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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Online-Bewertungs-Plattform muss Identität des Bewertenden nur begrenzt preisgeben
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Eine Online-Bewertungsplattform muss die Daten des User dann nicht herausgeben, wenn die betreffende Äußerung im Zweifel eine zulässige Meinungsäußerung ist (BGH; Beschl. v. 11.03.2025 - Az.: VI ZB 79/23). Die klägerische Anwaltskanzlei verlangte von einer Internet-Bewertungsplattform die Herausgabe von Nutzerdaten. Hintergrund war eine kritische Bewertung, in der ein Nutzer unter anderem äußerte, dass ehemalige Mitarbeiter Gehalt und Arbeitszeugnisse gerichtlich durchsetzen müssten. In der Bewertung hieß es zum Verhalten der Geschäftsführung: “glänzt durch Abwesenheit”
und “Angestellte sollen nur so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich machen.”
Ferner lautete die Rezension: "Seine Krönung findet solches Vorgesetztenverhalten darin, dass ausgeschiedene Mitarbeiter ausstehendes Gehalt und sogar die Erteilung von Arbeitszeugnissen gerichtlich durchsetzen müssen".
Tatsächlich gab es nur einen bekannten Fall dieser Art. Die klägerischen Advokaten begehren von der Plattform die Auskunft, wer hinter dem Rezensenten steckte. Diese verweigerte diese Information, sodass es zur gerichtlichen Auseinandersetzung kam. Der BGH entschied, dass ein solcher Auskunftsanspruch nach § 21 Abs.3 TDDDG voraussetzt, dass der beanstandete Inhalt den Tatbestand einer der in der Bestimmung genannten Strafvorschriften (u.a. Üble Nachrede oder Verleumdung) erfüllt. Im vorliegenden Fall seien die Aussagen auf der Plattform jedoch als zulässige Meinungsäußerung und nicht als Tatsachenbehauptung zu werten. Damit liegt keine strafbare Handlung vor. Bei mehrdeutigen Aussagen müsse immer zugunsten der Meinungsfreiheit entschieden werden. Da die Kritik subjektiv geprägt und nicht eindeutig nachweisbar falsch sei, dürfe die Plattform die Identität des Nutzers schützen. Der Schutz der Meinungsfreiheit überwiege in diesem Fall das Persönlichkeitsrecht der Kanzlei. "Steht die Erfüllung eines Straftatbestands in Rede, müssen bei mehrdeutigen Äußerungen andere mögliche Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen werden, bevor die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde gelegt wird (…). Wenn eine straflose Bedeutung nicht ausschließbar ist, ist diese der Beurteilung zugrunde zu legen (…). Nach diesen Grundsätzen ist die beanstandete Äußerung (…) als nicht von den §§ 186, 187 StGB erfasste Meinungsäußerung zu qualifizieren. Sie ist entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Soweit sie einen tatsächlichen Gehalt aufweist, ist dieser mit dem wertenden Gehalt der Äußerung untrennbar verbunden."
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2.
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BAG: Provision eines Arbeitnehmers kann auch in Kryptowährung (hier: Ether) ausgezahlt werden
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Die Übertragung der sog. Kryptowährung Ether (ETH) zur Erfüllung von Provisionsansprüchen des Arbeitnehmers kann, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liegt, grundsätzlich als Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO* vereinbart werden. Der unpfändbare Betrag des Arbeitsentgelts muss dem Arbeitnehmer aber in Geld ausgezahlt werden. Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Unternehmen, das sich ua. mit Kryptowährungen befasst, seit dem 1. Juni 2019, zunächst mit einer monatlichen Bruttovergütung von 960,00 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und ab dem 1. April 2020 in Vollzeit mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.400,00 Euro beschäftigt. Zusätzlich war jedenfalls bis zum 31. März 2020 arbeitsvertraglich ein Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vereinbart. Die Provision war dabei zunächst in Euro zu ermitteln und zum Zeitpunkt der Fälligkeit – dem jeweiligen Letzten des Folgemonats – zum „aktuellen Wechselkurs“ in ETH umzurechnen und zu erfüllen. Eine Übertragung von ETH und eine Abrechnung der Provisionsansprüche erfolgte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2021 nicht, obwohl die Klägerin die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert und ein für die Übertragung erforderliches Wallet am 11. August 2020 mitgeteilt hatte. Mit der Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 zahlte die Beklagte an die Klägerin 15.166,16 Euro brutto als Provisionen aus, was die Klägerin bei der Höhe der Klageforderung berücksichtigte. Mit ihrer Klage hat die Klägerin zuletzt noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020 verlangt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, soweit die Provisionsforderungen berechtigt seien, habe sie diese durch die im Dezember 2021 geleistete Zahlung erfüllt. Unabhängig davon verlange § 107 Abs. 1 GewO die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro und lasse dessen Auszahlung in einer Kryptowährung nicht zu. Die Vorinstanzen haben der Klage – soweit für die Revision von Bedeutung – stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts allein deshalb Erfolg, weil das Berufungsgericht das pfändbare Einkommen iSv. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO unzutreffend ermittelt hat. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Provisionen, zu erfüllen durch Übertragung von ETH, dem Grunde nach zu. Bei einer „Kryptowährung“ handelt es sich zwar nicht um „Geld“, wie in § 107 Abs. 1 GewO verlangt. