhr in Berlin mit der öffentlichen S-Bahn. In einigen Zügen erfolgt eine Videoaufzeichnung, die 48 Stunden aufbewahrt wird. Er verlangte nach Art. 15 DSGVO Auskunft. Das Personenbeförderungsunternehmen lehnte dies ab und löschte die Daten innerhalb der 48 Stunden. Die daraufhin erhobene Schadensersatzklage des Kunden nach Art. 82 DSGVO wies das AG Pankow ab, da die begehrte Informationserteilung unzumutbar gewesen sei. Im vorliegenden Fall stritten sich nun das Unternehmen und die zuständige Datenschutzbehörde. Das Datenschutzamt hatte nämlich aufgrund der fehlenden Auskunft eine Verwarnung ausgesprochen. "Soweit die Klage (...) zulässig ist, ist sie auch begründet, weil die (...) ausgesprochene Verwarnung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (...). Der Beigeladene hatte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO auf Zurverfügungstellung einer Kopie von durch die Klägerin verarbeiteten, auf seine Person bezogenen Daten. (…) Zwar dürften die Aufzeichnungen von Personen durch Videoüberwachungskameras jedenfalls bei abstrakter Betrachtungsweise personenbezogene Daten i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO darstellen. (…) Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob die im Rahmen der Videoüberwachung in den S-Bahnen der Klägerin gewonnenen Aufzeichnungen (…) personenbezogene Daten darstellen. Denn der Beigeladene hatte, unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie der Videoaufzeichnungen. Der insoweit nach dem allgemeinen Günstigkeitsprinzip (…) darlegungsbelastete Beigeladene hat schon nicht nachgewiesen, dass (…) er tatsächlich die "betroffene Person" i.S.d. Art. 15 DSGVO ist, deren Bilddaten zu dem von ihm angegebenen Zeitraum in dem von ihm benannten Zug der Klägerin gespeichert wurden. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass, um die Herausgabe an unberechtigte Dritte ausschließen zu können, eine zweifelsfreie Übereinstimmung der Person des Auskunftsbegehrenden mit der Person des auf den Videos Abgebildeten gewährleistet werden muss. Hierfür reichen aber allein Angaben, wie der Beigeladenen sie gemacht hat (Zeitraum der Beförderung, Zugnummer, äußeres Erscheinungsbild und Verhaltensweise der Person) nicht aus. Denn es erscheint beispielsweise denkbar, dass ein Antragsteller derartige Angaben zu einer anderen Person macht, die ihm etwa deshalb bekannt sind, weil er mit ihr zusammen in einem der Züge der Klägerin gefahren ist, um so an die Videoaufzeichnungen dieser Person zu gelangen." "Hinsichtlich des hierauf basierenden Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO ist der Beklagten das Erfüllen dieses Auskunftsanspruchs jedoch aufgrund unverhältnismäßigen Aufwands unzumutbar gemäß § 275 Abs. 2 BGB (…). Ein solch grobes Missverhältnis besteht jedoch hier. Denn das Transparenzinteresse des Klägers ist äußerst gering. Insbesondere war er sich des Ob, Wie und Was der Datenverarbeitung bewusst (…). Der Kläger wusste genau, dass und in welchem Umfang personenbezogene Daten erhoben werden. (…)" Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Zwar ist in Art. 15 DSGVO keine ausdrückliche Ausnahme wegen unverhältnismäßigen Aufwands vorgesehen. Der durch das Amtsgericht herangezogene § 275 Abs. 2 BGB beinhaltet jedoch einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch in Erwägungsgrund 62 der DSGVO zum Ausdruck kommt. Danach darf eine Leistung verweigert werden, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben, das nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO über dem gesamten Verarbeitungsvorgang steht, in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers steht (…)." Die Klägerin, ein schweizerisches Unternehmen, machte gegenüber Google die Löschung bestimmter Suchergebnisse aus dem Index geltend, weil auf den betreffenden Drittseiten bestimmte Fotos - möglicherweise unerlaubt - benutzt wurden. Das LG Köln verneinte einen Anspruch. Nach der neueren Rechtsprechung seien Suchmaschinen nicht mehr per se privilegiert: Diese Rechtsprechung wurde von Instanzgerichten, auch der hiesigen Kammer, bereits auf andere Fallgestaltungen