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Aber nicht jede Äußerung die unangebracht und moralisch anstößig ist, stellt ein strafbares Verhalten dar. Welche Grenzen sieht also das Gesetz vor? Mit dieser Frage hat sich der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts in seinem Urteil vom 7. September 2023 (Az. 1 ORs 10/23) auseinandergesetzt, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:
Der Angeklagte veröffentlichte Ende 2020 auf seinem Facebook-Profil einen sechseckigen gelbfarbenen Stern mit der Aufschrift „Nicht Geimpft“ auf hellblauem rechteckigen Hintergrund. Er hat damit auf seine eingeschränkte Lebenssituation infolge der Regelungen in der Corona Pandemie aufmerksam machen wollen.
Das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld hat den Angeklagten in einem daraufhin eingeleiteten Strafverfahren von dem Vorwurf der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) freigesprochen.
Das Verhalten des Angeklagten sei zweifelsohne unangebracht und geschmacklos, erfülle aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des Straftatbestandes. Der Angeklagte habe mit seiner Veröffentlichung zwar die im nationalsozialistischen Unrechtsregime mit dem sogenannten „Judenstern“ bezweckte Ausgrenzung verharmlost. Jedoch erfasse der Straftatbestand ausdrücklich nur Völkermordhandlungen i. S. d. § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB).
Die Staatsanwaltschaft Göttingen (ZHIN) hat gegen diese Entscheidung Revision eingelegt. In der heutigen Erinnerungskultur sei die Stigmatisierung der jüdischen Bevölkerung von ihrer Entrechtung und Verfolgung mit dem Ziel der Vernichtung nicht zu trennen. Die Pflicht, den sogenannten „Judenstern“ zu tragen, sei daher als Teil des Völkermordes anzusehen, so die Generalstaatsanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung.
Dieser Argumentation ist der 1. Strafsenat nicht gefolgt und hat die Revision verworfen. Der Senat hat bei seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass ihm jegliches Verständnis für die Äußerung des Angeklagten fehle, die das unermessliche Leid der jüdischen Bevölkerung unter dem Nationalsozialismus mit den Beschränkungen in der Corona Pandemie gleichsetze und damit verharmlose. Jedoch sei davon die Frage der Strafbarkeit zu trennen.
Der Gesetzgeber hat in dem Straftatbestand des § 130 Abs. 3 StGB sowohl nach dem eindeutigen Wortlaut als auch nach der Gesetzessystematik nicht jedwede Verharmlosung des NS-Unrechts unter Strafe gestellt. Das Gesetz verlange ausdrücklich, dass sich die Verharmlosung auf eine konkrete Völkermordhandlung beziehe. Das Amtsgericht habe daher zutreffend entschieden, dass die mit dem Stern bezweckte Ausgrenzung als Vorbereitungshandlung nicht mit einer in dem Gesetz bezeichneten Völkermordhandlungen gleichgesetzt werden könne. Zudem sei das veröffentlichte Bild auch nicht geeignet, den öffentlichen Frieden i. S. d. § 130 Abs. 3 StGB zu stören. Es sei nicht darauf gerichtet gewesen, Dritte zu etwaigen Gewalttaten oder Rechtsbrüchen anzustacheln.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig v. 13.09.2023
Vodafone bot seinen Kunden bei Mobilfunkverträgen die Möglichkeit von unterschiedlichen Datenvolumina an. Beim "Vodafone-Pass" wurde der Datenverbrauch bei der Nutzung bestimmter Online-Dienste (z.B. Spotify oder Facebook) anfiel, nicht auf monatliche Nutzungsvolumen angerechnet.
Mitte 2022 kam es dann zu Gerichtsurteilen, die den Dienst für Neukunden verboten. Anfang 2023 schließlich kündigte Vodafone all seinen Altkunden. Auf ein Sonderkündigungsrecht wies das Unternehmen nicht hin.
Dagegen ging die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich vor.
Das OLG Düsseldorf stufte das Vorgehen des Telekommunikationsanbieters als rechtswidrig ein. Es hätte entweder auf die Möglichkeit der Sonderkündigung hinweisen müssen oder für einen entsprechenden Ausgleich beim Datenvolumen sorgen müssen.
Da beides nicht geschehen sei, liege ein Rechtsverstoß vor:
Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert nicht (...) bereits daran, dass es sich um eine Kündigung/Vertragsanpassung nach §§ 313, 314 BGB gehandelt habe. § 313 BGB gewährt einem Vertragspartner kein einseitiges Änderungsrecht, wie es die Antragsgegnerin für sich in Anspruch nimmt, vielmehr lediglich einen Anspruch auf Vertragsverhandlungen über eine Anpassung des Vertrages (...).
