anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 43. KW im Jahre 2004. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
Dieses Mal gibt es den Newsletter einen Tag früher, weil die Redaktion Dienstag ganztägig unterwegs ist. Der Schwerpunkt des Newsletters liegt im Bereich der Gerichtsurteile.
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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Zulässigkeit der Bildberichterstattung
2. BGH: Anwendungsbereich dt. Wettbewerbsrecht
3. KG Berlin: Berichterstattung nach "Caroline"-Urteil
4. KG Berlin: Kein Schadensersatz wg. Internet-Kontaktanzeige
5. OLG Köln: Urheberschaft an Queen-Song
6. LG München I: Rechtswidrige Sportwette
7. LG Hamburg: Auskunftsanspruch gegen Provider
8. AG Baden-Baden: Glücksspiel mit europäischer Lizenz nicht strafbar
9. Google & Recht
10. In eigener Sache: Warum kommt der Newsletter schon heute?
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1. BGH: Zulässigkeit der Bildberichterstattung
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Die Klägerin unterhält seit 2001 eine Beziehung zu dem seinerzeitigen Ehemann der Schauspielerin Uschi Glas, Bernd Tewaag. Über diese Beziehung und die Krise der - inzwischen geschiedenen - Ehe Glas/Tewaag wurde in der Presse umfangreich berichtet.
Die Klägerin nimmt die beklagten Verleger der Zeitschriften DAS NEUE, SUPER ILLU und FREIZEIT REVUE auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung verschiedener Fotos in Anspruch. Einige Fotos stellen die Klägerin bei einem Spaziergang mit Bernd Tewaag dar. Ein anderes zeigt sie vor einem Verkaufsstand, in dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgeht. Im übrigen handelt es sich um neutrale Portraitfotos.
Die Klagen hatten beim Landgericht Erfolg. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufungen der Beklagten weitgehend abgewiesen. Den von der Klägerin eingelegten Revisionen hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs teilweise stattgegeben.
Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Diese fehlte hier. Die Bildberichterstattung über eine Person kann nach den §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes aber auch ohne Einwilligung zulässig sein, wenn über ein zeitgeschichtliches Ereignis berichtet wird. Dabei muß allerdings das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse des Abgebildeten daran, daß sein Privatleben nicht in der Öffentlichkeit dargestellt wird, überwiegen.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts durften die Fotos zunächst nicht veröffentlicht werden, weil die Klägerin ein Recht auf Privatheit hatte. Ein Erfolg der Klage auf Unterlassung erneuter Veröffentlichung setzt aber voraus, daß die Klägerin dadurch weiter in ihren Rechten verletzt wird. Das Berufungsgericht hat dies für alle jetzt noch beanstandeten Fotos verneint, weil Bernd Tewaag und die Klägerin sich vor der Presse zu ihrer Beziehung bekannt und in diesem Zusammenhang auch hätten abbilden lassen.
Wenn die Klägerin ihre persönlichen Verhältnisse selbst in die Öffentlichkeit trage, könne sie sich nicht darauf berufen, anonym bleiben zu wollen. Unter diesen Umständen dürften die neutralen Fotos und diejenigen, die die Klägerin mit Bernd Tewaag zeigten, jedenfalls solange veröffentlicht werden, wie das Interesse an der Trennung Glas/Tewaag anhalte.
Der Bundesgerichtshof hat dies nur teilweise gebilligt. Er hat die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, daß bei einem Unterlassungsanspruch die Wiederholungsgefahr nur dann bejaht werden kann, wenn die wiederholte Handlung rechtswidrig ist. Soweit die Klägerin ihre privaten Angelegenheiten selbst der Presse zugänglich gemacht hat, muß sie hinnehmen, daß hierüber berichtet wird. Danach erweist sich die Veröffentlichung sowohl der Portraitfotos als auch des Fotos, das die Klägerin vor ihrem Verkaufsstand zeigt, als derzeit zulässig.
Anders verhält es sich mit den Fotos von dem Spaziergang. Diese zeigen die Klägerin in einer privaten Situation und zudem zu einem Zeitpunkt, zu dem sie ihr Privatleben noch nicht preisgegeben hatte.
Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 291/03, VI ZR 292/03, VI ZR 293/03
Quelle: Pressemitteilung Nr. 116/2004 v. 19.10.2004
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2. BGH: Anwendungsbereich dt. Wettbewerbsrecht
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Der BGH (Urt. v. 13.05.2004 - Az.: I ZR 264/00 = http://snipurl.com/a1zu) hatte die Frage zu beantworten, ob die in einer inländischen Tageszeitung veröffentlichte Ankündigung einer im Ausland stattfindenden Sonderveranstaltung nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen ist.
Der Kläger ist ein Einzelhandelsverband im Regierungsbezirk Trier. Die Beklagte betreibt ein Sportgeschäft in Leudelingen im Großherzogtum Luxemburg.
Die Beklagte bewarb in einer inländischen Tageszeitung für eine Sonderveranstaltung, die nach deutschem Recht rechtswidrig ist. Der Kläger nahm darauf hin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Die Vorinstanzen gaben der Klägerin recht. Nun wurde die Revision vor dem BGH verhandelt.
"Die(...) Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch auf Unterlassung (...). Das Verbot (...) bezieht sich lediglich auf Verkaufsveranstaltungen, die im Geltungsbereich des Gesetzes durchgeführt werden. (...)
Im rechtlichen Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht (...) angenommen, daß in Fällen, in denen ein Kaufmann seine Waren oder Leistungen grenzüberschreitend anbietet, der Marktort derjenige ist, an dem die Werbemaßnahme auf den Kunden einwirken soll, selbst wenn der spätere Absatz auf einem anderen Markt stattfinden soll."
Die BGH-Richter lassen diesen Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos gelten, sondern machen hier eine wichtige Ausnahme:
"Anders verhält es sich, wenn sich der Vorwurf der Unlauterkeit der Ankündigung ausschließlich darauf gründen kann, daß das beworbene, im Ausland stattfindende Absatzgeschäft unlauter ist.
So kann die Werbung für ein im Ausland abzuschließendes Geschäft nicht mit der Begründung im Inland untersagt werden, daß der Geschäftsabschluß - wenn er im Inland stattfände - als Rechtsbruch (...) zu untersagen wäre (...).
Beispielsweise wäre es einem luxemburgischen Kaufmann unbenommen, in Deutschland damit zu werben, daß Kunden an einem deutschen Feiertag, an dem der Verkauf in Deutschland gegen die Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes verstieße, in seinem Luxemburger Geschäftslokal willkommen seien.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Verbot der Ankündigung einer Sonderveranstaltung (...) um einen Fall, in dem sich die Unlauterkeit der Ankündigung aus der Unlauterkeit der angekündigten Verkaufsveranstaltung ergibt.
Begegnet die Verkaufsveranstaltung keinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken, kann auch die Ankündigung nicht (...). Dies gilt unabhängig davon, ob der angekündigte Verkauf nach luxemburgischem Recht zulässig ist oder nicht. Denn das Verbot des § 7 UWG (alter Fassung!) bezieht sich nur auf im deutschen Einzelhandel durchgeführte Sonderveranstaltungen."
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3. KG Berlin: Berichterstattung nach "Caroline"-Urteil
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Das KG Berlin (Urt. v. 14.09.2004 - Az.: 9 U 84/04 = http://snipurl.com/a1zw) hatte zu beurteilen, ob auch nach der "Caroline von Monaco"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) über bekannte Persönlichkeiten in der Presse berichtet werden darf.
