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Die Klägerin war von Mai 2008 bis Dezember 2013 als Industriekauffrau bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Klägerin. Im Arbeitsvertrag ist ein Wettbewerbsverbot vereinbart, welches der Klägerin untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertrags in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit der Beklagten in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe iHv. 10.000,00 Euro vorgesehen. Eine Karenzentschädigung sieht der Arbeitsvertrag nicht vor. Die "Nebenbestimmungen" des Arbeitsvertrags enthalten eine sog. salvatorische Klausel, wonach der Vertrag im Übrigen unberührt bleiben soll, wenn eine Bestimmung nichtig oder unwirksam ist. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung solle eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin, die das Wettbewerbsverbot eingehalten hat, für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2015 eine monatliche Karenzentschädigung iHv. 604,69 Euro brutto. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Wettbewerbsverbote, die keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig. Weder kann der Arbeitgeber aufgrund einer solchen Vereinbarung die Unterlassung von Wettbewerb verlangen noch hat der Arbeitnehmer bei Einhaltung des Wettbewerbverbots Anspruch auf eine Karenzentschädigung. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel kann einen solchen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB nicht heilen und führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots. Wegen der Notwendigkeit, spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen, muss sich die (Un-)Wirksamkeit aus der Vereinbarung ergeben. Daran fehlt es bei einer salvatorischen Klausel, nach der wertend zu entscheiden ist, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und welchen Inhalt die Entschädigungszusage gehabt hätte.
Bundesarbeitsgericht Vorinstanz:
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 22.03.2017 *§ 110 GewO lautet: § 74 HGB lautet: (2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Aufgrund europarechtlicher Bestimmungen (Art 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007) ist ein Hersteller grundsätzlich verpflichtet, Dritten (z.B. KfZ-Reparaturwerkstätten) Zugang zu Kfz-Teiledaten zu gewähren. Die Parteien stritten nun über den Umfang der Verpflichtung.
Die Klägerin vertrat den Standpunkt, dass die gewährte reine Leseberechtigung nicht ausreiche und zudem Zugang zu allen vorhandenen Daten zu gewähren sei.
Das OLG Frankfurt a.M. teilte diese Ansicht nicht und wies die Klage ab.
Nach den gesetzlichen Regelungen seien die Daten "in elektrischer Form zum Zwecke der Datenverarbeitung" zur Verfügung zu stellen. Hierfür reiche es grundsätzlich aus, wenn der Zugriff im reinen Lesemodus erfolge. Eine Verpflichtung, eine umfassende Datenbankschnittstelle zu gewährleisten, ergebe sich daraus nicht.
Gleiches gelte hinsichtlich des Umfangs der Daten. Herauszugeben seien lediglich "Reparatur- und Wartungsinformationen", nicht jedoch sämtliche vorhandenen Fahrzeugdaten. Insbesondere bestünde kein Anspruch auf die Rohdaten und ihre Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (VIN).
Die Klägerin betrieb seit mehreren Jahren online ein Internetportal und präsentierte dort jeden Tag eine Vielzahl von neuen Markenprodukten. Bei jeder Auktion lief eine Zeituhr rückwärts. Die wirksame Gebotsabgabe war nur vor Ablauf der Zeituhr unter Einsatz eines Gebotspunktes möglich. Gebotsrechte in Form von Gebotspunkten mussten zuvor von den Teilnehmern der Versteigerung zu einem Preis von 0,50 EUR je Punkt gekauft werden.
Erhältlich waren die Gebotspunkte in verschiedenen Mengenpaketen. Das kleinste Paket umfasste 20 Punkte zu einem Preis von 10 EUR, das größte Mengenpaket bestand aus 500 Punkten für 250 EUR.
Die Platzierung eines Gebotes verbrauchte den entgeltlichen Gebotspunkt, erhöhte den Preis des angebotenen Produkts um 0,01 EUR und verlängerte zugleich die Versteigerungszeit um eine bestimmte Sekundenanzzahl.
Andere Teilnehmer der Auktion erhielten zusätzliche Zeit, ein weiteres Gebot abzugeben. Der Teilnehmer, der beim Zeitablauf der Auktion das letzte Gebot abgegeben hatte, erwarb das Recht, den betreffenden Gegenstand zu dem letzten Gebotspreis zu erwerben. Die Kosten für die erworbenen, letztendlich aber erfolglos eingesetzten Gebotspunkte wurden nicht erstattet und im Gewinnfalle nicht auf den Produktpreis angerechnet.