Eine Kündigung hat die Antragsgegnerin nicht erklärt, auch nicht eine Änderungskündigung (...); die Antragsgegnerin wollte die Verträge nicht kündigen, sie hat die Fortsetzung des Vertrages auch nicht von der Annahme der Vertragsänderungen durch den Kunden abhängig gemacht. Die Antragsgegnerin hat sich den Kunden gegenüber auch nicht auf § 313 BGB berufen."
Die Antragstellerin möchte in Zweibrücken eine Wettvermittlungsstelle weiterbetreiben. Ihren Antrag auf Verlängerung der ihr befristet erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis lehnte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit der Begründung ab, dass der gesetzliche Mindestabstand zu einer Nachhilfeeinrichtung, die auch von Minderjährigen besucht werde, nicht eingehalten sei.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag, den Betrieb der Wettvermittlungsstelle vorübergehend weiter zu dulden, insbesondere keine Maßnahmen einzuleiten, die auf eine Schließung des Betriebs abzielen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Ihre hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück.
Die für den Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis dürfe nach dem Landesglücksspielgesetz Rheinland-Pfalz (LGlüG) nur erteilt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle unter anderem einen Mindestabstand von 250 Metern zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde, nicht unterschreite.
Die Voraussetzungen dieser Mindestabstandsregelung lägen nicht vor. Die Regelung sei auch nicht – wie von der Antragstellerin geltend gemacht – aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar.
Insbesondere ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot sei nicht feststellbar.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könnten nämlich solche Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung oder die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein.
Die restriktive Maßnahme müsse allerdings geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Der Senat teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Abstandsgebot dem Spieler- und Jugendschutz diene, da Sportwettangebote insbesondere auch für Kinder und Jugendliche ein hohes Gefährdungspotenzial hätten und damit eine örtliche Begrenzung des Angebots erreicht werden könne, um insbesondere Glücksspielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern und zu bekämpfen.
Das mit dem Abstandsgebot verfolgte Ziel der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes werde durch Ausnahmen in anderen Bereichen des Glücksspielrechts, insbesondere für Lotto-Annahmestellen und Bestandsspielhallen nicht derart konterkariert, dass eine kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele nicht mehr vorliege. Im Unterschied zu Wettvermittlungsstellen, in denen sich ausschließlich Kunden fänden, die Sportwetten abschließen möchten oder Wettergebnisse live über Bildschirme mitverfolgten, gingen in Lotto-Annahmestellen vor allem Kunden ein und aus, die mit gewöhnlichen, ihren Alltagsbedarf deckenden Bedürfnissen befasst seien.
Aus diesem Grund komme dem Glücksspielangebot in Lotto-Annahmestellen wegen der dort bestehenden sozialen Kontrolle eine andere Qualität zu. Für Spielhallen sehe das Landesglücksspielgesetz mit 500 Metern einen doppelt so hohen Mindestabstand unter anderem zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vor. Zwar habe der Gesetzgeber für bei Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes im Jahr 2012 bestehende Spielhallen eine großzügige Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2028 gewährt.
Die Übergangsfrist konterkariere die Mindestabstandsregelung aber nicht, weil sie ausweislich der Gesetzesmaterialien letztmalig verlängert worden sei und nur für Bestandsspielhallen gelte.
Beschluss vom 12. September 2023, Aktenzeichen: 6 B 10622/23.OVG
Quelle: Pressemitteilung des OVG Koblenz v. 22.09.2023
In der Vergangenheit war der Schuldnerin eine bestimmte Werbung verboten durch das Gericht verboten worden. Auch nach der Entscheidung fand sich die Erklärung jedoch weiterhin im Cache der betreffenden Webseite.
Der Gläubiger beantragte daher die Verhängung eines Ordnungsmittels. Die Schuldnerin verteidigte sich damit, dass sie sich mit den technischen Umstände nicht näher auskenne.
Dies ließ das OLG München nicht ausreichen, sondern verhängte ein entsprechendes Ordnungsgeld:
a) Insofern wird eingewandt, das Ordnungsgeld sei zu hoch und die eigene Verantwortung allenfalls gering. Die Schuldnerin habe sich umgehend darum bemüht, die Beseitigung von Presseveröffentlichungen zu bewerkstelligen. Dies sei innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen gelungen. Es habe sich „serverseitig“ um ein sog. Caching gehandelt. Der betroffene und geschützte Marktteilnehmerkreis werde durch die Aufbewahrung von Daten im Caching überhaupt nicht betroffen.
Frau P. habe den Cache nicht willentlich angelegt, sie habe davon nichts gewusst. Es sei Sache des Serverbetreibers, der auch die Zustimmung zur Löschung des „Coaching-Inhaltes“ erteilen müsse. Gleichwohl hätte die Schuldnerin unverzüglich Frau P. angewiesen, auch den Zugang zum Pufferspeicher zu löschen, nachdem dieser jetzt erstmals entdeckt worden sei. Es seien deshalb nicht so drastische Ordnungsmittel veranlasst. Denn die Schuldnerin sei von Anfang an bereit und willens gewesen, den Gerichtsauflagen zu entsprechen."