bzw. auf Intermediäre, die nicht Videosharing- oder Sharehosting-Plattform sind, übertragen (vgl. OLG Nürnberg, GRUR 2023, 1453 zur Haftung einer Online-Shop-Plattform; Kammer, ZUM-RD 2023, 299 zur Haftung eines DNS-Resolvers und Content-Delivery-Networks; LG Leipzig, MMR 2023, 378 zur Haftung eines DNS-Resolvers). Eine generelle Privilegierung der Beklagten als Suchmaschinenbetreiberin ist weder ersichtlich, noch geboten. Vielmehr müsste mit Blick auf die Anforderungen des EuGH ggf. eine Anpassung für Suchmaschinen im Detail vorgenommen werden." Danach muss der Hinweis so konkret gefasst sein, dass der Adressat den Rechtsverstoß unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung feststellen kann. Der Umfang der vom Plattformbetreiber zu verlangenden Prüfung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Betreibers auf der anderen Seite (…)." Neben diesem oben dargestellten neuen urheberrechtlichen Haftungsmodell, mit dem die Störerhaftung weitestgehend durch eine Täterhaftung ersetzt worden ist (…) kommt im Streitfall keine Haftung der Verfügungsbeklagten in Betracht. Soweit die Verfügungsklägerin sich in ihrer Begründung auf Rechtsprechung zur Störerhaftung bezieht ist diese entweder überholt oder betrifft einen deliktischen Bereich außerhalb des Urheberrechts, der hier nicht einschlägig ist." Am 13. April 2022 besuchte die damalige Bundesverteidigungsministerin unter anderem in Begleitung ihres Sohnes per Hubschrauber eine Bundeswehreinheit in Bramstedtlund; von dort aus fuhr sie am nächsten Tag mit dem Auto in den Urlaub nach Sylt. Für ihre Recherchen begehrten zwei Journalisten in der Folge umfassenden Informationszugang zu den beim Verteidigungsministerium im Zusammenhang mit Flug und Truppenbesuch vorhandenen Unterlagen. Das Ministerium gab den Anträgen nur zum Teil statt und lehnte sie im Übrigen ab. Hiergegen haben die Journalisten jeweils Klage erhoben. Die Klagen hatten überwiegend Erfolg. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Die vom Ministerium angeführten Versagungsgründe stehen der Erteilung der begehrten Informationen nicht entgegen. Der Einwand, die Offenlegung der begehrten Informationen habe nachteilige Auswirkungen auf die militärischen und sicherheitsempfindlichen Belange der Bundeswehr sowie die innere und äußere Sicherheit, greift nicht durch. Es fehlt insofern an einer substantiierten Darlegung des Ministeriums. Der Vortrag, dass sich aus den Informationen zum Programmablauf Rückschlüsse auf den Ablauf zukünftiger Truppenbesuche sowie die Fähigkeiten des besuchten Bataillons ziehen lassen, ist nicht hinreichend konkret. Dies gilt gleichermaßen für die Behauptung des Ministeriums, anhand der Kenntnis der Dienstvorschriften zur Nutzung von Luftfahrzeugen könnten zielgerichtete Ausspäh- und Spionageversuche unternommen werden. Vom Informationszugangsanspruch von vornherein nicht umfasst sind allerdings ebenfalls begehrte Hotelbuchungsunterlagen für die dem Truppenbesuch folgende Übernachtung; diese Unterlagen betreffen keinen amtlichen, sondern einen privaten Vorgang der Ministerin a.D. Gegen die Urteile können die Beteiligten jeweils Berufung einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde. Aktenzeichen: 13 K 6963/22 und 13 K 93/23 Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 09.11.2023
Der Kläger verlangte den Zugang zu den Dokumenten hinsichtlich der Vorberatungen der Bundesländer zum neuen Glücksspiel-Staatsvertrag aus dem Jahr 2021. Die zuständige Behörde lehnte dies ab. Zu Recht, wie nun das VG Magdeburg entschied. Zwar habe jede Person ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Information. Hierunter würden auch die Vorberatungen fallen: Danach hätten sich die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt und das Vollzugsermessen solle nach dem gemeinsam festgelegten Rahmen ausgeübt werden. Mit einer solchen Steuerung einer einheitlichen Behördenpraxis werden exekutive Kernaufgaben wahrgenommen).” Die Zurverfügungstellung bzw. Veröffentlichung der von dem Kläger begehrten Informationen in Bezug auf die Kommunikation der Bundesländer zur Erarbeitung der