Am 24. Juni 2004 hatte der EGMR eine wegweisende Entscheidung in Sachen Paparazzi-Fotos getroffen, vgl. die Kanzlei-Info v. 25.06.2004 (= http://snipurl.com/87p7). Es ging um Fotos, auf denen die Prinzessin Caroline von Monaco abgebildet worden war. In einer bundesweiten Kampagne an die Bundesregierung hatte daraufhin der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VZD) appelliert, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, da andernfalls die Pressefreiheit in schwerwiegender Weise betroffen sei. Vgl. dazu die Kanzlei-Info v. 31.08.2004 = http://snipurl.com/8x17
Die Bundesregierung lehnte jedoch ab, gegen die Entscheidung vorzugehen, so dass sie inzwischen rechtskräftig geworden ist. Sie stützte sich dabei u.a. auf die Stellungnahme des Präsidenten des BVerfG (= http://snipurl.com/8x18). Diese Entscheidung der Bundesregierung wurde vom VDZ harrsch kritisiert (= http://snipurl.com/8x19). Der Verband befürchtet, dass zukünftig "Hofberichterstattung" und "Kommuniqué-Journalismus" das Bild der Presse beherrsche.
Nun hatte das KG Berlin zum ersten Mal nach der EGMR-Entscheidung über die Berichterstattung einer prominenten Person in der Presse zu urteilen.
Die beklagte Zeitung hat in ihrer Ausgabe die Meldung verbreitet, dass der Kläger auf einer französischen Autobahn statt der dort erlaubten 130 km/h mit 211 km/h von der Polizei ermittelt und deshalb von einem französischen Gericht u.a. zu einem Monat Fahrverbot verurteilt worden ist. Der Bericht war mit einem Foto des Klägers bebildert.
Die Vorinstanz hat die Beklagte zur Unterlassung dieser Berichterstattung verurteilt. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe aufgrund seiner Angehörigkeit zum Welfengeschlecht und durch seine Heirat sowie seines mehrfachen indiskutablen früheren öffentlichen Verhaltens eine Position und Bedeutung erlangt, die ihn zur absolute Person der Zeitgeschichte mache.
Dieser Berufung hat das KG Berlin stattgegeben:
"Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung der Wort- und Bildberichterstattung gegen die Beklagte zu. Durch die individualisierende Berichterstattung über die Verkehrsverfehlung wird zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt (...).
Der Kläger hat diesen Eingriff aber hinzunehmen, da die Interessen der Presse die des Klägers überwiegen. (...)."
Dabei stützt sich das Gericht vor allem auf den Umstand, dass es sich hier um eine wahrheitsgemäße Berichterstattung handle:
"Es handelt sich bei der Berichterstattung über den Verkehrsverstoß des Klägers um eine der Wahrheit entsprechende Meldung. Wahre Äußerungen sind grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Meldung nicht die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre, sondern die Sozialsphäre betrifft (...).
Hier ist allein die Sozialsphäre berührt, da der Kläger am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen (...) hat. Die die Sozialsphäre betreffenden Äußerungen dürfen nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen untersagt (...), etwa bei Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung sowie bei Eintreten einer Prangerwirkung (...).
Eine solche die Pressefreiheit einschränkende Sachlage ist hier nicht gegeben.
Es bestand ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung über die vom Kläger begangenen Tat, was sich schon daran zeigt, dass die Meldung von nahezu der gesamten deutschen, auch der sog. "seriösen" Presse verbreitet worden ist. Grundlage für das Informationsinteresse ist dabei zum einen die Abstammung des Klägers. Er gehört dem deutschen und britischen Hochadel an. (...)
Im Streitfall kommt entscheidend hinzu, dass der Kläger in der jüngeren Vergangenheit durch mehrere durch sein eigenes Verhalten veranlasste Verfehlungen, die zum Teil zur Strafverfolgung geführt haben, aufgefallen ist."
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4. KG Berlin: Kein Schadensersatz wg. Internet-Kontaktanzeige
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Das KG Berlin (Urt. v. 28.06.2004 - Az.: 10 U 182/03) hatte zu entscheiden, ob die Betreiberin eines Kontakt-Anzeigenportals im Internet für fremd eingestellte Inhalte haftet.
Die Beklagte betrieb im Internet ein Kontakt-Anzeigenportal. Die User konnten ein Foto von sich präsentieren und nähere Informationen zu ihrer Person einfügen. Die Registrierung geschah mittels E-Mail-Adresse. Dabei musste der User auch Name und Adresse angeben. Inzwischen sind es mehrere hunderttausend User, die sich bei dem Portal registriert haben.