Diese im Bereich der Unterlassungstitel in Bezug auf bestimmte Internetinhalte bestehende Pflicht, auch Cache-Inhalte zu prüfen und ggfs zu löschen bzw. dies durch Dritte zu veranlassen, entspricht ständiger Rechtsprechung. Ein Titelschuldner muss sich insofern auch darüber informieren, wie er seinen Pflichten aus einem Titel vollständig nachkommt. Er hat für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzustehen. Auf einen vermeidbaren Verbotsirrtum kann sich der Schuldner nicht berufen (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 12 Rn. 5.7)."
Tatsächlich hatte sich dieser im Vorzimmer der Betriebsleitung eines Eingangsstempels bedient und damit Betriebsratsunterlagen abgestempelt, nachdem Mitarbeiter der Personalabteilung und der Betriebsleiter die Annahme dieser Unterlagen verweigert hatten. Die Arbeitgeberin erstattete daraufhin Strafanzeige gegen den Betriebsratsvorsitzenden und sprach ihm ein Hausverbot aus. Sie leitete ferner beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Verfahren auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ein.
Auf Antrag des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden wurde der Arbeitgeberin aufgegeben, dem Betriebsratsvorsitzenden ungehinderten Zutritt zu ihrem Gebäude und Gelände am Standort Frankfurt am Main zum Zwecke der Ausübung seiner Betriebsratstätigkeit zu gewähren. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Hessische Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Hessische Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Verweigerung des Zutritts des Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb durch Ausspruch eines Hausverbots stelle eine Behinderung der Betriebsratsarbeit dar.
Nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Bei ganz gravierenden Pflichtverletzungen müsse der Arbeitgeber selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts beim Arbeitsgericht stellen.
Bei der Bewertung komme es dabei nicht auf die strafrechtliche Betrachtung an, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern unzumutbar beeinträchtigt sei. Eine derart gravierende Störung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die eine Behinderung des Zugangs des Betriebsratsvorsitzenden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen könnte, sei im Übrigen nach den Umständen des Falles nicht festzustellen.
Gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren besteht kein weiteres Rechtsmittel. Der Beschluss ist damit rechtskräftig.
Hess. LAG, Beschluss vom 28. August 2023 - 16 TaBVGa 97/23 -
Quelle: Pressemitteilung des LAG Frankfurt a.M. v. 04.09.2023
Der 34-jährige Polizeihauptmeister war zuletzt bei der Bundespolizeidirektion Hannover eingesetzt. Gegen ihn wurde im Jahr 2020 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Noch im Vorfeld der Erhebung der Disziplinarklage wurde ihm zunächst die Führung der Dienstgeschäfte verboten, Anfang 2022 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben und seine Dienstbezüge wurden um die Hälfte gekürzt.
In der Disziplinarklageschrift wurden dem Beklagten sechs Sachverhaltskomplexe vorgehalten. Schwerpunktmäßig wurde ihm vorgeworfen, in seiner Freizeit Mitglied einer WhatsApp-Chatgruppe mit rechtsextremen und antisemitischen Beiträgen gewesen zu sein und sich mit den Mitgliedern der Chatgruppe auf eine Norwegenreise zu Schauplätzen des Zweiten Weltkriegs begeben zu haben, wo man das gemeinsame Ziel, sich widerrechtlich Wrackteile von abgestürzten Wehrmachtsflugzeugen zuzueignen, umsetzte. Außerdem wurden ihm weitere außerdienstliche Pflichtverstöße angelastet.
Nach Einschätzung des Gerichts reichte bereits die Verletzung der Verfassungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 Bundesbeamtengesetz) durch die erkennbar gewordene rechtsextreme Haltung des Beklagten, um ihn als nicht mehr für den Polizeidienst tragbar anzusehen.
Daneben sah das Gericht auch weitere Pflichtverstöße im In- und Ausland als erwiesen an, darunter ein waffenrechtliches Fehlverhalten.
Einen Vorwurf aus der Disziplinarklageschrift (Erledigung privater Verrichtungen unter Nutzung der Dienst-IT während der Arbeitszeit) sah die Kammer hingegen nicht als erwiesen an.
Nach Auffassung der Kammer zeigte sich in dem Gesamtverhalten des Beklagten eine mit dem Amt eines Polizeivollzugsbeamten nicht vereinbare charakterliche Schwäche. Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung unter anderem aus, dass die gezeigten Verhaltensweisen „das von der Öffentlichkeit in einen Polizisten als Repräsentant des Staates gesetzte Vertrauen“ endgültig zerstört hätten.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil steht dem Beamten die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.