Leitlinien und des Umlaufbeschlusses kann solch nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen des Beklagten zu den anderen Bundesländern haben. (…) Diese Abträglichkeit droht im hiesigen Fall, denn die Veröffentlichung der Informationen bürgt - im Einklang mit der Beurteilung durch den Beklagten – das reale Risiko der Beeinträchtigung des Schutzgutes der Beziehungen der Bundesländer untereinander. (…) Hinzu kommt hinsichtlich des mit der Informationsveröffentlichung zu befürchtenden Vertrauensverlustes und Verschlechterung der föderalen Beziehungen im hiesigen Fall, dass die Mehrheit der anderen Bundesländer der Veröffentlichung der begehrten Informationen durch den Beklagten ausdrücklich widersprochen haben. " Die Beklagte bot online eine kostenpflichtige Mitgliedschaft im Bereich der Aktienanalysen an. Nach einer kostenlosen Testphase wandelte sich das Abo automatisch in ein kostenpflichtiges. Auf der Webseite war der Bestellbutton wie folgt beschriftet: 1. Unzureichender Bestellbutton: Die vorgenommene Beschriftung mit den Worten “Jetzt Mitglied werden” erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen nach § 312j BGB: Dies war bei dem Button der Beklagten „Jetzt Mitglied werden“, mit dem eine Zahlungspflicht nach dem kostenlosen Probemonat ausgelöst wurde, unstreitig nicht der Fall. Dies hat zur Folge, dass dem Kläger diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§8, 3, 3 a UWG i. V. m. 312 j Abs. 3 Satz 2 BGB, 5 a Abs. 2, Abs. 5 UWG zusteht. Das Argument, „zahlungspflichtig bestellen“ oder „kaufen“ bringe nicht die Dauerhaftigkeit der Vertragsbeziehung zum Ausdruck oder passe auf einen Abonnementvertrag nicht, ändert hieran nichts. Der Beklagten stünden zahlreiche Formulierungen zur Verfügung, die die Zahlungspflichtigkeit auch im Rahmen eines Abonnements unmissverständlich (nach Ablauf eines Testmonats) zum Ausdruck bringen, z. B. „kostenpflichtig abonnieren (1 Pro bemonat kostenlos)“. Ebenso rechtswidrig sei es, so das Gericht, mit Kundenaussagen zu werben, aber nicht zugleich anzugeben, ob und wie die Echtheit dieser Bewertungen überprüft würde: Vielmehr fehlte dieser nach § 5 b Abs. 3 UWG erforderliche Hinweis auf der Website der Beklagten mit der Folge, dass dem Kläger auch diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5 b Abs. 3 UWG zusteht." Die AfD wendet sich gegen die Bekanntgabe ihres Beobachtungsstatus und die Veröffentlichung einer Pressemitteilung auf der Internetseite des HMdIS im Zusammenhang mit der Vorstellung des hessischen Verfassungsschutzberichts 2021. Die 6. Kammer gab dem Eilantrag im Wesentlichen statt und erlegte dem Land die Kosten des Verfahrens auf. Zwar sei die Beobachtung der AfD durch das Landesamt für Verfassungsschutz bzw. die Einstufung als Verdachtsfall nach den im Eilverfahren zugrunde zu legenden Maßstäben rechtmäßig. Allerdings sei die öffentliche Bekanntgabe der Einstufung als Verdachtsfall durch das HMdIS nach den im Eilverfahren anzulegenden Maßstäben rechtswidrig. Eine öffentliche Mitteilung auf der Internetseite des HMdIS, die AfD werde, weil es Hinweise auf verfassungsfeindliche Betätigungen gäbe, nun beobachtet, bedürfe angesichts der Auswirkungen auf das Recht der AfD, gleichberechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Im Unterschied zum Verfassungsschutzgesetz des Bundes sowie anderer Bundesländer sehe das Hessische Verfassungsschutzgesetz keine solche gesetzliche Grundlage für die Information der Öffentlichkeit vor. Aus diesem Grunde sei das HMdIS auch dazu verpflichtet, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, wonach es vorläufig zu unterlassen habe, bekanntzugeben, dass die AfD als Beobachtungsobjekt oder als Verdachtsfall geführt werde. Der Beschluss (6 L 1174/22.WI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hätte. Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden v. 14.11.2023
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vom 22.11.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 47. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. BGH: Namensverletzung durch zeitlich früher registrierte Domain?