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO lässt es aber grundsätzlich zu, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt.** Um einen solchen Sachbezug handelt es sich, wenn arbeitsvertraglich die Übertragung einer Kryptowährung vereinbart ist. Diese Vereinbarung lag nach den Umständen des Einzelfalls auch im objektiven Interesse der Klägerin. Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf jedoch der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer muss zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts in Geld ausgezahlt werden. Damit soll ua. sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen wird, erst den Sachbezug in Euro „umzutauschen“ oder Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Ein Verstoß gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO führt, wenn der Sachbezug, wie hier die Einheit ETH, teilbar ist, zur teilweisen Nichtigkeit der Vereinbarung. Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld zu leisten und der Sach-bezug entsprechend zu kürzen ist. Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen, hat aber bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen nach den §§ 850 ff. ZPO die gesetzlichen Vorgaben nicht in jeder Hinsicht zutreffend berücksichtigt. Nachdem die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen vom Berufungsgericht nicht vollständig festgestellt worden sind, kann der Senat nicht entscheiden, ob der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung von ETH in zugesprochener Höhe zusteht. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. April 2025 – 10 AZR 80/24 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Kammern Mannheim, Urteil vom 10. April 2024 – 19 Sa 29/23 – Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 16.04.2025 Hinweise *§ 107 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 5 GewO lautet: „(1) Das Arbeitsentgelt ist in Euro zu berechnen und auszuzahlen. (2) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. … Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.“ ** Im Streitfall war nicht zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen – unabhängig von § 107 Abs. 2 GewO – eine Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) wirksam ist, nach der ein Anspruch auf Arbeitsentgelt durch Übertragung von Einheiten einer Kryptowährung zu erfüllen ist. Die Klägerin hat sich auf die Wirksamkeit der Vereinbarung berufen; die Arbeitgeberin kann sich als Verwenderin der Klausel nicht auf deren Unwirksamkeit berufen. Die Inhaltskontrolle dient nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst geschaffenen Formularbestimmungen.
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3.
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BVerwG: Kein presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen BND zu Erkenntnissen zum Ursprung der COVID-19-Pandemie
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Den Antrag eines Presseverlages, den Bundesnachrichtendienst (BND) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Auskünfte im Zusammenhang mit dem Ursprung der COVID-19-Pandemie zu erteilen, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Beschluss vom 14. April 2025 abgelehnt. Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Auskünfte vom BND zu Erkenntnissen hinsichtlich des Ursprungs der COVID-19-Pandemie. Sie trägt vor, dass der BND seit dem Jahr 2020 über Informationen und Auswertungen zum Ursprung des Virus in einem chinesischen Labor verfügt habe und die Bundesregierungen davon Kenntnis gehabt hätten. Mit ihrem Auskunftsbegehren möchte sie u.a. erfahren, wann der BND das Kanzleramt über Erkenntnisse zum Ursprung des SARS-CoV-2-Virus informiert und ob der BND in dieser Sache Einwände gegen eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gehabt habe. Sie will ferner wissen, ob es richtig sei, dass derartige BND-Erkenntnisse als Verschlusssache "Geheim" eingestuft worden seien, ob ein bestimmter, die Bundesregierung beratender Virologe jemals einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden sei und ob er solche BND-Erkenntnisse habe überprüfen sollen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Aus dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) folgt ein presserechtlicher Auskunftsanspruch auch des Verlegers von Presseerzeugnissen, der sich auf bei den Bundesbehörden vorhandene Informationen bezieht. Dem Anspruch können überwiegende private oder öffentliche Interessen entgegenstehen, was hinsichtlich der begehrten Auskünfte der Fall ist. Der BND hat plausibel dargelegt, dass die Auskünfte seine Funktionsfähigkeit und die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen können. Es wären Rückschlüsse auf Erkenntnisquellen, die Fähigkeiten und Arbeitsweise des BND möglich, falls die behaupteten Erkenntnisse bestätigt oder verneint würden. Eine Auskunftserteilung könne auch in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht erhebliche Auswirkungen auf die diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China und damit auf auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland haben. Gegen ein Interesse der Antragstellerin an Informationen über eine Sicherheitsüberprüfung des von ihr genannten Virologen spricht auch dessen hier vorrangiges allgemeines Persönlichkeitsrecht. BVerwG 10 VR 3.25 - Beschluss vom 14. April 2025 Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 22.04.2025
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4.
