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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Cheat-Software für Playstation ist keine Urheberrechtsverletzung
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Die Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen erlaubt es dem Schutzberechtigten nicht, einem Dritten den Vertrieb einer Software zu untersagen, die nur den Inhalt von vorübergehend im Arbeitsspeicher einer Spielkonsole angelegten Variablen verändert Sony vertreibt PlayStation-Videospielkonsolen und Spiele für diese Konsolen. Bis zum Jahr 2014 bot sie u. a. die Konsole PlayStationPortable und das Spiel „MotorStorm: Arctic Edge“ zum Kauf an. Sony verklagte vor deutschen Gerichten das Unternehmen Datel, das Software und ein Gerät anbietet1, die mit dieser PlayStation kompatibel sind und dem Benutzer in einer bestimmten Phase des Spiels von Sony nicht vorgesehene Spieloptionen bieten. Sony ist der Ansicht, dass die ihrem Spiel zugrunde liegende Software mit diesen Produkten von Datel umgearbeitet und so ihr ausschließliches Recht verletzt werde, derartige Umarbeitungen zu gestatten. Sie beantragte daher bei den deutschen Gerichten, Datel den Vertrieb der fraglichen Produkte zu untersagen und Datel zum Ersatz des Schadens, der ihr entstanden sein soll, zu verurteilen. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen2 ersucht. Der BGH weist darauf hin, dass die Software von Datel vom Benutzer auf der PlayStation installiert werde und gleichzeitig mit der Spielsoftware ablaufe. Sie verändere oder vervielfältige weder den Objekt- noch den Quellcode noch die innere Struktur und Organisation der Software von Sony. Sie beschränke sich darauf, den Inhalt von Variablen, die die Computerspiele von Sony vorübergehend im Arbeitsspeicher der Konsole angelegt hätten und während des Ablaufs des Spiels verwendeten, zu verändern. Das Spiel laufe so auf Basis dieses veränderten Inhalts der Variablen ab. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass der durch die Richtlinie spezifisch gewährte Schutz nicht den Inhalt von variablen Daten erfasst, die ein Computerprogramm im Arbeitsspeicher eines Computers angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet, soweit dieser Inhalt nicht die Vervielfältigung oder spätere Entstehung eines solchen Programms ermöglicht. Die Richtlinie schützt nämlich nur die geistige Schöpfung, wie sie sich im Text des Quellcodes und des Objektcodes des Computerprogramms widerspiegelt. Hingegen schützt sie nicht die Funktionalitäten des Programms und auch nicht die Elemente, mittels deren die Benutzer solche Funktionalitäten nutzen, wenn diese keine Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-159/23 | Sony Computer Entertainment Europe Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 17.10.2024
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2.
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OVG Berlin-Brandenburg: Online-Heirat per Videokonferenz in Deutschland nicht möglich
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Eine Eheschließung per Videokonferenz ist in Deutschland nicht möglich, wenn eine der Ehepartner sich zum Zeitpunkt der Trauung in Inland aufhält (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.08.2024 - Az.: 6 B 1/24). Eine afghanische Staatsangehörige beantragte ein Visum zum Ehegattennachzug. Sie gab an, mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet zu sein. Die Ehe sei durch eine Online-Videokonferenz geschlossen worden, während sich ihr Ehemann in Deutschland befand. Die deutsche Botschaft lehnte den Visumantrag ab, da sie die Ehe als unwirksam einstufte. Dagegen ging die Klägerin vor Gericht. Das OVG Berlin-Brandenburg bewertete die Eheschließung aus formalen Gründen als unwirksam. Die Juristen führen aus, dass nach deutschem Recht eine Eheschließung nur wirksam ist, wenn sie vor einem Standesbeamten in Deutschland stattfinde. Da der Ehemann bei der Eheschließung in Deutschland war und seine Willenserklärung von dort abgegeben wurde, gelte die Ehe als im Inland geschlossen Videokonferenzen erfültlen nicht die gesetzlichen Formanforderungen, denn das deutsche Recht siehe für Ehen im Inland keine Möglichkeit einer Schließung per Videokonferenz vor: "Bei Eheschließungserklärungen per Videokonferenz kommt es darauf an, wo sich der die Erklärung abgebende Verlobte aufhält. Hält er sich in Deutschland auf, so liegt der Ort der Eheschließung (zumindest auch) im Inland. Denn es handelt sich dabei um eine in Deutschland abgegebene Erklärung, die lediglich zeitgleich per Bild und Ton in einen anderen Staat übertragen wird. Das beabsichtigte Rechtsgeschäft „Eheschließung“ ist damit (auch) im Bundesgebiet vorgenommen und aus diesem Grund hinsichtlich seiner Wirksamkeit an den hiesigen Vorschriften zu messen. Die nach Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB für Inlandseheschließungen maßgebliche Form des § 1311 Satz 1 BGB, der die physische Präsenz der Eheschließenden vor dem Standesbeamten verlangt, ist nicht erfüllt und die Ehe aus Sicht der deutschen Rechtsordnung als formunwirksam anzusehen (…)."