2. OLG Hamm: Werbung mit Aussage "die neueste technische Innovation" irreführend, wenn weiterentwickelte Versionen existieren
3. OLG Stuttgart: Webseiten-Betreiber haftet für irreführende organische Suchtreffer, die durch seine Metadaten verursacht wurden
4. LG Aachen: Passwort in kompilierter Software reicht aus, um Strafbarkeit nach § 202a StGB zu begründen
5. VG Berlin: DSGVO-Auskunftsanspruch bei Videoaufzeichnungen in öffentlichen S-Bahnen unzumutbar
6. LG Köln: Suchmaschine muss Suchergebnisse nur dann löschen, wenn verlinkte Webseite offensichtlich rechtswidrige Inhalte enthält
7. VG Köln: Presse hat Auskunftsanspruch zu Hubschrauberflug und Truppenbesuch der ehemaligen Verteidigungsministerin Lamprecht
8. VG Magdeburg: Kein Auskunftsanspruch hinsichtlich Vorberatungen der Bundesländer zum neuen Glücksspiel-Staatsvertrag
9. LG München I: Online-Bestellbutton mit Beschriftung "Jetzt Mitglied werden" nicht ausreichend
10. VG Wiesbaden: Öffentliche Bekanntgabe der Einstufung der AfD als Verdachtsfall rechtswidrig
Die einzelnen News:
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1. BGH: Namensverletzung durch zeitlich früher registrierte Domain?
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Ob eine unberechtigte Namensanmaßung durch die Aufrechterhaltung einer vor Entstehung des Namensrechts registrierte Domain vorliegt, ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung vorzunehmen (BGH, Urt. v. 26.10.2023 - Az.: I ZR 107/22).
"Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Löschungsansprüche gemäß § 12 BGB für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
In dem Revisionsverfahren vor dem BGH nun sah die Sache anders aus. Die BGH-Richter kassierten das Urteil und sahen die Begründung der Vorinstanz als nicht ausreichend an.
"Im Rahmen der bei Namensrechtsverletzungen stets gebotenen Interessenabwägung (…) ist bei identischer Verwendung des Namens als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain ".de" durch einen Nichtberechtigten zu Gunsten des Namensträgers zu berücksichtigen, dass seine schutzwürdigen Interessen erheblich beeinträchtigt werden, weil die mit dieser Bezeichnung gebildete Internet-Adresse nur einmal vergeben werden kann. Die den Berechtigten ausschließende Sperrwirkung setzt bereits mit der Registrierung und nicht erst mit der Benutzung der Domain ein (…).
Und weiter:
"Auch der - vorliegend gegebene - Fall der Aufrechterhaltung einer vor Entstehung des Namens- oder Kennzeichenrechts registrierten Domain erfordert mit Blick auf die durch die Registrierung erlangte Rechtsposition die Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Nichtberechtigten (…).
Der BGH hat den Fall somit zur erneuten Entscheidung an das OLG Karlsruhe zurückverwiesen.
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2. OLG Hamm: Werbung mit Aussage "die neueste technische Innovation" irreführend, wenn weiterentwickelte Versionen existieren
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Die Werbung mit der Aussage “die neueste technische Innovation” ist irreführend, wenn bereits eine weiterentwickelte, jüngerer Methode existiert (OLG Hamm, Urt. v. 29.08.2023 - Az.: I-4 U 222/22).
“Die XY-Methode ist die neueste technische Innovation…”
und
“… behandeln wir in unserer Klinik ab sofort mit der neuen Generation der XY…”
In Wahrheit gab es jedoch bereits eine weiterentwickelte, zeitlich jüngere Methode.
“Die streitgegenständlichen Werbeaussagen versteht der angesprochene Verkehr dahin, dass sich bei dem vom Beklagten eingesetzten Haartransplantationsverfahren um die neueste Version der “(…)-Methode” handelt.
Die Rechtsverletzung wirke sich auch geschäftlich aus, so die Richter:
"Diese Irreführung ist auch geschäftlich relevant.
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3. OLG Stuttgart: Webseiten-Betreiber haftet für irreführende organische Suchtreffer, die durch seine Metadaten verursacht wurden
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Für irreführende organische Suchtreffer, die durch falsche Metadaten verursacht wurden, ist der Webseiten-Betreiber rechtlich voll haftbar (OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.08.2023 - Az.: 2 W 30/23).
“Systemischer Coach + Psychotherapeutin (HeilprG)”
In den organischen Google-Suchtreffern tauchte dann folgender Text auf:
“Systematischer Coach + Psychotherapeutin”
Diese Angabe war jedoch wettbewerbswidrig, da die Angaben nicht stimmten.
“Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der bei Goole angezeigte Treffer (…) iSv § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG irreführend war.
