Zurück |
Newsletter vom 27.11.2013 |
Betreff: Rechts-Newsletter 48. KW / 2013: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. OLG Bamberg: Kunden-werben-Kunden-Aktion einer Apotheke zulässig _____________________________________________________________ Das OLG Bamberg (Urt. v. 09.10.2013 - Az.: 3 U 48/13) hat entschieden, dass die Kunden-werben-Kunden-Aktion einer Apotheke grundsätzlich zulässig ist. Die verklagte Apotheke bot ihren Kunden für die Werbung eines Neukunden einen Einkaufsgutschein iHv. 5,- EUR an. Der Gutschein konnte nur für den Erwerb rezeptfreier Produkte und erst ab einem Einkaufswert von 20,- EUR eingelöst werden. Der Kläger sah durch diese Werbeaktion heilmittelwerberechtliche Vorschriften verletzt, da es sich um produktbezogene Absatzwerbung handle. Dieser Ansicht ist das OLG nicht gefolgt. Vielmehr hat es die Maßnahmen als unternehmensbezogene Imagewerbung eingestuft, die auch nach den Vorschriften des Heimittelwerbegesetzes (HWG) erlaubt sei. Denn das HWG verbiete grundsätzlich nur die produktbezogene Werbung, jedoch nicht die allgemeine Firmenpräsentation.
Da im vorliegenden Fall kein konkretes Produkt beworben werde, werde ausschließlich das Image des Unternehmens gefördert.
Die Klägerin, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, ging gegen den Beklagten wegen unerlaubter Telefonanrufe vor. Der Beklagte berief sich auf Verjährung. Die Klägerin wisse zwar erst seit kurzem von den Wettbewerbsverletzungen. Jedoch sei ihr die Kenntnis der Industrie- und Handelskammer (IHK) zuzurechnen. Da die IHK bereits seit längerem Bescheid wisse und die Klägerin später über den Vorgang informiert habe, handle es sich um "abgeleitetes" Recht, dessen Ansprüche nach Ablauf von sechs Monaten verjährt seien. Das OLG Saarbrücken hat eine solche Wissenszurechnung abgelehnt und keine Verjährung angenommen. Eine Zurechnung erfolge nur dann, wenn es sich bei der IHK um einen Wissensvertreter der Klägerin handle. Wissensvertreter sei allerdings nur, wer im Rahmen der betrieblichen Organisation in einen Aufgabenkreis eingebunden sei. Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr handle es sich bei der Klägerin und der IHK um zwei rechtlich selbständige Organisationen.
Auch mache die Klägerin einen eigenen Unterlassungsanspruch geltend und nicht einen "abgetretenen". Das Gesetz berechtige sie ausdrücklich dazu, die Wettbewerbsverstöße in eigenem Namen zu verfolgen.
Etwa die Hälfte der Klauseln schränkte die Rechte der Nutzer ein. So behielt sich Google vor, sämtliche in den Diensten eingestellte Daten zu überprüfen, zu ändern und zu löschen und Anwendungen durch direkten Zugriff auf das jeweilige Gerät zu entfernen. Zwar sollte der User hierüber vorab informiert werden, jedoch aber nur, wenn dies "vernünftigerweise möglich" sei. Eine genaue Erklärung, was darunter zu verstehen war, gab es nicht.
Google ist nicht das einzige große Internet-Unternehmen, dessen Datenschutz-Bestimmungen in der letzten Zeit für rechtswidrig erklärt wurden. Auch Apple und Samsung sind beispielsweise betroffen.
Das Gericht beruft sich dabei auf § 312 d Abs.4 Nr.1 BGB, wo es heißt: "Das Widerrufsrecht besteht (...) nicht bei Fernabsatzverträge, die (...) auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind (...)." Die Robenträger legen dabei die Gesetzesnorm so aus, dass hierunter auch die Sachverhalte fallen, wo der Verkäufer zurückgesandte Produkte aus rechtlichen Gründen nicht mehr weiterveräußern darf. Ein solches Wiederverkaufsverbot existiere zwar für Fertigarzneimittel nicht eindeutig. Jedoch sei der Arzneimittelgroßhandel verpflichtet, zurückgenommene Arzneimittel getrennt von den zur Abgabe bestimmten Beständen zu lagern und diese als "nicht verkehrsfähig" kenntlich zu machen. Sollte der Zurückgebende keine Angaben zur Verkehrsfähigkeit des Produktes machen, ist der Händler verpflichtet, die Ware zu vernichten. Bei privaten Endverbrauchern sei die fachgerechte Lagerung und die Konstanz der qualitätsbestimmenden Faktoren (Arzneimittelstabilität) noch weniger gewährleistet als im Großhandelsbereich durch Apotheken. Insbesondere könnten Verbraucher keine verläßlichen Angaben zur Verkehrsfähigkeit der zurückgegebenen Arzneimittel machen. Insofern müsse der Händler im Zweifelsfall das zurückgenommene Produkt aus rechtlichen Gründen vernichten.
Da den Verkäufer eine solche Vernichtungspflicht treffe, sei eine Rücknahme aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, so dass das Widerrufsrecht nicht greife.
Die Klägerin ging gegen bestimmte AGB-Regelungen der bekannten SAP-Software vor, u.a.: "Ziffer 2.4.2: Die Richter stuften beide Regelungen als rechtswidrig ein. Ziffer 2.4.2 sei nicht mit dem Grundgedanken des urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes vereinbar. Es handle sich um ein zu weitgehendes Weiterveräußerungsverbot. Zwar könne der Beklagten ein berechtigtes Interesse, einen eventuellen Missbrauch zu verhindern, nicht grundsätzlich abgesprochen werden. Jedoch sei das Recht, das sich die Beklagte hier einräumen lasse, viel zu weitgehend und benachteilige den Käufer daher unangemessen.
