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Kategorie: Wettbewerbsrecht

EuGH: Auch der Quasi-Hersteller haftet für fehlerhafte Produkte

Ein Lieferant haftet wie ein Hersteller, wenn sein Name oder Logo mit der Marke auf einem fehlerhaften Produkt übereinstimmt und Vertrauen beim Verbraucher schafft.

Haftung für fehlerhafte Produkte: Ein Lieferant kann als Hersteller behandelt werden, wenn sein Name mit der vom Hersteller auf dem Produkt angebrachten Marke übereinstimmt

Im Juli 2001 erwarb ein Verbraucher ein Auto der Marke Ford von der Vertragshändlerin Stracciari, die Fahrzeuge dieser Marke in Italien verkauft. Das Fahrzeug war von der Ford WAG, einem in Deutschland ansässigen Unternehmen, hergestellt und der Vertragshändlerin dann über Ford Italia geliefert worden, die Fahrzeuge der Marke Ford in Italien vertreibt. Im Dezember 2001 hatte der Verbraucher einen Unfall, bei dem der Airbag nicht funktionierte.

Daraufhin erhob er gegen die Vertragshändlerin und Ford Italia Klage auf Ersatz der aufgrund des Fehlers des Fahrzeugs erlittenen Schäden. Ford Italia trug vor, nicht für die Fehlerhaftigkeit des Airbags zu haften, da sie das Fahrzeug nicht hergestellt habe.

Der italienische Kassationsgerichtshof hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Definition des Begriffs des "Herstellers" in der Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte1. 

Er möchte vom Gerichtshof wissen, ob der Lieferant eines fehlerhaften Produkts auch dann als "Person, die sich als Hersteller ausgibt" im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist, wenn er zwar nicht physisch seinen Namen auf dem Produkt angebracht hat, aber die Marke, die der Hersteller auf dem Produkt angebracht hat und die dem Namen dieses Herstellers entspricht, mit einem Erkennungszeichen des Lieferanten übereinstimmt.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die in der Richtlinie enthaltene Wendung der "Person, die sich als Hersteller ausgibt", nicht nur die Person erfasst, die ihren Namen physisch auf dem Produkt angebracht hat, sondern auch den Lieferanten einschließen muss, wenn sein Name oder eines seiner Erkennungszeichen mit dem Namen des Herstellers und dem Namen, der Marke oder einem anderen Erkennungszeichen auf dem Produkt übereinstimmt.

In beiden Fällen nutzt der Lieferant nämlich diese Übereinstimmung, um sich dem Verbraucher als für die Qualität des Produkts Verantwortlicher zu präsentieren und ein Vertrauen bei ihm hervorzurufen, das mit dem vergleichbar ist, das er hätte, wenn das Produkt unmittelbar vom Hersteller verkauft würde. Schlösse die Wendung diese zweite Personengruppe nicht ein, würde die Bedeutung des Begriffs des "Herstellers" geschmälert und das mit der Richtlinie verfolgte Ziel, insbesondere der Verbraucherschutz, beeinträchtigt.

Der Gerichtshof fügt hinzu, dass der Unionsgesetzgeber zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes darauf geachtet hat, dass die Haftung "jeder Person, die sich als Hersteller ausgibt", in gleicher Weise wie diejenige des "tatsächlichen" Herstellers ausgelöst wird.

Überdies muss es dem Verbraucher freistehen, jeden von ihnen unterschiedslos für den vollen Ersatz des Schadens in Anspruch zu nehmen, da es sich um eine gesamtschuldnerische Haftung handelt. Der Verbraucherschutz wäre nicht ausreichend, wenn der Händler den Verbraucher auf den Hersteller "verweisen" könnte, der dem Verbraucher möglicherweise nicht bekannt ist.

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-157/23 | Ford Italia

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 19.12.2024
 

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