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3.
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OLG Köln: Irreführende Online-Angaben zu Mietwagen-Abholungen ("am Terminal")
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Die Online-Werbung zu Vergleichen bei Mietwagen-Preisen ist irreführend, wenn ein Mietwagen-Standort (hier: “am Terminal”) nur per Shuttle erreichbar ist (OLG Köln, Urt. v. 30.08.2024 - Az.: 6 U 41/24). Die Beklagte bot online einen Preisvergleich für die Anmietung von Fahrzeugen an. Auf dieser Webseite wurde die Option “Abholung im Terminal” als teurere Alternative zu der Variante “Abholung am Flughafen” angeboten. In Wirklichkeit mussten Kunden jedoch einen Shuttlebus nutzen, um den Mietwagenstandort zu erreichen, der außerhalb des Terminals lag. Dies stufte das OLG Köln als irreführend ein. Denn der Kunde erwarte nicht, dass er bei Auswahl der Option “am Terminal” noch mit viel Aufwand eine Shuttle benutzen müsse: "Geht man insoweit aber von dem durchschnittlichen Verbraucher dieses Verkehrskreises aus, ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die Angabe „im Terminal“ in Verbindung mit der gegenüber einer Abholung „am Flughafen“ höheren Preisangabe zur Täuschung geeignet ist. Denn der durchschnittliche Verbraucher (…) wird die Begriffsbestimmungen der ACRISS – wie auch der Senat bisher – nicht kennen und wird daher aufgrund der in der konkreten Verletzungsform dargebotenen Auswahlmöglichkeiten davon ausgehen, dass er mit einer Buchung der Abholvariante „im Terminal“ die am bequemsten zu erreichende Abholstation, nämlich im oder am Terminal selbst, wählt und nicht damit rechnen, noch mit einem Shuttle fahren oder längere Fußwege zurücklegen zu müssen. Dieser Eindruck ist aber (…) irreführend, denn tatsächlich ist, hiervon kann aufgrund der vorgelegten Unterlagen betreffend die örtliche Situation am Flughaften in Bristol ausgegangen werden, keine Abholstation direkt am Terminal vorhanden."
Und weiter. "Letztlich bestreitet dies die Beklagte auch nicht. Sie verweist lediglich wiederholt darauf, dass nach der ACRISS-Definition eine Abholstation am Terminal gegeben sei, was indes gerade nicht verfängt, da – wie ausgeführt – dies nicht dem Verbraucherverständnis entspricht, und führt zudem noch anderweitige theoretisch denkbare Varianten an, wie durch Mietwagenunternehmen gleichwohl am/im Terminal eine Abholung ermöglicht werden könne, dies etwa durch die Möglichkeit des „Meet & Greet“, wie von der Firma Budget angeboten. Unabhängig davon, dass es sich hierbei nicht um Abholstationen nach dem allgemeinen Verständnis handelt und die Beklagte sich bereits deshalb hierauf nicht berufen kann, ist aber (…) auch nicht ersichtlich, dass die Anbieter in der konkreten Verletzungsform derartige Abholvarianten anbieten."
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4.
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LG Duisburg: Positivdaten-Übermittlung an SCHUFA bei Abschluss eines Handy-Vertrages durch berechtigtes Interesse gedeckt
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Die bei Abschluss eines Handy-Vertrages erfolgte Meldung von Positivdaten an die SCHUFA ist durch die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gedeckt (LG Duisburg, Urt. v. 26.09.2024 – Az.: 11 O 309/23). Der Kläger hatte bei dem verklagten Telekommunikationsunternehmen einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen. Die Firma übermittelte ohne seine Zustimmung Positivdaten an die SCHUFA. Daraufhin verlangte er Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO, weil er in dem Verhalten eine Datenschutzverletzung sah. Das LG Duisburg wies die Klage ab. Die Richter sahen das Handeln des TK-Anbieters durch die berechtigten Interessens (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO) legitimiert: "Sie diente der Wahrung berechtigter Interessen. Durch die Weitergabe der sogenannten Positivdaten kann erreicht werden, dass der Abschluss einer ungewöhnlich großen Zahl von Mobilfunkverträgen durch eine Person, die auf betrügerische Absichten derselben hindeuten kann, rechtzeitig aufgedeckt und dadurch Betrugsschäden abgewendet werden können. Maßnahmen zur Abwendung von Schäden durch Straftaten von Dritten dienen den berechtigten Interessen sowohl der Allgemeinheit als auch den Mobilfunkunternehmen und deren Vertragskunden. Durch die Übermittlung der Positivdaten über den Abschluss von Mobilfunkverträgen werden auch die damit einhergehenden finanziellen Belastungen der die Verträge abschließenden Personen aufgezeigt, was von mitentscheidender Bedeutung für die Beurteilung ihrer Kreditwürdigkeit ist."