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OLG Frankfurt a.M.: 200 EUR DSGVO-Schadensersatz nach Facebook-Datenscraping
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Der Grundsatz der Datenminimierung verpflichtet u.a. Plattformbetreiber dazu, Voreinstellungen so vorzunehmen, dass Daten nicht ohne Weiteres der Öffentlichkeit oder sonst einem unbestimmten Adressatenkreis zugänglich gemacht werden. Hiergegen wird verstoßen, wenn dieser Schutz erst durch eine individuelle Änderung der Voreinstellungen erreicht wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die beklagte Betreiberin von Facebook u.a. zur Zahlung von 200,00 € Schadensersatz wegen eines Datenschutzverstoßes verpflichtet. Die Klägerin nimmt die beklagte Betreiberin von Facebook u.a. auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Sie unterhält ein Nutzerkonto bei der Beklagten. Die für die Registrierung des Kontos erforderlichen Pflichtangaben sind stets öffentlich einsehbar. Hinsichtlich weiterer angebbarer Daten können die Nutzer über Privatsphäre-Einstellungen entscheiden, welchen Nutzergruppen diese zugänglich sein sollen. Die Klägerin hatte bei der Sichtbarkeit ihr Konto so eingestellt, dass ihre Telefonnummer nur für sie sichtbar war. Bei den Suchbarkeitseinstellungen ihres Profils, bei denen es u.a. darum ging, wer sie anhand ihrer Telefonnummer finden kann, hatte sie es bei der Standardeinstellung „alle“ belassen. Hier wären ebenfalls Einschränkungen möglich gewesen. Im Fall der hier gewählten Standardeinstellung „alle“ ermöglichte es das von der Beklagten bereitgestellte sog. Kontaktimporttool bis September 2019 jedem Facebook-Nutzer, das Profil eines anderen Nutzers mit Hilfe der von diesem hinterlegten Telefonnummer zu finden. Nutzer konnten ihre Kontakte von den Mobilgeräten auf Facebook hochladen, um mit Hilfe der Telefonnummer die jeweiligen Nutzer zu finden. Dies war auch möglich, wenn - wie hier - die Telefonnummer selbst nur für den Nutzer sichtbar war. Zwischen Anfang 2018 und September 2019 erstellten unbekannte Dritte umfangreiche Listen mit möglichen Telefonnummern. Mithilfe von automatisierten Verfahren suchten sie dann Facebook-Nutzer mit den entsprechenden Telefonnummern. Sofern ein Facebook-Konto zur Nummer gefunden wurde, waren die sog. Scraper in der Lage, die mit der Telefonnummer verknüpften öffentlich zugänglichen Nutzerdaten abzurufen und abzuspeichern. Anfang April 2021 wurden Daten von ca. 533 Mio. Facebook-Nutzern sowie die den jeweiligen Profilen der Nutzer zugeordneten Telefonnummern im Darknet durch unbekannte Dritte zum Download bereitgestellt. Hierzu gehörten auch die Daten der Klägerin. Die Klägerin begehrt u.a. 1.000 € immateriellen Schadensersatz zum Ausgleich des Datenschutzverstoßes und die Unterlassung zukünftiger vergleichbarer Datenschutzverstöße. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Die Klägerin könne verlangen, dass die Beklagte es unterlasse, aufgrund einer von der Beklagten gesetzten Voreinstellung personenbezogene Daten der Klägerin unberechtigten Dritten - namentlich Hackern und/oder Scrapern - über eine Importsoftware von Kontakten zugänglich zu machen, entschied der für Datenschutz zuständige 6. Zivilsenat des OLG. Die Nutzer als Inhaber personenbezogener Daten verfügten über ein vertraglich geschütztes Interesse an einer gesetzeskonformen Verarbeitung ihrer Daten. Die Beklagte habe sich nicht datenschutzkonform verhalten. Sie habe gegen den Grundsatz der Datenminimierung verstoßen. Die Beklagte müsse nach der Datenschutzgrundverordnung (i.F.: DSGVO) Voreinstellungen so setzen, dass die Zugänglichmachung von Daten ohne Weiteres verhindert werde. Die Voreinstellung müsse so gesetzt werden, dass nicht erste eine bewusste persönliche Änderung der Voreinstellung diesen Schutz gewährleiste. Die hier zu beurteilende Voreinstellung, wonach „allen“ anderen Facebook-Nutzern die Suche eines Nutzerprofils über die Telefonnummer - sowie die Verknüpfung mit den dazugehörigen „öffentlichen“ personenbezogenen Daten möglich gewesen sei - entspreche nicht diesen gesetzlichen Vorgaben. Wegen dieses Datenschutzverstoßes könne die Klägerin auch Schadensersatz in Höhe von 200,00 € verlangen. Sie habe über den mit dem Datenschutzverstoß verbundenen allgemeinen Kontrollverlust hinaus befürchtet, dass Dritte ihre im Darknet veröffentlichten Daten missbräuchlich verwenden. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin aufgrund dieser Befürchtungen korrespondierende psychische Beeinträchtigungen erlitten habe. Dies rechtfertige einen Gesamtschaden in Höhe von 200,00 €. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 8.4.2025, Az. 6 U 79/23 (vorausgehend Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 13.4.2023, Az. 10 O 52/22) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 24.04.2025