Jemand unbekanntes Drittes stellte über die Klägerin ohne ihr Wissen Informationen über sie in dieses Portal ein. Als Bild lud der Dritte eine Nacktaufnahme der Klägerin hoch. Darunter schrieb der Dritte "(...) lad mich zum Date ein, schreib mir!". Sämtliche personenbezogenen Daten der Klägerin (Name, Alter, Adresse) waren in dem Profil angegeben.
Die Klägerin verlangte nun Schmerzensgeld iHv. 12.000,- EUR von der Betreiberin des Kontakt-Anzeigenportals, da sie durch die rechtswidrige Anzeige zahlreiche obszöne Anrufe erhalten und zudem einen Nervenzusammenbruch erlitten habe.
Das KG Berlin hat den Anspruch abgelehnt.
"Nach § 11 TDG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Informationen haben (...).
Nach diesen Vorschriften ist eine deliktische Handlung der Beklagten ausgeschlossen. Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei den in der Kontaktanzeige enthaltenen Informationen um (...) "fremde" Informationen gehandelt hat. Denn es ist unstreitig, dass ein unbekannt gebliebener Dritter die Kontaktanzeige unter dem Namen der Klägerin ins Internet eingestellt hat.
Zwar sind "eigene" Inhalte auch von Dritten hergestellte Inhalte, die sich der Anbieter zu eigen macht, indem er sie so übernimmt, dass er aus Sicht eines objektiven Dritten für sie Verantwortung tragen will. (...) Dazu bedarf es wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls (...).
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte jedoch keine "eigenen" Informationen bereitgestellt, denn jeder Besucher der Internetseite erfährt, wie die Kontaktanzeigen zu Stande kommen (...).
Dass (...) die Beklagte nicht etwa eine Vorauswahl trifft oder die Texte redigiert, sondern lediglich den Rahmen zur Verfügung stellt, den die Besucher der Inernetseite selbst ausfüllen.
Die Beklagte hat sich den Inhalt der fraglichen Kontaktanzeigen auch nicht dadurch zu Eigen gemacht, dass sie einen Rahmen für die Beiträge der Nutzer vorgegeben hat (...). Die Vorgabe einer solchen Struktur ist erforderlich, um das mit dem Dienst verfolgte Ziel zu erreichen."
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5. OLG Köln: Urheberschaft an Queen-Song
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In einem von den Mitgliedern der Rockgruppe „Queen" betriebenen Urheberrechtsstreit hatte das OLG Köln sich mit der Frage der Staatsangehörigkeit der Bandmitglieder zu befassen.
Die Kläger sind die drei nach dem Tode von Freddie Mercury verbliebenen Mitglieder von „Queen", die Beklagten sind eine auf dem Tonträgermarkt tätige GmbH und deren Geschäftsführer. Die beklagte GmbH erteilte anderen Firmen Lizenzen zur Veröffentlichung eines Mitschnitts des Titels „We will rock you", der anlässlich eines Live-Auftritts von „Queen" im Jahre 1977 in New York entstanden war.
Die Kläger bestreiten die Berechtigung der GmbH zur Lizenzerteilung an Dritte. Sie nehmen beide Beklagten auf Unterlassung der Herstellung, Verbreitung und Lizenzierung von Tonträgern mit dem Titel „We will rock you" sowie auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Über das Vermögen der beklagten GmbH ist zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Die Klage gegen den beklagten Geschäftsführer wies das LG Köln ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg (OLG Köln, Urteil v. 22. 9. 2004 - 6 U 50/04, nicht rechtskräftig = http://snipurl.com/a1zy):
Zwar könne den Klägern als ausübende Künstler Inlandsschutz nach Maßgabe des deutschen Urheberrechts zustehen, wenn sie Angehörige eines EU-Mitgliedsstaats seien. Für ihre von ihnen behauptete - von den Beklagten bestrittene - britische Staatsangehörigkeit hätten sie indes keinen tauglichen Beweis angetreten. Es sei weder offenkundig noch gerichtsbekannt, dass die Kläger Briten seien.