Und weiter: "Ein etwaiger Kreditgeber ist verpflichtet, vor einer Entscheidung über eine Kreditvergabe die Kreditwürdigkeit einer als Verbraucher handelnden Person zu prüfen. Die Übermittlung der Positivdaten dient auf diese Weise zum einen dem Interesse eines etwaigen Kreditgebers und zum anderen auch dem Interesse des potentiellen Kreditnehmers, also ggfls. auch des Klägers. Dementsprechend ist es möglich, anhand der bereits anderweitig vorhandenen Verpflichtungen und der Anzahl der Mobilfunkverträge und der jeweiligen Kosten ggfls. zu dem Ergebnis zu gelangen, dass eine weitere Kreditvergabe an diesen Kreditnehmer nicht mehr in Betracht kommt. Die Anzahl der seitens einer um einen Verbraucherkredit nachsuchenden Person abgeschlossenen und aktuell zu bedienenden Mobilfunkverträge lässt sich auf der Grundlage der übermittelten Positivdaten leicht und zuverlässig feststellen. Die Übermittlung der Positivdaten ist auch erforderlich, um mit der angestrebten Zuverlässigkeit die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu überprüfen. Ein für den Betroffenen weniger belastendes Mittel ist nicht vorhanden. Die jeweilige Befragung des Betroffenen vor dem angedachten Abschluss eines Vertrages führt nicht mit gleicher Zuverlässigkeit zu richtigen und vollständigen Informationen. Unredliche Vertragspartner oder Personen, die trotz erheblicher bereits vorhandenen Belastungen auf einen weiteren Kredit angewiesen sind, würden nicht mit der notwendigen Sicherheit ihre finanzielle Lage offenlegen und ggfls. die bereits bestehenden Verpflichtungen verschweigen."
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5.
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LG Karlsruhe: RTL-Ausstrahlung eines Porträtfotos eines der Angeklagten der "Gruppe Reuß" rechtswidrig
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Mit Urteil vom vergangenen Mittwoch, das heute mit Urteilsgründen veröffentlicht wurde, hat das Landgericht Karlsruhe (Pressekammer) entschieden, dass die Veröffentlichung eines unverpixelten Fotos des Klägers durch die Beklagte unter den konkreten Umständen des Einzelfalls rechtswidrig war und künftig zu unterlassen ist. Der Kläger ist einer der Angeklagten im Strafprozess um die „Gruppe Reuß“ vor dem OLG Stuttgart. Er befindet sich seit seiner Festnahme am 07.12.2022 in Untersuchungshaft. Die Beklagte, die unter anderem einen Fernsehsender betreibt, zeigte in ihrer bundesweit ausgestrahlten Nachrichtensendung „Das Nachtjournal“ vom 30.04.2024 ein Foto des Klägers im Rahmen ihrer Berichterstattung über den Prozessauftakt vor dem OLG Stuttgart am Vortag. Das Foto, in dessen Veröffentlichung der Kläger nicht eingewilligt hatte, wurde von der Polizei gefertigt, es stammt aus der Ermittlungsakte des Generalbundesanwalts. Gegen den hiergegen erwirkten Eilbeschluss des Landgerichts vom 05.06.2024 ist die Beklagte vorgegangen. Das Landgericht hat nunmehr nach mündlicher Verhandlung erneut in der Sache entschieden. Danach kann der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der Ausstrahlung seines Fotos verlangen. Die Veröffentlichung des Bildes einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Eine entsprechende Rechtfertigung liegt hier nicht vor. Dies ergibt sich aus einer Abwägung zwischen der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK) einerseits, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) andererseits unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 23 KunstUrhG. Leitend waren für das Gericht dabei insbesondere folgende Erwägungen: Medien dürfen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden. Verfehlungen – auch konkreter Personen – aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien. Straftaten gehören zum Zeitgeschehen, deren Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der von der Tat Betroffenen und die Verletzung der Rechtsordnung, die Sympathie mit Opfern und ihren Angehörigen, die Furcht vor Wiederholungen und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Straftat durch ihre besondere Begehungsweise oder die Schwere ihrer Folgen von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei Straftaten besteht häufig ein legitimes Interesse insbesondere auch an der Bildberichterstattung über einen Angeklagten, weil sie oft durch die Persönlichkeit des Täters geprägt sind und Bilder prägnant und unmittelbar über die Person des Täters informieren können. Eine den Angeklagten identifizierende Berichterstattung beeinträchtigt andererseits zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert. Die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zu Gunsten des Angeklagten sprechende Unschuldsvermutung (Art. 20 GG – Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, Art. 6 Abs. 2 EMRK) gebietet eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung. Außerdem ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch eine identifizierende Medienberichterstattung bewirkt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass auch eine um Sachlichkeit und Objektivität bemühte Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt als eine Wort- und Schriftberichterstattung in Hörfunk und Presse. Die besondere Schwere einer angeklagten Tat und ihre als besonders verwerflich empfundene Begehungsweise können im Einzelfall nicht nur ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, sondern auch die Gefahr begründen, dass der Angeklagte eine Stigmatisierung erfährt, die ein Freispruch möglicherweise nicht mehr zu beseitigen vermag. Es besteht die Gefahr, dass die Öffentlichkeit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder Durchführung eines Strafverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Verfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf „etwas hängenbleibt“. Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird daher oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen. Letzteres war nach Auffassung der Pressekammer auch im hier entschiedenen Einzelfall nach Abwägung aller Belange der Fall. Urteil des Landgerichts -Pressekammer- vom 09.10.2024 (Az.: 22 O 6/24) Quelle: Pressemitteilung des LG Karlsruhe v. 15.10.2024 § 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) lautet: (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte; 2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen; 3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben; 4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. (2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
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6.