Die Ordnungsbehörde untersagte diese Aktivitäten der Klägerin. Gegen dieses Verbot ging das betroffene Unternehmen gerichtlich vor.
Das OVG Lüneburg stufte diesen Ablauf als genehmigungspflichtiges Glücksspiel ein.
Die Grenze zur Erheblichkeit werde bereits dadurch überschritten, dass der Teilnehmer nur bestimmte Pakete zu einem Mindestpreis von 10,- EUR erwerben könne, nicht jedoch einzelne Punkte.
Der Ablauf hänge auch vom Zufall ab, denn es sei reines Glück wie das Bietverhalten der übrigen Teilnehmer ausfalle.
Daher seien die Regelungen des Glücksspiel-Staatsvertrages (GlüStV) anwendbar, so dass die Klägerin eine Genehmigung für ihre Tätigkeit bedurft hätte. Das Gericht wies die Klage daher ab.
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, beanstandete die Zusendung unerlaubter elektronischer Werbenachrichten. Die Meldung ging auf seinem privaten E-Mail-Account ein.
Es ging nun bei der Auseinandersetzung um die Frage, welcher Streitwert bei dem Unterlassungsanspruch festzusetzen sei. Der Kläger hielt 6.000,- EUR für angemessen.
Dieser Ansicht folgte das OLG München nicht, sondern legte den Wert bei nur 1.000,- EUR fest. Eine höherer Betrag sei nicht gerechtfertigt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass eine konkrete Gefahr bestünde, dass der Kläger auch an seine berufliche E-Mail-Adresse Spam von der Beklagten erhalte. Hierfür gebe es keinerlei Hinweise.
Dies hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts entschieden. Die Klägerin bietet im ganzen Bundesgebiet Erste-Hilfe-Kurse und Kurse in lebensrettenden Sofortmaßnahmen insbesondere für Fahrschüler an. Sie hält auch in Bielefeld entsprechende Kurse ab und nutzt dafür jeweils stundenweise in einem Bildungszentrum angemietete Räumlichkeiten, in denen auch Kurse anderer Anbieter stattfinden.
Ein Büro unterhält die Klägerin in Bielefeld nicht. Ihre Kunden kommen ausschließlich mit Honorarkräften der Klägerin während der Kurszeiten in Kontakt. Die Beklagte geht davon aus, dass die Klägerin mit diesem Geschäftsmodell eine unselbständige Zweigstelle in Bielefeld unterhalte, und hat sie verpflichtet, hierfür eine Gewerbeanzeige abzugeben. Die Klage hiergegen hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Ordnungsverfügung aufgehoben.
Der Senat hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei mit dem von ihr betriebenen Geschäftsmodell in Bielefeld nicht gewerbeanzeigepflichtig. Sie unterhalte dort keine unselbständige Zweigstelle im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO. Für die Annahme einer unselbständigen Zweigstelle reiche es nicht aus, dass von ihr aus Geschäftsbeziehungen zu Dritten unterhalten würden. Vielmehr müsse eine eigene Geschäftstätigkeit des Gewerbetreibenden und eine feste organisatorische Struktur vor Ort erkennbar sein.
Dies ergebe sich nicht nur aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, sondern auch aus dem für die Abgrenzung von stehendem Gewerbe und Reisegewerbe maßgeblichen Begriff der Niederlassung in § 4 Abs. 3 GewO. Auch eine unselbständige Zweigstelle im stehenden Gewerbe müsse die Voraussetzungen einer Niederlassung erfüllen. Hierfür sei nach der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG in nationales Recht die Definition des Art. 4 Nr. 5 sowie der Erwägungsgrund 37 der Richtlinie heranzuziehen.