Az. 14 A 5022/22
Quelle: Pressemitteilung des VG Hannover v. 14.09.2023
Die verklagte Zeitung beauftragte bei dem Kläger, einem freien Autor, einen Artikel zu einem bestimmten Thema. Dieser erstellte den Bericht und übersandte ihn dem Verlag mit dem Hinweis, dass alle Änderungen am Text mit ihm abgesprochen werden müssten.
Kurze Zeit später veröffentlichte die Zeitung den Bericht, hatte ihn jedoch mehrfach und nicht unerheblich gekürzt.
Das LG Köln sah darin eine Urheberrechtsverletzung.
Der Bericht sei urheberrechtlich geschützt, so das Gericht:
Nach diesen Grundsätzen ist bei dem streitgegenständlichen Artikel ohne Weiteres von einer persönlichen geistigen Schöpfung des Verfügungsklägers und damit einer Schutzfähigkeit des Artikels auszugehen. Die Länge des Artikels, die Gedankenführung des Verfügungsbeklagten in Bezug auf ein mögliches „Greenwashing“ von B. sowie die politischen Kontakte, die das Unternehmen unterhält, sowie die Originalität von Wortwahl, Satzbau und sprachlichen Bildern („Wendehälse mit schlechtem Gewissen sind für Richtungswechsel besonders geeignet“) gehen weit über eine bloße Aneinanderreihung vorgegebener Fakten, die ggf. nicht schutzfähig wäre, hinaus."
Wie bereits in der Beschlussverfügung angesprochen ist das Verhältnis zwischen § 14 UrhG und § 39 UrhG nicht abschließend geklärt (...). Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, weil der Artikel durch die von der Verfügungsbeklagten vorgenommenen Auslassungen i. S. d. § 14 UrhG beeinträchtigt wird.
Von einer Entstellung bzw. sonstigen Beeinträchtigung gem. § 14 UrhG ist auszugehen, wenn der geistig-ästhetische Gesamteindruck des Werks beeinträchtigt wird, die Beeinträchtigung geeignet ist, die Interessen des Urhebers zu gefährden und eine Interessenabwägung zulasten des Beeinträchtigenden ausfällt (...). Eine Beeinträchtigung liegt bei jeder objektiv nachweisbaren Änderung des vom Urheber bestimmten Gesamteindrucks vor (...)."
Das Fazit „Wendehälse mit schlechtem Gewissen sind für Richtungswechsel besonders geeignet“ zeichnet sich zudem – jedenfalls im Kontext des Gesamtwerks – durch eine besondere sprachliche Individualität und Originalität aus. Diese fußt auf einer persönlichen geistigen Schöpfung des Verfügungsbeklagten und verstärkt den Eindruck einer individuellen Stellungnahme zum Thema. Durch die Auslassungen geht ein maßgeblicher Teil der Aussage des Artikels verloren, zumal die Verknüpfungen des Konzerns zu verschiedenen Personen des politischen Lebens in einer vom Verfügungskläger individuell und ohne Sachzwänge gewählten Abfolge dargestellt worden sind.
Diese Teile waren gerade auch für die Verfügungsbeklagte von besonderer Bedeutung, hatte Herr T. den Verfügungsbeklagten doch explizit mit der Durchdringung der politischen Beziehungen von B. beauftragt („Wer stürzt [sic] sie politisch?“). Insofern erscheint der Vortrag der Verfügungsbeklagten, die Änderungen seien geringfügig gewesen und hätten sich auf den unbedingt erforderlichen Umfang beschränkt, nicht tragfähig und sogar widersprüchlich."
Die Klägerin war professionelle Ghostwriterin, der Beklagte Psychotherapeut.
Die Parteien schlossen mündlich Ghostwriter-Vertrag über die Erstellung eines Buches, das die mehrjährige Tätigkeit des Beklagten als Psychotherapeut zum Gegenstand hatte. Hierfür erhielt sie ein Honorar von knapp 12.000,- EUR.
Die genauen Verabredungen zwischen den Parteien waren streitig. Der Beklagte meinte, die Klägerin habe, wie in Ghostwriter-Kontrakten üblich, explizit auf die Namensnennung verzichtet. Die Klägerin trug hingegen vor, es sei vereinbart gewesen, dass sie im Impressum des Buches genannt werde ("Redaktionelle Beratung XY...") und zudem auch in der Danksagung.
Das Buch erschien ohne jede Nennung auf die Klägerin.
Dagegen klagte die Ghostwriterin und bekam einen Schadensersatz von rund 12.000,- EUR zugesprochen.
Der Beklagte habe durch das Weglassen des Namens eine Urheberrechtsverletzung begangen:
Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend jedenfalls kein Hinweis auf einen schuldrechtlich zumindest zeitweise wirksamen Verzicht der Klägerin auf ihr Benennungsrecht aus § 13 S. 2 UrhG in der geforderten Art und Weise. Denn unstreitig besteht keine schriftliche Vereinbarung hierüber zwischen den Parteien.
