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Newsletter vom 26.01.2011 |
Betreff: Rechts-Newsletter 4. KW / 2011: Kanzlei Dr. Bahr |
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____________________________________________________________ 1. BGH: Erneute Entscheidung zu Übersetzerhonoraren _____________________________________________________________ Der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung zur angemessenen Honorierung von Übersetzern (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 - Talking to Addison, vgl. Pressemitteilung Nr. 207/2009 vom 7. Oktober 2010) bestätigt und fortgeführt. Der klagende Übersetzer hatte sich gegenüber dem beklagten Verlag im Oktober 2002 zur Übersetzung eines Sachbuchs aus dem Englischen ins Deutsche verpflichtet. Er räumte dem Verlag umfassende Nutzungsrechte an seiner Übersetzung ein. Dafür erhielt er das vereinbarte Honorar von 19 € für jede Seite des übersetzten Textes. Darüber hinaus war ihm für den Fall, dass mehr als 15.000 Exemplare der Hardcover-Ausgabe verkauft werden, ein zusätzliches Honorar von 0,5% des Nettoladenverkaufspreises zugesagt. An den Erlösen des Verlags aus der Vergabe von Taschenbuch- und Buchgemeinschaftslizenzen war er nach dem Vertrag mit 5% des Nettoverlagsanteils zu beteiligen. Nach der seit Juli 2002 geltenden Regelung im Urheberrechtsgesetz kann der Urheber - dazu zählt auch der Übersetzer - für die Einräumung von Nutzungsrechten zwar grundsätzlich nur die vereinbarte Vergütung verlangen. Ist die vereinbarte Vergütung jedoch nicht angemessen, kann er von seinem Vertragspartner die Einwilligung in eine entsprechende Vertragsanpassung verlangen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das vereinbarte Honorar sei unangemessen. Er hat von der Beklagten deshalb eine Änderung des Übersetzervertrages verlangt. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Kläger eine weitergehende Vergütung zugesprochen. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen ist. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung setzt bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass die zusätzliche Vergütung bei einer Erstverwertung als Hardcover-Ausgabe und einer Zweitverwertung als Taschenbuchausgabe jeweils erst ab dem 5000sten verkauften Exemplar der jeweiligen Ausgabe zu zahlen ist. Er hat ferner deutlich gemacht, dass nur ein Seitenhonorar, das außerhalb der Bandbreite von Seitenhonoraren liegt, die im Einzelfall als üblich und angemessen anzusehen sein können, eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes der zusätzlichen Vergütung rechtfertigen kann. Der Bundesgerichtshof hat ferner bekräftigt, dass ein solcher Übersetzer eine angemessene Beteiligung an Erlösen beanspruchen kann, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt. Dazu gehören etwa die wirtschaftlich bedeutsamen Erlöse des Verlags aus der Vergabe von Lizenzen für Taschenbuchausgaben des Werkes. Der BGH hat - abweichend von seiner früheren Rechtsprechung - entschieden, dass dem Übersetzer grundsätzlich eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen zusteht. Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 19/09 - Destructive Emotions LG München I – Urteil vom 11. Oktober 2007 - 7 O 23652/06 OLG München – Urteil vom 27. November 2008 - 29 U 5320/07 veröffentlicht in ZUM-RD 2009, 268 = AfP 2009, 145 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 21.