Danach erfordere die Niederlassung eine feste Infrastruktur, von der aus gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde, die dauerhaft von einer Person für den Unternehmer betrieben werde und der Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen zu Dritten diene. In Bielefeld nutze die Klägerin zwar Kursräume. Sie verfüge aber nicht über eine auf Bielefeld bezogene feste organisatorische Infrastruktur, die von einer verantwortlichen Person für die Klägerin betrieben werde.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Aktenzeichen 4 A 489/14 (I. Instanz: VG Minden 3 K 184/13)
Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 20.03.2017
Die verklagte Krankenkasse stellte mehrfach Kündigungsbestätigungen gegenüber ihren Mitglieder verspätet aus. Zwischen Eingang der Kündigung und Bestätigung lagen zum Teil zwischen vier bis sechs Wochen.
Gesetzlich ist geregelt, dass eine Krankenkasse innerhalb von zwei Wochen eine schriftliche Mitteilung erklären muss (§ 175 Abs. 4 S.3 SGB V).
Die Klägerin sah in der Missachtung dieser Norm eine Wettbewerbsverletzung und klagte auf Unterlassung. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass die Verzögerung auf krankheitsbedingte Ausfallzeiten in einer ihrer Filialen zurückzuführen sei. Die Verzögerungen seien Einzelfälle und kämen auch nur in einer Niederlassung vor Ort vor. Dem betreffenden Geschäftsstellenleiter sei zwischenzeitlich gekündigt worden.
Das Gericht hat sämtliche Argumente der Beklagten für unerheblich eingestuft und die Krankenkasse zur Unterlassung verurteilt.
Da es sich um einen Unterlassungsanspruch handle, sei dieser verschuldenslos, so dass es nicht auf persönliche Verfehlungen der Beklagten ankomme. Vielmehr genüge es, wenn objektiv ein Verstoß gegen die gesetzliche Norm vorliege.
Die rechtliche Bestimmung sei eine Marktverhaltensregelungen, die im Falle der Zuwiderhandlung eine Wettbewerbsverletzung begründe.
Inhaltlich ging es um einzelne Nutzungsbedingungen des Google Merchants Centers im Rahmen von Google Shopping. Diese lauteten 2014: Und seit Mai 2015 galt: Die Klägerin, ein Unternehmen, nahm an Google Shopping teil und übersandte dafür einzelne Produktbilder, die einen bestimmten Schriftzug ("R(...)") trugen. Die Firma berief sich dabei darauf, dass es sich um einen Urheberhinweis auf den Fotografen handle, der die Bilder erstellt habe.
Google Shopping sah die Nutzung dieser Bilder als Verstoß gegen die AGB an und sperrte den Account. Hiergegen klagte die betroffene Firma nun.
Das LG Hamburg wies die Klage ab.
Bei dem streitgegenständlichen Schriftzug handle es sich um keine Urheberbenennung, sondern um einen Hinweis auf die klägerische Firma. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Darstellung dem Design entspreche, die die Klägerin als Wort-Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt habe eingetragen lassen.
Auch fehle jeder Hinweis auf den angeblichen Fotografen. Zwar müsse nicht der Originalname verwendet werden, sondern es reiche aus, einen Decknamen oder ein Künstlerzeichen zu verwenden. Voraussetzung sei jedoch, dass der Vermerk von der Allgemeinheit als Hinweis auf eine natürliche Person verstanden werde. Dies sei nicht ersichtlich.
Die Darstellung entspreche vielmehr der Wort-Bild-Marke, die von der Klägerin im geschäftlichen Verkehr verwendet werde. Es sei nicht erkennbar, dass die Öffentlichkeit unter dieser Darstellung auch die Person des Fotografen erwarte.
Die AGB-Klausel sei auch generell nicht zu bestanden. Denn ausweislich ihres Wortlautes gehe es nicht um Ausschluss von Urhebervermerken, sondern nur um Werbebotschaften.
Google Shopping zeige die Bilder teilweise auch für die Angebote anderer Händler, so dass ein berechtigtes Interesse bestehe, dass die eingereichten Fotografien keine Werbung für einzelne Unternehmen enthielten. Die vorgenommenen Einschränkungen seien daher angemessen und verhältnismäßig.
Die Beklagte, eine Online-Optikerin, warb mit einer Unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) der Firma X. Die Firma X hatte zwar in Vergangenheit eine solche UVP angegeben, aktuell jedoch von solchen Empfehlungen Abstand genommen. Es gab also gar keine UVP mehr.