Die Berühmtheit von „Queen" betreffe vor allem ihr musikalisches Schaffen. Dass auch eine so spezielle Statusfrage wie die Staatsangehörigkeit der Bandmitglieder in Deutschland von allgemeinem Interesse und die Nationalität deshalb allgemein bekannt sei, könne nicht angenommen werden. Ein von den Klägern vorgelegter Internetauszug mit Angaben zu ihren Geburtsorten sei ohne Erkenntniswert.
Sofern die darin genannten Orte in Großbritannien liegen sollten, folge allein daraus nicht zwangsläufig, dass die Kläger überhaupt oder jedenfalls heute noch Briten seien. Im Zivilprozess könne das Gericht auch nicht auf eigene Recherchen in Biographien oder nicht näher bezeichneten Internetinformationen verwiesen werden. Das von den Klägern angebotene „Sachverständigengutachten" sei kein zum Nachweis einer bestimmten Staatsangehörigkeit geeignetes Beweismittel. Auf weitere Schutzvorschriften könnten die Kläger sich, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, nicht mit Erfolg berufen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 15.10.2004
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6. LG München I: Rechtswidrige Sportwette
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Die Beklagte betreibt in Salzburg ein nach österreichischem Recht konzessioniertes Wettbüro. Sie bietet gewerbsmäßig Sportwetten an, u.a. aus den Bereichen Fußball, Boxen, Formel 1, Leichtathletik und Tennis.
Der Wetteinsatz liegt bei mindestens € 10.--, der mögliche Gewinn für den Spielteilnehmer richtet sich nach einer zuvor festgesetzten Quote.
Ohne über eine von einer deutschen Behörde erteilte Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen zu verfügen, führte die Beklagte im Januar 2003 eine Versandaktion durch, in deren Rahmen sie jeweils einen ihrer Spielscheine mit einem Werbeanschreiben auch an Teilnehmer in Bayern schickte.
Auf den Spielscheinen befand sich ein Hinweis auf die Internetadresse einer Gesellschaft in Antigua, auf der ebenfalls Sportwetten sowie Internet-Casinospiele auch in deutscher Sprache angeboten wurden.
Wegen dieses Vorgehens erhob der Freistaat Bayern, der selbst eine Vielzahl von Glücksspielen betreibt (u.a. Toto und Oddset), als Wettbewerber Klage zum LG München I.
Die für Wettbewerbssachen zuständige 33. Zivilkammer verbot der Beklagten, Sportwetten in Deutschland anzubieten oder zu bewerben, ohne über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen. Außerdem wurde ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.
§ 284 StGB stellt die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels unter Strafe. Durch das Übersenden der Spielscheine hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer im Inland eine Sportwette und damit ein Glücksspiel veranstaltet.
Die österreichische Konzession kann die erforderliche Erlaubnis einer deutschen Behörde nicht ersetzen. Denn es ist auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit den Mitgliedsstaaten gestattet, die Veranstaltung von Glücksspielen unter innerstaatlichen Genehmigungsvorbehalt zu stellen.
Derjenige Staat, der eine behördliche Genehmigung voraussetzt, gibt dabei zu erkennen, dass er selbst im Einzelfall prüfen will, ob eine Genehmigung erteilt werden kann. Demzufolge kann die Genehmigung eines anderen Mitgliedsstaates die erforderliche deutsche Genehmigung nicht ersetzen, sondern kann allenfalls für die Prüfung der zuständigen deutschen Behörde indizielle Bedeutung haben. Das Verbot der Veranstaltung eines Glücksspiels ohne deutsche Genehmigung bleibt davon unberührt.
Quelle: Pressemitteilung des LG München v. 22.10.2004
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7. LG Hamburg: Auskunftsanspruch gegen Provider
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Das LG Hamburg (Urt. v. 07.07.2004 - Az.: 308 O 264/04 = http://snipurl.com/a202) hat den Anspruch eines Urhebers gegen einen Access-Provider auf Auskunft über die IP-Daten eines Kunden bejaht.