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. OLG Braunschweig: Auch nach EuGH-Entscheidungen Verletzung von Markenrechten durch Google AdWords _____________________________________________________________ Trotz der mehrfachen EuGH-Entscheidungen, dass fremde Markennamen als Keywords bei Google AdWords nur im Falle einer sogenannten Zuordnungsverwirrung eine Rechtsverletzung darstellen, hat jüngst das OLG Braunschweig (Urt. v. 24.11.2010 - Az.: 2 U 113/08) eine Markenverletzung bejaht. Nach der neuen Rechtsprechung des EuGH ist die Verwendung fremder Markennamen als Keywords bei Google AdWords nur noch dann ein Rechtsverstoß, wenn für den Betrachter eine sogenannte Zuordnungsverwirrung eintritt. Vgl. dazu das Interview mit RA Dr. Bahr und den Website Boosting-Aufsatz von RA Dr. Bahr "Freiwild AdWords: Zukünftig rechtlich alles erlaubt?". Geschaltet hatte die Beklagte nachfolgende Anzeige: Pralinen, Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente Die OLG-Richter begründete ihre Ansicht damit, dass trotz der EuGH-Rechtsprechung eine Markenverletzung vorliege. Die gesamte Anzeige der Beklagten erwecke nur einen unbestimmten Eindruck. Es sei nicht klar zu erkennen, wer die Anzeige tatsächlich geschaltet habe. Vor Buchung der AdWords mit der Option "weitgehend passende Keywords" habe die Pflicht bestanden, sich zu informieren, welche Suchbegriffe angezeigt werden würden. So hätte sie erkennen können, dass die von der Klägerin geschützte Marke verletzt werde. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung des OLG Braunschweig steht im klaren Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH und des BGH. Die Anforderungen, die die Richter hier aufstellen, überdehnen eindeutig das Maß des Zumutbaren. Sollte das Verfahren vor den BGH gelangen, so ist daher damit zu rechnen, dass die Karlsruher RIchter die Entscheidung aufheben werden. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Dresden: Verbindung von Top-Level und Second-Level-Domain ergibt ausreichende Unterscheidungskraft _____________________________________________________________ Ein Firmenname, der sich aus einer Top-Level- und einer Second-Level-Domain zusammensetzt, ist hinreichend unterscheidungskräftig im handelsrechtlichen Sinne (OLG Dresden, Beschl. v. 15.11.2010 - Az.: 13 W 890/10). Die Klägerin begehrte ihren Unternehmensnamen, der Gattungsbegriff war, als Firmen-Bezeichnung ins Handelsregister einzutragen, notfalls mit Hinzufügung der Top-Level-Domain ".eu". Das Handelsregister lehnte dies ab, weil der Name nicht ausreichend unterscheidungskräftig sei. Die Dresdner Richter teilten nicht die Ansicht des Handelsregisters, sondern bejahten die Eintragungsfähigkeit. Durch die Verbindung aus Top-Level- und Second-Level-Domain erlange der Firmen-Namen eine hinreichende Individualität. Schließlich sei jedem durchschnittlichen Verbraucher bekannt, dass nach den für die Vergabe der Domainnamen bestehenden Richtlinien eine nochmalige Vergabe desselben Domainnamens ausgeschlossen sei. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Hamm: eBay-Vertragsverstoß begründet keinen Wettbewerbsverstoß _____________________________________________________________ Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Wettbewerbsverstoß darin liegt, dass ein Mitbewerber entgegen den Grundsätzen für die Nutzung der Internetplattform eBay als Verkäufer gleichzeitig mehr als 3 Angebote mit identischem Artikel offeriert. Die Parteien vertreiben im Internet auf der Auktionsplattform eBay Kfz-Hifigeräte und Zubehör. Der Widerbeklagte hatte auf dieser Plattform für einzelne Kfz-Typen jeweils 6 Mal identische Radioblenden und Adapterkabel im „Sofort-Kaufen-Format“ angeboten und damit unstreitig gegen die eBay Grundsätze zum Einstellen identischer Artikel verstoßen. Eine in den Nutzungsgrundsätzen vorgesehene Ausnahme für zulässige Mehrfachangebote lag nicht vor. Der 4. Zivilsenat hat in dem vertragswidrigen Verhalten des Mitbewerbers gegenüber eBay keinen Wettbewerbsverstoß gesehen. Ein Verstoß gegen ein vertragliches Werbeverbot betreffe den Kreis der Vertragspartner und könne dort sanktioniert werden, mangelnde Vertragstreue führe aber nicht automatisch zu einem Unlauterkeitsverdikt. Eine allgemeine Marktbehinderung scheide aus. Der Umstand, dass der Mitbewerber in der Suchergebnis-Liste erheblich öfter mit gleichen Produkten auftauche