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OLG Hamburg: Keine wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung bei Modeschmuck
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Ein Modeschmuckhersteller kann sich nicht auf wettbewerbsrechtlich Nachahmungsschutz berufen, wenn sein Design nur durchschnittlich eigenartig ist (OLG Hamburg, Urt. v. 06.02.2025 - Az.: 15 U 43/24). Eine Schmuckherstellerin verklagte ein anderes Unternehmen, weil dieses angeblich Kopien ihrer typischen Halsketten verkaufte. Diese Halsketten bestanden aus sich abwechselnden geometrischen Elementen wie Würfeln, Zylindern und Strasssteinen, die aus der Serie “Geo-Cube" bekannt waren. Die Klägerin sah darin eine Nachahmung und klagte auf Unterlassung und Schadensersatz. Das Hanseatische Oberlandesgericht wies die Klage ab, da die Produkte der Klägerin keine ausreichende wettbewerbliche Eigenart aufwiesen. Die Schmuckgestaltung weise zwar eine wettbewerbliche Eigenart auf, diese sei aber nur durchschnittlich ausgeprägt. Die Gestaltungsidee, eine sich wiederholende Kombination geometrischer Formen, sei rechtlich nicht schutzfähig. Entscheidend sei allein die konkrete Umsetzung dieser Idee. Die angeblich kopierten Halsketten unterschieden sich erkennbar in Gesamteindruck, Qualität und Gestaltung, so die Richter. Auch eine Herkunftstäuschung sei zu verneinen. Verbraucher würden aufgrund der deutlich geringeren Qualität, des niedrigeren Preises und der Angabe eines anderen Verkäufernamens nicht davon ausgehen, dass es sich um Produkte der Klägerin handele. “Die gestalterische Grundidee, Würfel und quadratische Elemente (hier: Metallplättchen und Strassrondelle) in abwechselnder und stets sich wiederholender Weise auf eine Kette zu ziehen und voneinander mittels dünner Zylinder auf Abstand zu halten, kann demnach nicht geschützt werden; andernfalls würde der Schutzbereich für das Produkt der Klägerin über die konkrete Gestaltung hinaus unzulässig erweitert (…).”
Und weiter: "Der Grad der wettbewerblichen Eigenart des Klagemusters ist als durchschnittlich einzustufen. (…) Weil es sich bei dem Klagemuster um ein Erzeugnis handelt, das lediglich eine gestalterische Grundidee umsetzt, kommt ihm von Haus aus nur geringe wettbewerbliche Eigenart zu (…)."
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6.
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OLG Köln: SCHUFA muss Schuldnerdaten nach Ausgleich der offenen Forderungen unverzüglich löschen
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Nach Ausgleich der offenen Forderungen müssen Wirtschaftsauskunfteien (hier: die SCHUFA) die Informationen zu den Schuldnern zeitnah löschen (OLG Köln, Urt. v. 10.04.2025 - Az.: 15 U 249/24). Die SCHUFA hatte Informationen über beglichene Forderungen eines Verbrauchers weiterhin gespeichert. Es handelte sich um zwei Vollstreckungsbescheide und eine untitulierte Forderung. Die betroffene Person verlangte die Löschung und Schadensersatz, da diese Daten unerlaubt weiterhin gespeichert und seine Bonität beeinträchtigen würden. Das OLG Köln gab der Klage weitgehend Recht. 1. Schuldnerdaten unerlaubt weiterhin gespeichert: Das OLG Köln entschied, dass nach Zahlung einer Verbindlichkeit die weitere Speicherung nicht mehr erforderlich sei. Die SCHUFA sei verpflichtet, sich an der gesetzlichen Wertung im Schuldnerverzeichnis zu orientieren, wo nach Begleichung der Schulden die umghehende Löschung vorgeschrieben sei. Die Beklagte hätte die Einträge somit sofort nach Zahlung löschen müssen, unabhängig davon, ob sie diese aus öffentlichen Registern oder anderen Quellen erhalten habe. "Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen darf die Beklagte Informationen über Zahlungsstörungen, die in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO eingetragen sind oder dort eingetragen werden könnten, auch dann nicht länger speichern als für das Schuldnerverzeichnis vorgesehen, wenn die Beklagte die Informationen nicht durch Einsicht in das Schuldnerverzeichnis, sondern aus anderen Quellen erhalten hat (…). Solche aus anderen Quellen stammenden Informationen über Zahlungsstörungen, die auch in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden könnten, muss die Beklagte deshalb nach der gesetzlichen Wertung des § 883e Abs. 3 Nr. 1 ZPO löschen, wenn ihr die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen wird. Aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift ergibt sich, dass ihr die Erwägung zugrunde liegt, dass durch eine vollständige Befriedigung des Gläubigers das Informationsinteresse des Geschäftsverkehrs beseitigt wird (…). Diese Wertung des deutschen Gesetzgebers muss ausgehend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch dann maßgeblich sein, wenn Wirtschaftsauskunfteien wie die Beklagte Informationen über Zahlungsstörungen speichern, die auch in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden könnten (…). Denn Wirtschaftsauskunfteien verfolgen mit ihren Datenbanken keine anderen Zwecke als das Schuldnerverzeichnis (…). "