Die Antragstellerin war ein Unternehmen der Tonträgerindustrie und forderte vom Antragsgegner, einem Access-Provider, Auskunft über die Personalien eines der Kunden des Antragsgegners.
Ein Dritter, der auf einem Server die urheberrechtlich geschützten Werke der Antragstellerin rechtswidrigerweise verbreitete, ging über die Leitungen des Antragsgegners ins Internet. Nun begehrte die Antragstellerin nähere Auskünfte über die Person des Dritten.
Das LG Hamburg hat diesen Auskunftsanspruch bejaht und aus § 101 a UrhG hergeleitet:
"Die Antragstellerin ist durch die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen digitalen Vervielfältigungsstücke von Tonaufnahmen auf dem (...) Server in ihrem Recht als Tonträgerhersteller auf öffentliche Zugänglichmachung (...) verletzt.
Aufgrund der vorstehend beschriebenen Verletzung ihrer Leistungsschutzrechte ist die Antragstellerin berechtigt, in entsprechender Anwendung des § 101 a Abs. 1 UrhG Auskunft über den Betreiber des (...) Servers zu verlangen."
Zwar gelange die Norm nicht direkt zur Anwendung, aber die Regelung sei analog anzuwenden.
Die normalerweise geltenden Haftungsprivilegierungen nach den §§ 8 ff. TDG würden auf Auskunftsansprüche keine Anwendung finden. Vielmehr sei der Antragsgegner hier Mitstörer, so dass die allgemeinen Regeln zur Anwendung kämen.
Dadurch, dass der Antragsgegner auch nach Kenntnis dem Dritten weiterhin den Zugang zum Internet bereitstelle, ergeben sich eine Pflichtverletzung des Antragsgegners.
Auch datenschutzrechtliche Gründe, insbesondere das TDDSG, stünden einem Auskunftsanspruch nicht entgegen.
Das TDDSG schreibt in den §§ 5, 6 TDDSG ausdrücklich vor, dass derartige Informationen nur Strafverfolgungsbehörden und Gerichte die personenbezogenen Daten vom Provider herausverlangen können. Privatrechtliche Personen, die eine Rechtsverletzung geltend machen, können nur über den Umweg des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gehen, um an die Informationen zu gelangen. So ist auch erst vor kurzem die Musikindustrie in Deutschland bei den aktuellen Tauschbörsen-Urteilen vorgegangen, um an die Verletzerdaten zu kommen, vgl. die Kanzlei-Info v. 31.03.2004 = http://snipurl.com/73pe
Das LG Hamburg interpretiert das TDDSG - entgegen der bislang herrschenden Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur - als nicht abschließend an. Vielmehr sei ein Rückgriff auf § 28 Abs. 3 Nr.1 BDSG möglich, der einen solchen Auskunftsanspruch ausdrücklich zulasse.
Anmerkung:
Ähnlich wie das LG Köln (Urt. v. 28.07.2004 - Az.: 28 O 301/04) überrascht auch das LG Hamburg mit der Bejahung eines solchen Auskunftsanspruchs.
Das Urteil steht im klaren Widerspruch zur bisherigen Meinung in der datenschutzrechtlichen Literatur. Urteile zu diesem Komplex gibt es jedoch bislang so gut wie kaum.
Dass die Meinung der beiden Gerichte auch nicht mit der des Gesetzgebers übereinstimmt, zeigt der Umstand, dass derzeitig im Zuge der Urheberechtsreform (2. Korb) ein solcher Auskunftsanspruch speziell für Urheber gesetzlich verankert werden soll, vgl. die Kanzlei-Info v. 01.07.2004 (= http://snipurl.com/8298). Wenn es díesen Anspruch nach derzeitigem Recht schon gäbe, bestünde hinsichtlich des Punktes kein Änderungsbedarf mehr.
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8. AG Baden-Baden: Glücksspiel mit europäischer Lizenz nicht strafbar
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Das AG Baden-Baden (Beschl. v. 21.10.2004 - Az.: 5 Cs 305 Js 2486/04 AK 288/04) hatte zu beurteilen, ob das Anbieten von Sportwetten in Deutschland mit einer englischen Glücksspiel-Lizenz strafbar ist.