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VG Karlsruhe: Generalbundesanwalt muss Presse Auskunft zum Gefangenenaustausch des "Tiergartenmörders" geben
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Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 10.10.2024 den Generalbundesanwalt im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, mehrere Fragen eines Pressevertreters in Bezug auf die Abschiebung des sogenannten „Tiergartenmörders“ Vadim K. zu beantworten (3 K 4458/24). Am 01.08.2024 fand ein Gefangenenaustausch statt, bei dem unter anderem der im Dezember 2021 durch das Berliner Kammergericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte Vadim K. nach Russland überstellt wurde. Rechtliche Voraussetzung für diese Abschiebung war zunächst eine Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde Straubing, in deren Bezirk Vadim K. inhaftiert gewesen war, sowie eine anschließende Entscheidung des Generalbundesanwalts über das Absehen von der weiteren Strafvollstreckung nach § 456a der Strafprozessordnung (StPO). Unmittelbar nach dem Gefangenaustausch hatte sich der Antragsteller als freier Journalist mit mehreren konkreten Fragen zu den Umständen dieses Vorgangs an den Generalbundesanwalt gewandt. Mit seinem am 16.08.2024 gestellten Eilantrag hat er die Verpflichtung des Generalbundesanwalts zur Beantwortung dieser Fragen im Wege vorläufigen Rechtsschutzes begehrt. Zur Begründung seines Eilantrags hatte der Antragsteller insbesondere geltend gemacht, dass seine Fragen auf konkrete Tatsachen gerichtet seien, die beim Generalbundesanwalt als präsentes dienstliches Wissen vorlägen und über die er sich nicht anderweitig informieren könne. Die Behörde war dem entgegengetreten und hatte sich im Wesentlichen darauf berufen, dass die Abläufe und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Gefangenenaustausch überwiegend politischer Natur gewesen seien. Das Vollstreckungsverfahren in Bezug auf Vadim K. sei noch nicht abgeschlossen. Zudem sei eine Gefährdung außenpolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland sowie der Sicherheit des Justizvollzugs nicht auszuschließen, wenn Einzelheiten zu den Kommunikationsprozessen veröffentlicht würden. Die Grundlagen der Kommunikation zwischen der Strafvollstreckungsbehörde und den Ausländerbehörden ergäben sich aus dem Gesetz. Dem ist die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe nur teilweise gefolgt. Sie hat den Generalbundesanwalt im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, unter anderem Auskunft darüber zu erteilen, wann und wie die Behörde Kenntnis von der Ausweisungsverfügung in Bezug auf Vadim K. erlangt habe, was mit der Ausländerbehörde Straubing besprochen worden sei, in welchem Zeitraum Vadim K. in der Justizvollzugsanstalt Straubing inhaftiert gewesen sei, wann und weshalb er von dort nach Offenburg verlegt worden sei, sowie, inwieweit die bayerische und baden-württembergische Landesregierung über das Absehen von der weiteren Strafvollstreckung informiert worden seien. Der weitergehende Antrag des Antragstellers wurde abgelehnt. Die Frage, ob die Entscheidung des Generalbundesanwalts zur Anwendung des § 456a StPO schriftlich fixiert worden sei, sei bereits durch den Pressesprecher des Bundesministeriums der Justiz dahingehend beantwortet worden, dass es eine entsprechende Verfügung vom 30.07.2024 gegeben habe. Die Frage nach Kontakten zur slowenischen Regierung bezüglich der Freilassung dort inhaftierter russischer Spione betreffe ebenso wie die Frage nach der Einbindung der Bundesländer in den Gefangenenaustausch unmittelbares Regierungshandeln und berühre geheimhaltungsbedürftige Belange, welche dem presserechtlichen Auskunftsanspruch des Antragstellers entgegenstünden. Insoweit sei die Vertraulichkeit besonders schutzwürdig, um künftige Regierungsarbeit im Bereich der Außenpolitik nicht zu gefährden. Hingegen seien mit Blick auf die übrigen Fragen des Antragstellers keine entsprechend schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen geltend gemacht worden. Insbesondere sei der Vorgang in Bezug auf Vadim K. abgeschlossen. Zwar bestehe die Möglichkeit einer Nachholung der Strafvollstreckung, falls dieser nach Deutschland zurückkehren sollte. Dies sei jedoch ein neuer Vorgang, der gesondert gesetzlich geregelt sei. Die Fragen des Antragstellers seien ausschließlich auf Informationen gerichtet, die beim Generalbundesanwalt als auskunftspflichtiger Stelle vorhanden seien. Sicherheitsbedenken in Bezug auf den Strafvollzug seien nicht nachvollziehbar, da unter anderem der Betroffene selbst Kenntnis vom Zeitpunkt seiner Verlegung in andere Haftanstalten habe. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können hiergegen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen. (SC) Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe v. 14.10.2024
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7.
