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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Unverpixelte Fotos von Wirecard-Verdächtigem bereits im Ermittlungsverfahren erlaubt
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Die Veröffentlichung unverpixelter Fotos von einem Verdächtigen kann ausnahmsweise bereits im Ermittlungsverfahren erlaubt sein, wenn an der Berichterstattung ein erhebliches öffentlichen Interesse besteht (hier: Wirecard-Strafverfahren) (BGH, Urt. v. 27.05.2025 - Az.: VI ZR 337/22). Ein ehemaliger Manager einer Wirecard-Tochterfirma klagte gegen das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Dieses hatte ihn im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal namentlich genannt und ein älteres Porträttfoto von ihm veröffentlicht. Der Kläger war eine zentrale Figur in dem milliardenschweren Bilanzbetrugsfall, hatte sich freiwillig der Staatsanwaltschaft gestellt, war zeitweise in U-Haft und trat als Kronzeuge auf. Er wurde zudem im Bundestags-Untersuchungsausschuss öffentlich angehört. Das LG München I untersagte die Bildveröffentlichung, hielt aber die Namensnennung für zulässig. Das OLG München bestätigte dieses Urteil teilweise und lehnte die Berufung gegen das Verbot der Bildveröffentlichung ab. Der BGH hob das Urteil jedoch: Die Veröffentlichung des Fotos war rechtmäßig. Die Klage wurde insgesamt abgewiesen. Im vorliegenden Fall komme der Pressefreiheit Vorrang zu. Der Kläger sei in einen der größten Wirtschaftsskandale Deutschlands verwickelt gewesen und habe eine Tochterfirma geleitet, über die ein Großteil der manipulierten Gewinne gelaufen sei. Die Berichterstattung diene einem erheblichen öffentlichen Interesse und erfülle den Informationsauftrag der Presse. Zudem handle es sich bei dem Foto um ein “Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte”. Es zeige den Kläger in neutraler Weise und sei bereits zuvor in offiziellen Zusammenhängen verwendet worden. Die Bildveröffentlichung sei daher im Rahmen des Persönlichkeitsrechts zulässig gewesen. Auch deshalb, weil der Kläger durch sein freiwilliges Auftreten in der Öffentlichkeit ein gesteigertes Interesse an seiner Person selbst mitverursacht habe: "Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei dem beanstandeten Foto um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Die bereits im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Sie fällt zugunsten der Pressefreiheit aus. An dem berichteten Geschehen besteht ein überragendes, sich auch auf die Identität und das Aussehen des Klägers erstreckendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, hinter dem sein Interesse am Schutz seiner Persönlichkeit auch unter Berücksichtigung der für ihn streitenden Unschuldsvermutung zurückzutreten hat. (…) Gegenstand der Berichterstattung ist der Wirecard-Skandal, einer der größten und spektakulärsten Wirtschaftsskandale in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland."
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2.
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KG Berlin: Bezeichnung "Kundenbetreuung" nicht ausreichend für Impressum einer Webseite
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Ein Internet-Impressum muss leicht erkennbar und vollständig sein. Die Bezeichnung “Kundenbetreuung” für das Impressum ist nicht ausreichend (KG Berlin, Urt. v. 02.04.2025 - Az.: 5 U 112/23). Ein Verbraucherschutzverband klagte gegen eine Fluggesellschaft, da das Impressum auf deren Website nur schwer zu finden und unvollständig war. Die Airline verwies auf die Schaltfläche “Kundenbetreuung”, über die Nutzer erst nach mehreren Klicks zu den Anbieterinformationen gelangten. Zudem fehlte eine E-Mail-Adresse. Das KG Berlin bewertete beides als nicht ausreichende Impressums-Gestaltung. Das Impressum sei nicht leicht auffindbar. Die gewählte Bezeichnung "Kundenbetreuung" sei unüblich und werde von Verbrauchern nicht mit rechtlichen Anbieterinformationen in Verbindung gebracht. Übliche Begriffe wie "Kontakt" oder "Impressum" seien hier nicht verwendet worden. Zudem reiche es nicht aus, dass die Informationen über mehrere Zwischenschritte zugänglich seien. Nach der sogenannten Zwei-Klick-Regel müssen Impressumsangaben in der Regel mit maximal zwei Klicks erreichbar sein. Im vorliegenden Fall seien jedoch mehr Schritte nötig gewesen. Auch der Inhalt des Impressums sei unzureichend. Es fehle eine E-Mail-Adresse, obwohl das Gesetz einen direkten und schnellen Kontaktweg verlange. Die bloße Bereitstellung eines Kontaktformulars reiche dafür nicht aus: “Der dazu von der Beklagten verwendete Link mit der Bezeichnung „Kundenbetreuung“ ist eher unüblich und damit gerade nicht leicht erkennbar; die Bezeichnung „Kundenbetreuung“ deutet auf einen Support- oder Servicebereich hin und wird von dem durchschnittlichen Verbraucher gerade nicht als eine Bezeichnung für einen Link verstanden, unter dem rechtliche Angaben zum Anbieter digitaler Dienste zu finden sind.”