Darüber hinaus warb die Beklagte bei Brillen mit Sehstärke mit einer UVP für das gesamte Produkt. Es gab jedoch nur einzelne UVP für die Brillengläser und die Fassungen. Die Beklagte hatte einfach die einzelnen UVP zu einer einheitlichen UVP zusammenaddiert.
Beides stufte das LG Hamburg als wettbewerbswidrig ein.
Die Werbung mit einer zeitlich überholten UVP sei nur dann erlaubt, wenn die Beklagte deutlich bei der Werbung darauf hinweise, dass es sich um eine veraltete Angabe handle. Dies sei hier nicht geschehen, so dass der Verbraucher in die Irre geführt werde.
Auch die reine Addition der UVP-Angaben zu einem Gesamtwert sei nicht zulässig, da eine solche Angabe objektiv nicht existiere.
Die Gewährung der Wertgutscheine verstößt, so die Begründung des Urteils, nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften. Denn Kunden werden hierdurch nicht unsachlich beeinflußt, bestimmte Arzneimittel auszuwählen, weil der Wertgutschein nicht nur beim Kauf einzelner Produkte, sondern bei jedem Erwerb verschreibungspflichtiger Medikamente gewährt wird. Zudem wird die Entscheidung des Verbrauchers, welche Apotheke er aufsucht, durch den Wertgutschein nicht wesentlich beeinflußt; vielmehr trifft der Verbraucher seine Wahl auf Grund einer Vielzahl anderer Kriterien wie etwa Erreichbarkeit, Verfügbarkeit von Medikamenten und Beratungskompetenz.
Der Bonus von 0,50 EUR spielt insofern allenfalls eine untergeordnete Rolle. Andere Apotheken werden in ihrer wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit dadurch nicht eingeschränkt. Letztlich ist der Wertgutschein, so das Ergebnis der Kammer, nicht anders zu bewerten als andere geringwertige Zugaben wie Papiertaschentücher oder Hustenbonbons.
Die mündliche Verhandlung in dieser Sache hatte am 9. März 2017 stattgefunden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats Berufung einlegen, über die das Oberlandesgericht Celle zu entscheiden hätte.
Landgericht Lüneburg 17/17
Quelle: Pressemitteilung des LG Lüneburg v. 23.03.2017
Anlässlich einer polizeilichen Kontrolle wurden bei einem Fahrzeug des klagenden Transportunternehmens mehrere Verstöße gegen die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten festgestellt. Gegen den Unternehmensinhaber erging ein Bußgeldbescheid in Höhe von 300,-- €. Die zuständige Behörde forderte daraufhin von dem Unternehmen die Vorlage der Daten aus dem Massenspeicher des digitalen EG-Kontrollgeräts im betreffenden Fahrzeug für einen zurückliegenden Zeitraum von 4 Monaten und verwies darauf, dass mit Blick auf die der Allgemeinheit drohenden Gefährdungen und Schäden durch übermüdetes und überarbeitetes Fahrpersonal die Beachtung der im Straßenverkehr geltenden Rechtsvorschriften zu überprüfen sei.
Der Kläger wandte sich nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gerichtlich gegen die behördliche Anordnung und machte geltend, das seinerzeitige Fehlverhalten sei in einem Zusammenhang mit einer besonderen betrieblichen Situation zu sehen. Dies dürfe nicht dazu führen, einen Verdacht über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Die Maßnahme gefährde außerdem wegen des damit verbundenen Aufwands den Betrieb. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.
Die Anordnung zur Vorlage der Daten aus dem Massenspeicher des digitalen Kontrollgeräts aus dem Fahrzeug über den genannten Zeitraum sei rechtmäßig. Sie habe ihre Grundlage in dem Fahrpersonalgesetz. Danach dürften die zuständigen Aufsichtsbehörden zur Überprüfung der Einhaltung von europarechtlichen und inländischen Vorschriften betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen Unterlagen von den Transportunternehmern verlangen. Die von Kraftfahrern einzuhaltenden Bestimmungen beträfen unter anderem die Lenk- und Ruhezeiten, die Fahrunterbrechungen für Kraftfahrer im Straßengüter- und Personenverkehr sowie deren Kontrolle und Überwachung und den Einbau und die Nutzung von Kontrollgeräten.