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LG Köln: Haftung für wildes Plakatieren durch Dritte, wenn Plakate in Verkehr gebracht
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Der Betreiber einer Veranstaltung haftet für fremdes, wildes Plakatieren durch Dritte, wenn er die Plakate in Umlauf gebracht hat (LG Köln, Urt. v. 20.06.2024 - Az.: 14 O 275/23). Die Klägerin war verantwortlich für die Müllabfuhr und die Straßenreinigung in der Stadt X verantwortlich und war auch Eigentümerin der öffentlichen Mülleimer. Die Beklagte, eine politische Jugendorganisation, organisierte eine Veranstaltung in der Stadt X und verteilte dafür Plakate an ihre Unterorganisationen. Diese Plakate wurden in einer Vielzahl von Fällen unbefugt auf den Mülleimern der Klägerin angebracht. Die Klägerin forderte die Beklagte zur Unterlassung und zum Ersatz von Anwaltskosten auf. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass sie die Plakate nur an ihre Unterorganisationen weitergegeben habe. Zudem habe sie den Hinweis erteilt, dass die Poster nur dort aufgehängt werden dürften, wo eine ausdrückliche Erlaubnis bestünde. Das LG Köln sah die Beklagte in der Verantwortung und verurteilte sie. Die Organisation sei mittelbare Handlungsstörerin, da sie die Poster verteilt und somit das wilde Plakatieren verursacht habe. Eine bloße Aufforderung an ihre Unterabteilungen, keine Plakate auf private Flächen zu kleben, reiche nicht aus, um sich zu exkulpieren: "Die Beklagte ist hierfür als mittelbare Handlungsstörerin passivlegitimiert (…). Mittelbarer Handlungsstörer ist, wer das störende Verhalten zwar nicht selbst unmittelbar vornimmt, es jedoch adäquat ursächlich veranlasst und in der Lage ist, die Störung zu verhindern. Dabei obliegt es dem derart in Anspruch Genommenen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er alles ihm billigerweise Zumutbare unternommen hat, um das störende Verhalten zu verhindern oder abzustellen (…) Ein Veranstalter bzw. Mitveranstalter, welcher selbst die Plakate in Umlauf gebracht hat, ist verantwortlich für nachfolgendes Wildplakatieren. Denn wer Plakate in die Welt setzt, kann billigerweise damit rechnen, dass diese plakatiert werden (s.o. OLG Köln, Anlage K6 mit Verweis auf u.a. OLG Koblenz, NJW RR 2002, 1031)."
Und weiter: "Von diesen Voraussetzungen ausgehend ist die Beklagte vorliegend als mittelbare Handlungsstörerin anzusehen. Die Beklagte ließ unstreitig die dafür genutzten Plakate herstellen und brachte sie in Umlauf. Sie forderte mit der E-Mail in Anlage 2 (…) auch direkt zur vermehrten Werbung für die Veranstaltung auf. Sie hatte also ein besonderes Interesse daran, dass die zur Verfügung gestellten Plakate weite Verbreitung erfahren. Sie lobte in der o.g. E-Mail auch einen Preis für die Gruppe mit den meisten verkauften Tickets aus. Hierin liegt ohne Weiteres die adäquat kausale Veranlassung. Die Beklagte war auch in der Lage, die Störungen zu beseitigen. So wie sie zur Werbung aufforderte, hätte sie im Umkehrschluss auch den Werbestopp bzw. die Entfernung aller Plakate anordnen können. Auch insoweit ist die Verantwortlichkeit der Beklagten anzunehmen. Die Beklagte konnte hingegen nicht vortragen, geschweige denn beweisen, dass sie alles Zumutbare zur Verhinderung der hiesigen „Wildplakatiererei“ unternommen hat. Für die Klägerin spricht der Beweis des ersten Anscheins, dass die Beklagte in der Lage war, das Plakatieren zu verhindern (…)."