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3.
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OLG Frankfurt a.M.: "Hatefluencerin" ist Meinungsäußerung / zwischen Influencern keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche
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Äußerungen eines Influencers über eine andere Influencerin können im Fall einer rechtswidrigen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts Unterlassungsansprüche auslösen. Wettbewerbliche Unterlassungsansprüche bestehen indes mangels eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Influencern und dem fehlenden Charakter der Äußerungen als geschäftliche Handlungen nicht, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung. Die Klägerin ist Contentcreatorin/Streamerin und betreibt Accounts auf den Plattformen YouTube, Twitch, Twitter, TikTok und Instagram. In ihren Videos bespricht sie aktuelle politische Themen und setzt sich dabei insbesondere für Frauenrechte, Feminismus und Rechte der LGBTQ-Community ein. Zudem streamt sie Gaming-Content. Der Beklagte ist u.a. Streamer/Influencer und Webvideoproduzent. Er betreibt ebenfalls Accounts auf den genannten Plattformen und macht u.a. Live-Streams auf Twitch und veröffentlicht Videos auf YouTube und Beiträge auf der Plattform X. In einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main wurden dem Beklagten bestimmte Äußerungen über die Klägerin untersagt. Im hiesigen Verfahren wendet sich die Klägerin gegen konkrete Äußerungen des Beklagten über sie in einem YouTube-Video. Das Landgericht hatte dem Unterlassungsantrag teilweise stattgegeben. Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegten Berufungen hat der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat das Urteil teilweise abgeändert. Die Klägerin könne Unterlassung von Äußerungen wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts verlangen, soweit dieses das Recht des Beklagten auf Presse- bzw. Meinungsfreiheit überwiege, begründete der Senat seine Entscheidung. Meinungsäußerungen genössen dabei einen sehr weiten Schutz, die Verbreitung unwahrer Tatsachen dagegen keinen. Für herabwürdigende Meinungsäußerungen müssten aber gewisse Anhaltspunkte gegeben sein, für die den Beklagten die Beweislast treffe. Ausgehend hiervon dürfe der Beklagte etwa nicht weiter äußern, die Klägerin „hetzt Tag ein Tag aus (...)“, es sei ihr Geschäftsmodell, „diesen Hass zu verbreiten und dieses Fake News“, sie unterstelle anderen Menschen, sie sexuell zu belästigen. Bei diesen Äußerungen handele es sich um nicht erwiesen wahre Tatsachen. Als Meinungsäußerung hinnehmen müsse die Klägerin dagegen etwa die Äußerungen des Beklagten, sie verklage ihn, „weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage (...)“; sie lege ein „mysogenes Verhalten“ an den Tag, er halte sie für eine „Hatefluencerin“, „sie verbreitet Hass, das ist ihr Content“. Auf wettbewerbliche Ansprüche könne sich die Klägerin jedoch nicht stützen, führte der Senat aus. Es fehle an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zwar seien beide „auf dem Streaming-Markt“ tätig. Dies genüge jedoch für sich genommen nicht für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses. Insoweit sei zu beachten, dass der Beklagte in dem hier gegebenen Kontext weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen anpreise. Vielmehr stelle er mit den in diesem Rechtsstreit in Rede stehenden Äußerungen die (Rechts-) Streitigkeiten der Parteien dar, bewerte diese und bitte um Spenden zur Rechtsverteidigung oder bewertet die Beiträge der Klägerin. Es sei nicht dargelegt, glaubhaft gemacht oder ersichtlich, dass der Vorteil der einen Partei zugleich einen Nachteil der anderen Partei bedeuten würde. Die geführten öffentlichen Auseinandersetzungen beeinträchtigten aber nicht die jeweils andere Partei, sondern dürften die Klickzahlen beider Parteien steigern, untermauerte der Senat seine Einschätzung. Darüber hinaus habe die Klägerin sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht selbst dahingehend eingelassen, dass sie sich mit dem Spielen finanziere und den Rest „ehrenamtlich“ mache, mithin nicht unternehmerisch. Die Äußerungen stellten zudem keine geschäftlichen Handlungen dar, da sie nicht der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienten, sondern Informations- und Unterhaltungsfunktion hätten. Es handele sich um redaktionelle Beiträge, bei denen kein werblicher Überschuss gegeben sei. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2025, Az. 16 U 80/24 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.5.2024, Az. 2-03 O 155/24) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 25.07.2025