2. DSGVO-Schadensersatz iHv. 500,- EUR: Das OLG Köln sprach dem Kläger einen DSGVO-Schadensersatz iHv. 500,- EUR zu. Die Speicherung der Daten über die beglichenen Forderungen verstoße gegen Art. 6 Abs.1 f) DSGVO, da keine berechtigten Interessen mehr für die Aufbewahrung bestünden. Nach Zahlung der Forderungen sei der sachliche Grund entfallen. Es sei nicht erforderlich, dass der Kläger konkrete wirtschaftliche Nachteile (z.B. Kreditablehnung) nachweise. Eine Beeinträchtigung des Rufs reich als immaterieller Schaden im Sinne der DSGVO aus: "Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Kläger wegen des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein immaterieller Schaden entstanden. Dabei kann es dahinstehen, ob ein Kontrollverlust vorliegt (…). Denn jedenfalls hat der Kläger eine Rufschädigung erlitten (vgl. Erwägungsgrund 85 DSGVO). Ob eine Rufschädigung allein daraus folgt, dass die Beklagte die Daten über die Zahlungsstörungen auch nach der Erfüllung der einzelnen Forderungen weiterhin gespeichert hat, kann offenbleiben. Denn jedenfalls hat die Beklagte (…) nach der Erfüllung der letzten Forderung (…) mehreren Banken, einem Energieversorgungsunternehmen und einem Telekommunikationsunternehmen Scorewerte und Erfüllungswahrscheinlichkeiten mitgeteilt, die sie unter Berücksichtigung der Zahlungsstörungen ermittelt hatte. Die fortdauernde Speicherung der Zahlungsstörungen ist somit dafür ursächlich geworden, dass die Beklagte ihren genannten Vertragspartnern gegenüber die Kreditwürdigkeit des Klägers in Zweifel gezogen hat, was sich abträglich auf dessen sozialen Geltungsanspruch ausgewirkt hat (…). Dass die genannten Übermittlungen keine weiteren nachteiligen Folgen für den Kläger hatten, steht der Annahme eines immateriellen Schadens in Gestalt einer Rufschädigung nicht entgegen (…)."
Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes führt das OLG Köln aus: "Der Höhe nach bemisst der Senat den immateriellen Schaden mit einem Betrag von 500 € (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2025 - VI ZR 183/22, NJW 2025, 1059 Rn. 13). Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint im Streitfall ein Betrag von 500 € erforderlich, aber auch ausreichend, um den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden auszugleichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Datenspeicherung über einen Zeitraum von mehreren Jahren angedauert und (…) zu mehreren Übermittlungen von negativen Scorewerten an Vertragspartner der Beklagten geführt hat. Dass diese Übermittlungen weitere negativen Folgen für den Kläger hatten, lässt sich allerdings nicht feststellen."
Hinweis: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die SCHUFA hat Rechtsmittel angekündigt.
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OLG Schleswig: 48 Monate-Laufzeit für Radio-Werbevertrag rechtmäßig, aber komplette Vorauszahlungszahlungspflicht unwirksam
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Ein Radio-Werbevertrag im B2B-Verhältnis mit einer Laufzeit von 48 Monaten ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unwirksam ist hingegen eine komplette Vorauszahlungszahlungspflicht (OLG Schleswig, Urt. v. 17.01.2025 - Az.: 1 U 37/24). Die verklagte Firma schloss mit der klägerischen Firma einen Vertrag über Rundfunkvertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten ab. Der Kontrakt sah eine vollständige Vorauszahlung vor. In der Vereinbarung hieß es: "Der Auftraggeber erhält vor Sendebeginn einen digitalen Textvorschlag sowie ggf. eine Korrektur. (...) Bei verspäteter oder unvollständiger Einsendung ist (…) GmbH berechtigt, nach eigenem Ermessen einen Werbespot zu erstellen und auszustrahlen oder den Werbeplatz kostenpflichtig zu reservieren. Ab Sendebeginn des Spots oder der Reservierung des Werbeplatzes beginnt die Vertragslaufzeit, und der vereinbarte Auftragspreis ist gemäß der Zahlungsweise für die Laufzeit im Voraus fällig. (...) Der Vertrag verlängert sich automatisch um die maximal vereinbarte Laufzeit, wenn dieser nicht drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. (...) Der Auftrag kann nicht widerrufen werden.“
Davon optisch durch einen durchgehenden Strich abgesetzt hieß es weiter: "Die Rechnungsstellung erfolgt mit der Auftragsbestätigung. Fälligkeit: sofort nach Rechnungsstellung“.