Und schließlich: "Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert. Denn es kann unterstellt werden, dass die Beklagte nur in der E-Mail in Anlage 2 (…) folgende Anmerkung gemacht hat: „Wie immer gilt: hängt nur Plakate dort auf, wo ihr es abgesprochen habt bzw. eine Erlaubnis habt, in keinem Fall an öffentlichen Orten wie Litfaßsäulen, Bahnhöfen, Wänden, Mülleimern, Stromkästen etc. da diese Orte in der Regel privat sind.“ Dies genügt nach Ansicht des Gerichts nicht. Wie in den oben genannten Entscheidungen des LG Köln und OLG Köln (…) meint auch das hiesige Gericht, dass die Gefahr der Plakatierung auf „privaten Flächen“ vorliegend ganz naheliegend war und deshalb auch die rein schriftliche Aufforderung erfolgte, dass diese Orte nicht plakatiert werden sollen. Es ist aber auch offensichtlich, dass diese rein kommunikative Beschränkung nicht effektiv ist und vor allem keine Rückverfolgbarkeit der unmittelbaren Störer bzw. Täter ermöglicht. Die vom LG Köln (…) genannte Möglichkeit der Nummerierung und Rückverfolgbarkeit von Plakaten hält auch das hiesige Gericht für naheliegend, zumutbar und effektiv. Dann hätte sich die subsidiär haftende Beklagte als mittelbare Störerin durch Preisgabe der Information zu den potentiellen unmittelbaren Störern aus der Haftung befreien können und zugleich der Klägerin die Rechtsdurchsetzung zu den tatnäheren Beteiligten eröffnen können, bei denen ggf. auch Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden könnten. Hinzu kommt, dass die Beklagte vorliegend in keiner Weise Informationen zu den Abnehmern der Plakate gemacht hat. Dabei hat es gerade in der durch die Satzung des(…) ersichtlichen Struktur nahegelegen, dass für die Plakatierung in (…) der ansässige Orts- oder Landesverband verantwortlich war."
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8.
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LG München I: Bündelung internationaler Werbe- und Medienrechte für FIS Worldcup-Veranstaltungen kartellrechtswidrig
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Die für das Kartellrecht zuständige 37. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Deutschen Skiverbands gegen die International Ski and Snowboard Federation FIS überwiegend stattgegeben (37 O 7091/24). Die Parteien streiten wegen eines Beschlusses der FIS vom 26.04.2024, in dem die Bündelung der internationalen Werbe- und Medienrechte an der FIS World Cup-Veranstaltung im Sinne einer Zentralvermarktung durch die FIS vorgesehen ist. Der Deutsche Skiverband und eine Tochtergesellschaft haben laut Urteil vom heutigen Tag einen kartellrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die FIS. Die beschlossene Bündelung stelle in ihrer konkreten Form eine nach europäischem Kartellrecht unzulässige bezweckte Wettbewerbsbeschränkung dar, zudem nutze die Verfügungsbeklagte ihre marktbeherrschende Stellung zum Nachteil des Deutschen Skiverbands aus. Der Wettbewerbsnachteil entstehe für den nationalen Verband hinsichtlich seiner originären Rechteinhaberschaft für Werbe- und Medienrechte, über die er laut Beschluss der FIS nicht mehr mitentscheiden könne, urteilte die 37. Zivilkammer. Die Verfügungsbeklagten hatten argumentiert, dass europäisches Kartellrecht schon gar nicht anwendbar sei. Zudem sei die angerufene Kammer aufgrund einer vorgehenden Schiedsgerichtsvereinbarung, jedenfalls international nicht zuständig, da es sich um eine Verbandsstreitsache handele. Die Anträge auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung seien unbestimmt. Eine Vergleichbarkeit mit etwaigen, bereits ergangenen Entscheidungen im Bereich des Fußballsports bestehe nicht. Es gehe um den weltweiten Medienmarkt für Sportveranstaltungen, für welche die FIS keine marktbeherrschende Stellung habe. Mit der getroffenen Regelung sei auch kein Wettbewerbsnachteil für nationale Verbände bezweckt. Dem folgte die 37. Zivilkammer des Landgerichts München I nicht. Die Bündelung der Verwertungsechte unter Ausschluss der Verfügungskläger stelle eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung dar, die im konkreten Fall nicht gerechtfertigt sei. Der FIS komme als Weltverband eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für die Veranstaltung von internationalen Skisportwettbewerben zu, die über eine veranstaltungsübergreifende sportliche Wertung miteinander verknüpft seien. Mit ihrem Beschluss vom 26.04.2024 bezwecke die FIS auch eine Wettbewerbsbehinderung der Austragungsmitglieder: Werbe- und Medienrechte der nationalen Einzelveranstaltungen des FIS-Cups würden mit dem neuen Beschluss so ausgestaltet, dass originäre Rechte zur Vermarktung der Veranstaltungen nur bei den einzelnen Austragungsmitgliedern verblieben, sofern diese einen Vertrag mit der FIS abschließen würden. Weil laut Beschluss auch bei Nichtabschluss einer solchen Vereinbarung die FIS exklusiv berechtigt sei, die Rechte zu vermarkten, bestehe faktisch ein Zwang zum Abschluss einer solchen Vereinbarung mit der FIS. Als Betroffener habe der Deutsche Skiverband auch das Recht auf einstweiligen Rechtsschutz, da die FIS bereits einen Vertrag mit einer Drittfirma zur Umsetzung des in Streit stehenden Beschlusses vom 26.04.2024 geschlossen habe. Im Übrigen wies das Landgericht München I den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als bereits unzulässig zurück. Dieser sei hinsichtlich des zurückgewiesenen Teils in der Formulierung zu unbestimmt gefasst. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des LG München v. 09.10.2024 Zum Hintergrund: Entgegen der Auffassung der FIS findet die Super League Entscheidung des EuGH vom 21.12.2023,C-333/21, ECLI:EU:C:2023:1011, hier entsprechend Anwendung, so die 37. Zivilkammer. § 33 GWB (1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder gegen die Artikel 5, 6 oder 7 der Verordnung (EU) 2022/1925 verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. (2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. (3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. (4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von 1. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn a ) ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und b ) sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen; 2. qualifizierten Verbraucherverbänden, die in der Liste nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, und qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 4 der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 409 vom 4.12.2020, S. 1) eingetragen sind. Artikel 101 AEUV (1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere • a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen; • b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen; • c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen; • d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; • e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. (2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig. (3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf • –Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, • –Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen, • –aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen • a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder • b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. Artikel 102 AEUV [1] Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. [2] Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen: a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen; b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher; c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
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LG Stuttgart: Positivdaten-Übermittlung an SCHUFA bei Abschluss eines Handy-Vertrages datenschutzwidrig, da nicht durch berechtigtes Interesse gedeckt
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Die bei Abschluss eines Handy-Vertrages erfolgte Standard-Meldung von Positivdaten an die SCHUFA stellt eine DSGVO-Verletzung dar, da die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO nicht greifen. Für einen DSGVO-Schaden bedarf es mehr als die reine Verärgerung über die unberechtigte Weiterleitung der Informationen (LG Stuttgart, Urt. v. 16.10.2024 – 27 O 60/24). Der Kläger schloss mit dem beklagten Telekommunikationsunternehmen einen Mobilfunkvertrag ab. Ohne seine Zustimmung übermittelte das Unternehmen Positivdaten an die SCHUFA. Daraufhin forderte der Kläger Schadensersatz gemäß Art. 82 DSGVO, da er in diesem Vorgehen einen DSGVO-Verstoß sah. 1. DSGVO-Verletzung: Ja! Anders als eine Vielzahl von anderen angerufenen Gerichten, die eine Datenschutzverletzung ablehnten, bewertet das LG Stuttgart das Handeln als DSGVO-Zuwiderhandlung. Ein Fall der berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO, auf den sich die anderen Gerichte jeweils gestützt hatten, lehnte das LG Stuttgart ab: "Auch wenn ein Interesse der Beklagten nachvollziehbar dargelegt ist, hält die anlasslose Datenübermittlung an die SCHUFA nach Auffassung des Gerichts der von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DSGVO geforderten Abwägung nicht Stand. Wie sich aus Erwägungsgrund 47 zur DSGVO ergibt, ist das Bestehen eines berechtigten Interesses stets sorgfältig abzuwägen und dabei auch zu prüfen, ob die betroffene Person vernünftigerweise mit der Datenverarbeitung rechnen muss. Weiter führt Erwägungsgrund 47 aus, das die Verarbeitung personenbezogener Daten „im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang“ ein berechtigtes Interesse darstelle. Nach Auffassung des Gerichts kann sich die Beklagte für die ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall erfolgte Datenübermittlung an die SCHUFA nicht auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DSGVO berufen, weil die Vertragspartner der Beklagten mit einer solchen Datenweitergabe typischerweise nicht rechnen. Zwar sind Verbraucher insbesondere bei dem Abschluss von Kreditverträgen gewohnt, dass Kreditgeber die Einbindung der SCHUFA fordern Typischerweise werden Verbraucher aber damit rechnen, dass ihr Vertragspartner sie ausdrücklich um eine Einwilligung hierzu ersucht."
Und weiter: "Mit einer anlasslosen Datenweitergabe ohne Einwilligung rechnen Verbraucher nach Einschätzung des Gerichts regelmäßig nicht. Wenn die Beklagte es für erforderlich hält, bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages im Hinblick auf ihr Kreditrisiko die SCHUFA hierüber zu unterrichten, so steht es der Beklagten frei, den Abschluss eines Mobilfunkvertrages von der ausdrücklichen Einwilligung hierzu abhängig zu machen. Nachdem diese Möglichkeit besteht, Vertragspartner um die Einwilligung zu ersuchen, überschreitet die einwilligungslose Datenweitergabe den „unbedingt erforderlichen Umfang“ zur Betrugsprävention im Sinne von Erwägungsgrund 47 DSGVO. Hat die Beklagte darauf verzichtet, Vertragspartner bei Vertragsschluss um eine Einwilligung zu ersuchen, so kann die Beklagte sich auf ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DSGVO nur dann berufen, wenn nach Vertragsschluss im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte auftauchen, welche darauf hindeuten, dass die Beklagte durch einen Kunden über dessen Bonität oder in anderer Weise getäuscht worden ist oder andere besondere Risikofaktoren im Einzelfall vorliegen. Solchermaßen besondere Umstände, welche an der Bonität des Klägers zweifeln lassen könnten, gab es im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien unstreitig nicht, vielmehr kam der Kläger seinen vertraglichen Verpflichtungen stets vollumfänglich nach."