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OLG Frankfurt a.M.: Bank muss ihre Kunden über rechtswidrige AGB-Klausel informieren
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Hat die Bank unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet - hier Verpflichtung zur Zahlung eines Verwahrentgelts bei Verträgen über Spareinlagen - ist sie zur Folgenbeseitigung verpflichtet. Zur Beseitigung einer durch unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen entstandenen Fehlvorstellung kann es erforderlich sein, die betroffenen Kunden individualisiert per Post oder E-Mail über die Unwirksamkeit der Klausel zu informieren, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit heute veröffentlichtem Urteil. Die Beklagte betreibt eine deutsche Geschäftsbank. Sie ist vom Bundesgerichtshof rechtskräftig verurteilt worden, es zu unterlassen, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Verbrauchern für Verträge über Spareinlagen bei Überschreiten eines bestimmten Freibetrags ein Verwahr- und Guthabenentgelt zu verlangen (Urteil vom 4.2.2025, Az. IX ZR 183/22). Der Kläger nimmt Verbraucherinteressen war. Er verlangt von der Beklagten u.a. noch, dass sie die vom Verwahrentgelt betroffenen Kunden über die Unwirksamkeit der Klausel informiert. Das Landgericht hatte die Beklagte u.a. verurteilt, die betroffenen Verbraucher binnen vier Wochen durch individualisierte Berichtigungsschreiben über die Unwirksamkeit der Klausel zu informieren. Auf die Berufung der Beklagten hat der zuständige 3. Zivilsenat des OLG im Grundsatz bestätigt, dass die Beklagte u.a. zum Versand einer der Richtigstellung dienenden Information verpflichtet sei. Die Beklagte habe durch die Vereinbarung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen, begründete er. Deshalb sei die Beklagte zur Beseitigung der dadurch entstandenen und fortdauernden widerrechtlichen Folgen verpflichtet. Durch den Abschluss der Verträge unter Einbeziehung der streitigen Klauseln sei eine Fehlvorstellung bei den Verbrauchern entstanden. Diese Fehlvorstellung werde nicht allein durch die rechtskräftige Verurteilung zur Unterlassung beseitigt. Die widerrechtliche Störung dauere vielmehr an, solange keine richtigstellende Information übermittelt werde. Dieses Schreiben sei individualisiert per Post oder E-Mail zu versenden. Empfänger der Schreiben seien allerdings - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - nur die Kunden, deren Verträge die streitgegenständliche Klausel enthielten und die ab Abschluss der Vereinbarung Verträge über klassische unbefristete Spareinlagen bei der Beklagten unterhalten haben. Diese Verpflichtung sei erforderlich, möglich und zumutbar. Insbesondere sei durch ein direkt an die betroffenen Verbraucher gerichtetes Schreiben deutlich besser als durch Einstellen der Information auf der Online-Banking-Seite gewährleistet, dass diese den Inhalt auch wahrnehmen und lesen. Dabei sei auch relevant, dass die hier relevanten Spareinlagen häufig gerade von älteren Menschen gehalten würden, die im Umgang mit dem Online-Banking nicht ausreichend versiert seien. Die Verpflichtung bestehe auch gegenüber Verbrauchern, gegenüber denen sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen könnte. Die Beklagte habe nach Mitteilung einer Liste mit den pseudonymisierten Kontaktdaten der betroffenen Kunden gegenüber einer zur Verschwiegenheit verpflichteten Person zwei Monate Zeit, die Versendung der individualisierten Schreiben zu veranlassen. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.6.2025, Az. 3 U 286/22 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.11.2022, Az. 2-25 O 228/21) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 21.07.2025
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5.