als die Konkurrenz, führe nicht zu einer ernsthaften Behinderung der Marktchancen der Mitbewerber, eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucher sei auch nicht erkennbar. Ebenso wenig liege eine gezielte Behinderung der Mitbewerber vor. Der Anbieter dränge sich – bildlich gesprochen – nicht gezielt zwischen den Mitbewerber und deren Kunden. Durch den Vertragsverstoß werde die Grenze zur Wettbewerbswidrigkeit nicht überschritten. (Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.12.2010 – I-4 U 142/10) Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 18.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. LG Hamburg: Androhung juristischer Schritte stellt noch keine Abmahnung dar _____________________________________________________________ Die bloße Ankündigung in einem Schreiben, "auch juristische Schritte" zu ergreifen, stellt noch keine Abmahnung dar (LG Hamburg, Urt. v. 16.11.2010 - Az.: 312 O 469/10). Die Parteien stritten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, bei dem es um eine Markenverletzung ging, um die angefallenen Kosten. Der Antragsgegner erkannte die einstweilige Verfügung, meinte aber, er sei außergerichtlich nicht ordentlich abgemahnt worden, so dass der Antragsteller die Kosten tragen müsse. Der Antragsteller hatte den Antragsgegner außergerichtlich angeschrieben und zur Beseitigung der Verletzung aufgefordert. Im Falle der Nichteinhaltung, erklärte er, dass er sich weitere Schritte, "auch juristische", vorbehalte. Die Richter bejahten die Kostenpflichti des Antragstellers, da außergerichtlich keine ordentliche Abmahnung erfolgt sei. Aus einer Abmahnung müsse hinreichend deutlich und ausdrücklich hervorgehen, dass notfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werde. Nicht ausreichend sei es hingegen, wenn lediglich pauschal und allgemein erklärt werde, sich weitere Schritte, "auch juristische", vorzubehalten. Eine solche Mitteilung bedeute nicht zwingend, dass der Gerichtsweg beschritten werde. Genauso denkbar sei es, dass zunächst die außergerichtliche Hilfe eines Anwalts in Anspruch genommen werde. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Hamburg: Diözese Regensburg ./. Spiegel Verlag und Spiegel ONLINE _____________________________________________________________ Das Landgericht Hamburg hat heute einer Unterlassungsklage der Diözese Regensburg gegen den Spiegel Verlag und die Spiegel ONLINE GmbH fast vollständig stattgegeben. Die Klage richtete sich gegen die Berichterstattung der Beklagten über den Umgang der Diözese mit einem Fall von Kindesmissbrauch aus dem Jahr 1999. Der Spiegel berichtete anlässlich der in katholischen Einrichtungen aufgetretenen Missbrauchsfälle u.a. in der Ausgabe vom 8. Februar 2010 unter dem Titel "Die Scheinheiligen" auch über die Klägerin. Dabei ging es um einen Kaplan, der im Jahr 1999 zwei Kinder sexuell belästigt hatte, und den anschließenden Umgang der Klägerin mit diesem Vorfall, insbesondere ihre Verhandlungen mit der betroffenen Familie. Die Klägerin traf damals mit den Eltern der beiden Kinder eine Vereinbarung, in der u.a. die Schadensersatz- und Schmerzensgeldverpflichtung des Kaplans geregelt wurde. Die Vereinbarung enthielt außerdem die Formulierung, dass auf den ausdrücklichen Wunsch der Eltern Stillschweigen gewahrt werden sollte. Die Klägerin wendet sich gegen den in der Berichterstattung enthaltenen Vorwurf, sie habe durch die Vermittlung der Geldzahlung des Kaplans an die Missbrauchsopfer erreichen wollen, dass der Vorfall nicht angezeigt werde oder sonst an die Öffentlichkeit gelange. Dies wird in dem Bericht der Beklagten zwar nicht offen behauptet. Aufgrund der gewählten Formulierungen und der Art der Darstellung gewinnt der Leser aber auch nach der Überzeugung des Gerichts zwingend einen entsprechenden Eindruck. Die Klägerin kann nach dem heutigen Urteil verlangen, dass die Beklagten die Berichterstattung