Das AG hat dies verneint:
"Die Angeschuldigten haben keine Einrichtung zu einem ohne behördliche Erlaubnis öffentlich veranstalteten Glücksspiel bereitgestellt. Denn die Firma L (...) verfügte über eine entsprechende behördliche Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB.
Weder der klare Wortlaut des § 284 StGB (...) noch die Auslegung (...) im Lichte des Europarechts vermögen die Einschränkung auf rein deutsche behördliche Erlaubnisse zu rechtfertigen. Vielmehr gilt die in einem Land der Europäischen Union erteilte Erlaubnis zwangsläufig auch in einem Anderen.
Jede andere Auslegung würde einen Verstoß gegen die im EG-Vertrag kodifizierte Dienstleistungsfreiheit darstellen, da diese den europäischen Anbieter, welcher über eine behördliche Erlaubnis seines Landes verfügt, in seiner Dienstleistungsfreiheit einschränken würde. Dies gilt umso mehr, als auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Veranstaltungen der hier angebotenen Art, nach Maßga-be einer behördlichen Erlaubnis, auch für deutsche Anbieter generell zulässig und nicht verboten sind."
Und weiter:
"Selbst wenn man unterstellt. dass die erteilte behördliche Erlaubnis unwirksam oder im Rahmen des § 284 StGB - entgegen der Ansicht des Gerichts - nicht anwendbar wäre, so läge gleichwohl eine Strafbarkeit nicht vor, da sich die Angeschuldigten in diesem Fall In einem Tatbestandsirrtum bzw. auf Grund der komplizierten Sach- und Rechtslage in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hät-ten. Eine Strafbarkeit für fahrlässiges Verhalten sieht das Gesetz nicht vor."
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9. Google & Recht
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Tina van der Linden-Smith, Lehrbeauftragte für Recht und Informationstechnologie an der Universität Utrecht (Niederlande), hat bei JurPC einen lesenswerten englischsprachigen Aufsatz über die rechtlichen Probleme der bekanntesten Suchmaschine in den letzten Jahren verfasst. Der Aufsatz ist hier online = http://snipurl.com/a217
Inhaltlich geht es u.a. um Placement on the PageRank, Patent law, Trademark law und Links.
Im Bereich des Placement on the PageRank schildert Linden-Smith den Fall der Suchmaschinen-Optimiererfirma SearchKing, die gegen Entgelt Links zu hohen Page-Ranking-Seiten verkauft hat. Google hat daraufhin SearchKing aus seinem Index entfernt. Gegen diese Entfernung ging SearchKing vor Gericht.
Innerhalb des Trademark law dreht sich um die Frage, inwieweit Google im Rahmen seiner AdWords- / AdSense-Angebote für die Markenverletzungen Dritter mithaftet.
Erst vor kurzem waren auch in Deutschland in zwei Verfahren die Google AdWords Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Im Fall des LG Hamburg haftete die bekannte Suchmaschine, weil sie auch nach Kenntnis der Markenverletzung den Begriff nicht deaktivierte, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr "(Mitstörer-) Haftung für Google AdWords" = http://snipurl.com/8cns
Vor dem LG München I dagegen wurde eine Haftung verneint, da Google noch keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit hatte und es somit in den Genuss der Haftungsprivilegierung nach § 11 TDG komme, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr "Doch keine Mitstörerhaftung bei Google AdWords?" = http://snipurl.com/8cnt
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10. In eigener Sache: Warum kommt der Newsletter schon heute?
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Sie werden sich schon gewundert haben. Der Newsletter kommt diese Woche ausnahmsweise einen Tag früher. Warum das?
Der Grund ist relativ einfach. Die Redaktion ist am heutigen Dienstag bei Zanox, einem der großen deutschen Merchants, auf eine Veranstaltung eingeladen, die sogenannte Zanox-Academy (= http://snipurl.com/a21b).
Nächste Woche gibt es den Newsletter dann wie gewohnt wieder am Mittwoch.
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