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4. LG Aachen: Passwort in kompilierter Software reicht aus, um Strafbarkeit nach § 202a StGB zu begründen
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Wer eine Software dekompiliert und ein im Quellcode platzierten Passwort später verwendet, macht sich des Ausspähens von Daten nach § 202a StGB (sog. Hacker-Paragraph) strafbar (LG Aachen, Urt. v. 27.07.2023 - Az.: 60 Qs 16/23).
"Dass die Daten nicht für den Angeschuldigten bestimmt waren, folgt aus der Tatsache der Zugangsbeschränkung in Form eines Passwortes. Denn nach dem Willen der Verfügungsberechtigten (…) sollte der Angeschuldigte keinen Zugang zu diesen haben und die Daten sollten nicht in seinen Herrschaftsbereich gelangen (…).
Und weiter:
"Die Daten waren auch gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert. (…) Im vorliegenden Fall war der Zugang durch Passwörter gesichert, deren Abrufen zudem nur nach einer Dekompilierung möglich war. Die Sicherung des Zugangs mittels Passwort reicht als Zugangssicherung aus (BGH, Beschl. v. 13.05.2020 - 5 StR 614/19 -, a.a.O.).
Ausdrücklich schließt sich das LG Aachen nicht der Rechtsauffassung des AG Jülich an, dass durch Platzieren des Passwortes im Quellcode der Straftatbestand nicht erfüllt sei:
"Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts stellt das Auslesen des Passwortes nach Dekompilierung des Objektcodes in den Quellcode eine Überwindung einer besonderen Zugangssicherung im Sinne des § 202 a StGB auch dann dar, wenn sie mit für jedermann zugänglichen Tools erfolgt ist. (…)
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung des LG Aachen betraf nur die Eröffnung des Strafbefehlsverfahrens, nicht eine endgültige strafrechtliche Verurteilung des Betroffenen. Nun muss das AG Jülich erneut über den Antrag der Staatsanwaltschaft entscheiden.
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5. VG Berlin: DSGVO-Auskunftsanspruch bei Videoaufzeichnungen in öffentlichen S-Bahnen unzumutbar
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Ein DSGVO-Auskunftsanspruch bei Videoaufzeichnungen in öffentlichen S-Bahnen ist idR. unzumutbar für das Beförderungsunternehmen, sodass das Begehren als unbegründet zurückgewiesen werden kann (VG Berlin, Urt. v. 12.10.2023 - Az.: 1 K 562/21).
Dagegen klagte die Beförderungsfirma und bekam vor dem VG Berlin Recht:
Und weiter: Der Auskunftswunsch sei insbesondere aufgrund Unzumutbarkeit zurückzuweisen gewesen:
"Hinzu kommt, dass der Klägerin die Auskunftserteilung auch wegen eines dafür zu treibenden unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar war. Hierzu hat das Amtsgericht Pankow in einem Verfahren, in dem der Beigeladene die Klägerin, gestützt auf Art. 82 DSGVO, wegen der Zurückweisung eines weiteren Auskunftsbegehrens auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen hat, Folgendes ausgeführt (Urteil vom 28. März 2022 - 4 C 199/21, juris):
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6. LG Köln: Suchmaschine muss Suchergebnisse nur dann löschen, wenn verlinkte Webseite offensichtlich rechtswidrige Inhalte enthält
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Eine Suchmaschine muss die Suchtreffer aus ihrem Index nur dann löschen, wenn die verlinkte Webseite offensichtlich rechtswidrige Inhalte aufweist. Bedarf es hingegen einer komplizierten rechtlichen Abwägung, ist eine sofortige Entfernung nicht notwendig (LG Köln, Urt. v. 26.10.2023 - Az.: 14 O 285/23).
"Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Verfügungsbeklagte grundsätzlich nach der neueren Rechtsprechung zur urheberrechtlichen Intermediärshaftung wegen der Verletzung von Verkehrspflichten als Täterin einer Handlung der öffentlichen Wiedergabe in Betracht kommt (dazu EuGH GRUR 2021, 1054 Rn. 77ff. – YouTube und uploaded; BGH GRUR 2022, 1308 Rn. 76ff. – YouTube II; BGH GRUR 2022, 1328 Rn. 42 – uploaded III; zu einer ähnlichen Konstellation betreffend Suchergebnisse bei D. die Beschlussverfügung der Kammer vom 15.08.2022, Az. 14 O 211/22 - unveröffentlicht).