in der bisherigen Form nicht weiter verbreiten. Der Grund hierfür liegt darin, dass nicht fest steht, ob die Vorwürfe tatsächlich zutreffen. Derjenige, der Behauptungen aufstellt, die geeignet sind, einen anderen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, muss im Streitfall die Richtigkeit seiner Behauptung beweisen. Dieser Nachweis ist den Beklagten nicht gelungen. Nach den dem Gericht vorgelegten Unterlagen über den Verlauf der Verhandlungen mit den Eltern der Missbrauchsopfer spricht sogar einiges dafür, dass die Klägerin sich mit der vereinbarten Schweigepflicht nur absichern wollte, dass sie – dem Wunsch der Eltern entsprechend – selbst keine Strafanzeige erstattete. Erfolglos blieb die Klage, soweit sie sich gegen die in der Berichterstattung enthaltene Äußerung richtete, die Familie habe eine "Schweigevereinbarung" unterzeichnet. Bei dieser Formulierung handelt es sich um eine zulässige Bewertung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Ein Bezug zwischen der Schweigeabrede und der Schmerzensgeldzahlung wird durch die verwendete Formulierung nicht hergestellt. Gegen das Urteil kann binnen eines Monats nach seiner Zustellung ein Rechtsmittel eingelegt werden. Urteil vom 21.01.2011, Az.: 324 O 274/10 Quelle: Pressemitteilung des LG Hamburg v. 21.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. VG Potsdam: Online-Hausverlosungen sind verbotenes Glücksspiel _____________________________________________________________ Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam hat mit einem den Beteiligten inzwischen zugestellten Beschluss vom 12. Januar 2011 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen eine vom Ministerium des Innern des Landes Brandenburg ausgesprochene Untersagung, die Verlosung eines Wohngrundstücks in Brandenburg über das Internet zu veranstalten, abgelehnt. Der in Österreich ansässige Antragsteller bewirbt mit seiner auch aus Brandenburg aufrufbaren Internetseite die Verlosung eines im Land Brandenburg belegenen Hauses mit Grundstück. Gegenwärtig wird über diese Internetseite Teilnahmewilligen angeboten, Lose hierfür reservieren zu lassen. Nach den Teilnahmebedingungen findet die Reservierungsgebühr in Höhe von 59,- € im Falle der Durchführung der Verlosung vollumfängliche Anrechnung auf den Lospreis, der ebenfalls 59,- € beträgt. Die Verlosung soll durchgeführt werden, sobald 13.900 Lose reserviert und bezahlt sind. Falls eine Verlosung wegen Nichterreichens der erforderlichen Anzahl von 13.900 Losen nicht stattfindet, erfolgt eine Rückerstattung der Reservierungsgebühr abzüglich entstandener Kosten, die mit maximal 15,- € in Anschlag gebracht werden. Nach Auffassung der Kammer bestehen an der Rechtmäßigkeit der auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV) gestützten und kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verbotsverfügung keine ernstlichen Zweifel. Das Internetangebot zur Verlosung eines Hauses verstoße gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln. Auch soweit der Antragsteller die Lose derzeit (nur) zur Reservierung anbiete, veranstalte er bereits jetzt Glücksspiel. Mit der Reservierung eines Loses werde durch einen Teilnahmewilligen alles Erforderliche getan, um Inhaber eines Loses zu werden und an der Verlosung teilzunehmen. Mit der Reservierungsgebühr werde faktisch und für den Teilnahmewilligen unwiderruflich der Lospreis entrichtet; hiernach bleibe ihm lediglich, – wie bei allen Glücksspielen – passiv zuzuwarten, ob sich die seinem Los innewohnende Gewinnchance realisiert. Der Antragsteller veranstalte das Glücksspiel auch im Land Brandenburg: Hier wird dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet, weil er vom heimatlichen Computer über das – was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist – Internet sämtliche ihm obliegenden Handlungen zum Erwerb eines Loses tätigen kann. Das Ziel des