Die Aufsichtsbehörden seien routinemäßig oder – wie hier nach der Feststellung von Verstößen – anlassbezogen berechtigt, die Übermittlung von Unterlagen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und des Schutzes von Rechtsgütern wie Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer zu verlangen. Die getroffene Anordnung sei auch verhältnismäßig. Der Kläger habe nur Daten herauszugeben, zu deren Speicherung er ohnehin verpflichtet sei, und auch nur innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist von 1 Jahr. Ein besonderer betrieblicher Aufwand sei daher nicht erkennbar.
(Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 8. März 2017, 3 K 621/16.MZ)
Quelle: Pressemitteilung des VG Mainz v. 22.03.2017
Hintergrund ist ein Rechtsstreit, in dem ein Verlag den Inhaber eines Internetanschlusses auf Schadensersatz verklagt hat, weil über dessen Anschluss ein Hörbuch des Autors D. B. im Wege des Filesharing unberechtigt anderen Internetnutzern zum Herunterladen angeboten wurde.
Der Beklagte hat bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Gleichzeitig hat er mitgeteilt, seine Eltern hätten ebenfalls Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt.
Das Landgericht versteht ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofes (Az. I ZR 154/15) zum Filesharing dahin, dass bei dieser Sachlage eine Schadensersatzhaftung des Anschlussinhabers ausscheidet, da auch Dritte als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Da aber auch eine Klage des Verlages gegen die Eltern, von denen lediglich bekannt ist, dass sie generell Zugriff auf den fraglichen Internetanschluss hatten, kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte, hat die Kammer dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob eine solche Handhabung des urheberrechtlichen Anspruchs auf Schadensersatz eine wirksame und abschreckende Sanktion bei Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing darstellt, wie sie das europäische Recht von den Mitgliedstaaten fordert (Richtlinie 2001/29/EG und 2004/48/EG).
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 20.03.2017
Am 02.12.15 kam es zu einem Rettungsdienst Einsatz beim Kläger in 86949 Windach. Die Tochter des Klägers hatte die Rettungsleitstelle in Fürstenfeldbruck verständigt, und berichtet, dass ihr Vater unter einer akuten Psychose leiden würde. Als die Rettungskräfte vor Ort eintrafen, saß der Kläger auf dem Boden. Die Rettungskräfte versuchten zunächst, Kontakt zu ihm herzustellen, dies war jedoch erfolglos. Als der Kläger auf einen der Sanitäter losgehen wollte, brachten ihn die anderen Einsatzkräfte zu Boden.
Im weiteren Verlauf wurde der Kläger von den anwesenden Rettungskräften fixiert und es wurde ihm ein Betäubungsmittel zunächst in die Nase mittels eines Inhalators verabreicht und sodann über einen Zugang im Bereich des Fußes intravenös gespritzt. Anschließend wurde der Kläger in eine psychiatrische Klinik verbracht hat. Am Einsatz beteiligt waren zwei Rettungskräfte aus Fürstenfeldbruck, ein Rettungssanitäter aus Landsberg sowie ein Notarzt. Die Rettungskräfte sind mit Ausnahme des Notarztes bei dem beklagten Rettungsdienst angestellt.
Der Kläger erhob Klage gegen den Rettungsdienst vor dem Amtsgericht München. Er behauptet, der Notarzt und die Sanitäter hätten sich besprochen, nachdem er auf sie nicht reagiert habe. Dabei sei geäußert worden, dass man den Kläger "Abschießen" müsse. In der Folge sei der Kläger ohne Grund fixiert worden und ihm sei eine Überdosis Midazolam und Haldol gespritzt worden.
Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger weder fremdgefährdend noch selbstgefährdend verhalten. Die Aussage, dass man ihn abschließen werde, habe er als höchst beängstigend und darüber hinaus ehrverletzend empfunden. Er habe Todesängste ausgestanden.
Der Kläger verlangte Rettungsdienst Auskunft darüber, wer an dem Einsatz beteiligt war und die Bemerkung über das Abschießen gemacht hat.