Ziffer 3 sei ebenso verboten. Die Bestimmung könne nicht anders ausgelegt werden, als dass sie jede Form der Nutzung erfasse, d.h. auch die Fälle, wo von dem Käufer Software von Dritten bezogen würde. Eine solche umfassende Regelung greife zu weitgehend in die geschützten Interessen des Käufers sein, der dadurch massiv in seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit beschränkt werde.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin, Vodafone, einen Mobilfunkvertrag zum Pauschaltarif (Flatrate). Als er die anfallenden Rechnungen nicht fristgerecht beglich, kündigte Vodafone den Vertrag außerordentlich und machte u.a. die ausstehenden Pauschaltarife als Schadensersatz geltend. Das AG Bremen hat der Klägerin nur 50% dieser Summe zugesprochen. Die Firma müsse sich den anderen Teil als ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Die ursprünglich für den Beklagten vorgesehenen Ressourcen könnten anderweitig verwendet werden.
Da Vodafone keine Angaben zu der konkreten Aufteilung der Kosten bei der Flatrate gemacht hatte, musste das Gericht den eingetretenen Schaden schätzen. Es orientierte sich dabei an den Beträgen, die das AG Tempelhof-Kreuzberg (Urt. v. 05.09.2013 - Az.: 24 C 107/12) festgelegt hatte.
Ende 2009 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen einer behaupteten Verletzung von knapp 540 Musikdateien in einer P2P-Tauschbörse ab. In dem anwaltllich formulierten Schreiben hieß es: "Inwieweit Sie die Rechtsverletzungen im selbst begangen haben, wurde bislang zwar nicht abschließend geklärt, als Inhaber des verfahrensgegenständlichen Internetanschlusses sind Sie jedoch jedenfalls zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten verpflichtet. Bereits dieser Kostenerstattungsanspruch führt dabei - angesichts der regelmäßig in Fällen der vorliegenden Art gerichtlich angenommenen Gegenstandswerte von 10'000 Euro pro verfügbar gemachtem Audiotitel - zu erheblichen Ersatzbeträgen. Dies verdeutlicht die beispielhafte Berechnung eines Kostenerstattungsanspruchs bei nur zehn zur Verfügung gestellten Musikdateien der o.g. vier Mandanten, aus der sich eine Kostenerstattungsforderung von 2'998,80 Euro ergibt." Und weiter: "Wir weisen zudem darauf hin, dass es Ihnen als Anschlussinhaber bei Bestreiten der eigenen Tatbegehung im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast obläge, substantiiert zur Aufklärung der Frage beizutragen, wer als Täter die über Ihren Anschluss erfolgten Urheberrechtsverletzungen begangen hat. (...) Auch der Auskunftsanspruch sowie die Obliegenheit, über Namen und Anschrift des unmittelbar Verantwortlichen sowie die weitere Verwertung der Tonaufnahmen Auskunft zu erteilen, hätte sich im Falle einer Einigung erledigt." Die Klägerin machte am Ende einen Vergleichsvorschlag von 4.000,- EUR, den die Beklagte annahm. Als die Beklagte den Betrag nicht zahlte, ging die Klägerin nun aus dem Vergleich vor. Das AG Düsseldorf wies die Klage ab. Der Vergleich sei arglistig erlangt worden und somit nicht wirksam. Der Klägerin stehe kein Zahlungsanspruch zu. Denn die Firma habe den Vergleich durch einen versuchten Betrug erlangt. Durch eine bewusst falsche Darstellung der Rechtsprechung in dem Abmahnschreiben sei die Beklagte über wesentliche Punkte ihrer Verpflichtungen in die Irre geführt worden. Auch wenn die BGH-Rechtsprechung ("Sommer unseres Lebens") erst im Jahre 2010 ergangen sei, sei - so die Ansicht des AG Düsseldorf - schon vorher geklärt gewesen, dass eine Haftung in diesen Fällen die Verletzung einer Prüfpflicht voraussetze. Auch die zugrunde gelegten Streitwerte seien bereits damals überzogen gewesen. Insofern seien die Ausführungen in dem Abmahnschreiben objektiv unwahr und täuschten die Beklagte bewusst über die objektive Rechtslage.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die spannende Frage, inwieweit in dem Abmahnschreiben objektiv tatsächlich falsche Angaben zur (damaligen) Rechtslage gemacht wurden, beantwortet das AG Düsseldorf mehr schlecht als Recht. So zitiert es zu seinem Standpunkt, dass die Haftung für Dritte die Verletzung von Prüfpflichten voraussetzt, ein Urteil des BGH aus dem Jahr 1998 (BGH, NJW 1999, 1960). In diesem Urteil ging es jedoch um die Haftung eines Presseunternehmens bei der Veröffentlichung einer urheberrechtsverletzenden Werbeanzeige.
Für die angeblich falsche Angaben zur Höhe des Streitwertes beruft sich das AG Düsseldorf auf eine Entscheidung des OLG Hamburg aus dem Jahre 2006 (OLG Hamburg, GRUR 2007, 375), blendet dabei aber geflissentlich aus, dass es bis heute zahlreiche andere, gegenteilige Gerichtsurteile gibt.
|