Durch Ankreuzen konnte zwischen einer "Einmalzahlung mit 3 % Skonto“ oder einer Zahlung von „50 % bei Sendungsbeginn, 50 % 6 Monate nach Sendungsbeginn“ gewählt werden. Die Beklagte entschied sich für die Einmalzahlung. Die Beklagte kündigte den Vertrag und leistete keine Zahlung, da sie die Vereinbarung für unangemessen hielt. Daraufhin klagte die Werbefirma auf Zahlung. Das OLG Schleswig gab der Klägerin nur zu einem Teil Recht. 1. Laufzeit von 48 Monaten im B2B-Bereich rechtlich unproblematisch: Die lange Vertragsbindung von vier Jahren sei zulässig, da es dafür sachliche Gründe gebe. Die Klägerin erbringe organisatorische und finanzielle Vorleistungen, etwa durch den Einkauf von Werbezeiten und den Einsatz von Handelsvertretern. Zudem handle es sich um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern. Verbraucher seien nicht beteiligt. Daher würden die strengeren Schutzvorschriften, wie sie im Verbraucherschutz üblich seien, hier nicht greifen. Die Klausel sei auch weder unverständlich noch überraschend und greife auch nicht unangemessen in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Beklagten ein. Die monatlichen Werbekosten seien verhältnismäßig gering. Zudem bestehe jederzeit die Möglichkeit, neue Werbespots produzieren zu lassen: 2. Pflicht zur kompletten Vorauszahlung jedoch unwirksam: Unwirksam sei hingegen die Regelung, dass die gesamte Vergütung für die gesamten 4 Jahre zu Beginn fällig werde. Die sofortige Zahlung der gesamten Vergütung widerspreche dem Grundgedanken des Werkvertragsrechts. Dort sei vorgesehen, dass der Auftraggeber erst nach Abnahme der Leistung zahlen müsse. Dies schütze ihn insbesondere davor, bei Schlechtleistungen oder sonstigen Mängeln keine wirksame Zurückbehaltungsmöglichkeit mehr zu haben. Diese Schutzwirkung entfalle bei einer vollständigen Vorauszahlung. Gerade bei einem mehrjährigen Vertrag stelle dies eine erhebliche Belastung dar. Die Klägerin habe auch kein hinreichendes berechtigtes Interesse an der vollständigen Vorauszahlung darlegen können. Sie habe nicht darlegen können, dass sie außergewöhnlich hohe Investitionen tätigen müsse, die ausnahmsweise eine sofortige Zahlung hätten rechtfertigen können: "Denn das Interesse der Klägerin, ihre Vergütung schon zu Beginn des Vertragsverhältnisses zu erhalten, berücksichtigt das Interesse ihres Vertragspartners, ihr gesetzlich vorgesehenes Druckmittel für die ordnungsgemäße Erfüllung nicht schon zu Beginn einer vierjährigen Vertragslaufzeit aus der Hand geben zu müssen, überhaupt nicht. Es ist auch kein anderer Ausgleich für den Verlust des Leistungsverweigerungsrechts im Vertrags vorgesehen. Jedenfalls bei einer mehrjährigen Vertragsdauer ist der Vertragspartner auch in einem Werkvertrag mit Dauerschuldcharakter durch eine Vorleistungspflicht für die gesamte Vertragslaufzeit unangemessen benachteiligt (…)."
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VG Ansbach: EuGH-Vorlage zur Auskunftspflicht einer Datenschutzbehörde ggü. einem Betroffenen
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Dem EuGH wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, in welchem Umfang die Datenschutzbehörde zur Auskunft verpflichtet ist, wenn ein Betroffener Auskunft verlangt (VG Ansbach, Beschl. v. 19.02.2025 - Az.: AN 14 K 22.02562). Der Kläger hatte beim Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) mehrere Beschwerden gegen Dritte eingereicht. In einem dieser Verfahren informierte ihn die Behörde über Datenschutzverstöße, verweigerte ihm aber auf Nachfrage Einsicht in die genauen Maßnahmen. Daraufhin stellte er ein Auskunftsersuchen gemäß Art. 15 DSGVO, das vom BayLDA unter Hinweis auf Art. 20 Abs.2 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) abgelehnt wurde. Die Norm lautet: "Art. 20 Anrufung der Aufsichtsbehörden (…) (2) Auskunfts- oder Einsichtsrechte hinsichtlich Akten und Dateien der Aufsichtsbehörden bestehen nicht."
Gegen diese Ablehnung ging der Kläger gerichtlich vor. Das VG Ansbach hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es ging darum, ob die Datenschutzaufsichtsbehörde im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO anzusehen ist und ob das nationale Auskunftsverbot mit EU-Recht vereinbar ist: "Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Art. 15 VO (EU) 2016/679 i.V.m. Art. 4 Nr. 7 VO (EU) 2016/679 dahingehend auszulegen, dass eine Aufsichtsbehörde nach Art. 4 Nr. 21 VO (EU) 2016/679, die im Rahmen eines von einer betroffenen Person eingeleiteten Beschwerdeverfahrens nach Art. 77 VO (EU) 2016/679 tätig wird, gleichzeitig im Sinne von Art. 15 VO (EU) 2016/679 i.V.m. Art. 4 Nr. 7 VO (EU) 2016/679 „Verantwortlicher“ und damit auf Grundlage des Art. 15 VO (EU) 2016/679 gegenüber der betroffenen Person zur Auskunft verpflichtet ist? 2. Für den Fall, dass Frage 1 mit „ja“ beantwortet wird: Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 23 VO (EU) 2016/679, dahingehend auszulegen, dass es einer nationalen Regelung – wie dem im Ausgangsverfahren streitigen Art. 20 Abs. 2 BayDSG – entgegensteht, wonach Auskunfts- oder Einsichtsrechte hinsichtlich Akten und Dateien der Aufsichtsbehörden nach Art. 4 Nr. 21 VO (EU) 2016/679 pauschal nicht bestehen?"