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OLG Köln: Werbung mit "Apfelleder" für Hundehalsband ohne Leder wettbewerbswidrig
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Mit einem am 04.07.2025 verkündeten Urteil hat der unter anderem für gewerblichen Rechtsschutz zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln entschieden, dass ein Hundehalsband, das nicht aus Leder besteht, nicht mit der Bezeichnung „Apfelleder“ beworben werden darf. Die Antragstellerin ist ein Verband von Unternehmen der ledererzeugenden Industrie. Die Antragsgegnerin vertreibt im Internet Hundezubehörartikel, darunter als "Apfelleder" bezeichnete Halsbänder. Das verwendete Material wird künstlich unter Zusatz von Trester sowie Schalenresten der Fruchtsaftindustrie hergestellt. Die Antragstellerin hat von der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verlangt, die Bewerbung dieser Produkte mit der Bezeichnung "Apfelleder" zu unterlassen. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung abgeändert und der Antragsgegnerin die beanstandete Werbung verboten. In der Bezeichnung "Apfelleder" liegt eine Gefahr der Irreführung von Verbrauchern. Der Verkehr versteht unter Leder ein natürliches, durch Gerben tierischer Häute und Felle hergestelltes Produkt. Der vorangestellte Zusatz "Apfel-" beschreibt nicht eindeutig, dass es sich um ein künstlich hergestelltes Produkt handelt. Unter der Bezeichnung "Olivenleder" oder "Rhabarberleder" werden pflanzlich gegerbte Leder angeboten. Jedenfalls ein namhafter Schuhhersteller bot Produkte aus Leder an, das mittels eines aus Apfelschalen und -trester gewonnenen Gerbstoffes hergestellt wurde. Vor diesem Hintergrund ist unerheblich, dass die Antragsgegnerin ihre Produkte in der Produktbeschreibung auf einer nachgelagerten Seite als "vegan" bezeichnet. Gegen diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung ist kein Rechtsmittel statthaft (§ 542 ZPO). Die Parteien können ihre Rechte in einem gesonderten Hauptsacheverfahren weiterverfolgen. Die Entscheidung wird in demnächst in die kostenlose Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen NRWE (siehe Link) eingestellt. Aktenzeichen: LG Köln, Urteil vom 19.02.2025 - 84 O 88/24 OLG Köln, Urteil vom 04.07.2025 - 6 U 51/25 Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 17.07.2025
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6.
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OLG Nürnberg: Unberechtigte Markenbeschwerde bei Amazon begründet Schadensersatz-Anspruch
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Eine unbegründete Markenbeschwerde bei Amazon wegen angeblich gefälschter Produkte, begründet beim betroffenen Unternehmen einen Ersatzanspruch (Schadensersatz und Anwaltskosten) (OLG Nürnberg, Urt. v. 08.07.2025 - Az.:3 U 136/25 UWG). Die Parteien des Rechtsstreits waren beide Spielwarenhändler, die ihre Produkte über Amazon anboten. Ende 2023 meldete die Beklagte an Amazon, dass die Klägerin gefälschte Ware anbiete. Daraufhin sperrte Amazon die betroffenen Angebote des Klägers. Tatsächlich handelte es sich bei den Verkaufsangeboten jedoch um Original-Ware. Das OLG Nürnberg stellte fest, dass es sich bei der Markenbeschwerde der Beklagten um eine sogenannte unberechtigte Schutzrechtsverwarnung gehandelt habe. Das Unternehmen habe ohne Grundlage behauptet, es handle sich um Fälschungen. Amazon habe diese Mitteilung ernst genommen und die Produkte gesperrt. Damit sei in den Geschäftsbetrieb des Klägers eingegriffen worden. Das betroffene Unternehmen könne daher die Erstattung seiner Anwaltskosten verlangen und habe zudem einen Schadensersatzanspruch. “Die Schutzrechtsverwarnung war auch unberechtigt, da der in der Beschwerde geltend gemachte Anspruch mangels Rechtsverletzung tatsächlich nicht bestand ( …). Bei den gesperrten Artikeln handelte es sich nicht um gefälschte Produkte der Beklagten, sondern um die Originalprodukte der (…), die Herstellerin und Markeninhaberin der oben benannten Artikel ist (…). Die Abmahnung stellt damit einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers unter dem Gesichtspunkt der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach §§ 823, 1004 BGB dar (…)."