2. DSGVO-Schadensersatz: Nein! Zwar liege eine DSGVO-Verletzung vor. Diese berechtige jedoch nicht zur Geltendmachung von Schadensersatz, da im vorliegenden Fall kein Schaden vorliege: "a) Ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO wird nicht allein dadurch begründet, dass ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt. Vielmehr muss der Anspruchsteller das Vorliegen eines Schadens nachweisen, auch wenn ein immaterieller Schaden keinen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreichen muss (…) b) Dass er einen materiellen Schaden erlitten habe, hat der Kläger nicht behauptet. Den behaupteten immateriellen Schaden hat der Kläger nicht nachgewiesen. aa) Soweit der Kläger schriftsätzlich vorgetragen hat, die streitgegenständliche Weiterleitung von Positivdaten an die SCHUFA habe bei ihm die ständige Angst vor unangenehmen Rückfragen, ein allgemeines Gefühl des Unwohlseins bis zur schieren Existenzsorge und ein Gefühl der Ohnmacht zur Folge gehabt, ist die Richtigkeit dieses Sachvortrags nicht bewiesen. Vielmehr hat der Kläger diese Darlegungen im Rahmen der Parteianhörung überhaupt nicht bestätigt. Der schriftsätzliche Vortrag erweckt daher den Eindruck eines Textbausteins, welcher nicht auf einer Schilderung des hiesigen Klägers beruht. bb) Ausweislich seiner insoweit durchaus glaubhaften Angaben im Rahmen der Parteianhörung hat sich der Kläger darüber geärgert, dass die Beklagte es sich leicht gemacht und Vertragsdaten an die SCHUFA weitergeleitet hat, ohne sich um eine Einwilligung zu bemühen, während der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit viel Zeit und Mühe aufwenden muss, um datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Allein die Tatsache, dass der Kläger sich über den Datenschutzverstoß der Beklagten geärgert hat, begründet aber noch nicht das erforderliche Moment eines Schadens neben dem Datenschutzverstoß, welcher gerade nicht per se einen Schaden darstellt."
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AG München: Erlebnis-Gutschein (Panzerfahren) muss nach Nichtdurchführung zurückerstattet werden
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Die Klägerin erwarb beim Beklagten, einem Vermittler von Erlebnisgeschenken, für 342 € einen Erlebnis-Gutschein für 60 Minuten Schützenpanzer-Fahren in der Nähe von Osnabrück. Das Erlebnis sollte durch einen lokalen Veranstalter als Leistungserbringer durchgeführt werden. Für die Durchführung wurde zunächst der 09.10.2021 als Termin festgelegt. Dieser wurde einvernehmlich verschoben auf den 15.03.2022. Dieser Termin wurde erneut aufgehoben; inzwischen bietet der Veranstalter das Erlebnis nicht mehr an, so dass die Fahrt innerhalb der Gültigkeitsdauer des Gutscheins nicht erbracht werden konnte.
Vor dem Amtsgericht München verklagte die Käuferin den beklagten Vermittler auf Rückzahlung des Kaufpreises des Gutscheins. Der Vermittler behauptete, bezüglich des zweiten Termins sei keine einvernehmliche Aufhebung erfolgt. Nach den AGB mit der Klägerin gelte der Gutschein daher als eingelöst und der Kaufpreis sei an den Veranstalter weitergeleitet worden.
Das Amtsgericht München gab der Klage statt und führte insoweit aus: „Die Klage wäre im Ergebnis unbegründet, wenn der zuletzt vereinbarte Termin […] mit dem Leistungserbringer nicht einvernehmlich/vertragskonform wieder aufgehoben worden wäre, die Klägerin trotz verbindlicher Buchung nicht erschienen wäre und nach den einbezogenen AGB des Leistungserbringers (sog. no show) die vollständige Vergütung fällig geworden wäre. In diesem Fall wäre auch die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin berechtigt gewesen, den von ihr schon eingezogenen Preis an den Leistungserbringer „als fällig“ auszuzahlen (§ 4 Abs. 6 AGB). […]
Vorliegend liegt der Fall einer fälligen […] Vergütung des Leistungserbringers aber nicht vor. Die Einbeziehung der AGB des Leistungserbringers ist zwischen den Parteien dieses Prozesses streitig; die Beklagte vermag weder den Einbeziehungsablauf lückenlos darzustellen noch bietet sie hierfür geeignete Beweismittel an. Erst recht kann die Beklagte den Vortrag der Klägerin nicht widerlegen, dass der Termin am 15.03.2022 einvernehmlich (individuell) aufgehoben wurde. Damit ist davon auszugehen, dass im Verhältnis der Klägerin zum Leistungserbringer kein „No Show“ vorlag. […]
Nachdem inzwischen feststeht, dass innerhalb der Gültigkeitsdauer des Gutscheins das Erlebnis nicht mehr stattfinden kann, ist die Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet, da der vermittelte Erlebnisvertrag nicht mehr durchgeführt werden kann […].“
Urteil des Amtsgerichts München vom 23.05.2024 Aktenzeichen: 191 C 23654/23 Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 07.10.2024
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