Der Beklagte bestreitet vielmehr eine Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin im Buch genannt werden sollte. Dies ist jedoch angesichts der Ausnahmekonstellation des schuldrechtlichen Verzichts auf die Urheberbenennung unbehelflich. Selbst wenn die Klägerin eine Vereinbarung dahingehend, dass sie im Impressum in der gewünschten Weise benannt wird, nicht beweisen könnte, würde damit nicht ihr Recht nach § 13 S. 2 UrhG wegfallen."
In diese Richtung lässt sich auch der bestrittene Vortrag verstehen, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Druckbeauftragung bewusst auf einen Hinweis verzichtet. Jedoch sind – auch vom BGH anerkannte - Verkehrsgewohnheiten oder allgemeine Branchenübungen, die das Recht zur Urheberbenennung einschränken könnten, vorliegend für den Bereich der Ghostwriter-Vereinbarungen nicht erkennbar und vor allem nicht durch den insoweit darlegungsbelasteten Beklagten vorgetragen.
Es bleibt insoweit bei der pauschalen Behauptung, die Nichtnennung würde dem „Sinn“ der Ghostwriter-Vereinbarung entsprechen. Dass eine komplette Nichtnennung für den Bereich der Literatur (im Vergleich etwa zu politischen Reden oder Vorträgen) jedoch der Standard sein soll, kann die Kammer nicht erkennen.
Denn zum einen verweist die Klägerin nachvollziehbar darauf, dass die Nennung in der gewünschten Art und Weise für sie – neben „Mundpropaganda“ – die einzige verlässliche Werbung für ihre Dienste darstellt. Zum anderen ist der Kammer, die etwa mit Rechtsstreitigkeiten zwischen einem früheren Bundeskanzler und dem für dessen Memoiren tätigen Ghostwriter befasst war und ggf. in Zukunft wieder sein wird (...), bekannt, dass eine gewisse Information über die Identität eines Ghostwriters nicht unüblich und im Ergebnis nicht vermeidbar ist.
Hinzu kommt, dass auch im wissenschaftlichen Bereich Ghostwriting etwa derart honoriert wird, dass in Fußnoten für die Unterstützung gedankt wird (...). Nach alledem bewegt sich die gewünschte Nennung der Klägerin im Impressum des Buchs im Rahmen des Üblichen. Es bedarf demnach keiner weiteren Entscheidung, ob eine etwaige Branchenübung auch stillschweigen Vertragsgegenstand zwischen den Parteien geworden ist."
Wegen der fehlenden Urheberbenennung ist regelmäßig ein Zuschlag von 100% auf die Lizenzgebühr anzusetzen.
Es ist jedenfalls ständige Rechtsprechung der hiesigen Kammer in Urheberrechtsstreitsachen beim bloßen Weglassen der Urheberbenennung schon regelmäßig einen Zuschlag von 100% anzunehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Lizenzgebühr bereits bezahlt ist und die Rechtsverletzung sich in der fehlenden oder falschen Urheberbenennung erschöpft. In solchen Fällen kommt eine Berechnungsmethode nach dem Motto „2 x 0 ist immer 0!“ nicht in Betracht (...)."
Die Kollegin des Arbeitnehmers und hiesigen Klägers hatte diesem gegenüber über Rückenschmerzen geklagt. Mit ihrer Einwilligung berührte der Kläger, der hinter der Kollegin saß, zunächst ihren Rücken, der nach Hochschieben ihrer Oberbekleidung und Öffnen des BH unbekleidet war, um diesen abzutasten. Die Bundesbehörde hat behauptet, der Kläger habe sodann ohne Einverständnis der betroffenen Kollegin seine Hände unter deren BH geschoben und auf ihre unbekleideten Brüste gelegt.
Nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der betroffenen Kollegin als Zeugin hat das Arbeitsgericht die Angabe des Klägers, es habe sich um ein unbeabsichtigtes seitliches Streifen der Brüste bei dem Versuch, den BH wieder zu schließen, gehandelt, für eine Schutzbehauptung gehalten.
Die Schilderung der Kollegin sei hingegen glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, die Kollegin wolle den Kläger zu Unrecht einer sexuellen Belästigung bezichtigen, hat das Arbeitsgericht nicht erkennen können. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung, die möglicherweise sogar strafrechtlich relevant sei, sei eine Abmahnung entbehrlich. Die Abwägung der Interessen der Arbeitgeberin einerseits und des nur noch außerordentlich kündbaren Klägers andererseits falle trotz der 19-jährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses zu dessen Lasten aus.
Gegen das Urteil kann der Kläger Berufung zum Landesarbeitsgericht einlegen.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 6. September 2023, Aktenzeichen 22 Ca 1097/23
Quelle: Pressemitteilung des ArbG Berlin v. 19.09.2023
Im Streit um Ansprüche aus einem Reisevertrag verurteilte das Amtsgericht München am 14.04.2023 eine Reiseveranstalterin mit Sitz in München zur Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 719,50 EUR.