Und weiter: "Insbesondere ist der Antrag auf Feststellung, dass der Kläger Schadenersatz für die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung (…) von der Beklagten verlangen kann, zulässig. Im vorliegenden Fall führte das Landgericht zutreffend aus, dass der Kläger in erster Instanz die konkrete Höhe seines Schadens noch nicht abschließend beziffern konnte. Da die Bewertung des klägerischen Accounts bei Amazon durch die Sperrung der streitgegenständlichen Artikel beeinflusst worden sein kann und sich hierdurch weitere Umsatzeinbußen des Klägers möglicherweise ergeben haben, was wegen eines notwendigen Vergleichs der Umsatzzahlen aus den Jahren 2023 und 2024 (diese liegen naturgemäß vor Jahresende nicht vor) im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch nicht möglich war, fehlte es an einer Möglichkeit des Klägers zur abschließenden Bezifferung seines Schadens. Ob sich die klägerischen Behauptungen zum Schadenseintritt und zur Schadenshöhe nachweisen lassen, ist keine Frage der Zulässigkeit der Feststellungsklage."
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OLG Nürnberg: Kein DSGVO-Schadensersatz für Facebook-Datenscraping, wenn Anmeldung unter Fantasienamen erfolgte
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Meldet sich ein User mit einem Fantasienamen und nicht mit seinem realen Namen an, so besteht im Rahmen des Facebook-Datenscrapings kein Anspuch auf DSGVO-Schadensersatz (OLG Nürnberg, Urt. v. 27.06.2025 - Az.: 15 U 2230/23). Eine Nutzerin klagte gegen Facebook, da ihre Mobilfunknummer und ihr Geschlecht aus dem sozialen Netzwerk gescrapt und im Darknet veröffentlicht wurden. Sie verlangte u.a. Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. Die Usern hatte sich nicht mit ihrem Realnamen registriert, sondern unter einem Fantasieamen. Das OLG Nürnberg wies die Klage ab. Ein DSGVO-Verstoß reiche nicht aus, um einen Anspruch auf Schadensersatz zu rechtfertigen. Es müsse zusätzlich ein konkreter Schaden entstehen. Zwar könne auch ein bloßer Kontrollverlust einen immaterieller Schaden darstellen. Dieser müsse müsse jedoch belegt und mit negativen Folgen verbunden sein. Im vorliegenden Fll Fall sei die Klägerin nur unter einem Fantasienamen bei dem Netzwerk angemeldet gewesen. Der veröffentlichte Datensatz enthalte keinen echten Namen, sondern lediglich eine Mobilfunknummer und das Geschlecht. Dadurch fehle die Verbindung zu ihrer tatsächlichen Identität, was ein Missbrauchsrisiko deutlich verringere. Die Spam-Nachrichten, die sie erhalten habe, bewegten sich zudem im normalen Rahmen und enthielten keine persönliche Anrede. Dies deute nicht auf eine konkrete Gefährdung hin. Da keine nachweisbaren negativen Folgen eingetreten seien, bestehe kein Anspruch auf Schadensersatz oder Ersatz von Anwaltskosten: "Die vorliegend erfolgte Verknüpfung und die Herstellung eines vollkommen rudimentären „Datensatzes“ ist daher unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Missbrauchs als so gering einzustufen, dass sie keinen ausgleichspflichtigen Schaden darstellt. Das von der Klagepartei in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht berichtete erhöhte Spam-Aufkommen geht nämlich weder nach Umfang noch nach seiner Art nicht über das übliche Maß hinaus, da es insbesondere nicht infolge der Verwendung einer persönlichen Anrede eine besondere Gefährdung mit sich bringen konnte. Im Gegenteil, ist es für die Klagepartei sogar leichter, eine missbräuchliche Kontaktaufnahme zu erkennen, wenn sie darin mit dem bei der Registrierung bei F. verwendeten Fantasienamen angesprochen wird. Aus diesem Grund scheidet ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens genauso aus wie auch die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden und der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten."