Glücksspielstaatsvertrages, die Spielsucht zu bekämpfen beziehungsweise bereits ihre Entstehung zu verhindern, verlange, an der Stelle einzugreifen, an der die potentiell suchtbegründende und suchtbefriedigende Handlung des Teilnehmers stattfindet. Der Antragsteller werde durch die Anwendung der verfassungskonformen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags weder in Grundrechten verletzt noch verstoße das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten, gegen Europarecht. Auch das völkerrechtliche Territorialprinzip stehe dem Verbot nicht entgegen. Darüber hinaus liegt nach Auffassung der Kammer in der Durchführung der „Hausverlosung“ unabhängig vom Glücksspielstaatsvertrag eine Gefahr für die hiesige öffentliche Sicherheit und Ordnung, weil die unerlaubte öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels in Form einer Ausspielung eine Straftat im Sinne des § 284 StGB beziehungsweise § 287 StGB und damit einen Verstoß gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden. Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 12. Januar 2011 - VG 6 L 327/10 - Quelle: Pressemitteilung des VG Potsdam v. 12.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Rostock: Hansano-Werbung mit Stiftung Warentest-Ergebnissen muss sich auf gleiche Produkte beziehen _____________________________________________________________ Die Hansano-Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest ist nur dann zulässig, wenn es sich um Produkte der gleichen Charge handelt (LG Rostock, Urt. v. 12.11.2010 - Az.: 3 O 221/10). Die Klägerin war der Bundesverband Verbraucherzentrale. Das verklagte Unternehmen stellte die bekannten Hansano-Milchprodukte her und warb in diesem Zusammenhang mit den Testergebnissen einer Untersuchung der Stiftung Warentest aus dem Jahre 2004. Das Gericht sah hierin eine irreführende Werbung. Die Verwendung von Testergebnissen sei nur dann zulässig, wenn die aktuell beworbenen Waren unter den gleichen Produktionsbedingungen hergestellt wurden wie die jeweils getesteten. Im vorliegenden Fall sei eine solche Chargen-Gleichheit jedoch nicht gegeben, so dass der Einsatz des Stiftung Warentests-Ergebnisses irreführend und somit wettbewerbswidrig sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. AG Düren: Übernahme fremder ICQ-Chat-Identität und heimliche Bildübermittlung strafbar _____________________________________________________________ Die Übernahme fremder ICQ-Chat-Identitäten, um bei den Betroffenen Schadsoftware auf dem Rechner zu installieren, die heimlich Bildaufnahmen übermittelt, ist strafbar (AG Düren, Urt. v. 10.12.2010 - Az.: 10 Ls-806 Js 644/10-275/10). Der Angeklagte erschlich sich die Anmeldedaten verschiedener Nutzer des Chat-Programms ICQ. Er meldete sich im Anschluss unter falschem Namen an und forderte seine vermeintlichen Freunde auf, gesendete Bilder oder Links zu öffnen, so dass sich im Hintergrund eine versteckte Schadsoftware installierte. Durch diese war es ihm möglich, eine Webcam auf dem Rechner des Betroffenen zu aktivieren und Bildaufnahmen der Personen an sich zu senden. Dadurch gelangte der Angeklagte zu einer Vielzahl von privaten und intimen Fotos. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen des Ausspähens von Daten. Er habe sich die Zugänge fremder Personen besorgt, um so die Schadsoftware installieren zu lassen. Ein solches Vorgehen sei nicht nur strafbar, sondern offenbare auch eine nicht unerhebliche kriminelle Energie, denn so war es ihm möglich, zahlreiche Bildaufnahmen aus dem intimen Lebensbereich der jeweiligen Opfer zu erlangen. Eine Bewährungsstrafe von knapp 2 Jahren sprach das Gericht nur deswegen aus, weil der Täter geständig war und so die Vernehmung der meist jugendlichen Geschädigten vermieden werden konnte. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. ArbG Köln: Außerordentliche Kündigung eines WDR-Redakteurs wegen Schleichwerbung unwirksam _____________________________________________________________ Das Arbeitsgericht Köln hat die fristlose Kündigung eines Redakteures des Westdeutschen Rund-funks (WDR) für unwirksam erklärt. Der Kläger war seit 1988 bei dem WDR als Redakteur und Autor beschäftigt. Für seine journalisti-sche Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Der WDR wirft dem Kläger vor, in einem am 19.10.2009 gesendeten Filmbericht und durch einen Auftritt am 21.10.2009 in der Fernsehsendung „Hart aber fair“ unter Missachtung journalistischer Pflichten über ein angeblich wirkungsvolles aber von der Pharmaindustrie abgelehntes Medika-ment berichtet zu haben. In nahem zeitlichen Zusammenhang zu den Sendungen seien dann das Medikament auf den Markt gebracht und ein Buch des Klägers unter dem Titel „Heilung unerwünscht – die dramatische Geschichte eines Medikaments“ veröffentlicht worden. Entgegen einer Ehrenerklärung des Klägers gegenüber der Intendantin ergebe sich aus diversen E-Mails, dass die Sendungen, das Erschei-nen des Buches und die Markteinführung des Medikaments abgestimmt gewesen seien. Die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat die fristlose Kündigung des Klägers in ihrer heutigen Sitzung für unwirksam erklärt, da die Gründe für die Entlassung bei einer Gesamtschau angesichts des langjährigen Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend seien. Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.01.2011 - 6 Ca 4641/10 - Quelle: Pressemitteilung des ArbG v. 20.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. AG München: Wirksamkeit ausgelobter Online-Prämien _____________________________________________________________ Verspricht jemand auf einer Internetseite für den Kauf eines Gegenstandes die Zahlung eines Geldbetrages, sofern innerhalb eines bestimmten Zeitraums gekauft wird, kommt es bei der Bemessung des Zeitraums auf das Einstelldatum des Angebots und nicht auf den Zeitraum des Aufrufs der Internetseite an. Der spätere Beklagte hatte bei einem Autohaus einen VW Tiguan zum Preis von 39 000 Euro erworben, wollte dann aber von dem Vertrag Abstand nehmen und stellte deshalb Anfang März 2010 den PKW auf einem Internetportal zum Verkauf ein. Um schnell aus dem Vertrag zu kommen, bot er auf der Internetseite eine Zahlung von 1000 Euro an, sofern innerhalb der ersten drei Tage das Auto erworben würde. Ein Interessent rief 8 Tage später diese Seite auf und schloss am Tag darauf mit dem Autohaus einen Vertrag über dieses Auto. Anschließend wollte er die 1000 Euro von dem ursprünglichen Käufer haben. Schließlich habe er innerhalb dreier Tage nach dem Aufruf der Internetseite den Kaufvertrag geschlossen. Dieser weigerte sich jedoch zu zahlen. Bei der Berechnung der 3-Tage-Frist käme es auf das Einstelldatum seiner Anzeige im Internet an. Dieses sei unstreitig viel früher gewesen. Die zuständige Richterin beim Amtsgericht München wies die Klage ab: Entscheidend für die Auslegung eines Angebots sei der sogenannte objektive Empfängerhorizont. Natürlich hätte der Beklagte zum Beispiel durch die konkrete Angabe eines Einstelldatums im Anzeigentext und Bezugnahme hierauf Missverständnisse vermeiden können. Das Angebot sei jedoch unter Zugrundelegung der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Beteiligten jedenfalls nicht so zu verstehen, dass entscheidend für den „Fristbeginn“ der angesprochenen drei Tage die individuelle Kenntnisnahme durch den Kaufinteressenten sei. Dies müsse sich einem durchschnittlichen Beteiligten schon deshalb aufdrängen, weil der Anbietende in diesem Fall keine Möglichkeit habe, diesen Zeitpunkt festzustellen bzw. zu überprüfen. Das Einstelldatum lasse sich dagegen problemlos nachvollziehen. Da der Käufer, gerechnet vom Datum der Einstellung, die 3-Tages-Frist versäumt habe, bestehe kein Anspruch auf Zahlung der 1000 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig. Urteil