Der Rettungsdienst behauptet, der Kläger hätte ohne Grund einen Mitarbeiter aus Fürstenfeldbruck angegriffen und gegen ein Regal geworfen. Aufgrund des massiven körperlichen Angriffs sei der Kläger sediert worden. Der Kläger sei aufgrund seiner schweren psychotischen Krise nicht in der Lage gewesen, von dem Geschehen um sich herum etwas mitzubekommen. Der Rettungsdienst verweigerte dem Kläger die begehrte Auskunft.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München wies die Klage ab.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Benennung der am Einsatz beteiligten Personen. "Ein Anspruch auf Herausgabe der Personalien der Einsatzkräfte, die die Äußerung nicht getätigt haben bzw. keine Medikamente verabreicht haben, besteht nicht. Da der Kläger die Person, die die streitgegenständliche Äußerung getätigt haben soll bzw. die ihm die streitgegenständliche Überdosis verabreicht haben soll, nicht weiter beschreiben kann, besteht der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht", so das Urteil. Der Kläger könne diese Person nicht näher beschreiben.
Er kann schon nicht angeben, ob es sich um die Rettungssanitäter oder den Notarzt gehandelt hat. Zudem ist der Notarzt nicht bei der Beklagten angestellt, so dass auch insoweit der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht bestehe. Bezüglich der Überdosierung wusste der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht, ob die starke Betäubung durch den Notarzt oder erst in der Psychiatrie vorgenommen wurde.
Das Urteil weiter: "Der geltend gemachte Anspruch auf Benennung der Person, die geäußert habe, dass man den Kläger abschießen müsse, besteht nicht. Der Beklagten ist nicht bekannt, welcher Sanitäter oder Notarzt die streitgegenständliche Äußerung des Abschießens getätigt hat. Ein Auskunftsanspruch würde jedoch voraussetzen, dass die Beklagte die entsprechenden Kenntnisse hat."
Urteil des Amtsgerichts München vom 13.10.2016, Aktenzeichen 233 C 9578/16
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 17.03.2017
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vom 29.03.2017
Betreff:
Rechts-Newsletter 13. KW / 2017: Kanzlei Dr. Bahr
anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 13. KW im Jahre 2016. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.
Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/kontakt.html
1. BAG: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Ausgleichsentschädigung unwirksam
2. OLG Frankfurt a.M.: Zugang zu Kfz-Teiledaten des Herstellers für unabhängige Marktteilnehmer
3. OVG Lüneburg: Online-Cent-Auktion ist verbotenes Glücksspiel
4. OLG München: Streitwert für Spam-Mail gegenüber Privatperson liegt bei 1.000,- EUR
5. OVG Münster: Anbieter von deutschlandweiten Ausbildungskursen vor Ort benötigt keine lokale Gewerbeanmeldung
6. LG Berlin: Verspätet ausgestellte Kündigungsbestätigungen durch Krankenkasse wettbewerbwidrig
7. LG Hamburg: Werbeformat-Einschränkungen bei Google Shopping rechtlich nicht zu beanstandeng
8. LG Hamburg: Werbung mit altem UVP-Preis nur mit aufklärendem Zusatz erlaubt
9. LG Lüneburg: Wertgutscheine für Apothekenbesuche rechtlich einwandfrei
10. VG Mainz: Transportunternehmen zur Datenübermittlung von elektronischen Lenk- und Ruhezeiten verpflichtet
11. LG München I: EuGH-Vorlage wegen deutscher Rechtsprechung zum Filesharing
12. AG München: Kein Auskunftsanspruch zu Personalien von Rettungskräften
Die einzelnen News:
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1. BAG: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Ausgleichsentschädigung unwirksam
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Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn die Vereinbarung entggen § 110 GewO iVm. § 74 Abs. 2 HGB* keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.
Urteil vom 22. März 2017 - 10 AZR 448/15 -
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 5. Juni 2015 - 10 Sa 67/15 -
Wettbewerbsverbot
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
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2. OLG Frankfurt a.M.: Zugang zu Kfz-Teiledaten des Herstellers für unabhängige Marktteilnehmer
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Unabhängige Marktteilnehmer haben nur einen Anspruch auf Zugang zu Kfz-Teiledaten des Herstellers im reinen Lesemodus. Es besteht hingegen kein Recht auf eine umfassende Datenbankschnittstelle, die auch den Zugriff auf die Rohdaten und die Fahrzeugidentifikationsnummer (VIN) ermöglicht (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 23.02.2017 - Az.: 6 U 37/16).