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8.
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VG Berlin: EuGH-Vorlage im Spotify-Verfahren: Pflicht zu Transparenzangaben nach dem Medienstaatsvertrag unionsrechtswidrig?
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Auslegung europäischer Rechtsvorschriften (Digital Services Act und E-Commerce-Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Hintergrund ist, dass der von allen Bundesländern geschlossene Medienstaatsvertrag Anbieter von Internetdiensten, die eigene oder fremde Inhalte aggregieren, selektieren und allgemein zugänglich präsentieren (so genannte Medienintermediäre), zu Transparenzangaben verpflichtet, d.h. sie müssen bestimmte Informationen leicht wahrnehmbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Die Klägerin ist Anbieterin eines großen Audio-Streamingdienstes, unter anderem mit einem umfangreichen Podcast-Angebot. Sie hat ihren Hauptsitz in einem anderen EU-Staat. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg beanstandete die von der Klägerin auf ihrer Internetseite und in ihren Apps vorgehaltenen Transparenzangaben als unzureichend und forderte sie zur Ergänzung auf. Hiergegen beantragte die Klägerin erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz. Mit ihrer Klage macht sie weiterhin geltend, die im Medienstaatsvertrag geregelte Pflicht zu Transparenzangaben finde in ihrem Fall keine Anwendung, weil sie gegen den Digital Services Act und die E-Commerce-Richtlinie verstoße. Die 32. Kammer hat das Klageverfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung des Digital Services Acts und der E-Commerce-Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es bestünden Zweifel, ob diese die im Medienstaatsvertrag geregelte Verpflichtung zu Transparenzangaben zuließen. Es sei nicht geklärt, ob der Digital Services Act eine solche Verpflichtung zu Transparenzangaben unionsrechtlich abschließend regele, so dass kein Raum mehr für die Anwendung nationaler Vorschriften verbleibe. Außerdem sei ungeklärt, ob nach der E-Commerce-Richtlinie nationale Vorschriften – wie die in Rede stehenden Transparenzvorschriften – auf Medienunternehmen dann keine Anwendung fänden, wenn sie in einem anderen EU-Staat ansässig seien. Gegen den Beschluss kann ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden. Vorlagebeschluss der 32. Kammer vom 10. Juli 2025 (VG 32 K 222/24) Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 22.07.2025
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9.
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VG Köln: Bundesregierung darf Facebook-Fanpage zur Öffentlichkeitsarbeit weiterbetreiben
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Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung darf seine „Facebook-Fanpage“ weiterbetreiben. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2025 entschieden und damit den gegen die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) gerichteten Klagen des Bundes und von „Meta“ (vormals „Facebook“) stattgegeben. Das Bundespresseamt betreibt eine „Fanpage“ in dem sozialen Netzwerk „Facebook“. Dort informiert es über aktuelle politische Tätigkeiten der Bundesregierung. Bei dem Besuch der „Fanpage“ können auf den Endgeräten der Nutzenden sogenannte „Cookies“ platziert werden. Die BfDI untersagte dem Bundespresseamt 2023 den Betrieb seiner „Facebook“-Seite („Fanpage“) wegen Gesetzesverstößen, unter anderem gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die BfDI vertrat die Auffassung, wegen der nicht datenschutzkonformen Ausgestaltung des von „Meta“ genutzten „Cookie-Banners“ liege keine wirksame Einwilligung für die Speicherung und das Auslesen bestimmter „Cookies“ vor. Nicht nur „Meta“, sondern auch das Bundespresseamt als Betreiber der „Fanpage“ sei gesetzlich verpflichtet, eine Einwilligung des jeweiligen Benutzers einzuholen. Außerdem sei das Bundespresseamt gemeinsam mit „Meta“ verantwortlich, dafür Sorge zu tragen, dass die Datenverarbeitungen auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage wie einer Einwilligung beruhten. Gegen den an das Bundespresseamt gerichteten Bescheid haben sich sowohl die Bundesregierung als auch „Meta“ mit ihren Klagen gewandt, denen das Gericht nunmehr überwiegend stattgegeben hat. Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen aus: Nicht das Bundespresseamt, sondern allein „Meta“ ist zur Einholung einer Einwilligung der Endnutzenden für die Platzierung von „Cookies“ verpflichtet. Es besteht kein ausreichender Ursachen- und Wirkungszusammenhang zwischen dem Betrieb der „Fanpage“ durch das Bundespresseamt und dem mit der Speicherung und dem Auslesen der „Cookies“ verbundenen Fernzugriff auf die Endgeräte der Nutzer. Die „Cookies“ können zwar bei Gelegenheit des Besuches einer „Fanpage“, ebenso jedoch bei dem Besuch einer jeden anderen „Facebook-Seite“ platziert werden. Auch nach der DSGVO sind „Meta“ und das Bundespresseamt nicht gemeinsam für die beanstandeten Datenverarbeitungen verantwortlich. Der Beitrag des Bundespresseamtes zur Speicherung und zum Auslesen der „Cookies“ erschöpft sich in dem Betrieb der „Fanpage“. Insbesondere kann das Bundespresseamt keine Parameter für die Platzierung der „Cookies“ und die Auswertung der erhobenen Daten vorgeben. Die bloße Ermöglichung einer Datenverarbeitung begründet nach Auffassung der Kammer indessen nicht die notwendige gemeinsame Festlegung der Mittel der Datenverarbeitung. Das Gericht hat die Berufung zugelassen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster entscheiden würde, wenn die Beteiligten Berufung einlegen. Aktenzeichen: 13 K 1419/23 Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 22.07.2025
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AG Tiergarten: Freispruch für Satiriker El-Hotzo wegen Social-Media-Posts zu Trump-Attentat
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Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat heute im Prozess gegen den Satiriker Sebastian Hotz alias „El-Hotzo“ den Angeklagten freigesprochen. In dem Prozess ging es um Äußerungen zum Attentat auf den damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, kurz nach dem Attentat im Juli 2024 auf der Plattform X (ehemals Twitter) mehrere Beiträge veröffentlicht zu haben, in denen er das Attentat öffentlich befürwortet haben soll. In einem der Beiträge habe er einen Vergleich zwischen Donald Trump und einem letzten Bus hergestellt („leider knapp verpasst“). In einem weiteren Beitrag habe er geäußert: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“.
Die Anklage sieht dadurch den Straftatbestand der Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) als erfüllt an. Die Äußerungen seien geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Der Straftatbestand der Billigung von Straftaten lautet auszugsweise wie folgt: *Strafgesetzbuch § 140 Belohnung und Billigung von Straftaten* Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer (…) 5 letzte Alternative (…) genannten rechtswidrigen Taten (…) 1. (…) 2. in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) billigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Das Amtsgericht Tiergarten ist nach der heutigen Hauptverhandlung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Äußerungen nicht strafbar seien. Das Gericht hat den Angeklagten, der bereits zu Beginn Hauptverhandlung eingeräumt hatte, die Beiträge verfasst zu haben, freigesprochen. Bei den Äußerungen handele es sich offenkundig um Satire und sie seien ersichtlich nicht ernst gemeint, so die Vorsitzende in der heutigen mündlichen Urteilsbegründung. Aus diesem Grund seien die Äußerungen nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Damit fehle es an einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal und der Angeklagte sei aus Rechtsgründen freizusprechen. Auch der Umstand, dass die Äußerungen kontroverse Diskussionen ausgelöst hätten, führe nicht zu einer Strafbarkeit. Vielmehr seien solche Diskussionen wünschenswerter Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft. Niemand würde sich durch solche offenkundig satirischen Äußerungen zu Gewalttaten aufgerufen fühlen.
Das Amtsgericht Tiergarten hatte bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung – im sogenannten Zwischenverfahren – die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung abgelehnt. Auf eine sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hatte eine Beschwerdekammer des Landgerichts Berlin I der Beschwerde stattgegeben und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem heutigen Plädoyer beantragt, den Angeklagten der Billigung von Straftaten schuldig zu sprechen und gegen ihn eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150,- Euro zu verhängen. Die Verteidigerinnen hatten auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann gegen das Urteil Berufung zum Landgericht Berlin I oder Revision zum Kammergericht einlegen. Az.: 235 Ds 57/25 Quelle: Pressemitteilung des AG Tiergarten v. 23.07.2025
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Allgemeine Informationen zum Newsletter
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