des AG München vom 10.9.10, Az.: 271 C 20092/10 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. AG München: Verkäufer muss negativen Kommentar in eBay-Bewertungssystem dulden _____________________________________________________________ Ein Verkäufer muss es hinnehmen, dass ein Käufer negative Kommentare in das eBay-Bewertungssystem einstellt, solange es sich dabei nicht um unwahre Tatsachen, Formalbeleidigungen oder unzulässige Schmähkritik handelt (AG München, Urt. v. 16.12.2010 - Az.: 142 C 18225/09). Der Kläger, gewerblicher Verkäufer bei eBay, veräußerte ein Notebook über eBay an den Beklagten. In der Artikelbeschreibung gab der Kläger an, dass die Ware aus seinem Privatbesitz stamme. Der Beklagte wollte die Telefonnummer des Klägers wissen und ob ein bestimmter Treuhandservice eingeschaltet werden könne. Der Kläger verneinte dies und teilte mit, dass er im Falle einer negativen Bewertung seinen Anwalt einschalten werde. Der Beklagte gab daraufhin nachfolgenden Kommentar im eBay-Bewertungssystem ab: "Droht gleich mit Anwalt, will trotz gewerblicher Seite nur privat verkaufen." Der Kläger wollte gerichtlich die Löschung des Beitrages. Zu Unrecht wie das AG München entschied. Wer das Online-Portal benutze, sei sich darüber im klaren, dass es ein Bewertungssystem gebe und dort auch subjektive Meinungen und Einschätzungen abgegeben würden. Zudem handle es sich bei der Äußerung um eine eine wahre Tatsachenbehauptung. Die Drohung mit dem Anwalt sei nachweislich erfolgt. Und auch der Hinweis auf die "gewerbliche Seite" treffe zu, da der Kläger unstreitig das Angebot über seine kommerzielle Seite ins Netz gestellt habe. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. Hamburgischer Datenschutzbeauftragter: Facebook ändert Verfahren des Friend-Finding _____________________________________________________________ Das Friend-Finding-Verfahren bei Facebook steht seit längerer Zeit in der Kritik. Facebook bietet seinen Nutzern im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit, E-Mail-Kontaktdaten von ihren E-Mail-Accounts oder Smartphones zu importieren, um damit neue Mitglieder für das Netz-werk zu werben. Eine Information der Personen, deren Daten auf diese Weise gespeichert werden, erfolgt nicht, so dass die Betroffenen weder wissen, ob und wann Facebook ihre E-Mail-Adressen erhalten hat, noch welche Personen außer der Einladenden ihre Adressen an Facebook weiter gegeben haben. In den letzten Monaten erreichten uns viele Anschreiben von Bürgerinnen und Bürgern, die als Nichtnutzer von Facebook entsprechende Einladungen bekommen hatten. Sie waren darüber besorgt, dass Facebook nicht nur Einladungen im Namen der Nutzer des Netzwerks versandt hat, sondern ihnen dann auch Bilder von weiteren Personen zusandte, die ihnen möglicherweise bekannt seien. Für die Angeschriebenen war es zutiefst beunruhigend, dass sie nicht wussten, wie es Facebook gelingen konnte, in Erfahrung zu bringen, dass sie die dort aufgeführten Personen in vielen Fällen kannten. Tatsächlich ist es durch das von Facebook praktizierte Verfahren des Friend-Finding möglich, weit reichende Beziehungsprofile anzulegen, die eben nicht nur auf Facebook-Nutzer bezogen sind, sondern auch auf Dritte, die mit dem Netzwerk gar nichts zu tun haben. In längeren Verhandlungen ist es gelungen, mit Facebook eine Vereinbarung zu erzielen, die in Zukunft das Friend-Finding-Verfahren in vielen Punkten datenschutzkonform umgestaltet. Danach erhält der Nutzer künftig eine transparente Kontrolle über die von ihm importierten Adressen. Insbesondere wird er von Facebook auf seine besondere Verantwortung beim Importieren der Adressen und bei der Versendung der Einladungen hingewiesen. Künftig erhalten die Nutzer zur eigenständigen Verwaltung der importieren Adressen ein Adressbuch, das den Nutzern die Speicherung und Löschung sowie die eigenständige Verwaltung der