Der Münchner Kläger hatte im April 2022 bei der Beklagten über deren Internetportal eine Flugpauschalreise nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik über Weihnachten und Silvester 2022 einschließlich Hotelunterkunft und All-Inclusive-Verpflegung zu einem Reisepreis in Höhe von 2.878 EUR gebucht.
Wenige Tage nach der Buchung erklärte die Beklagte per E-Mail die Anfechtung des Reisevertrages aufgrund eines nicht näher beschriebenen „Eingabe/Tippfehlers“ und einem sich daraus ergebenden Preisunterschied. Die Beklagte bot dem Kläger an, die Reise zu einem Gesamtpreis von 6.260 EUR wahrzunehmen, was dieser ablehnte.
Aufgrund der nicht durchgeführten Reise forderte der Kläger von der Beklagten eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Höhe der Hälfte des ursprünglich gebuchten Reisepreises.
Das Amtsgericht erachtete die Klage für teilweise begründet und sprach dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 25 % des Urlaubspreises zu.
Das Amtsgericht München führte in den Entscheidungsgründen wie folgt aus:
Der Irrtum erfolgte hier nicht bei Abgabe der Willenserklärung der Beklagten gegenüber dem Kläger, sondern es handelt sich um einen Irrtum in der Erklärungsvorbereitung nämlich bei der Berechnung des Gesamtreisepreises. (…)
Die Beklagte hat, aufgrund der von der Firma M. falsch eingegebenen und anschließend falsch übermittelten Daten, ihren Willen bezüglich des Gesamtpreises falsch gebildet, da eine Kalkulationsgrundlage fehlerhaft war.
Wie vom Zeugen R. glaubhaft ausgesagt, übermittelt die Firma M. die Einkaufspreise pro Person in USD an das System der Beklagten. Dort werden die Preise vom System in Euro umgerechnet und anschließend mit der Verkaufsmarge der Beklagten versehen.
Die so gefundenen Verkaufspreise werden dann vom System der Beklagten an C. [das von der Beklagten betriebene Buchungsportal] weiter übermittelt und verarbeitet. Entsprechend des vom Kläger bei Buchung angegebenen Zeitraums und der ausgewählten Zimmerkategorie, wird dann der Verkaufspreis vom System berechnet und dem Kunden angezeigt.
Die von der Firma M. übermittelten Daten dienten der Beklagten daher lediglich als Kalkulationsgrundlage für die Berechnung des Gesamtreisepreises. Der Irrtum entstand schon nicht bei der Beklagten, sondern bei einem Mitarbeiter der Firma M. Der Irrtum betraf auch nur einen Rechnungsfaktor, aus dem der Reisepreis später vom System der Beklagten gebildet wurde.(…)
Bei Buchung wurde dann entsprechend den Eingaben des Klägers bzgl. Zimmerkategorie und Reisezeitraum aus den für verschiedene Reisezeiträume festgesetzten Einzelpreisen der Gesamtreisepreis vom System errechnet. Diese Konfiguration erfolgte so wie vom System vorgesehen. Der dem Kläger gegenüber angegebenen Reisepreis entsprach den Konfigurationsvorgaben der Beklagten. Nachdem der Reisende keinen Einblick in die Kalkulation des Reisepreises hat, liegt hier nur ein interner Kalkulationsirrtum vor, der als Motivirrtum unbeachtlich ist. Ein Anfechtungsgrund stand der Beklagten daher nicht zu. (…)
Der Kläger kann nach §§ 651i Abs. 2 Nr. 7, 651n Abs. 2 BGB Entschädigung in Geld verlangen. (…)
Der Anspruch besteht jedoch nur in der Höhe von 719,50 €. Die Höhe des Entschädigungsanspruchs aus § 651n Abs. 2 BGB richtet sich nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Maßgebliches Kriterium kann dabei jedenfalls der tatsächlich vereinbarte Reisepreis sein, da dieser regelmäßig zeigt, wie viel Geld der mit der geplanten Reise verbundene immaterielle Gewinn dem Reisenden wert ist; hier 2.878,00 €.