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3. OVG Lüneburg: Online-Cent-Auktion ist verbotenes Glücksspiel
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Eine Online-Cent-Auktion kann ein verbotenes Glücksspiel sein (OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.03.2017 - Az.: 11 ME 236/16).
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4. OLG München: Streitwert für Spam-Mail gegenüber Privatperson liegt bei 1.000,- EUR
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Der Streitwert für eine Spam-E-Mail gegenüber einer Privatperson liegt bei 1.000,- EUR (OLG München, Beschl. v. 22.12.2016 - Az.: 6 W 1579/16).
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5. OVG Münster: Anbieter von deutschlandweiten Ausbildungskursen vor Ort benötigt keine lokale Gewerbeanmeldung
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Anbieter von deutschlandweiten Erste-Hilfe-Kursen muss für das Kursangebot in Bielefeld kein Gewerbe anmelden
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6. LG Berlin: Verspätet ausgestellte Kündigungsbestätigungen durch Krankenkasse wettbewerbwidrig
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Verspätet ausgestellte Kündigungsbestätigungen durch eine Krankenkasse sind wettbewerbswidrig (LG Berlin, Urt. v. 17.01.2017 – 16 O 47/16).
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7. LG Hamburg: Werbeformat-Einschränkungen bei Google Shopping rechtlich nicht zu beanstanden
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Die Vorgaben bei Google Shopping, dass nur in bestimmten Werbeformaten geworben werden darf, ist rechtlich nicht zu beanstanden und damit wirksam (LG Hamburg, Urt. v. 02.06.2016 - Az.: 308 O 355/14).
"Bei Google Shopping sind Produkteinträge mit Bildern, die Werbebotschaften enthalten, nicht zulässig. Dazu zählen auch Wasserzeichen oder Werbetext. Bildlinks, die auf Logos oder andere allgemeine Bilder verweisen, sind ebenfalls nicht zulässig."
"Bei Google Shopping sind keine Produkteinträge für Websites mit folgenden Bildern gestattet: (...)
- Bilder, die Werbeelemente enthalten (…) oder Namen und/oder Logos von Händlern, und zwar unabhängig davon, ob die genannten Elemente das Produkt überlagern odernicht. Dies gilt auch für Wasserzeichen mit Werbeelementen oder Namen und/oder Logos von Händlern"
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8. LG Hamburg: Werbung mit altem UVP-Preis nur mit aufklärendem Zusatz erlaubt
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Eine Werbung mit einem nicht mehr aktuellen UVP-Preis ist nur dann erlaubt, wenn der Werbende einen aufklärenden Zusatz hinzufügt (LG Hamburg, Urt. v. 10.01.2017 - Az.: 406 HKO 188/16).
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9. LG Lüneburg: Wertgutscheine für Apothekenbesuche rechtlich einwandfrei
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Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Lüneburg hat heute, am 23. März 2017, im Streit über die Zulässigkeit von Wertgutscheinen für Apothekenbesuche entschieden. Die Apotheke des Beklagten gewährte Kunden für den Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente einen Wertgutschein über 0,50 EUR. Die Klägerin, die ebenfalls eine Apotheke betreibt, hielt dies für wettbewerbswidrig. Sie beantragte, dem Beklagten die Werbemaßnahme durch einstweilige Verfügung zu untersagen. Die Kammer hat den Antrag abgewiesen.
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10. VG Mainz: Transportunternehmen zur Datenübermittlung von elektronischen Lenk- und Ruhezeiten verpflichtet
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Transportunternehmen sind grundsätzlich verpflichtet, zur Überprüfung der Einhaltung von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auf Aufforderung der zuständigen Aufsichtsbehörde Daten aus dem Massenspeicher des Kontrollgeräts eines LKWs vorzulegen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
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11. LG München I: EuGH-Vorlage wegen deutscher Rechtsprechung zum Filesharing
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Die 21. Zivilkammer des Landgerichts München I hat mit Beschluss vom vergangenen Freitag dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg in einem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen Fragen zur Auslegung europäischer Regelungen zum Urheberrecht vorgelegt.
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12. AG München: Kein Auskunftsanspruch zu Personalien von Rettungskräften
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Es besteht kein pauschaler Anspruch auf Bekanntgabe der Personalien der an einem Rettungseinsatz beteiligten Personen.
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