E-Mail-Kontake für den Zweck der individuellen Einladungen ermöglicht. Zentraler Bestandteil der Vereinbarung ist der Schutz der Daten Dritter, also von Personen, die nicht Mitglied des Netzwerks sind, deren Daten gleichwohl durch den Nutzer auf Facebook importiert werden. Hier gilt künftig, dass Facebook die E-Mail-Adressen nur für Zwecke der Freundsuche verwenden darf. Weitere eigene Zwecke für Facebook bleiben ebenso ausgeschlossen wie die Verwendung der Adressen zu anderen Zwecken der Nutzer. Die Nutzung der E-Mail-Adressen Dritter zur Freundsuche ist danach nur noch in engen Grenzen zulässig: Der eingeladene Nicht-Facebook-Nutzer ist über einen Link zu informieren, weshalb er die E-Mail erhält und wie er in Zukunft verhindern kann, dass seine Adresse für Freundvorschläge verwendet wird. Hierzu wird dem Eingeladenen ein Opt-Out zur Verfügung gestellt. Einladungen, die als Vorschlag Bilder von möglicherweise bekannten Personen umfassen, werden nur übersandt, wenn der Empfänger zuvor bereits eine Einladung (ohne Bilder) erhalten hat. Diese enthält den genannten Link und gibt dem Empfänger die Gelegenheit, einer Verwendung seiner E-Mail-Adresse für die Freundsuche zu widersprechen. Wer dem Einladungsverfahren widerspricht, kann künftig nicht nur verhindern, weitere Einladungen durch den Nutzer zu bekommen. Seine E-Mail-Adresse darf dann auch nicht zu Zwecken des Freundefindens durch Facebook verwendet werden. Die E-Mail-Adressen der Widersprechenden werden datenschutzkonform nur in Form eines Hash-Wertes, d.h. nicht im Klartext, gespeichert. Noch weiter-gehende Lösungen, etwa der gänzliche Verzicht auf das Importieren von Daten Dritter, waren in den Verhandlungen nicht zu erreichen. Sie dürften auch aus rechtlichen Gründen kaum durchsetzbar sein. Dazu Johannes Caspar: "Wir erwarten nun eine zeitnahe Umsetzung unserer Vereinbarung und werden diese kritisch begleiten. Insoweit hoffen wir, dass Facebook die gezeigte Bereitschaft zur kooperativen Zusammenarbeit beibehält und die detaillierten Ergebnisse unserer Verhandlungen im Interesse der Nichtnutzer wie auch der Nutzer tatsächlich in transparenter Weise verwirklicht. Quelle: Pressemitteilung des Hamburgisches Landesdatenschutzbeauftragten v. 24.01.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. Neuer Aufsatz von RA Menke zu "Glücksspielen und Heilmitteln" _____________________________________________________________ Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Menke zum Bereich der Heilmittel. Dieser beschäftigt sich mit rechtlichen Problemen bei Glücksspielen und Heilmitteln. Er ist unter dem Titel: "Glücksspielen und Heilmitteln" auf Seite 19 des aktuellen pharma-marketing journal (05/2010) erschienen. Das e-journal wird von dem Fachverlag der Verlagsgruppe Handelsblatt herausgegeben. Den Artikel gibt es hier als PDF zum Download. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 15. Law-Podcasting: Die "Session-ID"-Entscheidung des BGH: Sind Deep-Links nun doch urheberrechtswidrig? - Teil 1 _____________________________________________________________ Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Die "Session-ID"-Entscheidung des BGH: Sind Deep-Links nun doch urheberrechtswidrig? - Teil 1. Inhalt: Seit der "Paperboy"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2003 ist bekannt, dass Deep-Linking grundsätzlich erlaubt ist. Nun haben die Karlsruher Richter vor kurzem ein neues Urteil (BGH, Urt. v. 29.04.2010 - Az.: I ZR 39/08) getroffen und schränken dadurch die Möglichkeit des Deep-Linkings ganz erheblich ein. Danach reicht es bereits aus, wenn der Seitenbetreiber, der verlinkt werden soll, Session-IDs einsetzt, um einen Deep-Link als Urheberrechtsverletzung einzustufen. Aufgrund des großen Umfangs dieses Themas besteht der Podcast aus zwei Teilen. Den ersten Teil hören Sie heute. Den zweiten Teil gibt es in der nächsten Woche. zurück zur Übersicht |