Jedoch sind auch sonstige Umstände zu berücksichtigen. Hier erfolgte die Mitteilung der Beklagten, die Reise nicht zum gebuchten Preis durchführen zu wollen, nur wenige Tage nach der Buchung und mehr als halbes Jahr vor dem geplanten Reiseantritt. Der Kläger hatte somit noch nicht lange Zeit mit Vorfreude und Planung auf die gebuchte Reise verbringen können. Er hatte auch noch ausreichend Zeit sich um eine Alternativreise für den geplanten Weihnachtsurlaub zu bemühen. (…)
Das Gericht hält daher eine Entschädigung in Höhe von 25 % des Urlaubspreises für angemessen und ausreichend.“
Aktenzeichen: 113 C 13080/22
Das Verfahren ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 18.09.2023
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Newsletter
vom 27.09.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 39. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. OLG Braunschweig: "Nicht Geimpft"-Stern auf Facebook ist keine strafbare Volksverhetzung
2. OLG Düsseldorf: Bei Wegfall des "Vodafone-Pass" Sonderkündigungsrecht des Kunden
3. OVG Koblenz: Mindestabstand von 250 Metern für Wettvermittlungsstellen ggü. Schulen rechtmäßig
4. OLG München: Schuldner haftet auch für nicht gelöschten Webseiten-Cache
5. LAG Frankfurt a.M.: Hausverbot gegen Betriebsratsvorsitzenden rechtswidrig
6. VG Hannover: Wegen rechtsextremer WhatsApp-Chats wird Bundespolizist aus dem Dienst entfernt
7. LG Köln: Zeitung darf nicht ungefragt Artikel eines Autoren kürzen
8. LG Köln: Auch Ghostwriter hat Anspruch auf Namensnennung, andernfalls Urheberrechtsverletzung
9. ArbG Berlin: Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam
10. AG München: Reiseveranstalter an zu günstig berechneten Online-Reisepreis gebunden
Die einzelnen News:
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1. OLG Braunschweig: "Nicht Geimpft"-Stern auf Facebook ist keine strafbare Volksverhetzung
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Es ist bekannt, dass die Verwendung von Symbolen mit Bezug zum Nationalsozialismus nicht nur gesellschaftlich verfehlt, sondern in bestimmten Konstellationen auch strafbar ist. Dabei sieht das Gesetz nicht nur eine Strafbarkeit im Fall der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen, wie beispielsweise dem Hakenkreuz, vor. Auch die Verharmlosung von NS-Verbrechen ist als Volksverhetzung unter Strafe gestellt.
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2. OLG Düsseldorf: Bei Wegfall des "Vodafone-Pass" Sonderkündigungsrecht des Kunden
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Streicht ein Unternehmen eine Streaming-Option (hier: "Vodafone-Pass"), muss es einen entsprechenden Ausgleich beim Datenvolumen herstellen. Andernfalls besteht für den Kunden ein Sonderkündigungsrecht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.09.2023 - Az.: I-20 U 72/33).
"Entgegen der Auffassung des Landgerichts greift § 57 Abs. 1 TKG n.F. mit der Kündigungsmöglichkeit des Kunden im vorliegenden Fall ein.
Und weiter:
"Die Vorschrift des § 57 Abs. 1 TKG greift auch dann ein. Wie aus Art. 105 Abs. 4 RL (EU) 2018/1972 hervorgeht, gilt das Kündigungsrecht bei (...) allen einseitigen Vertragsänderungen. Der Gesetzgeber des TKG wollte in § 57 die Richtlinie ordnungsgemäß umsetzen (BT-Drs. 19/26108, S. 289). Fallgestaltungen, in denen ein Mobilfunkunternehmen eine einseitige Vertragsänderung ohne entsprechende AGB-Klausel vornehmen würde, lagen dem Gesetzgeber erkennbar vollständig fern."
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3. OVG Koblenz: Mindestabstand von 250 Metern für Wettvermittlungsstellen ggü. Schulen rechtmäßig
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Die Regelung im Landesglücksspielgesetz, wonach Wettvermittlungsstellen einen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, einhalten müssen, ist mit Unionsrecht vereinbar. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilverfahren.
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4. OLG München: Schuldner haftet auch für nicht gelöschten Webseiten-Cache
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Der Schuldner eines gerichtlichen Unterlassungstitels (hier: Verbot von Werbe-Aussagen) muss alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um das Verbot einzuhalten. Er haftet somit in den Fällen, in denen er aus Unwissenheit (hier: fehlende technische Kenntnis des Webseiten-Cache), einer Pflicht nicht nachkommt (OLG München, Beschl. v. 26.04.2023 - Az.: 29 W 1697/21).
"Die Einwendungen gegen die Verantwortlichkeit und die Höhe des Ordnungsgeldes verfangen nicht.
Und weiter:
"b) Ein Unterlassungstitel verpflichtet den Schuldner indes auch, etwaige gegen den Titel verstoßende Cache-Inhalte zu löschen bzw. auf Dritte entsprechend einzuwirken, um sicherzustellen, dass die zu unterlassenden Aussagen auch durch die gängigen Internetsuchmaschinen nicht weiter – auch nicht über eine Cache-Speicherung – erreichbar bzw. abrufbar sind (BGH GRUR 2018, 1183 Rn. 13 – Wirbel um Bauschutt).