In der Ablehnung der Behörde liege möglicherweise ein Widerspruch zur DSGVO, so das Gericht. Es sei fraglich, ob der pauschale Ausschluss des Auskunftsrechts nach Art. 20 Abs. 2 BayDSG wirksam sei. Besonders kritisch sei, dass keine konkreten Ziele genannt würden, die eine solche Einschränkung rechtfertigen könnten. Auch fehle es an einer verhältnismäßigen Abwägung. Vieles spreche daher für eine grundsätzliche Auskunftspflicht der Datenschutzbehörde: "Es ist aus Sicht des vorlegenden Gerichts unter Beachtung von Erwägungsgrund 73 zur DS-GVO fragwürdig, ob Art. 20 Abs. 2 BayDSG in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellt (…). Das vorlegende Gericht bezweifelt bereits die Eignung des Art. 20 Abs. 2 BayDSG, um ein in Art. 23 Abs. 1 Buchst. a bis j DS-GVO aufgelistetes Ziel sicherzustellen. (…) Die Rechte Dritter (Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DS-GVO) werden – wie offenbar auch das Landesamt erkennt – bereits durch Art. 15 Abs. 4 DS-GVO geschützt. Ein gänzlicher Ausschluss des Auskunftsrechts würde noch darüber hinaus allenfalls eine geringfügige Minimierung der Wahrscheinlichkeit, dass personenbezogene Daten Dritter einem Auskunftsberechtigten preisgegeben werden, bedeuten. Jedenfalls stellt Art. 20 Abs. 2 BayDSG nach Dafürhalten des vorlegenden Gerichts keine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zur Zielerreichung dar."
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9.
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AG Frankfurt a.M.: Bei Videos mit beleidigendem Inhalt können Streaming-Einnahmen strafrechtlich eingezogen werden
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Werden in einem Online-Video beleidigende Inhalte geteilt, können die daraus erzielten Streaming-Einnahmen (hier: TuneCore und PayPal-Spenden) strafrechtlich eingezogen werden (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.08.2024 – Az.: 916 DS 6443 Js 211140/23). Der angeklagte Musiker veröffentlichte ein Musikvideo mit politischen Botschaften, das wie ein Wahlwerbespot einer Partei inszeniert war. In dem Video beschimpfte er unter anderem zwei Bundesminister namentlich mit massiven Beleidigungen wie “Stricher” und “Fotze”. Die betroffenen Politiker wurden mit Namen und Bild eingeblendet. Das Video wurde auf Plattformen wie YouTube, Spotify, Facebook und Telegram millionenfach angeklickt. Der Musiker erzielte damit sowohl Einnahmen über den Musikvertrieb TuneCore als auch durch Spenden über ein PayPal-Konto iHv. 1322,83 EUR. Das AG Frankfurt a.M. verurteilte den Musiker wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 EUR und ordnete zudem die Einziehung der erzielten Streaming-Einnahmen an. Das Gericht stufte die verwendeten Begriffe als grob ehrverletzend ein. Auch wenn das Video künstlerisch gestaltet sei, seien die Aussagen gezielt beleidigend und nicht von der Meinungs- oder Kunstfreiheit gedeckt. Besonderes Gewicht wurde der Tatsache beigemessen, dass die Beleidigungen geplant und öffentlichkeitswirksam verbreitet wurden. Die Einnahmen aus dem Video wurden als unrechtmäßig erlangt angesehen, da sie im Zusammenhang mit der strafbaren Handlung standen. Die Streaming-Gebühren über TuneCore und die Spenden über PayPal stünden in einem expliziten Zusammenhang mit dem Musikvideo. Solche Einnahmen könnten eingezogen werden, wenn sie - wie hier - aus einer strafbaren Handlung stammten. "Die für die Aufrufe des verfahrensgegenständlichen Musikvideos bei diversen Internetplattformen und Streamingdiensten erlangten Einnahmen des Angeklagten unterliegen als Erträge aus einer rechtswidrigen Tat der Einziehung gem. §§ 73 Abs. 1, 73 c StGB. Das Musikvideo hatte zum Stand der Hauptverhandlung über Spotify 313.803, über Youtube 179.825, auf Facebook 4.733, und über Telegram 107.000 Aufrufe. Durch das Hochladen und das Verbreiten des Videos hat der Angeklagte einen Beitrag in Höhe von 1322,83 € erlangt."
Das Gericht betrachtete nicht alle Einnahmen als relevant, sondern ermittelte einzelne Entgelte: "Zum anderen erhielt der Angeklagte über das auf den Namen seiner Tochter S eingerichtete PayPal Konto Spenden für das Musikvideo. In Höhe von 695,12 € stehen diese inhaltlich im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des verfahrensgegenständlichen Videos. Ein diesen Betrag übersteigender Betrag wurde dann auf sein eigenes Konto überwiesen. Folgende Zusätze würden bei den Überweisungen angegeben: -Bitte dringen um Nachricht auf [...]@afd.de-es geht um das Wahlvideo -Dafür deine Songs -Danke für deinen geilen AFD-Song-gute Leute wie dich braucht das Land im Kampf gegen die woke Scheiß-Agenda -Danke für den aktuellen Song -Danke für den aktuellsten Song: D -Für dieses schöne Weihnachtsgeschenk an uns. Den AFD Song meine ich. -Gutes Musikvideo! -Hallo Freund, Chapeau! -Musik -Schenkung zur freien Verfügung. Wir lieben Dich -Schenkung. Der nächste Kaffee geht auf mich. -Spende Mutiger Song. Da es vermutlich kein offizieller AFD Wahrswerbespot ist, ist er für mich ein großes Kunstwerk. -Trink dir was! Und Prost -Wertschätzung!!!!!!! Bei den folgenden Zusätzen konnte das Gericht keinen sicheren Bezug zu dem veröffentlichten Video erkennen: - Der Artikel ist gut verpackt angekommen und in Gutem Zustand. Der Sound ist super. 5 Sterne Bewertung. -Für dein Angebot, deine Lieder kostenlos zur Verfügung zu stellen. Vom Gesamtbetrag von 720,12 € waren daher 25 € abzuziehen.