Im vorliegenden Fall hafte Google jedoch gleichwohl nicht, da die Rechtslage unklar sei und in derartigen Fällen keine sofortige Löschungspflicht bestünde:
"Es kommt deshalb darauf an, ob die Meldung über den angeblichen Urheberrechtsverstoß an den Intermediär ausreichende Angaben enthalten hat, um es dem Betreiber dieser Plattform zu ermöglichen, sich ohne eingehende rechtliche Prüfung davon zu überzeugen, dass diese Wiedergabe rechtswidrig ist und eine etwaige Löschung des betreffenden Inhalts mit der Freiheit der Meinungsäußerung vereinbar wäre (…). Dem entspricht die frühere Rechtsprechung des BGH, nach der eine Störerhaftung des Betreibers einer Internet-Plattform erst nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung in Betracht kommt.
An dieser Offensichtlichkeit fehle es im vorliegenden Fall, so die Richter:
"Nach diesen Grundsätzen und der obigen Feststellung der komplexen Rechtsfrage der Anwendung der Schrankenregelungen von §§ 50, 51 UrhG liegt schon keine klare Rechtverletzung vor, die die Verfügungsbeklagte ohne eingehende rechtliche Prüfung feststellen könnte.
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7. VG Köln: Presse hat Auskunftsanspruch zu Hubschrauberflug und Truppenbesuch der ehemaligen Verteidigungsministerin Lamprecht
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Das Bundesministerium der Verteidigung ist zur Herausgabe von Informationen zu Hubschrauberflug und Truppenbesuch der ehemaligen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in Bramstedtlundt am 13. April 2022 verpflichtet. Das hat das Verwaltungsgericht Köln mit zwei Urteilen vom heutigen Tage entschieden. Herauszugeben sind unter anderem Unterlagen zum Programm des Truppenbesuchs, Berechnungen der Flugbereitschaft, Dienstvorschriften der Bundeswehr hinsichtlich der Nutzung von Luftfahrzeugen sowie diverse Unterlagen des Bundesamts für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.
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8. VG Magdeburg: Kein Auskunftsanspruch hinsichtlich Vorberatungen der Bundesländer zum neuen Glücksspiel-Staatsvertrag
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Es besteht kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Vorberatungen der Bundesländer zum neuen Glücksspiel-Staatsvertrag aus dem Jahr 2021, weil sachliche Gründe für eine vertrauliche Behandlung sprechen (VG Magdeburg, Beschl. v. 22.09.2023 - Az.: 6 A 196/21 MD).
“Die begehrten Informationen dienen bereits ihrer Systematik nach amtlichen Zwecken, denn sie wurden im Zusammenhang mit den für das Glücksspielrecht maßgeblichen Leitlinien und dem Umlaufbeschluss angefertigt. Diese Verlautbarungen sollten der gemeinsamen und gleichlautenden Verwaltungspraxis der Länder dienen, was sich beispielhaft aus dem Einleitungssatz des Umlaufbeschlusses und den Schlussbemerkungen der Leitlinien ergibt.
Es bestünde jedoch ein sachlicher Grund für die fehlende Auskunftserteilung, da sachliche Gründe für eine Vertraulichkeit bestünden:
"Der Anspruch ist jedoch nach Ansicht der Kammer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1a IZG LSA ausgeschlossen, weil dem Informationszugang öffentliche Interessen entgegenstehen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen, Beziehungen zum Bund oder einem Land.
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9. LG München I: Online-Bestellbutton mit Beschriftung "Jetzt Mitglied werden" nicht ausreichend
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Ein Online-Bestellbutton mit der Aufschrift “Jetzt Mitglied werden” erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen nach § 312j BGB und ist daher wettbewerbswidrig (LG München I, Urt. v. 19.06.2023 - Az.: 4 HK O 9117/22).
“Jetzt Mitglied werden”
Das LG München I verurteilte den Anbieter gleich in mehrfacher Weise.
"Gemäß § 312 j Abs. 3 BGB muss ein Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr die Bestellsituation so gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur er- füllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar und mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
2. Werbung mit Kundenaussagen:
"Warum sich aus der Überschrift „zufriedene Privatanleger bilden das Herzstück unseres Tuns“ für den Verbraucher ergeben soll, „ob und wie“ die Beklagte sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von echten Kunden der Beklagten stammen, erschließt sich der Kammer nicht.
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10. VG Wiesbaden: Öffentliche Bekanntgabe der Einstufung der AfD als Verdachtsfall rechtswidrig
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Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat mit Beschluss vom 14.11.2023 über einen Eilantrag des hessischen Landesverbands der Alternative für Deutschland (AfD) gegen das Hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) entschieden.
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