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5. LAG Frankfurt a.M.: Hausverbot gegen Betriebsratsvorsitzenden rechtswidrig
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Mit Erfolg haben sich der Betriebsrat und sein Vorsitzender im Eilverfahren gegen ein dem Betriebsratsvorsitzenden erteiltes Hausverbot gewandt. Ein solches hatte die Arbeitgeberin, ein u.a. am Flughafen Frankfurt am Main tätiges Catering-Unternehmen für Fluggesellschaften, mit der Begründung ausgesprochen, der Betriebsratsvorsitzende habe Urkunden gefälscht und damit eine Straftat begangen.
Vorinstanz: ArbG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3. Mai 2023 -13 BVGa 223/23 -
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6. VG Hannover: Wegen rechtsextremer WhatsApp-Chats wird Bundespolizist aus dem Dienst entfernt
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Die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat mit Urteil vom heutigen Tage einer Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Dienst stattgegeben.
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7. LG Köln: Zeitung darf nicht ungefragt Artikel eines Autoren kürzen
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Einer Zeitung ist nicht erlaubt, den in Auftrag gegebenen Artikel eines Autoren zu kürzen, wenn dieser ausdrücklich erklärt, dass sämtliche Änderungen vorab mit ihm abzusprechen sind. Erfolgt gleichwohl eine Abänderung, handelt es sich um eine Urheberrechtsverletzung (LG Köln, Urt. v. 10.08.2023 - Az.: 14 O 144/23).
"Bei dem Artikel (...) handelt es sich um ein geschütztes Sprachwerk i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Ein Sprachwerk genießt dann urheberrechtlichen Schutz, wenn es auf einer persönlichen geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG beruht. (...)
Es liege auch eine Urheberrechtsverletzung vor:
"Die Verfügungsbeklagte hat das Werk des Verfügungsklägers durch die Entfernung der im Tenor der Beschlussverfügung genannten Passagen ohne dessen Zustimmung verändert und es damit beeinträchtigt (§ 14 UrhG) bzw. in unzulässiger Weise verändert (§ 39 Abs. 1 UrhG). Die durch die Verfügungsbeklagte vorgenommenen Änderungen sind insbesondere nicht im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung bzw. über § 39 Abs. 2 UrhG als gerechtfertigt anzusehen.
Und weiter:
"Nach diesen Maßstäben liegt bei den im Tenor aufgeführten Auslassungen ein hinreichend relevanter Eingriff in den Gesamteindruck des Sprachwerks vor. In objektiver Hinsicht fehlen in der angegriffenen Fassung zum einen Ausführungen zur bekannten Verteidigungspolitikerin H.-Y. und zum anderen das abschließende Fazit zu dem Themenkomplex der politischen Verflechtungen von B..
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8. LG Köln: Auch Ghostwriter hat Anspruch auf Namensnennung, andernfalls Urheberrechtsverletzung
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Auch Ghostwriter, die ein Buch schreiben, können einen Anspruch auf Namensnennung haben. Wird der Ghostwriter nicht genannt, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor (LG Köln, Urt. v. 13.07.2023 - Az.: 237/22).
"Bei der Prüfung der Frage, ob eine - stillschweigend erfolgte - vertragliche Einschränkung des Namensnennungsrechts aufgrund von Branchenübungen anzuerkennen ist, sind keine zu geringen Anforderungen zu stellen. (...). Beweisbelastet für die Branchenübung und die Kenntnis des Urhebers von ihr ist der Verwerter. Im Zweifel ist deshalb nach dem Grundsatz der Zweckübertragungslehre zugunsten des Urhebers und seines Urhebernennungsrechts zu entscheiden (...).
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine Namensnennung möglicherweise dem Sinn und Zweck einer Ghostwriter-Tätigkeit entgegenstehen könnte:
"Soweit der Beklagte weiter darauf hinweist, dass das Ausbleiben der Nennung der Urheberschaft im Übrigen dem Sinn einer Ghostwriter-Vereinbarung entspreche, führt auch dies nicht zu der Annahme eines stillschweigenden oder konkludenten Verzichts durch die Klägerin.
Die Höhe des Schadens ergebe sich aus dem ursprünglich gezahlten Honorar. Bei einer fehlenden Urheberbenennung sei von einem 100 % Schadensaufschlag auszugehen:
"Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung zu zahlen ist (...).
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9. ArbG Berlin: Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam
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Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose Kündigung eines bei einer Bundesbehörde beschäftigten Arbeitnehmers wegen des Vorwurfs, dieser habe vorsätzlich die unbekleideten Brüste einer Arbeitskollegin ohne deren Einwilligung berührt, für wirksam erachtet.
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10. AG München: Reiseveranstalter an zu günstig berechneten Online-Reisepreis gebunden
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Kalkulationsirrtum rechtfertigt keine Anfechtung des Reisevertrages
„Ein Anfechtungsgrund, insbesondere ein Erklärungsirrtum lag nicht vor. Sowohl Willensäußerung als auch Willensbildung der Beklagten waren fehlerfrei, es lag lediglich ein unbeachtlicher Kalkulationsirrtum vor.
Urteil des Amtsgerichts München vom 14.04.2023
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