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VG Minden: Keine Aufstellung von Geldspielgeräten in Shisha-Bar
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Mit Beschluss vom 16. April 2025 hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden einen Eilantrag abgelehnt, mit dem sich die Antragstellerin gegen den Widerruf einer Geeignetheitsbestätigung für die Aufstellung von zwei Geldspielgeräten in einer Shisha-Bar in Bünde wendet. Bei der Antragstellerin handelt es ich um eine Automatenaufstellerin. Ihr ist bereits unter dem 4. September 2012 eine sog. Geeignetheitsbestätigung erteilt worden. Den Widerruf dieser Bestätigung mit Bescheid vom 18. Februar 2025 begründete die Stadt Bünde damit, dass die Shisha-Bar seit einer Rechtsänderung im November 2014 kein geeigneter Aufstellungsort für Geldspielgeräte mehr sei. Danach dürfe ein Geldspielgerät in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, aufgestellt werden. Dies gelte indes nicht für solche Betriebe, in denen die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rolle spiele. Bei einer Shisha-Bar liege der betriebliche Schwerpunkt nicht auf der Verabreichung von Speisen oder Getränken, sondern auf dem Konsum von Wasserpfeifen. Der dagegen gerichtete Eilantrag der Automatenaufstellerin blieb erfolglos. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die 3. Kammer im Wesentlichen aus, der Widerruf der Geeignetheitsbestätigung sei offensichtlich rechtmäßig ergangen. In typischer Weise betriebene Shisha-Bars erfüllten regelmäßig nicht die Anforderungen für die Aufstellung von Geldspielgeräten. Ein solcher Betrieb erfahre seine maßgebliche Prägung dadurch, dass den Kunden das Rauchen von durch den Betrieb bereitgestellten Shishas (Wasserpfeifen) in einer entsprechenden Umgebung ermöglicht werde. Demgegenüber spiele das begleitende gastronomische Angebot nur eine untergeordnete Rolle und zwar unabhängig davon, ob sich der Betrieb einer Shisha-Bar allein durch das Angebot der Shishas wirtschaftlich rentieren würde. Dieser primäre Betriebszweck schlage sich typischerweise deutlich im Erscheinungsbild des Gaststättenbetriebs nieder. Die herausgehobene Stellung des Konsums von Wasserpfeifen zeige bereits die ausdrückliche Betonung dieses Angebots in der betrieblichen (Selbst-)Bezeichnung als „Shisha-Bar“ oder einer ähnlichen Bezeichnung. Charakteristisch für derartige Betriebe sei der bei der Nutzung von Shishas entstehende dichte und geruchsintensive Rauch bzw. Wasserdampf. Dabei seien die betrieblichen Abläufe wie auch der Aufbau und die Ausstattung des Betriebs üblicherweise auf den Konsum von Wasserpfeifen ausgerichtet. Derartige Shisha-Bars würden weit überwiegend von solchen Kunden aufgesucht, die selbst Interesse am Shisha-Konsum haben. Demgegenüber widerspreche es jeder Lebenserfahrung, dass solche Betriebe in maßgeblichem Umfang Kunden anziehen, welche ausschließlich oder primär das vorhandene gastronomische Angebot in Anspruch nehmen wollen. Dies gelte auch für die im vorliegenden Einzelfall betroffene Gaststätte, welche als typische Shisha-Bar betrieben werde. Demgegenüber überzeuge die Argumentation der Antragstellerin nicht, wonach bei einer Shisha-Bar die Verabreichung von Speisen und Getränken im Vordergrund stehe, wohingegen der Konsum von Shishas ein absolutes Nebenprodukt sei, welches bezogen auf die Gestaltung des Betriebs kaum Relevanz habe. Der Widerruf diene dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung des Spielerschutzes. Dieses überwiege das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an einem Fortbestand der Geeignetheitsbestätigung, zumal diese bereits mehr als 10 Jahre lang davon profitiert habe, zwei Geldspielgeräte aufstellen zu dürfen, obwohl die Voraussetzungen jedenfalls seit November 2014 nicht (mehr) erfüllt seien. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG NRW statthaft. (Beschluss vom 16. April 2025 - 3 L 374/25 -, nicht rechtskräftig) Quelle: Pressemitteilung des VG Minden v. 17.04.2025
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